Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Defekter Kanal an AV-Receiver Onkyo TX-SR600E


von Ulrich S. (ulrich76)


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Hallo,

ich habe einen AV-Receiver Onkyo TX-SR600E, bei dem der linke Frontkanal 
defekt ist. Dieser liefert keinen Ton mehr, kratzt nur noch ein 
bisschen. Die anderen Kanäle sind OK und auch sonst bin ich mit dem 
Gerät noch sehr zufrieden.
Da es im Netz glücklicherweise ein Servicemanual zu finden gibt 
(https://www.vintageshifi.com/repertoire-pdf/pdf/telecharge.php?pdf=Onkyo-TXSR-600-E-Service-Manual.pdf)habe 
ich mich auf die Fehlersuche gemacht und die Ursache vermutlich 
gefunden.

Ich habe die Spannungen im Anhang gemessen und außerdem festgestellt, 
dass R6080 keinen Durchgang und auch Q6020 keinen Durchgang an der 
Basis-Emitter-Diode mehr hat. Alles andere scheint OK zu sein, auch 
Q6050 scheint überlebt zu haben, vermutlich weil er an einem riesigen 
Kühlkörper angebunden ist.

Der Receiver hat einen Surround-Back Kanal, den ich nicht benutze. Es 
wäre also naheliegend, den defekten Transistor dort auszulöten. 
Wahrscheinlich müsste ich auch Q6030 mit übernehmen, da dieser zwecks 
thermischer Ankopplung mit Q6020 verklebt zu sein scheint.

Meine Fragen sind nun: Kann ich die Plätze in dem unbenutzten Kanal 
einfach leer lassen oder muss ich befürchten, dass dann etwas abraucht? 
Falls es kritisch ist, kann ich die offenen Leiter irgendwie sinnvoll 
"terminieren", damit nichts passiert? Gibt es sonst etwas, was ich 
beachten sollte?
Ich bin mehr in der Mikrocontroller-Welt zuhause und mit Analogtechnik 
nicht so bewandert, insbesondere mit Audio-Verstärkern habe ich mich 
noch nie befasst.

Vielen Dank im voraus
Ulrich

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Ulrich S. schrieb:
> Kann ich die Plätze in dem unbenutzten Kanal
> einfach leer lassen oder muss ich befürchten, dass dann etwas abraucht?

Es ist sicher sinnvoll, die ganze Stufe dann stromlos zu schalten.
Das sind bei der gezeigten Stufe nur die beiden Kollektoren von Q6030 
und Q6040, sowie die von Q6050 und Q6060. Entweder nur freischalten oder 
die Transistoren ausbauen.

Allerdings ist es heute auch nicht mehr so schwierig, einfach neue Teile 
zu bestellen und einzubauen, das sind meist nur ein paar Cent plus 
Versand.
Die Bezeichnung des Transistor könntest du mal posten, dann müssen wir 
nicht alle den Plan runterladen.

: Bearbeitet durch User
von g457 (Gast)


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> Gibt es sonst etwas, was ich beachten sollte?

Schau Dir so nicht schon geschen auch die Vorstufe und deren Transen an 
(Blatt U23 rechts oben).

HTH

von Ulrich S. (ulrich76)


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Danke für die Antworten!

Die Vorstufe habe ich mir schon angeschaut, scheint OK zu sein.

Das in dem Service-Manual sogar die Transistor-Typen gelistet sind, 
hatte ich noch gar nicht begriffen. Das macht die Sache natürlich noch 
viel einfacher...
Q6030: 2SC5171
Q6020: 2SC1740S-S

Beide scheint es bei Reichelt zu geben, damit hatte ich nicht gerechnet, 
immerhin ist der Receiver schon ca. 25 Jahre alt.

Dann bleibt nur noch die Frage, mit was ich die beiden Transistoren nach 
dem Austausch thermisch kopple. Das, was jetzt dazwischen ist, ist eine 
weiße Masse, die ziemlich hart ist, sich aber mit einer Nadel und ein 
bisschen Kraft verformen lässt, ohne abzubröckeln. Könnte eingetrocknete 
Wärmeleitpaste sein, wie man sie zwischen CPU und Kühlkörper schmiert. 
Davon hätte ich noch welche. Soll ich die benutzen oder gibt es etwas 
besseres?

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Ulrich S. schrieb:
> sich aber mit einer Nadel und ein
> bisschen Kraft verformen lässt, ohne abzubröckeln.

Das spricht nicht so für eingetrocknete WLP, sondern eher für 
irgendeinen Silikongummi. Aber du kannst sicher die neuen Transistoren 
etwas zusammendrücken und WLP dazwischen machen, evtl. ein Stück 
Schlauch o.ä. später drüber, damit sie nicht auseinanderwackeln.

von hinz (Gast)


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Matthias S. schrieb:
> Ulrich S. schrieb:
>> sich aber mit einer Nadel und ein
>> bisschen Kraft verformen lässt, ohne abzubröckeln.
>
> Das spricht nicht so für eingetrocknete WLP, sondern eher für
> irgendeinen Silikongummi. Aber du kannst sicher die neuen Transistoren
> etwas zusammendrücken und WLP dazwischen machen, evtl. ein Stück
> Schlauch o.ä. später drüber, damit sie nicht auseinanderwackeln.

ACK. Oder, falls vorhanden, 2K-Epoxykleber nehmen.

von Jupp (Gast)


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Ulrich S. schrieb:
> Die Vorstufe habe ich mir schon angeschaut, scheint OK zu sein.

Beachte: Das ist keine separat zu betrachtende Vorstufe, sondern die 
vordere Hälfte der Endstufe.

von Ulrich S. (ulrich76)


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hinz schrieb:
> ACK. Oder, falls vorhanden, 2K-Epoxykleber nehmen.

Uhu Endfest habe ich auch irgendwo rumliegen. Das ist ein super Kleber, 
aber ist er wirklich gut für Wärmeleitung? Das hatte ich noch nie 
gehört.

OK, Bauteile sind bestellt, spätestens nächstes Wochenende sollte ich 
dazu kommen, den Reparaturversuch zu starten. Ich werde dann berichten, 
wie es ausgegangen ist.

von Ulrich S. (ulrich76)


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Jupp schrieb:
> Beachte: Das ist keine separat zu betrachtende Vorstufe, sondern die
> vordere Hälfte der Endstufe.

Danke für den Hinweis, das ändert aber nichts daran, dass der Teil in 
Ordnung zu sein scheint. Die Spannungen sind wie im Servicemanual 
angegeben und alle Transistoren haben vernünftige BE-Spannungen.
Nur zur Sicherheit habe ich trotzdem alle verbauten Transistoren 
mitbestellt. Hat alles zusammen nur ein paar Euro gekostet.

von Stephan (Gast)


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Bei meinem Onkyo zicken die Relais gelegentlich im Stereobetrieb. Dann 
fehlt mal ein Kanal. Einfach ein paar mal zwischen A und B umschalten 
bzw. A Ein und Aus, dann wirds vermutlich besser.

von Ulrich S. (ulrich76)


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Mein Reciever funktioniert wieder einwandfrei!

Das Aus- und Einlöten der Bauteile war kein großes Ding, aber ich hatte 
nicht damit gerechnet, wie schwer es sein würde, an die Lötseite der 
Verstärkerplatine zu kommen. Zuerst musste ich das Gehäuse fast 
vollständig zerlegen, wozu an einer Stelle ein extra langer 
Schraubenzieher nötig war. Und dann waren noch einzelne Kabel auf den 
Platinen gelötet statt gesteckt, somit bekommt man die Platine gar nicht 
raus, wenn man nicht komplett alles ausbauen will. Am Ende habe ich die 
Platine notdürftig im Gehäuse senkrecht gestellt und so gelötet. 
Insgesamt hat das Zerlegen und wieder Zusammenbauen trotzdem ca. 3 h 
gedauert.

Abgleich hat auch geklappt, obwohl ich die kalt 2.5 mV, die im Service 
Manual angegeben sind, nicht erreicht habe, da sofort ca. 6 mV am 
Abgleichpunkt anlagen. Die 11 mV nach dem Warmlaufen waren aber kein 
Problem und für meine Ohren klingt der reparierte linke Kanal 
einwandfrei und genau wie der rechte.

Nochmals danke für Eure Tipps!

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