Forum: Platinen SMD Heißluftlöten ?


von Jessi (Gast)


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Guten Abend,

habe mir ein Heißluftlötgerät, Platinen und Bauteile zum üben 
organisiert. Nachdem die billig Lötpaste von ebay übelst stank, viel zu 
fest und auch nicht glänzen wollte, habe ich ordentliche von Edsyn 
gekauft. Viel besser. Aber ich habe Probleme das Kleinstbauteile sich 
nicht genau ausrichten mittels Kapilareffekt. Hatte 400°C und niedrigste 
Luftstufe eingestellt. Abstand Daumendicke bis doppelte Daumendicke.

Jetzt weiß ich nicht woran das liegt.
Sind die Pads zu groß für die Bauteile?
Zu viel Lötzinn ähm Lötpaste?
Zwei Widerstände legten sich quer, konnte ich wieder auf ihre Pads 
schieben.
Die Widerstände sind Bauform 1206 und die Leds sind Bauform 0805.
Kurzum was muss man beachten das sich die Leds alle schnurgerade 
ausrichten?

von Jens M. (schuchkleisser)


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Die Pads sind zu groß, der Schlitz in der Mitte zu kurz.
Dadurch gibt es keine Position, in der beide Seiten per 
Oberflächenspannung ziehen, das Bauteil schwimmt und wird vom Luftstrom 
verblasen.
Es sieht für mich so aus als ob auch derb zuviel Paste drauf ist, aber 
das müsste man unter Schrägsicht sehen. Am Schwimmen ändert aber auch 
weniger nix, das ist ein rein optisches Problem.

Kleinere Bauteile, bei denen die Pads knapp den Schlitz überspannen, 
oder eben anderes Layout, das wäre mein nächster Versuch.

: Bearbeitet durch User
von Jessi (Gast)


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Dann ist die Universalplatine leider ungünstig gewählt. Ich verstehe 
aber jetzt das Problem besser, der Pad Abstand ist maßgebend für das 
Gerade ziehen. Lötpaste war nur ein kleiner Punkt je Pad, kleiner wie 
das Pad selbst. Hier könnte ich eine noch dünnere Nadel nehmen wenns 
hilft. Danke für die Infos.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Jessi schrieb:
> Dann ist die Universalplatine leider ungünstig gewählt.

Die wird auf Handlötung optimiert sein. Da vergrößert man gern die Pads 
etwas, um genügend Angriffsfläche für den Lötkolben zu haben.

Ich habe vor vielen Jahren mal eine LED-Uhr gebaut, die wurde auch mit 
Heißluft gelötet. Habe leider nur gerade ein dunkles Foto zur Hand 
(wurde so gemacht, damit man das Leuchten der LEDs gut erkennen kann), 
aber man kann trotzdem ganz gut sehen, dass sich die LEDs schön 
regelmäßig angeordnet haben. Die wurde übrigens immer in 
„5-Minuten-Schritten“ gelötet, viel mehr war an einem Abend nicht zu 
schaffen.

Fazit: mit passenden Pad-Größen sollte das mit der von dir gewählten 
Technik an sich kein Problem sein.

: Bearbeitet durch Moderator
von Dr.Who (Gast)


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Jessi schrieb:
> der Pad Abstand ist maßgebend für das Gerade ziehen.
> Lötpaste war nur ein kleiner Punkt je Pad, kleiner wie
> das Pad selbst.

Nicht unbedingt, weil die Pads und die Abstände alle gleich sind.
Gleiche Ergebnisse bekommt man, wenn man die Parameter des Eutektikums
perfekt einhält.

https://de.wikipedia.org/wiki/Eutektikum

Lötzinnmenge, Temperatur und Flussmittel beeinflussen das Ergebnis.
Mit Schablonendruck und Lötofen sind die Ergebnisse sicher homogener.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Dr.Who schrieb:
> Gleiche Ergebnisse bekommt man, wenn man die Parameter des Eutektikums
> perfekt einhält.

Das ist erstens ein ewiger Streitpunkt – uns hat man im Studium gelehrt, 
dass die schlagartige Erstarrung einer eutektischen Mischung zu einem 
erhöhten Bruchrisiko führt. Zweitens spielt es bei bleifreien Loten gar 
keine Rolle mehr, und drittens ändert es am Verhalten, wie sich das 
Bauteil auf das Pad zieht, rein gar nichts.

Wenn die Pads zu groß sind, gibt es keine Kraft, die das Bauteil weiter 
zentrieren könnte.

von Dr.Who (Gast)


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Jörg W. schrieb:
> Das ist erstens ein ewiger Streitpunkt – uns hat man im Studium gelehrt,
> dass die schlagartige Erstarrung einer eutektischen Mischung zu einem
> erhöhten Bruchrisiko führt.

Dann steht es dir frei ein Nichteutektisches Lot, z.B. Sn60Pb40 o. 
Sn95Ag5
zu verwenden. Das könnte, aber muss nicht, das Problem des TO lösen.

> Zweitens spielt es bei bleifreien Loten gar
> keine Rolle mehr, und drittens ändert es am Verhalten, wie sich das
> Bauteil auf das Pad zieht, rein gar nichts.

Das kann man nur im Feldversuch klären. Mit Theorien kommt man da
nicht weit.

> Wenn die Pads zu groß sind, gibt es keine Kraft, die das Bauteil weiter
> zentrieren könnte.

Die Oberflächenspannung, die auch gern mal zum Tombstoneeffekt führen
kann, sollte man nicht unterschätzen. Manuell, wird man trotz größter
Sorgfalt keine idealen Lötbedingungen bei allen Pads hin bekommen.
Beim Reflowlöten geht das nämlich.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Dr.Who schrieb:
> Manuell, wird man trotz größter
> Sorgfalt keine idealen Lötbedingungen bei allen Pads hin bekommen.

Dann sieh dir die LED-Uhr da oben mal an … selbst, wenn das nicht 
„ideal“ ist, ist es vermutlich „gut genug“ im Sinne dessen, was der TE 
haben möchte.

von Jessi (Gast)


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Guten Tag,

die LED Uhr sieht perfekt aus.  :-)  Wenn hier und da eine LED 1/10mm 
verrutscht, dann sollte sich das in der Gesamtoptik aufgehen. Hauptsache 
nicht krum und schief.
Noch paar Fragen sind aufgetreten. Der Padabstand ist wohl das 
Wichtigste zum "auseinander ziehen" und damit gerade ziehen, soweit 
verständlich. Ist die passende Padbreite auch wichtig damit es nicht zur 
Seite weg kann?
Wenn ihr Platinen mit euren LP-Programm erstellt, belasst ihr die Maße 
der hinterlegten Pads oder fummelt ihr dranrum?

Zudem hatte ich das Gefühl der Lötpastenklecks vermehrt sich. Kann das 
sein? Also das die spätere Lötzinnmenge irgendwie größer ist wie der 
Pastenklecks. Oder ist das nur Einbildung?

Zum Heißlöten selbst noch eine Frage. Mit dem Lötkolben geht man nur 
kurz an die Pins ran. Mit der Heißluft muss man länger drüber bleiben. 
Erst muss die Paste schmelzen, sich verflüssigen und dann entsprechend 
ausformen. Das dauert alles deutlich länger als beim Lötkolben löten. 
Schadet das den Bauteilen wirklich nicht? Ich muss da an die Mini LEDs 
denken mit ihren Plastikgehäusen. Obwohl obige LEDs den ersten Test alle 
überlebt haben.  :-)

von Jens M. (schuchkleisser)


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Jessi schrieb:
> Wenn ihr Platinen mit euren LP-Programm erstellt, belasst ihr die Maße
> der hinterlegten Pads oder fummelt ihr dranrum?

Die in Eagle hinterlegten Standardpads für Chips passen für mich.

Jessi schrieb:
> Zudem hatte ich das Gefühl der Lötpastenklecks vermehrt sich. Kann das
> sein? Also das die spätere Lötzinnmenge irgendwie größer ist wie der
> Pastenklecks. Oder ist das nur Einbildung?

Möglicherweise ist eine Luftblase drin?
Normal wird Lot jedenfalls nicht einfach so im Volumen zunehmen.

Jessi schrieb:
> Schadet das den Bauteilen wirklich nicht?

Kuckstu Datenblatt. Eigentlich sollte jeder Hersteller ein Reflowprofil 
für seine Teile liefern.

von Jessi (Gast)


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Danke Dir & Euch.

von Dr.Who (Gast)


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Jörg W. schrieb:
> Dann sieh dir die LED-Uhr da oben mal an … selbst, wenn das nicht
> „ideal“ ist, ist es vermutlich „gut genug“ im Sinne dessen, was der TE
> haben möchte.

Dann bist du handwerklich im Umgang mit der Materie besser
als unser TO. Da die Verhältnisse(Kenntnisse, Erfahrung, Materialien,
Werkzeuge, usw.) aber ziemlich unterschiedlich sind, ist eine Analyse
nach möglichen handwerklichen Fehlerquellen schwierig. Mit Flussmittel
bekommt man aber viele solcher Probleme gut in den Griff.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Dr.Who schrieb:
> Mit Flussmittel bekommt man aber viele solcher Probleme gut in den
> Griff.

Zusätzliches Flussmittel versaut aber auch die ganze Platine, danach 
muss man dann viel Aufwand fürs Reinigen treiben. Normalerweise sollte 
bei Lotpaste das in der Paste enthaltene Flussmittel vollauf genügen 
(und hat bei mir auch).

Jessi schrieb:
> Wenn hier und da eine LED 1/10mm
> verrutscht, dann sollte sich das in der Gesamtoptik aufgehen. Hauptsache
> nicht krum und schief.

Ja, ich war eigentlich ganz erfreut, dass das alles in allem so geklappt 
hat, dass sich die LEDs wirklich selbst justiert haben. Vorwiderstände 
brauchte ich keine, da ich pro 5-Minuten-Segment je einen 16kanligen 
LED-Konstantstromtreiber benutzt habe, der ist immer am äußeren Rand des 
Segments.

> Der Padabstand
> ist wohl das Wichtigste zum "auseinander ziehen" und damit gerade
> ziehen, soweit verständlich.

Sowohl Abstand als auch Größe müssen passen.

> Ist die passende Padbreite auch wichtig
> damit es nicht zur Seite weg kann?

Ja.

> Wenn ihr Platinen mit euren
> LP-Programm erstellt, belasst ihr die Maße der hinterlegten Pads oder
> fummelt ihr dranrum?

Habe gerade nachgesehen: ich habe für alle LEDs explizit genau die 
Footprints angelegt, die im Datenblatt der jeweiligen LED empfohlen 
worden sind.

> Zudem hatte ich das Gefühl der Lötpastenklecks vermehrt sich. Kann das
> sein?

Bei Erwärmen schmilzt zuerst das Flussmittel auf, und die Paste wird ein 
wenig fest. Ab da ist das Bauteil recht gut fixiert. Beim weiteren 
Erwärmen schmilzt dann irgendwann das Lot, und einerseits nimmt es dabei 
die komplette benetzbare Fläche der Platine ein, andererseits sammelt es 
sich durch Adhäsion in einer Art Hohlkehle an den Anschlüssen des 
Bauteils. Die dabei entstehenden Kräfte halten dann alles im 
Gleichgewicht.

> Zum Heißlöten selbst noch eine Frage. Mit dem Lötkolben geht man nur
> kurz an die Pins ran. Mit der Heißluft muss man länger drüber bleiben.

Das Temperaturprofil des Herstellers wird man in aller Regel mit dieser 
Methode tatsächlich nicht ganz einhalten. Ich habe mir bei der Uhr 
damals auf einem Randstück ein 13. Segment mit herstellen lassen und 
dieses zum Üben der Technologie benutzt. Dort waren die LEDs im Inneren 
(wo sie recht eng zusammenstehen) tatsächlich doch noch deutlich 
angeschmort. Das tat zwar der Funktion keinen Abbruch, aber sah 
natürlich nicht dekorativ aus. Durch dieses Übungsstück habe ich aber 
das Hantieren mit dem Heißluftlöter so weit üben können, dass es dann 
bei der eigentlichen Uhr alles gut funktioniert hat.

von Jessi (Gast)


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Danke für das Hintergrundwissen.

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