Forum: HF, Funk und Felder Ist unmodulierte Datenübertragung ein Spezialfall der Modulation?


von Elias K. (elik)



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Eine Frage an die Experten. Die Frage ist eher theoretischer Natur im 
Bereich Signaltheorie.

Kurz: Ist die unmodulierte Datenübertragung ein Spezialfall der 
Modulation?

Lang: Ich kenne zwei Arten, Daten zu übertragen:

Übertragungsart A - direkt
----------------------------
- Die Daten werden digital (entweder binär, NRZ, PAM-5, o.ä.) direkt auf 
die Leitung aufgelegt. (Ob die Leitung differentiell ausgeführt ist, 
oder nicht, sollte unerheblich sein.)
- Üblicherweise wird der Übertragungsweg so dimensioniert, dass 
wenigstens die erste Oberwelle noch mit übertragen werden kann, auch 
wenn theoretisch die Grundfrequenz ausreichen würde.
- Im Spektrum sieht das Signal wie im Anhang aus. (2 kBaud zufällige 
Daten, 10-fach Oversampling) Das Signal und die Rekonstruktion aus den 
Frequenzanteilen bis 1 kHz sind ebenfalls zu sehen.

Übertragungsart B - moduliert
----------------------------
- Die Daten werden in ein Trägerband moduliert und dieses übertragen. 
IdR. kennt man das als Funkübertragung, aber die Theorie lässt sich 
meines Wissens direkt auf Kabel übertragen. Z.B. ADSL2, Internet über 
Kabel, ...
- Die digitalen Daten werden moduliert - z.B. mit AM, FM, PSK, QAM4, 
QAM64, ... Mehrere Bit pro Symbol sind möglich.
- Die Symbolrate wird üblicherweise als deutlich kleiner als die 
Trägerfrequenz angenommen. So hat der Empfänger eine Chance, die Symbole 
zu erkennen. (Erhöhung SNR)
- Durch die Modulation entsteht das Band um die Trägerfrequenz. Je höher 
die Symbolrate ist, umso breiter wird das Band.
- Die Bandbreite ist in etwa die Symbolrate. ("The maximum baud rate for 
a passband for common modulation methods such as QAM, PSK and OFDM is 
approximately equal to the passband bandwidth.") [1]


Wenn ich mehr Daten übertragen möchte, wähle ich eine höhere Symbolrate 
bei der Modulation. Dadurch wird die Bandbreite größer. Was passiert, 
wenn die Symbolrate sich dem Grenzfall annähert, dass sie gleich der 
halben Modulationsfrequenz wird? (Also dass ein Symbol genau die Länge 
hat, wie die halbe Periode der Modulationsfrequenz.) Ist das dann das 
gleiche, wie A - direkte Datenübertragung? Oder eben: Ist die 
unmodulierte Datenübertragung ein Spezialfall der Modulation?


Im Falle von Nein: Mit welchem der beiden Prinzipien kann ich mehr Daten 
über ein Kabel übertragen?

Im Falle von Ja: Kann jemand die Form des Spektrums im Vergleich zu dem 
Spektrum eines modulierten Signals erklären?


Ich bitte es mir nachzusehen, wenn ich Begriffe nicht ganz eindeutig 
oder gar falsch verwendet habe. Über den entsprechenden Hinweis freue 
ich mich, auch wenn euch Denkfehler auffallen. Über konkrete Hinweise 
auf Literatur, sofern sie konkret zur Frage beitragen, ebenfalls. (Bitte 
keine Hinweise wie "lies den Mertins, da stehts drin." Da steht es 
sicher drin, allerdings so in Formeln verpackt, dass ich dem nicht mehr 
folgen kann.)


Ideale Bedingungen werden angenommen. Das eine Symbolrate nahe der 
Trägerfrequenz praktisch nicht möglich ist, ist mir klar.

[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Symbol_rate

von Sven D. (Gast)


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Elias K. schrieb:
> Kurz: Ist die unmodulierte Datenübertragung ein Spezialfall der
> Modulation?

Falls du damit das Verfahren in deinem Fall"A" meinst, könnte man sagen 
das es sich um modulierten Gleichstrom handelt.

von Bernd K. (prof7bit)


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Du willst also wissen ob wenn man das Basisband so wie es ist über die 
Leitung schickt ein Spezialfall von Modulation ist? Ich würde sagen: Ja. 
Und zwar wäre das eine Amplitudenmodulation mit unterdrücktem Träger mit 
einer Trägerfrequenz von genau 0Hz. Also Amplitudenmodulation einer 
Gleichspannung.

von Q.E.D. (Gast)


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Es gibt keine unmodulierte Datenübertragung!

Q.E.D.

von Elektrofan (Gast)


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von Telegrafist (Gast)


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Q.E.D. schrieb:
> Es gibt keine unmodulierte Datenübertragung!

Kommt darauf an, wie Modulation definiert ist.

Morsen mit CW?

https://en.wikipedia.org/wiki/Continuous_wave

von Nils (Gast)


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Telegrafist schrieb:
> Q.E.D. schrieb:
>> Es gibt keine unmodulierte Datenübertragung!
>
> Kommt darauf an, wie Modulation definiert ist.
>
> Morsen mit CW?
>
> https://en.wikipedia.org/wiki/Continuous_wave

Und wie Morsen eine Modulation ist, bekannt als OOK Modulation. Die 
natürlich auch das Shannon Hartley Theorem erfüllt und eine gewisse 
mindestbandbreite erfordert. Mit einem undendlich schmalbandingen Kanal 
lässt sich nicht einmal etwas Morsen.

von Elias K. (elik)


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Bernd K. schrieb:
> Ich würde sagen: Ja.
> Und zwar wäre das eine Amplitudenmodulation mit unterdrücktem Träger mit
> einer Trägerfrequenz von genau 0Hz.

Danke für alle Antworten. Die haben mir geholfen, den fehlenden 
Puzzelstein zu finden: Die Trägerfrequenz ist nicht gleich der 
Symbolrate, sondern 0 Hz!

Um das zu testen, habe ich das Matlab-Script so angepasst, dass es mit 
einstellbarer Frequenz amplitudenmoduliert werden kann. Und wie 
postuliert, sieht das Spektrum für sehr niedrige Trägerfrequenzen aus, 
wie die "direkte Übertragung, Fall A". Siehe Anhang.

Wahrscheinlich lässt sich das auch für FM und PSK machen, das Ergebnis 
dürfte genauso ausfallen.

Elektrofan schrieb:
> https://de.wikipedia.org/wiki/Shannon-Hartley-Gesetz

Danke für den Link. Irgendwann war ich schonmal drüber gestolpert. Mit 
der jetzigen Erkenntnis heißt das also, das bei gleichem Noise-Level, 
gleichem Signalpegel und gleicher max. Frequenz vom Übertragungsmedium 
die direkte Übertragung immer die maximale Datenrate erreicht.

Jede Modulation (mit Trägerfrequenz != 0) nutzt nicht die volle 
Bandbreite und kann deswegen nie eine höhere Datenrate erreichen. Stimmt 
das so?


In dem Sinne ist ein Ansatz wie ADSL+ zunächst eigenartig. Ich würde es 
so erkären, dass der für verschiedene Frequenzen unterschiedliche 
Noise-Pegel bestmöglich ausgenutzt werden soll. Bänder mit wenig Noise 
haben weniger SNR und damit höhere Datenraten, als Bänder mit hohem 
Noise-Pegel. Würde man ein Band über den ganzen Frequenzbereich nehmen 
(bzw. direkte Datenübertragung, Fall A), wäre der maximale Noise-Pegel 
maßgeblich. Die Datenrate insgesamt dadurch geringer.

: Bearbeitet durch User
von Egon D. (Gast)


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Elias K. schrieb:

> Jede Modulation (mit Trägerfrequenz != 0) nutzt nicht
> die volle Bandbreite und kann deswegen nie eine höhere
> Datenrate erreichen. Stimmt das so?

Formal stimmt das. Inhaltlich führt es auf Abwege.

Beispiel Funkübertragung: Eine Funkwelle mit Trägerfrequenz
Null ist nicht herstellbar (weil die magnetische Feld-
komponente ein elektrisches WECHSELFELD erfordert) und auch
nicht abstrahlbar, weil die Antenne abstruse Größe haben
müsste. Daher muss man für Funkübertragung immer eine
Trägerfrequenz > 0 wählen.

Darüberhinaus ist Bandbreite nicht das einzige Kriterium.
Man muss aus dem Wust der aller angebotenen Signale auch
das richtige wieder herausfischen können.
Funksignale breiten sich aber mehr oder weniger ungerichtet
aus; also braucht man eine andere Möglichkeit, die Signale
voneinander zu unterscheiden. Man macht dies häufig anhand
der Höhe der Trägerfrequenz.

Und letztlich ist "Licht" ja auch nur "Funkwellen mit sehr
hoher Trägerfrequenz"; jegliche optische Übertragung ist
daher nur moduliert denkbar.

Soll heißen: Viele praktisch relevante Datenkanäle haben
Bandpassstruktur; hier ist die Diskussion, dass man mehr
Bandbreite HÄTTE, wenn man Gleichsignale übertragen KÖNNTE,
völlig akademisch. Man kann eben nicht.

Dein ADSL-Beispiel zeigt überdies sehr schön, dass theoretische
Bandbreite nicht alles ist: Wenn der Frequenzgang des realen
Datenkanales zunächst unbekannt ist, braucht man eine
Möglichkeit, das Übertragungssystem während des Betriebes
an den vorgefundenen Frequenzgang anzupassen. Man kann dann
Modulation dazu verwenden, das Spektrum in gut handhabbare
Portionen aufzuteilen.

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