Forum: HF, Funk und Felder Definition der Begriffe: Monopolstrahlung und sphärische Phasenfront


von nerd (Gast)


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Hi Leute,

leider finde ich im Internet nichts zu diesen Begriffen. Zwar steht 
immer, dass es keine Monopolstrahlung gibt, aber es steht nie irgendwo 
erklärt, was es eigentlich genau ist....

Wisst ihr zudem was eine sphärische Phasenfront ist? Wie würdet ihr das 
mit eigenen Worten erklären?

Vielen Dank im Voraus :)

von Heinrich (Gast)


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nerd schrieb:
> Wisst ihr zudem was eine sphärische Phasenfront ist? Wie würdet ihr das
> mit eigenen Worten erklären?

ich verstehe unter Phasenfront von einer Quelle aus gesehen alle Punkte 
einer Welle, die die gleiche Laufzeit Phase)aufweisen. Ist die Quelle 
punktförmig und strahlt kugelförmig gleichmäßig ab, ist die Phasenfront 
sphärisch.

Beitrag #6008275 wurde von einem Moderator gelöscht.
Beitrag #6009075 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Sven B. (scummos)


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Heinrich schrieb:
> nerd schrieb:
>> Wisst ihr zudem was eine sphärische Phasenfront ist? Wie würdet ihr das
>> mit eigenen Worten erklären?
>
> ich verstehe unter Phasenfront von einer Quelle aus gesehen alle Punkte
> einer Welle, die die gleiche Laufzeit Phase)aufweisen. Ist die Quelle
> punktförmig und strahlt kugelförmig gleichmäßig ab, ist die Phasenfront
> sphärisch.

Ja -- was genau das ist, was nicht existiert, der "isotrope Strahler". 
Vielleicht ist es so plausibel: um elektromagnetische Strahlung zu 
erzeugen, muss ein Strom fließen, also Ladung muss sich bewegen. Das 
muss in irgendeine bestimmte Richtung erfolgen und funktioniert weder 
auf der Stelle noch irgendwie "gleichmäßig verteilt auf einer 
Kugeloberfläche" (im Endeffekt vermutlich wegen dieses Satzes? 
https://de.wikipedia.org/wiki/Satz_vom_Igel). Entsprechend kann auch die 
entstehende Strahlungsfront nicht kugelsymmetrisch sein.

von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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Sven B. schrieb:
> Ja -- was genau das ist, was nicht existiert, der "isotrope Strahler".
> Vielleicht ist es so plausibel: um elektromagnetische Strahlung zu
> erzeugen, muss ein Strom fließen, also Ladung muss sich bewegen. Das
> muss in irgendeine bestimmte Richtung erfolgen und funktioniert weder
> auf der Stelle noch irgendwie "gleichmäßig verteilt auf einer
> Kugeloberfläche"

Etwas einfacher ausgedrückt: Man kann zeigen, dass für jede (auch 
zeitveränderliche) kugelsymmetrische Ladungsverteilung mit Gesamtladung 
Q das Feld außerhalb der Ladungsverteilung zu jedem Zeitpunkt ein 
statisches elektrisches Feld mit dem Potential
im Punkt x ist (Ladungsverteilung im Ursprung). Insbesondere ist dann 
das elektrische Feld außerhalb der Ladungsverteilung das einer 
Punktladung, und das magnetische Feld verschwindet.

> (im Endeffekt vermutlich wegen dieses Satzes?
> https://de.wikipedia.org/wiki/Satz_vom_Igel)

Ja. Vereinfacht gesagt: Im Vakuum bilden aufgrund der homogenen 
Maxwell-Gleichungen das elektrische und magnetische Feld mit dem 
Wellenvektor zu jedem Zeitpunkt ein orthogonales Dreibein. Betrachtet 
man eine Kugeloberfläche um die Ladungsverteilung, so ist für einen 
(hypothetischen) isotropen Strahler der Wellenvektor in jedem Punkt der 
Kugeloberfläche orthogonal zu dieser, und das elektrische und 
magnetische Feld dementsprechend tangential. Der Satz vom Igel sagt 
dann, dass das elektrische (und damit auch das magnetische) Feld in 
mindestens einem Punkt der Kugeloberfläche verschwinden muss, im 
Widerspruch zur Isotropie.

Man kann natürlich auch direkt mithilfe der Maxwell-Gleichungen zeigen, 
dass ein isotropes sphärisches Wellenfeld verschwindet.

Beitrag #6009921 wurde von einem Moderator gelöscht.
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Beitrag #6010041 wurde von einem Moderator gelöscht.
von GHz-Nerd (Gast)


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Ich würde den Begriff "sphärische Phasenfront" in erster Näherung mit 
"Fernfeldbedingungen" gleichsetzen.
Wenn die Antenne aus einem genügend grossen Abstand betrachtet wird, 
kann man nicht mehr wirklich unterscheiden, ob es sich um einen 
Punktstrahler oder einer Antenne mit endlichen Abmessungen handelt.

Punktuell betrachtet stellt das Feld zudem eine gute Näherung einer 
ebenen Welle dar und wenn man sich eine Oberfläche um die Antenne 
vorstellt, in der die Phase konstant ist, sieht sie praktisch 
kugelförmig (bzw. sphärisch) aus. In der Nähe der Antenne würde diese 
Oberfläche hingegen eher kartoffelförmig aussehen.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Mario H. schrieb:
> Der Satz vom Igel sagt
> dann, dass das elektrische (und damit auch das magnetische) Feld in
> mindestens einem Punkt der Kugeloberfläche verschwinden muss, im
> Widerspruch zur Isotropie.

Gemäß Satz vom Igel sind das sogar mindestens zwei Punkte. Eng verwandt 
ist der Satz vom Frisör mit nur einem solchen Punkt, aber der 
zusätzlichen Annahme, dass der zweite Punkt innerhalb des Halses liegt 
und daher nicht sichtbar ist. :-D

Beitrag #6010539 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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Mario H. schrieb:
> Ja. Vereinfacht gesagt: Im Vakuum bilden aufgrund der homogenen
> Maxwell-Gleichungen das elektrische und magnetische Feld mit dem
> Wellenvektor zu jedem Zeitpunkt ein orthogonales Dreibein. Betrachtet
> man eine Kugeloberfläche um die Ladungsverteilung, so ist für einen
> (hypothetischen) isotropen Strahler der Wellenvektor in jedem Punkt der
> Kugeloberfläche orthogonal zu dieser, und das elektrische und
> magnetische Feld dementsprechend tangential. Der Satz vom Igel sagt
> dann, dass das elektrische (und damit auch das magnetische) Feld in
> mindestens einem Punkt der Kugeloberfläche verschwinden muss, im
> Widerspruch zur Isotropie.

Wenn man genauer darüber nachdenkt, ist es etwas komplizierter. Dieses 
Argument setzt natürlich voraus, dass die emittierte Welle kohärent und 
linear polarisiert ist.

Lässt man eine dieser Annahmen fallen, gehen isotrope Strahler offenbar 
doch. Insbesondere lassen sich wohl auch kohärente isotrope Strahler 
realisieren: Phys. Rev. Lett. 111, 133901 (2013), siehe auch hier:

https://www.ece.nus.edu.sg/stfpage/eleqc/PRL_isotropic.pdf

Inkohärente isotrope Strahler sind nicht sehr spannend (Glühbirne).

Das alles bezieht sich auf Wellenfelder im Vakuum mit sinusförmiger 
Zeitabhängigkeit. In diesem Zusammenhang ist auch der Satz von Birkhoff 
interessant, der besagt, dass sphärisch symmetrische Lösungen der 
Maxwell-Gleichungen ganz allgemein immer statisch sind. Hierbei bedeutet 
sphärisch symmetrisch, dass die Felder von der Form
sind. (Das ist eine stärkere Voraussetzung als oben, denn E und B sind 
in jedem Punkt parallel, was für ebene Wellen nicht erfüllt ist.) Daraus 
folgt dann sofort mit den Maxwell-Gleichungen
d.h. die Felder sind statisch.

Unabhängig davon gilt: Führt man die Multipolentwicklung der Greenschen 
Funktion der D'Alembert-Gleichung durch, bekommt man bekanntlich nach 
Integration über die Inhomogenitäten (d.h. die Quellen, Ladungs- und 
Stromdichte) die entsprechenden Multipolentwicklungen für das Skalar- 
und Vektorpotential (üblicherweise in Lorentz-Eichung, d.h. entkoppelt). 
Es folgt dann, dass der Monopolanteil des skalaren Potentials notwendig 
statisch ist, und bei einer sinusförmigen Variation der Quellen 
verschwindet. Das wurde oben ja schon gesagt, und ist hier für das 
skalare Potential explizit vorgerechnet:

https://en.wikipedia.org/wiki/Multipole_radiation#Electric_monopole_radiation,_nonexistence

Der Monopolanteil in der Multipolentwicklung des Vektorpotentials (d.h. 
der Term niedrigster Ordnung in der Entwicklung) ist übrigens gerade 
durch den elektrischen Dipolanteil der Quellen gegeben, d.h. 
proportional zum elektrischen Dipolmoment

Andreas S. schrieb:
> Gemäß Satz vom Igel sind das sogar mindestens zwei Punkte.

Ist das so? Ich meine, man könnte auf der 2-Sphäre ein stetiges 
Vektorfeld mit nur einer Nullstelle realisieren.

: Bearbeitet durch User
Beitrag #6010759 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Antoni Stolenkov (Gast)


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von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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Antoni Stolenkov schrieb:
> "...Wormholes...", alles klar.

"Alles klar" würde ich zumindest für meine Wenigkeit nicht sagen, die 
Sache ist nämlich ziemlich kompliziert. Tatsache ist aber, dass nicht 
nur die Einstein-Feldgleichungen Wurmloch-Lösungen haben, etwas analoges 
gibt es auch für die Maxwell-Gleichungen.

Das wurde vor einigen Jahren in Phys. Rev. Lett. 99; 183901 berichtet, 
das Preprint dieses Artikels kann man hier herunterladen:

https://sites.math.washington.edu/~gunther/publications/Papers/wormholeprlfinal.pdf

Die Details dazu stehen in Commun. Math. Phys. 275, 749–789, der Artikel 
ist hier frei verfügbar:

https://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2Fs00220-007-0311-6.pdf

Dazu sollte man sich aber gut mit Differentialtopologie und 
Differentialgleichungen auf Mannigfaltigkeiten auskennen. Und 
ausreichend Zeit haben, um das zu lesen.

Im Gegensatz zu gravitativen Wurmlöchern lassen sich elektromagnetische 
Wurmlöcher relativ "einfach" realisieren. Für Magnetfelder wurde so 
etwas vor ein paar Jahren mit Metamaterialien erreicht, siehe die 
Kurzfassung hier:

https://www.nature.com/articles/srep12488.pdf

von Antoni Stolenkov (Gast)


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Mario H. schrieb:
> Im Gegensatz zu gravitativen Wurmlöchern lassen sich elektromagnetische
> Wurmlöcher relativ "einfach" realisieren. Für Magnetfelder wurde so
> etwas vor ein paar Jahren mit Metamaterialien erreicht, siehe die
> Kurzfassung hier:
>
> https://www.nature.com/articles/srep12488.pdf

Das seh' ich mir gar nicht erst an. Da hat sich garantiert wieder Jemand 
was zurechtdefiniert.

von (Gast)


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Mario H. schrieb:
> Die Details dazu stehen in Commun. Math. Phys. 275, 749–789, der Artikel
> ist hier frei verfügbar:
>
> https://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2Fs00220-007-0311-6.pdf

Von mir wollens immerhin €41,94 für den Artikel. 
https://sci-hub.tw/10.1007/s00220-007-0311-6

von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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rµ schrieb:
>> https://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2Fs00220-007-0311-6.pdf
>
> Von mir wollens immerhin €41,94 für den Artikel.
> https://sci-hub.tw/10.1007/s00220-007-0311-6

Hier ist das Preprint:

https://arxiv.org/pdf/math/0611185.pdf

Ich habe von dieser IP ein Abo dafür, dachte aber, dass die älteren 
Jahrgänge von Commun. Math. Phys. freigegeben wären.

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