Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Luftfeuchte - Einfluss bei Industrial Automation


von Zero V. (Firma: Freelancer) (gnd)


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Servus,

im Industrial Automation Umfeld werden für Elektroniken bestimmte 
gültige Betriebsbereiche für die Luftfeuchtigkeit angegeben.
Zum Beispiel:
0 ... 95% (nicht kondensierend)
5 ... 95% (nicht kondensierend)
10 ... 90% (nicht kondensierend)

Bei wikipedia steht dazu: "At the top end of the range, moisture may 
increase the conductivity of permeable insulators leading to 
malfunction. Too low humidity may make materials brittle."

Jetzt frag ich mich wie man den Bereich für seine Elektronik nun 
umsetzt?
Worauf muss man achten? Was unterscheidet eine Elektronik für <10% von 
einer die >=10% rH benötigt?

von Stefan (Gast)


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Hallo,

die Sache ist ganz einfach!

Wenn du für einen bestimmten Feuchtigkeits-/Temperaturbereich 
konstruierst darfst du nur Bauteile verwenden die für diesen Bereich 
zertifiziert sind (Datenblatt lesen, im Zweifel beim Hersteller 
nachfragen). Und auch deine Entwicklung daraus muss diese Angaben (vor 
allem Temperatur) einhalten.

Umgekehrt darfst du eine bestehende Entwicklung nur in dem 
Feuchtigkeits-/Temperaturbereich betreiben in dem alle verwendeten 
Bauteile zertifiziert sind.

Gruss

von Jemand (Gast)


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Hallo

solche Antworten liebe ich...

"...darfst du nur Bauteile verwenden die für diesen Bereich
zertifiziert sind..."

Aber warum sind sie zertifiziert worden, durch welche Techniken und 
Eigenschaften wurde erreicht das sie durch die Zertifizierung gekommen 
sind?

Was ist überhaupt Bestandteil der Zertifizierung und wie sind diese 
Bestandteile entstanden - es muss tatsächlich ja auch noch einige 
Praktische/physikalische/technische Gründe geben und nicht alles der 
rechtlichen Absicherung bzw, der huldigung des "Papiergotts" dienen?

Wer "erfindet" überhaupt die Bestandteile einer Zertifizierung - 
letztendlich sollte das ja aus der Praxis und Erfahrungen kommen und 
irgendwelche Bürokratischen und rechtlichen Spitzfindigkeiten ganz weit 
hinten anstehen.


In welchen Forum bin ich hier?!
Ich dachte eigentlich das die Leute hier neugierig sind was die 
praktisch umgesetzte Technik (das wie),was physikalischen und 
technologischen Gegebenheiten betrifft und eben weit weniger 
irgendwelche Siegel, Konformitätserklärungen, Normen usw. die irgendein 
Hersteller seinen Produkt beilegt.

Also wie wird die eingesetzte Elektronik Luftfeuchtigkeitsresitent, wo 
sind die feinen(?) Unterschiede in der praktischen Ausführung der 
Klassen, wie legt man in der Praxis überhaupt technisch fest welche 
Klasse erreicht werden soll - hoffentlich nicht auch "einfach" wieder 
nur nach irgendwelchen Normen, Papieren und Vorschriften die irgendwann 
"vom Himmel herruntergefallen sind"  (Was sie natürlich nicht sind, aber 
scheinbar kaum jemand hinterfragt?).

Jemand

von Christian B. (casandro)


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Im Prinzip sagt das nur, dass Leute in der Entwicklung einen 
zusätzlichen Entwicklungsschritt mitgemacht haben, und zwar das Teil in 
der Klimakammer malträtiert haben. Wenn es da unbeschadet raus kam ist 
alles gut, wenn was kaputt ging, wird nachgeschaut was kaputt ging und 
entsprechend gehandelt.

Man kann sich diesen Schritt sparen, dann muss man halt mit Rückläufern 
rechnen.

von Maxim B. (max182)


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Jemand schrieb:
> Aber warum sind sie zertifiziert worden, durch welche Techniken und
> Eigenschaften wurde erreicht das sie durch die Zertifizierung gekommen
> sind?

Ich weiß nicht, wie man das jetzt macht. Aber früher waren Transistoren 
für Geräte, die nach Indien u.ä. gehen sollten, mit Kadmium geschutzt. 
Heute ist Europa zwar gegen Kadmium. Aber Klima kann sich doch kaum nach 
Wünschen von EU richten, und wenn feucht und warm, dann korrodiert alles 
auch heute...

von Stefan (Gast)


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Hallo,

Jemand schrieb:
> solche Antworten liebe ich...
>
> "...darfst du nur Bauteile verwenden die für diesen Bereich
> zertifiziert sind..."
>
> Aber warum sind sie zertifiziert worden, durch welche Techniken und
> Eigenschaften wurde erreicht das sie durch die Zertifizierung gekommen
> sind?

du willst doch hier in diesem Forum nicht wirklich eine Vorlesung in 
Materialeigenschaften erwarten. Das Wissen hierzu beruht auf Jahrzenten 
Erfahrung und ist im Schnelldurchgang nicht zu erklären.

Ein einfaches Beispiel:
Wenn du heute Ic's im Grosshandel kaufst (nicht die von Reichelt und Co) 
dann bekommst du die in einem versiegelten Plastik-Bag mit der Angabe 
bis wann sie verarbeitet sein müssen.
Der Grund ist einfach der dass die Kunststoff-Gehäuse langsam 
Luftfeuchtigkeit ziehen und dann die Gefahr besteht dass beim schnellen 
Aufheizen im Reflow-Verfahren das Gehäuse sprengt.
Ein Umstand an den ein Bastler erst gar nicht denkt.

von MaWin (Gast)


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D. C. schrieb:
> Worauf muss man achten?

Ich hab kapazitive Profitexx Masschieber, die iberhalb 80%rH nicht mehr 
funktionieren.

Hätten die Leute ihr Epoxy-Platinenmaterial doch auf Veränderung der 
Dielektritität durch Wasseraufnahme überprüft..

von Stefan (Gast)


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Hallo,

MaWin schrieb:
> Ich hab kapazitive Profitexx Masschieber, die iberhalb 80%rH nicht mehr
> funktionieren.

Du brauchst nicht jammern, es steht genau im Datenblatt, 0 bis 80%rH
https://cdn-reichelt.de/documents/datenblatt/D300/77001.pdf

Billig ist nicht besser!

von Pandur S. (jetztnicht)


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Als Entwickler/Produzent muss man sich nach den Maerketen richten. Ja, 
man kann Laborzeugs bauen, 0-50 Grad, <80% Feuchte nichtkondensierend, 
oder sonstwas. Hoehere Stueckzahlen benoetigen allerdings 
Ausseneinsaetze. Der Markt, zB Automotive,  Industrial, irgendwas 
moechte ihre Geraete eben mit erweiterten Bereichen. zB -40 - 85 Grad, 
bis 99% Feuchte, allenfalls kondensierend. Ja, dann entwickelt man eben 
in diese Richtung. Dabei muss man sich jedes Detail erarbeiten. Eben, 
dass zB Epoxy hygroskopisch ist, Wasser einlagert, eine Leitfaehigkeit 
bekommt, eine andere eDielektrizitaetskonstante, usw. Dasselbe fuer die 
Komponenten in ihren Gehaeusen.

von Sebastian L. (sebastian_l72)


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Jemand schrieb:
> solche Antworten liebe ich...
> Aber warum sind sie zertifiziert worden,
Es geht um Garantie und Haftung.


> durch welche Techniken und
> Eigenschaften wurde erreicht das sie durch die Zertifizierung gekommen
> sind?
Das kommt darauf an was es ist.

> Was ist überhaupt Bestandteil der Zertifizierung und wie sind diese
> Bestandteile entstanden - es muss tatsächlich ja auch noch einige
> Praktische/physikalische/technische Gründe geben
Ja gibt es, die sind produktspezifisch.

> und nicht alles der rechtlichen Absicherung ....?
Letztendlich kann eine Haftung jedes Unternehmen niederschmettern. Das 
will man nicht.


> Wer "erfindet" überhaupt die Bestandteile einer Zertifizierung -
Kommt auf die Produktart an.

> letztendlich sollte das ja aus der Praxis und Erfahrungen kommen
kommen sie ja auch. Darum ging es ja im "new approach":
https://ec.europa.eu/growth/single-market/goods/new-legislative-framework_en

> irgendwelche Bürokratischen und rechtlichen Spitzfindigkeiten ganz weit
> hinten anstehen.
Die technischen Spitzfindigkeiten vergleichbar zu machen, wird immer 
bürokratisch.

> und eben weit weniger
> irgendwelche Siegel, Konformitätserklärungen, Normen usw. ...
Eine Konformitätserklärung eines Herstellers zur Übereinstimmung einer 
Produktnorm ist genau das, das Versprechen des Herstellers das die 
Produktnorm erfüllt ist.
Dann muss man eben die Norm lesen und verstehen.
Dafür muss man aber nicht die Testmethoden jedes Herstellers verstehen 
und die Testresultate vergleichen. Wenn nach Norm XY getestet wurde und 
Eigenschaften nach Norm ZY attestiert werden ist das einfacher.

> Also wie wird die eingesetzte Elektronik Luftfeuchtigkeitsresitent, wo
> sind die feinen(?) Unterschiede in der praktischen Ausführung der
> Klassen,
z.B. der Dampfdruckwiderstand des Gehäuses, die 
Feuchteausdehnungskoeeffizienten der Materialien etc pp.
In einem papierisolierter Kondensator bricht das Papier wenn die Luft zu 
trocken wird. und und und.

> wie legt man in der Praxis überhaupt technisch fest welche
> Klasse erreicht werden soll
Man stellt Anforderungen an sein Produkt.
Was und wie zu testen ist, findest du in den Normen.

>- hoffentlich nicht auch "einfach" wieder nur nach irgendwelchen Normen,
> Papieren und Vorschriften
Es gibt weltweit konkurrierende Normen. In der EU wollen wir aber so ein 
Ragnarok wie in den USA umgehen und haben fest abgegrenzte 
Zuständigkeitsbereiche und koordinieren das. Das ist Konsensarbeit und 
kann sehr bürokratisch wirken. "Knüppel auf den Kopf" ist das schnellere 
Argument, aber nicht immer langfristig zielführend.

> die irgendwann
> "vom Himmel herruntergefallen sind"  (Was sie natürlich nicht sind, aber
> scheinbar kaum jemand hinterfragt?).

Dann melde dich zur Arbeit im Normenausschuss. Dann kannst du beim 
Hinterfragen mitwirken.
https://www.din.de/de/mitwirken/mitarbeit-in-der-normung

Wann hast du das letzte mal eine Eingabe zu einem Normenentwurf gemacht?
https://www.din.de/de/mitwirken/entwuerfe

von MaWin (Gast)


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Stefan schrieb:
> Du brauchst nicht jammern, es steht genau im Datenblatt, 0 bis 80%rH

So ein Ärger, kann man sich noch nichtmal beschweren und zurückgeben.
(Wer kommt schin auf die Idee, in ein Datenblatt zu so einem intuitiven 
Werkzeug zu gucken).

von Olaf (Gast)


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> Jetzt frag ich mich wie man den Bereich für seine Elektronik nun
> umsetzt?

Ganz einfach. Du entwickelst irgendwie, idealerweise mit Verstand und 
Erfahrung, und testest am Ende dein Geraet im Klimaschrank darauf das es 
diese Bedingungen uebersteht. Und bei guten Firmen wird dann noch jedes 
einzelne Geraet vor Auslieferung in einem Klimaschrank getestet. Bei 
schlechten Firmen nur ein Teil der Geraete.

Olaf

von Totomitharry (Gast)


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Wofür gibt es Gehäuse?

Wer baut schon eine Elektronik ohne Gehäuse für 95%?

Meistens umgeht man das ja auch mit einem Schutzlack oder so.

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