Hallo! Warum ist eigentlich in HF-Diagrammen neben der Durchlasskurve auch oft die Phasenlage eingetragen? Wie z.B. hier: http://www.elektronik-labor.de/HF/1016CW5.jpg Welche konkrete/nützliche Information über das untersuchte Objekt (z.B. Filter) kann man aus der Phasenkurve zusätzlich gewinnen?
Hallo Rainer. Rainer schrieb: > Welche konkrete/nützliche Information über das untersuchte Objekt (z.B. > Filter) kann man aus der Phasenkurve zusätzlich gewinnen? Verzerrungen und Schwingneigung. Für einen Oszillator brauchst Du eine Gesamtverstärkung (Rückkopplung und der normale Zug vorwärz) über alles von größer 1 und eine Phasenverschiebung von 180°. Ist die Verstärkung viel größer, langt auch eine kleinere Phasenverschiebung. Manchmal willst Du einen Oszillator, und manchmal nicht. Einen Schwingwarz kannst Du zum Filtern verwenden, aber auch als frequenzbestimmendes Bauteil eines Oszillators. Und dann wird halt die "Phasenreserve" interessant. Beispiel aus Nyquist-Kriterium: https://de.wikipedia.org/wiki/Stabilit%C3%A4tskriterium_von_Nyquist (Anmerkung: (harmonische) Oszillatoren sind auch Regelkreise, die so betrieben werden, dass sie Schwingen) Verzerrung: Dreht ein Filter die Phasenlage an den Flanken zu stark anders als in der Mitte, bedeutet das auch eine Verzerrung des Signals. Insbesondere wenn in unterschiedlichen Frequenzbereichen des Signals unterschiedliche Informationen übertragen werden, kann durch unterschiedliche Phasenlagen der Zeitbezug der Informationen untereinander gestört werden. Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic http://www.dl0dg.de
Das "HF-Diagramm" nennt sich Bode-Diagramm: https://de.wikipedia.org/wiki/Bode-Diagramm Näheres siehe dort. Kurzfassung: Man braucht es, um zu beurteilen, ob sich ein Netzwerk kapazitiv oder induktiv verhält. Z.B. für Impedanzanpassung oder Stabilität von Reglern und Verstärkern.
Weil die Uebertragungsfunktion eine komplexe Groesse ist...
Der Phasengang eines Filters innerhalb seines Durchlassbereichs beeinflusst auch die Verzerrungen, die ein Signal mit einer endlichen Bandbreite erleidet. Die Laufzeit ("Gruppenlaufzeit", GLZ) durch das Filter sollte idealerweise für alle Frequenzen im Durchlassbereich konstant sein. Die GLZ ist proportional zur Phasenänderung φ über die Frequenz f: τ=dφ/df. Wenn dieser Quotient nicht konstant ist, entstehen unterschiedliche Laufzeiten für unterschiedliche Frequenzanteile des Signals, was Verzerrungen der Signalform hervorruft ("GLZ-Verzerrung"). Das ist besonders für Digitalsignale von Bedeutung. Anbei ein Papierchen zur Erklärung.
Das Stichwort Gruppenlaufzeit ist schon genannt, gebräuchlicher als das Phasendiagramm. Es wurde schon in der analogen Videotechnik benutzt. Heute vor allem für alle digitalen Übertragungsarten. Für analoge Sprachübertragungen war es weniger interessant.
Rainer schrieb: > Warum ist eigentlich in HF-Diagrammen neben der Durchlasskurve auch oft > die Phasenlage eingetragen? > > Wie z.B. hier: > > http://www.elektronik-labor.de/HF/1016CW5.jpg Zudem ist es interessant, wenn ein Signal aufgesplittet, getrennt verarbeitet & befiltert und später wieder kombiniert wird. Dann ist die Phasenlage natürlich wichtig. Oder man einen Phasenvergleich anstrebt. Bei dem von dir aufgeführten Beispiel ist es allerdings (vermutlich) einfach so, dass LT-Spice bei Simulationen die in den Frequenzbereich überführt werden grundsätzlich die Phase plottet. Mir ist kein Weg bekannt das zu deaktivieren. (Oder weiß jemand wie das geht?)
Test schrieb: > dass LT-Spice bei Simulationen die in den Frequenzbereich > überführt werden grundsätzlich die Phase plottet. Mir ist kein Weg > bekannt das zu deaktivieren. (Oder weiß jemand wie das geht?) auf die entsprechende Achse klicken und dann im sich öffnenden Fenster den Button "Don't Plot Phase" anklicken.
Rainer schrieb: > Warum ist eigentlich in HF-Diagrammen neben der Durchlasskurve auch oft > die Phasenlage eingetragen? Man fasst zweckmäßigerweise den Amplitudenfrequenzgang |H(ω)| und den Phasengang φ(ω) zur Übertragungsfunktion
zusammen. Das hat den Grund, dass die komplexwertige Funktion H eine erschöpfende Beschreibung eines linearen zeitinvarianten Systems (LTI-System) ist. Also eines, das durch ein lineares Differentialgleichungssystem mit konstanten Koeffizienten modellierbar ist. Der Amplitudenfrequenzgang allein liefert keine solche erschöpfende Beschreibung. Hintergrund: Man kann relativ leicht zeigen, dass für LTI-Systeme eine das System charakterisierende komplexe Funktion H(ω) existiert, mit der man die Antwort y(t) im Zeitbereich des Systems auf eine beliebige Anregung x(t) berechnen kann: Sind Y(ω) und X(ω) die Fourier-Transformierten von x und y, so gilt einfach
In den Zeitbereich zurücktransformiert ist das die Faltung
wobei
die inverse Fourier-Transformierte von H ist (h entspricht der Impulsantwort des Systems). Eine nette Eigenschaft dieser Funktion H ist die folgende: Bei sinusförmiger Anregung mit Frequenz ω, also
bekommt man durch Einsetzen in die obige Faltungsgleichung
d.h. H(ω) ist die komplexe Amplitude eines LTI-Systems bei sinusförmiger Anregung mit Frequenz ω (das zeigt auch, dass ein LTI-System bei sinusförmiger Anregung sinusförmig antwortet). Daher kann man für Systeme aus konzentrierten Resistanzen/Reaktanzen (R,L,C) die Funktion H(ω) durch komplexe Wechselstromrechnung ermitteln. Man sieht also, dass dieses H einfach der oben definierte komplexe Frequenzgang ist, d.h. die Übertragungsfunktion des Systems.
Oder anders gesagt: Die komplexe Berechnung (symbolische Methode) z.B. eines Filterfrequenzganges liefert eben einen Real- und einen Imaginärteil. Diese beiden in einem Diagramm darzustellen, ist weniger übersichtlich, als Betrag und Phase zu nehmen. (Mathematisch ist der Inhalt natürlich derselbe.) https://de.wikipedia.org/wiki/Komplexe_Wechselstromrechnung
Rainer schrieb: > Warum ist eigentlich in HF-Diagrammen neben der Durchlasskurve auch oft > die Phasenlage eingetragen? Es ist nicht die Phasenlage, sondern die Drehung der Phase angegeben. Die Phase ändert sich bei einem Sinussignal dauernd.
Elektrofan schrieb: > ...Real- und einen Imaginärteil. > Diese beiden in einem Diagramm darzustellen, ist weniger > übersichtlich, als Betrag und Phase zu nehmen. Vielleicht ist es persönlicher Geschmack, aber ich finde ein Smith-Diagramm am übersichtlichsten.
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