Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Active clamp low side


von Maximilian S. (Gast)



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Hi zusammen

Ich versuche gerade den active clamp zu verstehen.
Jedoch komme ich auf keinen grunen Zweig. Ich habe Verstaendnisprobleme 
bei step 3 und 4.
Was passiert da denn genau?

Step1
Am Anfang sind MainSwitch ON, ClampSwitch OFF
Die Haupt- und Streuinduktivitaet werden aufgeladen.

Step2
MainSw OFF, ClampSw OFF
Die Energie in der Streuinduktivitaet muss abgebaut werden. Dies 
geschieht vorerst uber die Bodydiode vom P-MOS. Dabei wird der Clamping 
Kondensator aufgeladen.

Step3
Nun kommen schon meine Fragen.
MainSw OFF ClampSw ON
Der P-Mos wird eingeschaltet.
Nun fliesst der Strom uber den Mosfet und nicht mehr die Diode.
Wie fliesst nun der Strom wirklich? Wirklich in beide Richtungen? Wenn 
ja warum?

Step4
MainSw OFF, ClampSw OFF
Warum fliesst hier Strom uber deie Diode des MainSw in die Quelle?

Ich wuerde mich uber jegluche Hilfestellung sehr freuen.

von hinz (Gast)


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Maximilian S. schrieb:
> Wie fliesst nun der Strom wirklich? Wirklich in beide Richtungen? Wenn
> ja warum?

Du weißt was ein Schwingkreis ist?

von Egon D. (Gast)


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Maximilian S. schrieb:

> Step1
> Am Anfang sind MainSwitch ON, ClampSwitch OFF
> Die Haupt- und Streuinduktivitaet werden aufgeladen.

Richtig.

Beachte: Der Clamping-Kondensator ist nicht
notwendigerweise entladen. Die Drain-Spannung am
Clamping-FET wird negativ sein, so dass die
Body-Diode sperrt.


> Step2
> MainSw OFF, ClampSw OFF
> Die Energie in der Streuinduktivitaet muss abgebaut
> werden. Dies geschieht vorerst uber die Bodydiode vom
> P-MOS. Dabei wird der Clamping Kondensator aufgeladen.

... WEITER aufgeladen. Ja.


> Step3
> Nun kommen schon meine Fragen.
> MainSw OFF ClampSw ON
> Der P-Mos wird eingeschaltet.
> Nun fliesst der Strom uber den Mosfet und nicht mehr
> die Diode.

Ja. Sollte logisch sein.
(Spannungsabfall am FET ist viel geringer als über der
Diode, ergo fließt der allermeiste Strom durch den Kanal
und fast nichts über die Diode.)


> Wie fliesst nun der Strom wirklich? Wirklich in beide
> Richtungen? Wenn ja warum?

Natürlich nicht gleichzeitig! :)

Hinz hat Recht; es handelt sich um einen Reihenschwingkreis
mit nichtverschwindenden Anfangsbedingungen. Durch den von
der Spule angetriebenen Stromfluss läd sich der Kondensator
zunächst immer weiter auf, die Gegenspannung für die Spule
wird also immer größer, und der Strom sinkt. Irgendwann ist
die Energie in der Spule verbraucht, der Strom wird Null,
die Spannung am Kondensator ist jetzt maximal. Nun kehren
sich die Verhältnisse um, und die Kondensatorspannung
beginnt, einen Strom rückwärts durch die Spule zu treiben.
Spätestens jetzt muss der FET geschaltet habe, weil die Diode
allein die Richtungsumkehr natürlich nicht zulässt.


> Step4
> MainSw OFF, ClampSw OFF
> Warum fliesst hier Strom uber deie Diode des MainSw in
> die Quelle?

Weil die Spannung am Clampingkondensator höher ist als die
Eingangsspannung.

Während der Leitphase bleibt der Clampingkondensator relativ
hoch geladen, führt aber selbst keinen Strom, weil
a) der Clamping-FET nicht leitet und
b) die Body-Diode des Clamping-FET falschrum gepolt ist.

In der ersten Hälfte der Sperrphase wirkt der Aufbau wie
ein parasitärer Sperrwandler, d.h. der Clampingkondensator
wird mit der Restenergie aus der Spule weiter geladen. Da
aber kein anderer Verbraucher vorhanden ist, wird die Energie
in der zweite Hälfte der Sperrphase rückgespeist.

Genau das -- die Rückspeisung -- ist letztlich auch der Zweck
der ganzen Aktion.

von Maximilian S. (Gast)


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Egon D. schrieb:

>> Step4
>> MainSw OFF, ClampSw OFF
>> Warum fliesst hier Strom uber deie Diode des MainSw in
>> die Quelle?
>
> Weil die Spannung am Clampingkondensator höher ist als die
> Eingangsspannung.
>
> Während der Leitphase bleibt der Clampingkondensator relativ
> hoch geladen, führt aber selbst keinen Strom, weil
> a) der Clamping-FET nicht leitet und
> b) die Body-Diode des Clamping-FET falschrum gepolt ist.
>
> In der ersten Hälfte der Sperrphase wirkt der Aufbau wie
> ein parasitärer Sperrwandler, d.h. der Clampingkondensator
> wird mit der Restenergie aus der Spule weiter geladen. Da
> aber kein anderer Verbraucher vorhanden ist, wird die Energie
> in der zweite Hälfte der Sperrphase rückgespeist.
>
> Genau das -- die Rückspeisung -- ist letztlich auch der Zweck
> der ganzen Aktion.

Vielen Dank erst einmal für deine Beschreibung.
Vorerst interessiert mich zum Step 3 und 4 Folgendes:
Beim Ausschalten des MainSW in der Leitphase wird die Spannung am 
Knotenpunkt Q1,Q2 (U_DS_main) gleich VIN + reflektierte Ausgangsspannung 
und die Spule treibt den Strom weiter und lädt damit C_clamp auf diese 
Spannung.
Wenn iL gegen 0 geht und C seine Maximalspannung erreicht, muss der 
ClampSw eingeschaltet werden, wie von dir beschrieben.

Jetzt folgt meine nächste Frage:
Der C_clamp hat nun also seine Maximalspannung erreicht (VIN + refl. Ua) 
und ClampSw wird eingeschaltet.
Die gleiche Energie die die Spule C_clamp zugeführt hat, gibt nun 
C_clamp wieder ab und entladet sich auf VIN. Nun möchte die Spule den 
eingeprägten Strom wieder weiter in die Quelle treiben.
Wird an diesem Punkt nun ClampSW wieder abgeschaltet und dieser 
eingeprägte Strom entladet kurzfristig die UDS_main und fliest dann über 
die Bodydiode des MainSw in die Quelle und der Prozess beginnt wieder 
von vorne?


Vielen Dank im voraus

von Egon D. (Gast)


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Maximilian S. schrieb:

> Der C_clamp hat nun also seine Maximalspannung erreicht
> (VIN + refl. Ua) und ClampSw wird eingeschaltet.

Ja... Jein... nicht ganz.

Nochmal einen halben Schritt zurück:
Ganz am Anfang der Sperrphase wirkt die Body-Diode des
Clamp-FET als Freilaufdiode; sie übernimmt den Strom sofort,
wenn der Main-Switch ausschaltet. Irgendwann zwischen dem
Abschalten des Main-Switches und dem Spannungsmaximum an
C_clamp muss der Clamp-FET eingeschaltet werden, damit
der Strom seine Richtung wechseln kann. Wann genau das
passiert, ist egal -- aber der Clamp-FET muss eingeschaltet
sein, bevor die Maximalspannung an C_clamp erreicht wird.


> Die gleiche Energie die die Spule C_clamp zugeführt
> hat, gibt nun C_clamp wieder ab und entladet sich auf
> VIN.

Ja, im Prinzip richtig, aber das geht natürlich nicht
schlagartig, weil ja die (parasitären) Induktivitäten
im Stromweg sind. Die Spannung an C_clamp fällt also
genauso langsam, wie sie angestiegen ist, und entsprechend
langsam und gleichmäßig steigt der Strom an -- nur eben
jetzt in der umgekehrten Richtung wie vorher.


> Nun möchte die Spule den eingeprägten Strom wieder
> weiter in die Quelle treiben.

Hmm, jein.
Die Aussage ist nicht falsch, aber etwas merkwürdig,
denn wenn die Spannung an C_clamp ihr Maximum hat, ist
der Strom gerade Null, und wegen W = 1/2L * I^2 ist
in diesem Moment die in der Spule gespeicherte Energie
gleich Null. Ab diesem Punkt wirkt der Kondensator als
Quelle, und die Induktivität als Drossel, die den
Stromanstieg hemmt.
Da die Kondensatorspannung höher ist als die Eingangs-
spannung, möchte also eigentlich der Clamp-Kondensator
einen Strom durch die Drossel treiben, der (wie schon
mehrfach gesagt) andersherum fließt als vorher.


> Wird an diesem Punkt nun ClampSW wieder abgeschaltet
> und dieser eingeprägte Strom entladet kurzfristig die
> UDS_main und fliest dann über die Bodydiode des MainSw
> in die Quelle

Ja, genau.

Vor Beginn der Leitphase muss der Clamp-FET natürlich
abgeschaltet werden, weil andernfalls C_clamp
kurzgeschlossen würde und alles durcheinanderkäme.

Da aber der Spulenstrom jetzt andersherum fließt als
am Beginn der Sperrphase, wirkt jetzt die Body-Diode
des Main-Switch als Freilaufdiode -- ganz einfach weil
nur sie richtig herum gepolt ist.


> und der Prozess beginnt wieder von vorne?

Ja.

Und nur der Vollständigkeit halber: Wir haben die ganze
Zeit die Verhältnisse auf der Sekundärseite des Trafos
außer Acht gelassen, aber das ist zulässig, weil in der
Sperrphase ohnehin kein Sekundärstrom durch die Trafo-
Wicklung fließt.

von SdFgH (Gast)


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Egon D. schrieb:
> Irgendwann zwischen dem
> Abschalten des Main-Switches und dem Spannungsmaximum an
> C_clamp muss der Clamp-FET eingeschaltet werden, damit
> der Strom seine Richtung wechseln kann. Wann genau das
> passiert, ist egal

Zwischenfrage: Das bedeutet ja, der P-Channel Fet könnte
auch m.o.w. "sofort" nach dem Ausschalten des N-Channel
Fet eingeschaltet werden bzw. wäre das sogar effizienter?

Sogar gleichphasiges Ansteuersignal möglich, es würde
im Grunde die Umschaltschwelle schon reichen, damit sie
nicht gleichzeitig leiten?

[Annahmen: Ansteuerspannungshub identisch, V_GS(th) auch,
und letztere jew. deutlich kleiner als 1/2 Spannungshub]

Nicht einmal eine kleine RCD+Schmitttrigger Einschalt-
Verzögerung wäre nötig, sehe/verstehe ich das richtig?

Falls ja, wird der nächste Flyback mal aktiv geclampt.
Hatte mich nie damit beschäftigt, hielt ich für Aufwand
der doch durch dickeren und spannungsfesteren Fet leicht
vermeidbar bzw. kaum von großem Vorteil sei.

Gerade denke ich aber, das könnte einiges bringen.
Nicht nur kleineren/angepaßteren "Haupt-Fet", sondern
ein paar Prozent Wirkungsgrad, bilde ich mir ein.

(Sorry wegen der Unterbrechung, nur brachten mich diese
Grafiken und @Egons Erklärungen selbst ins Grübeln.)

von Egon D. (Gast)


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SdFgH schrieb:

> Egon D. schrieb:
>> Irgendwann zwischen dem
>> Abschalten des Main-Switches und dem Spannungsmaximum an
>> C_clamp muss der Clamp-FET eingeschaltet werden, damit
>> der Strom seine Richtung wechseln kann. Wann genau das
>> passiert, ist egal
>
> Zwischenfrage: Das bedeutet ja, der P-Channel Fet könnte
> auch m.o.w. "sofort" nach dem Ausschalten des N-Channel
> Fet eingeschaltet werden

Ja.
Wie schon gesagt: Der GENAUE Zeitpunkt ist nicht
entscheidend.


> bzw. wäre das sogar effizienter?

Sicherlich. Die Verluste im Kanal sind ja geringer
als die in der Diode.


> Sogar gleichphasiges Ansteuersignal möglich, es würde
> im Grunde die Umschaltschwelle schon reichen, damit
> sie nicht gleichzeitig leiten?

Möglich. Ich kenne es nur mit einer Verzögerungszeit von
einigen Nanosekunden zwischen beiden Schaltern.
Durchschuss will man ja verhindern; der C_clamp soll nicht
entladen werden.


> Falls ja, wird der nächste Flyback mal aktiv geclampt.

Ohh -- ich bin beim Erklären vom Eintakt-Durchflusswandler
ausgegangen. Deswegen auch meine Bemerkung am Schluss,
man könne die Sekundärseite außer Betracht lassen, weil
in der Sperrphase sowieso kein Energietransfer durch den
Trafo stattfinde. Letzteres trifft ja auf den Sperrwandler
nicht zu.
Ob active clamping beim Sperrwandler überhaupt möglich
bzw. sinnvoll ist, weiss ich nicht.


> Hatte mich nie damit beschäftigt, hielt ich für Aufwand
> der doch durch dickeren und spannungsfesteren Fet leicht
> vermeidbar bzw. kaum von großem Vorteil sei.
>
> Gerade denke ich aber, das könnte einiges bringen.
> Nicht nur kleineren/angepaßteren "Haupt-Fet", sondern
> ein paar Prozent Wirkungsgrad, bilde ich mir ein.

Ja, das ist letztlich der Hauptgrund: Besserer Wirkungsgrad.

Da der Clamp-FET aber auch Ansteuerleistung braucht, sollte
der ganze Wandler nicht ZU winzig sein, damit active clamping
etwas bringt.

von hinz (Gast)


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Egon D. schrieb:
> Ob active clamping beim Sperrwandler überhaupt möglich
> bzw. sinnvoll ist, weiss ich nicht.

Lohnt sich meist nicht, deshalb wird ehr "passive lossless snubber" 
verwendet.

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