Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik keramische SMD im µF Bereich statt Wima MKF/S/P


von ChristophK (Gast)


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Habe eine Schaltung, die ich von TH auf SMD umstellen will. Habe im 
Eingang eines NF-Verstärker Op-Amps einen Koppelkondensator von 1µF/63V 
(rote Wima-Klötzchen) und frage mich, ob ich dafür auch keramische SMD 
Cs verwenden könnte. TK wäre nicht so kritisch, wenn der im Bereich +/- 
10% läge.

Ist aber eh nicht alles SMD, einige TH verbleiben (Elkos,ZD).

von Harald W. (wilhelms)


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ChristophK schrieb:

> Habe eine Schaltung, die ich von TH auf SMD umstellen will. Habe im
> Eingang eines NF-Verstärker Op-Amps einen Koppelkondensator von 1µF/63V
> (rote Wima-Klötzchen) und frage mich, ob ich dafür auch keramische SMD
> Cs verwenden könnte.

Wenn Dich die Klangverzerrungen nicht stören, könntest Du das machen.
Normalerweise werden Kerkos nur als Entkoppel-Cs benutzt.

von No Y. (noy)


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Harald W. schrieb:
> Wenn Dich die Klangverzerrungen nicht stören, könntest Du das machen.
> Normalerweise werden Kerkos nur als Entkoppel-Cs benutzt.

Was für ein Quatsch...
Hast du schonmal Wima Kondensatoren in Handys oder MP3 Player gesehen?

Nimm Kerkos gehen genauso gut (außer du hast "Goldohren" aber achte auf 
die Spannungsfestigkeit. Sicherheitshalber Spannung *2 da die deutlich 
an Kapazität verlieren wenn diese nahe an ihrer Nennspannung betrieben 
werden.

von Soul E. (Gast)


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In diesem Zusammenhang sollte man wissen, dass Keramikkondensatoren 
piezoelektrische Bauteile sind. Die pfeifen und summen im Takt der PWM, 
und erzeugen bei akustischer Anregung elektrische Ladungsverschiebungen 
("Mikrofonie").

Darüber hinaus ist die effektive Kapazität vom DC-Bias abhängig. Der 
Nennwert wird nur bei reiner Wechselspannungsbelastung erreicht.

von ChristophK (Gast)


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Harald W. schrieb:
> ChristophK schrieb:
>
>> Habe eine Schaltung, die ich von TH auf SMD umstellen will. Habe im
>> Eingang eines NF-Verstärker Op-Amps einen Koppelkondensator von 1µF/63V
>> (rote Wima-Klötzchen) und frage mich, ob ich dafür auch keramische SMD
>> Cs verwenden könnte.
>
> Wenn Dich die Klangverzerrungen nicht stören, könntest Du das machen.
> Normalerweise werden Kerkos nur als Entkoppel-Cs benutzt.

Die sind nichtlinear? In welchem Ausmaß? Das würde mich schon stören.
Oft finde ich keramische Cs in Röhrenverstärkern als RF-Gegenkopplung 
zwischen Anode und Gitter oder anderen Frequenzkompensationsschaltungen, 
wo höhere Spannungen oder geringe Induktivität gefragt sind.

von jemand (Gast)


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Kannst du.

Manche Leute behaupten, Klasse-II Kerkos (z.B. X7R) können verzerren. 
Theoretisch ist das denkbar, z.B. durch die DC-Bias-Charakteristik. 
Falls du das glaubst, kannst du COG verwenden, die haben das Problem 
nicht:
https://eu.mouser.com/ProductDetail/Knowles-Novacap/2225E105K500PHT?qs=sGAEpiMZZMs0AnBnWHyRQEq1VGVS72F%2FpzomlxxN29M%3D

Ich habe aber schon öfter einfach Klasse-II-Kerkos  für Audio verwendet, 
und der Klirrfaktor durch solche Kondensatoren im Signalpfad war noch 
nie messbar. Wären Verzerrungen vorhanden, müssten sie hier auffallen. 
Wir messen das eigentlich immer bei der Inbetriebnahme von Audiokram.

Ein Problem hat man bei allen Kerkos, speziell X7R und Konsorten:
Die haben Mikrofonie. Wenn du mechanischen Schock hast, hört man das im 
Signal. Kann lästig sein, muss aber nicht.

Für diese Fälle gäbe es Folienkondensatoren in SMD. Die haben keine 
Mikrofonie, und verzerren auch nicht.
Beispiel:
https://eu.mouser.com/ProductDetail/AVX/CB052E0105JBC?qs=sGAEpiMZZMv1cc3ydrPrF7slV%2F9w9cJlZUX2bQ719F4%3D
Wenn du mit 25V oder 16V auch glücklich wirst, werden sie kleiner.
Vorsicht: Lästig zum Handlöten, weil empfindlich.

von jemand (Gast)


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Harald W. schrieb:
> ChristophK schrieb:
>
>> Habe eine Schaltung, die ich von TH auf SMD umstellen will. Habe im
>> Eingang eines NF-Verstärker Op-Amps einen Koppelkondensator von 1µF/63V
>> (rote Wima-Klötzchen) und frage mich, ob ich dafür auch keramische SMD
>> Cs verwenden könnte.
>
> Wenn Dich die Klangverzerrungen nicht stören, könntest Du das machen.
> Normalerweise werden Kerkos nur als Entkoppel-Cs benutzt.

Das betrifft nur Klasse-II-Kerkos.
COG/NP0 (Klasse-I) haben das Problem generell nicht.

Und ja, auch Klasse-I gibts im µF-Bereich, wird nur dicker.

von Soul E. (Gast)


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jemand schrieb:

> Ich habe aber schon öfter einfach Klasse-II-Kerkos  für Audio verwendet,
> und der Klirrfaktor durch solche Kondensatoren im Signalpfad war noch
> nie messbar. Wären Verzerrungen vorhanden, müssten sie hier auffallen.

Letztendlich sinkt die effektive Kapazität mit der Signalamplitude. Ein 
Tiefpass hat damit im Nulldurchgang des Sinus eine andere Grenzfrequenz 
als an der Spitze. Ob das nun stört oder nicht hängt von der Anwendung 
ab. Insbesondere von der Aussteuerung und vom DC-Bias.

von Peter D. (peda)


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Harald W. schrieb:
> Wenn Dich die Klangverzerrungen nicht stören, könntest Du das machen.

Koppelkondensatoren stellen für das Signal einen Durchgang dar, 
verzerren also nicht. Nur in Filtern sollte man keine Klasse-II-Kerkos 
verwenden.
Bei sehr kleinen Signalen kann aber Mikrofonie auftreten.

von jemand (Gast)


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soul e. schrieb:
> jemand schrieb:
>
>> Ich habe aber schon öfter einfach Klasse-II-Kerkos  für Audio verwendet,
>> und der Klirrfaktor durch solche Kondensatoren im Signalpfad war noch
>> nie messbar. Wären Verzerrungen vorhanden, müssten sie hier auffallen.
>
> Letztendlich sinkt die effektive Kapazität mit der Signalamplitude. Ein
> Tiefpass hat damit im Nulldurchgang des Sinus eine andere Grenzfrequenz
> als an der Spitze. Ob das nun stört oder nicht hängt von der Anwendung
> ab. Insbesondere von der Aussteuerung und vom DC-Bias.

Yupp, völlig korrekt.

Ein Umstand hilft dir aber:
Koppelkondensatoren sind groß dimensioniert. Übicherweise hast du 
AC-Spannungen über den Koppekondensator von wenigen mV. Daher ist die 
Verzerrung eben auch nur ein Bruchteil dieser mV.

Beispiel:
Bei einem Line-In (Impedanz >10k) und du nimmst 10µF (bei X7R kann man 
ja großzügig sein!), hast du am Kondensator selbst bei 100Hz nur eine 
Impedanz von 160Ohm.
Da bleiben vom Line-In-Pegel lediglich 11mV RMS, und bei so wenig tut 
sich selbst bei einem X7R noch nicht viel.

D.h. der Effekt fällt sehr klein aus. Dazu trifft er im Höchstfall sehr 
tiefe Bässe in sehr kleinem Umfang.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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jemand schrieb:

> Manche Leute behaupten, Klasse-II Kerkos (z.B. X7R) können verzerren.

Sobald nennenswert Spannung über den Kondensatoren stehen bleibt, 
werden sie verzerren. Eben weil die Kapazität spannungsabhängig ist. 
Glücklicherweise werden Koppelkondensatoren so dimensioniert, daß sie im 
"interessanten" Frequenzbereich niederohmig(er als der Rest der 
Schaltung) sind. Eine Verzerrung ist also nur in der Nähe der unteren 
Grenzfrequenz zu erwarten. Und da verzerren dann auch die Lautsprecher 
schon ordentlich.

> Falls du das glaubst, kannst du COG verwenden

Aber nicht wenn er 1µF braucht und kleiner als Folie sein will.

> Für diese Fälle gäbe es Folienkondensatoren in SMD

Auch mit denen spart er keinen Platz gegenüber Folie bedrahtet.

: Bearbeitet durch User
von ridic (Gast)


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Axel S. schrieb:
>> Für diese Fälle gäbe es Folienkondensatoren in SMD
>
> Auch mit denen spart er keinen Platz gegenüber Folie bedrahtet.

Ja.

Gerade um auf der Platine wenig Platz zu brauchen, wurden FolKos
schon seit Jahrzehnten auch in "hoher Bauform" (kleiner Footprint,
also Grundfläche - für die Englisch-Verweigerer) angeboten.

Such' doch mal speziell nach solchen, vielleicht reicht das ja.

von jemand (Gast)


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ridic schrieb:
> Axel S. schrieb:
>>> Für diese Fälle gäbe es Folienkondensatoren in SMD
>>
>> Auch mit denen spart er keinen Platz gegenüber Folie bedrahtet.
>
> Ja.
>
> Gerade um auf der Platine wenig Platz zu brauchen, wurden FolKos
> schon seit Jahrzehnten auch in "hoher Bauform" (kleiner Footprint,
> also Grundfläche - für die Englisch-Verweigerer) angeboten.

Ich würde einfach X5R oder X7R hineintun. Die gibts in 1206 oder 0805.
Falls es korrekt ausgelegte Koppelkondensatoren sind, sollten sie außer 
Mikrofonie keine Nachteile haben.

Man kann das ja vorher testen. Einfach welche einlöten, und kucken ob 
Oberwellen auftauchen. Kann jedes Oszi mit FFT.

von Mark S. (voltwide)


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1uF als THT Folienkondensator gibt es bei Wima im Rastermass 2,5mm, also 
ein footprint von ca 4,5x4,5mm.

von hinz (Gast)


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Mark S. schrieb:
> 1uF als THT Folienkondensator gibt es bei Wima im Rastermass
> 2,5mm, also
> ein footprint von ca 4,5x4,5mm.

1µF/16V Folie gibts auch in SMD-1206.

von Arno (Gast)


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Axel S. schrieb:
> jemand schrieb:
>> Für diese Fälle gäbe es Folienkondensatoren in SMD
>
> Auch mit denen spart er keinen Platz gegenüber Folie bedrahtet.

Aber vielleicht Bestückungskosten?

MfG, Arno

von Helmut S. (helmuts)


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> Falls es korrekt ausgelegte Koppelkondensatoren sind, sollten sie außer
Mikrofonie keine Nachteile haben.

Die Mikrofonie-Empfindlichkeit wird auch durch Wahl einer gößeren 
Kapazität nicht besser.
Testen kann man Mikrofonie indem man mal mit einem Stift auf die Platine 
klopft und das Signal am Ausgang des Verstärkers anschaut. Natürlich 
sollte man dazu ein Digitaloszilloskop verwenden, da es ein einmaliges 
Ereignis ist.

Beitrag #6004396 wurde von einem Moderator gelöscht.
von ridic (Gast)


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Kondensat-Ohr - das ist wirklich gut. :-) Allein schon das
vorgestellte Bild: Rauchen durch das (oder aus dem) Ohr -
ob es nun Bob Dylan ist, der das tut, oder wer auch immer.

https://www.seitvertreib.de/2010/12/02/aus-dem-ohr-rauchen/


Arno schrieb:
> Aber vielleicht Bestückungskosten?

Möglich - ohne Kenntnisse zu Fertigung/Stückzahlen unklar.


No Y. schrieb:
> schonmal Wima Kondensatoren in Handys / MP3 Player gesehen?

Die max. Maße (sowie Wünsche nach noch kleineren Abmessungen)
sind ebenfalls nicht bekannt - genausowenig wie die sonstigen
Randbedingungen/Einschränkungen.

> Was für ein Quatsch...

Etwas überzogen - man kennt doch die genaue Lage gar nicht.


In welche Richtung läuft denn aktuell die Entscheidungsfindung?

von No Y. (noy)


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Das mit Quatsch und Handy usw. war auf die Aussage :"Normalerweise 
werden Kerkos nur als Entkoppel-Cs benutzt." bezogen.

von Dieter (Gast)


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ChristophK schrieb:
> Eingang eines NF-Verstärker Op-Amps einen Koppelkondensator von 1µF/63V
Das ist genau eine von bis zu maximal zwei besonders empfindlichen 
Kondensatoren für Mikrofonie eines Audioverstärkers.

No Y. schrieb:
> schonmal Wima Kondensatoren in Handys / MP3 Player gesehen?
Da wird heute das digitale Signal direkt in ein PWM-Signal umgesetzt. 
Das ist gerade die besonders unempfindliche Realisierung einer 
Audiosignalausgangsstufe im Hinblick auf die Kondensatoren. Wohl Äpfel 
mit Birnen verglichen.

von ridic (Gast)


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No Y. schrieb:
> Das mit Quatsch und Handy usw. war auf:"Normalerweise
> werden Kerkos nur als Entkoppel-Cs benutzt." bezogen.

Das war und ist mir klar (habe nur das Zitat "eingespart").

Also @Haralds Aussage stimmt nur i. B. a. Klasse II Kerkos.
Nichtsdestotrotz hat er darauf bezogen ja schon recht...

Dieter schrieb:
> das digitale Signal direkt in ein PWM-Signal

Daran hatte ich nicht mehr gedacht (nicht mein Gebiet),
aber das ist korrekt: Da ist keine analoge Zwischenstufe
mehr vor vielen (oder den meisten?) Klasse D Endstufen in
solchen Geräten. Ich denke, das hieß "PFM" oder so, was
in solche Chips rein geht. Oder gibt's einige Varianten?


(Also Vorsicht, @No Y.: So schnell entsteht "Quatsch". ;)

von jemand (Gast)


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Helmut S. schrieb:
>> Falls es korrekt ausgelegte Koppelkondensatoren sind, sollten sie außer
> Mikrofonie keine Nachteile haben.
>
> Die Mikrofonie-Empfindlichkeit wird auch durch Wahl einer gößeren
> Kapazität nicht besser.

Achnein, wirklich?
Ich habe das nicht behauptet. Ich habe sogar die Mikrofonie eigens als 
Nachteil erwähnt.

Warum dann so eine Antwort? Man rätselt und rätselt.

Ich habe einige Erfahrung mit Klasse-II-Kerkos in Signalpfaden bei 
Audio, und kann sagen, dass es in der Praxis gut funktioniert.
Mikrofonie ist vorhanden, aber so gering, dass sie praktisch keine Rolle 
spielt. Man hört beispielsweise ein sehr schwaches "Knacken", wenn man 
mit dem Griff des Schraubenziehers auf das Gehäuse haut.
Der auf-das-Gehäuse-hau-Vorgang ist aber viel lauter.

Solange das Gerät in normaler Benutzung ist, sollte das keine Rolle 
spielen.

Was Koppelkondensatoren in modernen Audioverstärkern angeht, ein 
Beispiel:
http://ams.issi.com/WW/pdf/IS31AP2005_EB.pdf
Im Signalpfad finden wir einen CC0603KKX7R9BB104, mithin ein 10nF X7R.
Man findet überall X7R im Signalpfad.
Wenn ich auf dieses Board klopfe, höre ich im Lautsprecher nichts.

von Andi B. (andi_b2)


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Audio ist ja ein weites Feld und die Qualitätsanspruche sind da ganz 
unterschiedlich. Das -

> Was Koppelkondensatoren in modernen Audioverstärkern angeht, ein
> Beispiel:
> http://ams.issi.com/WW/pdf/IS31AP2005_EB.pdf

ist ja ein Beispiel, wo es ganz offensichtlich nicht um HiFi oder 
Qualität im üblichen Sinne geht, auch nicht um nur annähernd guten Ton. 
Wenn das Eingangsfilter in der Schaltung auf 440Hz Grenzfrequenz 
dimensioniert ist und keinem der AppNote Schreiber auffällt, dass das so 
nicht sein kann auch weil in der Stückliste was anderes steht, da hat 
man zumindest schon einen guten Eindruck, für welchen "Qualitätslevel" 
diese Firma steht. Das kann man auch gut auf die dort gezeigte Anwendung 
übertragen.

Wie gesagt, unterschiedliche Anforderungen. Für eine billigst Brüllbox 
sicher brauchbar, für ein Windfilter ev. sogar in der Bestückung wie im 
Schaltplan angegeben. Aber nie und nimmer für einen guter 
Audioverstärker.

Da wir aber noch nicht wissen um welche Anwendung es geht und der TO 
offensichtlich gröbere Wissenslücken über Class II Kerkos hat, kann man 
wohl seine Frage hier (noch) nicht seriös beantworten. Nur der Hinweise, 
X7R und vor allem X5R, Y5V .... sind nie und nimmer "gute" 
Kondensatoren. Je nach Anwendung können sie aber oft als brauchbare 
Kapazitäten eingesetzt werden, oder halt auch absolut unbrauchbar sein.

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