Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Controller Hardware Auswahl


von Franz C. (fchri)


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Hi Forum,

leider suche ich mich mit folgendem Problem zu Tode und bitte euch um 
Unterstützung.


Ich möchte eine Heizungs/Energieanlagensteuerung bzw. 
Energiemanagementsystem aufbauen, dafür suche ich eine geeignete 
Plattform. Falls möglich möchte ich kein neues Hardware-Produkt 
entwickeln, also ich suche nicht ein Bauteil, sondern irgendwas zwischen 
RasPi/Arduino und SPS, ggf. aus mehreren Modulen bestehend, mit 
folgenden Anforderungen:
- bezahlbar, bereits incl. Gehäuse und Industriestandard
- geeignet für 10-30 Jahre 24/7 Laufzeit
- programmierbar idealerweise mit Java, ggf. auch wie Arduino, ggf. 
andere Sprache (Wichtig ist mir keine zu hohe Einstiegshürde)
- Ich möchte Analog und Digitalwerte einlesen und ansteuern, z.B. 
-10V...10V, 0...10V, 0/5V etc. sowie RTD-Inputs (PT1000)
- Ich benötige möglichst flexibel verschiedene Bussysteme für 
Ansteuerung von Energieanlagen
- Anschluss an Internet, zur Kommunikation mit Server, später über Smart 
Meter Gateway
- Anbindung eines Touch Screens zur Visualisierung und für Einstellungen 
verändern

Leider weiß ich nicht recht wie ich an das Problem der Hardware Auswahl 
herangehen soll. Wie gesagt ich habe schon extrem viel recherchiert, 
jedoch nicht wirklich erfolgreich.

Vielen Dank für eure Hilfe und Ideen!

mfg fchri

von Guest (Gast)


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Ohne jetzt näher zu suchen, wie wäre es mit einer Siemens LOGO. Die ist 
günstig und einfach Programmierbar. Sie hat Ethernet und viele 
Erweiterungsmodule für analog und digital. Mittlerweile gibt es meine 
ich auch eine ganze Reihe an BUS Modulen, unter anderem auch EIB.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Franz C. schrieb:
> Anforderungen:
> - bezahlbar, bereits incl. Gehäuse und Industriestandard
> - geeignet für 10-30 Jahre 24/7 Laufzeit
> - .....
> - ..
Wenn da nicht die Forderung nach Java wäre, würde sich das für mich 
anhören, wie wenn du nach einer Beckhoff SPS suchst. Aber die könntest 
du ggfs mit "strukturiertem Text" oder letztlich gar in C++ 
programmieren.

Allein das mit dem "bezahlbar" wird dann angesichts der Lizenzgebühren 
für das TwinCAT doch noch interessant...  ;-)

Falls du übrigens vor hast, dein Haus zu modifizieren und das später 
wieder zu verkaufen: lass die Sache mit der selbstgebauten 
Zentralsteuerung. Keiner ausser dir kennt sich damit aus, der Käufer 
muss das alles herausreißen (lassen) und neu machen (lassen). In einer 
bestehenden Installation entwertet das die Hütte gewaltig.

von Franz C. (fchri)


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Hallo,

Danke für die Rückmeldungen.

Die Siemens LOGO Steuerungen lassen sich meines Wissens nicht sinnvoll 
über Java ansteuern, Siemens hat seine Systeme sehr Proprietär 
aufgebaut. Oder ist mein Wissensstand falsch?

Beckhoff habe ich auch schon öfter nachgedacht... Angeblich sind deren 
EtherCAT Schnittstellen offen, das heißt man könnte einen Linux Rechner 
über EtherCAT mit den Schnittstellen Karten verbinden. Nur die Frage wie 
bringt man auf einen Linux Rechner EtherCAT zum laufen? Damit müsste 
sich dann das Thema Lizenz auch gegessen haben...

Das Thema mit der Entwertung des Hauses ist mir bewusst, das ist auch 
nicht das was ich möchte. Danke trotzdem für den Hinweis.

Viele Grüße,

fchri

von Lothar (Gast)


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von Christopher J. (christopher_j23)


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Hallo Franz,

ich habe mir selber schon ähnliche Gedanken gemacht, da wir eine sehr 
komplexe Heizungsinstallation haben, d.h. Ölheizung, Holzheizung und 
Solarthermie mit mehreren Pufferspeichern, sowohl für Heizung, als auch 
für Brauchwasser und das ganze ist auch noch auf zwei Gebäude verteilt.

Implementiert habe ich bisher noch nichts aber hier sind meine Gedanken 
dazu:

1. "Backend" und "Frontend" sollten klar getrennt sein.

2. Das "Backend" (die eigentliche Heizungssteuerung) sollte so einfach 
wie möglich gehalten sein. Wartbarkeit und Ersatzteilversorgung sind 
neben der Zuverlässigkeit des Systems essentiell.

3. Das Backend muss unbedingt autark lauffähig und parametrierbar sein.

4. Das "Frontend" (alles was etwa auf einer Linuxkiste läuft und über 
Handy, Tablet, Webbrowser, etc. bedient wird) dient nur der 
Visualisierung und als komfortablere Möglichkeit der Parametrierung und 
Steuerung einzelner Funktionen.

Zur Begründung:
Wir haben hier schon eine bestehende KNX-Installation die auch vom 
Tablet, Smartphone, etc. mittels OpenHAB angesteuert werden kann. 
OpenHAB läuft auf einem Raspberry Pi der im Schaltschrank hängt und das 
auch seit mittlerweile über sieben Jahren (und das nebenbei bemerkt, 
bisher ohne einen einzigen Ausfall). Trotzdem bin ich sehr froh, dass 
auch wenn es mal zu Problemen mit OpenHAB kommen sollte, man Licht, 
Jalousien und Fußbodenheizung ganz klassisch an den Schaltern steuern 
kann. Die einzelnen KNX-Geräte könnte ich jederzeit (auch durch Geräte 
anderer Hersteller) ersetzen, sollte da mal ein Aktor kaputt gehen. 
Wichtig ist jedoch auch, dass jeder Elektriker, der nur ein bisschen 
Ahnung von KNX hat, einen Aktor tauschen und neu parametrieren könnte, 
falls ich zufällig morgen vom Bus überfahren würde. Der berühmte 
"Bus-Faktor" ist hier also deutlich über eins. Für OpenHAB sieht das 
zwar etwas schlechter aus, weil sich meine buckelige Verwandschaft 
vermutlich Hilfe über irgendwelche Foren suchen müsste aber zumindest 
würden sie nicht im Dunkeln sitzen.

Für meine Heizungssteuerung bedeutet das, dass ich sie entweder mit 
einer (bzw. mehreren) "Allerwelts-SPS" oder mit eigener Hardware auf 
Arduinobasis aufbaue, d.h. ein Arduino-Nano und ein bisschen Peripherie 
auf Lochraster. In beiden Fällen ist natürlich die Dokumentation 
essentiell (was übrigens natürlich auch für KNX gilt), wobei es dann 
eine sehr große Anzahl an Menschen gibt, die so ein System warten 
könnten. Die Ersatzteilversorgung wäre bei der SPS grundsätzlich besser, 
wobei bei einer Arduino-Lösung die Komponenten so günstig wären, dass 
ich durchaus Ersatzgeräte "auf Halde" legen könnte, die dann relativ 
einfach zu tauschen wären. Da bei uns die ganze Heizungsmimik räumlich 
sehr verteilt ist, werde ich als Bussystem sehr wahrscheinlich auf 
Modbus zurückgreifen. Das hat zwar den Nachteil, dass es nicht 
Multimaster-fähig ist (im Gegensatz zu CAN) aber mir gefällt die 
Einfachheit des Protokolls und der benötigten Hardware, was für mich 
persönlich diesen Nachteil überwiegt (da es ebenfalls den "Bus-Faktor" 
erhöht).

Als "Frontend" werde ich die bestehende OpenHAB Installation nutzen, zum 
einen weil sie schon da ist und zum anderen, weil OpenHAB meiner Meinung 
nach sehr elegant ist. Es gibt Plugins (sog. "Bindings") für so ziemlich 
jede Spielerei, die man in einem Haus automatisieren kann und man hat 
nahezu unendliche Konfigurationsmöglichkeiten. OpenHAB ist übrigens in 
Java geschrieben, so dass du dir gegebenenfalls sogar eigene Plugins 
schreiben könntest. Das würde ich mir an deiner Stelle auf jeden Fall 
mal anschauen.

von Franz C. (fchri)


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Hallo Christopher,

danke für die sehr ausführliche Antwort, dein Projekt scheint auch recht 
umfangreich.

Das ganze Thema Smart Home, auf welches du auch mit eingehst, ist für 
mich erstmal nicht so wichtig - also auch die KNX Thematik.

Der Gedanke mit Front-end und Back-end aufteilen finde ich gut, wobei 
ich mit recht komplexer Mathematik die optimale Betriebsweise der 
Gesamtanlage berechnen möchte. Naja - das bedeutet dass ich schon etwas 
Rechenleistung brauche und als Frontend "nur" einen Screen welcher 
letztendlich den Anlagenzustand darstellt und Parametrierungen etc. 
zulässt.

Letztendlich lese ich aus deinem Artikel im Wesentlichen den Vorschlag 
für folgende Lösungen, was mein oben genanntes Problem betrifft:
- eine (bzw. mehrere) "Allerwelts-SPS"
- eigene Hardware auf Arduinobasis, d.h. ein Arduino-Nano und ein 
bisschen Peripherie auf Lochraster

Eigene Hardware kommt für mich leider nicht in Frage. Bleiben 
Allerwelts-SPS. Hast du da schon Ideen? Mit welchen Sprachen willst du 
das dann implementieren?

VG

Franz

von Lothar (Gast)


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Franz C. schrieb:
> eigene Hardware auf Arduinobasis

Wie schon geschrieben ist das nicht nötig weil es zertifizierte SPS auf 
Arduino-Basis und mit Arduino IDE programmierbar gibt z.B.

https://www.controllino.biz/controllino-maxi/

RTD kannst Du über Analog-Konverter anschliessen oder über MODBUS 
RTD-Klemme z.B.

https://www.meilhaus.de/ex-9033.htm

Genauso gibt es zertifizierte SPS auf Raspberry Pi Basis die Du in 
Python programmieren kannst z.B.

https://revolution.kunbus.de/revpi-core/

Und dafür gibt es eine RTD-Klemme:

https://revolution.kunbus.de/analoges-io-modul/

von Christopher J. (christopher_j23)


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Franz C. schrieb:
> Eigene Hardware kommt für mich leider nicht in Frage. Bleiben
> Allerwelts-SPS. Hast du da schon Ideen? Mit welchen Sprachen willst du
> das dann implementieren?

Mit "Allerwelts-SPS" meinte ich so typische Kleinsteuerungen wie die 
Siemens Logo oder "Easy" von Möller (jetzt Eaton). Für "komplexe 
Mathematik" würde ich wenn überhaupt "Structured Text" nutzen wollen, 
was etwa an Pascal angelehnt ist. Die Logo kann meines Wissens nach kein 
ST, die Easy dagegen schon. Für "komplexe Mathematik" würde ich sogar 
eine Lösung auf Arduino- oder RPi-Basis, wie von Lothar vorgeschlagen, 
in Erwägung ziehen. Für mich persönlich ist das aber für so etwas 
essentielles wie eine Heizungssteuerung etwas zu viel "High Level". Ich 
habe auch Ideen für solche Spielereien aber es sollte immer so sein, 
dass die Heizung in ihrer Grundfunktionalität immer funktioniert und das 
nicht in Abhängigkeit von irgendeiner Linuxkiste. Wenn es doch mal im 
Januar -10 Grad hat und die super-duper Steuerung streikt, weil beim RPi 
gerade irgendetwas quer liegt, dann ist der WAF ganz schnell im Keller. 
An Controllino u. Ä. würde ich halt die Langzeitverfügbarkeit zumindest 
anzweifeln.

Mein Vorschlag wäre

Kleinsteuerung <-> Modbus <-> Linuxkiste

Die Kleinsteuerung überwacht die Temperatursensoren und schaltet in 
Abhängigkeit davon Ventile und Pumpen. Programmiert ist sie in einer 
SPS-typischen "Programmiersprache", d.h. Kontaktplan, FUP, AWL oder ST. 
Parameter (etwa eine Differenztemperatur ab der eine Pumpe anspringt) 
müssen ohne Neuprogrammierung der Steuerung, direkt an der Steuerung 
einstellbar sein, im einfachsten Fall über Potentiometer und einfache 
Schalter. Die Linuxkiste hat mittels Modbus Zugriff auf sämtliche 
Temperatursensoren, sowie den Istzustand von Pumpen und Ventilen. Per 
zentralem Schalter an der Steuerung kann man die Steuerung auf "standby" 
schalten. Nun hat die Linuxkiste die Deutungshoheit über Ventile und 
Pumpen. Sollzustände werden von der SPS per Modbus abgefragt und 
entsprechend umgesetzt. Auf der Linuxkiste (kann ein RPi sein, muss aber 
nicht unbedingt) kann dann eine beliebige Software laufen um die SPS per 
Modbus mit Sollwerten zu füttern. Ebenfalls kann man die Daten natürlich 
auch loggen und visualisieren.

Gegenüber den vorgeschlagenen SPS auf Raspberry- bzw. Arduinobasis hat 
das meiner Meinung nach den Vorteil, dass die einzelnen Teile besser 
verfügbar sind, falls mal etwas kaputt geht und das die grundlegende 
Steuerung zwar "dumm" aber "einfach" und "robust" ist. Das ganze erkauft 
man sich mit einem höheren Preis gegenüber einer integrierten Lösung.

Zur Sache bei uns:
Momentan läuft die ganze Heizungssteuerung bei uns eher manuell bzw. 
teilautonom. Wenn man im einen Haus mit Holz geheizt hat, wird auch die 
Ölheizung im anderen Haus mit dem warmen Wasser durchflossen, weil die 
Kreisläufe verbunden sind. Davon bekommt man im Haus mit der Ölheizung 
jedoch noch nicht automatisch warmes Duschwasser, weil dafür eine 
Boilerladepumpe laufen muss. Die aktuelle Hosenträgerhilfskonstruktion 
ist eine "Eieruhr", über welche man die Pumpe eine bestimmte Zeit laufen 
lassen kann. D.h. erst Feuer machen, dann ca. eine Stunde warten bis die 
Heizung auf Temperatur ist, dann Eieruhr drehen. Andersrum gibt es im 
Haus mit der Holzheizung, wenn mal mit Öl geheizt wird, kein warmes 
Brauchwasser wenn nicht da eine Pumpe zu einer bestimmten Zeit läuft. 
Die Hosenträgerhilfskonstruktion ist hier eine Wochenzeitschaltuhr, die 
manuell mit der Wochenzeitschaltuhr der Ölheizung synchronisiert werden 
muss (inkl. Vorlaufzeiten, etc.). Diese ganzen Pumpenschaltvorgänge 
würde ich gerne automatisieren und nebenbei auch noch die Möglichkeit 
einer Visualisierung haben. Für die eigentliche Steuerung brauche ich 
aber definitiv keine höhere Mathematik ;)

: Bearbeitet durch User
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