Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frage zu einer Referenzschaltung eines Ladungsverstärkers


von tuggybear (Gast)


Lesenswert?

Guten Abend,

ich beschäftige mich derzeit mit Ladungverstärkern für Piezo-Elemente 
bzw. versuche diese zu verstehen. Im Rahmen der Recherche bin ich auf 
eine Schaltung von LT (eigentlich ja Analog Devices..) gestoßen:

https://www.analog.com/en/design-center/reference-designs/circuit-collections/ltc6081-shock-sensor-amplifier-accelerometer.html#cc-overview

Die Ausgangsspannung des OpAmp ergibt sich aus der Ladungs-Sensitivität 
des Piezokristalls "S" dividiert durch die Kapazitäten (Piezokristall 
Cp, Kabel Cc und Interface Ci) und schliesslich multipliziert mit dem 
Verstärkungsfaktor (V=1+Rf/Rg). Diese "Gleichung" habe ich aus einem 
Application Note von Texas Instruments (ebenfalls Ladungs-Verstärker). 
Sowohl die Schaltung aus dem TI Application Note sowie die von LT sind 
identisch bis auf die Tatsache, dass die Lösung von TI einen DC-Offset 
um Vcc/2 in der Ausgangsspannung hat.

Die Berechnungsgleichung für die Ausgangsspannung lautet also:
Vout=(S/(Cp+Cc+Ci))*V

Nach Eingabe der Daten aus der LT Schaltung in diese Gleichung sowie 
empirischer Behandlung der Kapazitäten bin ich auf folgende Ergebnisse 
gekommen:

1.) Verstärkungsfaktor: V=101, warum noch der zusätzlich "1-Term" in 
V=1+Rf/Rg mit Rf=1MOhm und Rg=10kOhm?. Ich dachte, der "1-Term" ergibt 
sich, wenn der "Nicht-Invertierende" Eingang für die Rückkopplung 
verwendet wird.

2.) Auf die Empfindlichkeit von 109mV/g kommt man durch:

Vout=(0,84/(770+8,2))*101=109,2mV/g

Die Ladungs-Sensitivität S stammt aus dem Sensor-Datenblatt. Warum wird 
hier nur die Kapazität 8,2pF vom Tiefpass-Zweig des Notch-Filters 
verwendet und nicht zusätzlich die beiden 3,9pF Kondensatoren des 
Hochpass-Zweigs vom Filter ?

Gruß,
tuggybear

von Dieter (Gast)


Lesenswert?

k=101 stimmt, siehe OP Grundlagen.
Invertierender und nicht invertierender Verstaerker.

von tuggybear (Gast)


Lesenswert?

Hallo Dieter,

danke für deine Antwort.

Der Rückkopplungspfad (47pF und 1M) ist doch mit dem invertierenden 
Eingang verbunden oder nicht ? Laut den Grundlagen sollte dann doch der 
Verstärkungsfaktor k=100 sein, nämlich: 1MOhm/10kOhm.

Ich habe mich auf diese Seite bezogen:
https://www.elektronik-kompendium.de/sites/slt/0210141.htm

Oder hängt es davon ab in welchen Eingang das "Signal" eingespeist wird 
? In diesem Fall wäre es ja der Nicht-Invertierende Eingang.. (Ich denke 
das diese Aussage totaler Unfug ist ?)


Mit freundlichem Gruß,
tuggybear

von HildeK (Gast)


Lesenswert?

tuggybear schrieb:
> Oder hängt es davon ab in welchen Eingang das "Signal" eingespeist wird
> ? In diesem Fall wäre es ja der Nicht-Invertierende Eingang.. (Ich denke
> das diese Aussage totaler Unfug ist ?)

Ja, genau davon hängt es ab.
Nichtinvertierend ist die Verstärkung 1+R2/R1, invertierend ist sie 
-R2/R1.
Deshalb sind v=101 richtig - die 47pF mal außen vor gelassen.

von tuggybear (Gast)


Lesenswert?

Hallo HildeK,

ups.... ok, dann hatte ich immer einen fundamentalen Fehler....

Es spielt dann keine Rolle, wo der Rückkopplungspfad ist, also ob 
invertierend oder nichtinvertierend, allein nur der Einspeisungspunkt 
also ob invertierend oder nichtinvertierend entscheidet ob -R2/R1 oder 
1+R2/R2.

Kann ich das so stehen lassen ?


Vielen Dank für deinen Beitrag.

Gruß,
tuggybear

von Achim S. (Gast)


Lesenswert?

tuggybear schrieb:
> Kann ich das so stehen lassen ?

weitgehend ja. Die Einschränkung betrifft deine Formulierung

tuggybear schrieb:
> Es spielt dann keine Rolle, wo der Rückkopplungspfad ist,

Wenn du einen linearen Verstärker baust geht der Rückkopplungspfad 
praktisch immer auf den invertierenden Eingang (weil ein linearer 
OPV-Verstärker eine Gegenkopplung nutzt). Würde die Rückkopplung auf den 
nicht-inv Eingang gehen, wäre es praktisch immer eine Mitkopplung (die 
du für Oszillatoren oder für Komparatoren mit Hyterese einsetzt).

von HildeK (Gast)


Lesenswert?

tuggybear schrieb:
> Es spielt dann keine Rolle, wo der Rückkopplungspfad ist, also ob
> invertierend oder nichtinvertierend, allein nur der Einspeisungspunkt
> also ob invertierend oder nichtinvertierend entscheidet ob -R2/R1 oder
> 1+R2/R2.

Es ist eben generell die Beschaltung, die einen invertierenden vom 
nichtinvertierenden Verstärker unterscheidet. Und bei der 
nichtinvertierenden Variante kommt das '+1' hinzu; hier gibt es keine 
Möglichkeit v<1 zu haben.
Beachte auch: eine invertierende Beschaltung zu verwenden erfordert auch 
die Möglichkeit des OPA am Ausgang negativ werden zu können (negative 
Versorgung!) oder man muss mit einem Offset arbeiten.
Allerdings sind auch die Eigenschaften des Eingangs beider Varianten 
sehr unterschiedlich. Der nichtinvertierende hat einen sehr hohen, vom 
Aufbau des OPAs bestimmten Eingangswiderstand.
Die invertierende Schaltung ist da wesentlich niederohmiger und von der 
Beschaltung abhängig.

Lies dazu mal den Artikel 
https://www.mikrocontroller.net/articles/Operationsverstärker-Grundschaltungen, 
speziell schau dir die Unterschiede beider Varianten hier an: 
https://www.mikrocontroller.net/articles/Operationsverst%C3%A4rker-Grundschaltungen#Grundbeschaltung_mit_Berechnung
In Bild a) ist der Eingangswiderstand = R3, in Bild b) kann er bei einem 
FET-Eingang des OPA im Gigaohmbereich liegen.

von Henrik V. (henrik_v)


Lesenswert?

tuggybear schrieb:
> Guten Abend,
>
> ich beschäftige mich derzeit mit Ladungverstärkern für Piezo-Elemente
> bzw. versuche diese zu verstehen. Im Rahmen der Recherche bin ich auf
> eine Schaltung von LT (eigentlich ja Analog Devices..) gestoßen:
>
> 
https://www.analog.com/en/design-center/reference-designs/circuit-collections/ltc6081-shock-sensor-amplifier-accelerometer.html#cc-overview

Die gezeigte Schaltung ist kein Ladungsverstärker, sondern ein 
Spannungsverstärker.

Die Verstärkung des 'klassischen' Ladungsverstärkers wird 'nur'* durch 
C_fb bestimmt, und ist in erster Näherung unabhängig von der 
Quellimpedanz (Kapazität des Sensors und der Zuleitung).

*) bei angenommen idealen OP, durch Gain,GBW und Biasströme  folgt noch 
anderes

Gruß Henrik

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.