Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Novalsockel mit Mittelpinanschluss


von Ben (Gast)


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Hallo zusammen,

kann mir jemand sagen, wofür bei dem Novalsockel B9A der Mittelpin ist?
Ich habe bisher keine Röhre gefunden, die diesen mittleren Anschluss 
benötigen würde.

B9A:
https://www.conrad.de/de/p/roehrensockel-1-st-120561-polzahl-9-sockel-noval-montageart-chassis-material-keramik-120561.html

Trotz der insgesamt 10 Pins, wird der Sockel dennoch als 9Pin 
bezeichnet.
Welche Röhren bräuchten denn den mittleren Pin?

Den mittleren Anschluss habe ich auch schon bei Oktalsockel gesehen.
Dafür habe ich auch noch keine Röhre gesehen, wo der Mittelpin benötigt 
werden würde. Bei den Röhren die ich bisher gesehen habe, war der 
mittlere Pin aus Kunststoff, z.B. die EM34 (wohl eher zum stabilisieren 
gebraucht?), so dass keine Lötfahne benötigt würde.
Kann mir da ein Röhrenexperte weiterhelfen?


Gruß
Ben

: Verschoben durch Moderator
von Röhricht (Gast)


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Hallo

Dieser "Mittelpin" ist ja mehr ein Metallzylinder aus dünnen und 
lötbaren Blech.
Dieser Zylinder dient(e) als ein Zentrale Punkt wo mehrere Bauteile die 
meist direkt mit ihren einen Pol an die Röhre (eigentlich Sockelpin) 
angeschlossen sind, mit den anderen Polen von Bauteilen die zusammen 
geschalteten wurden (werden) verlötet waren (sind).
Das muss(te) jetzt nicht die Masse sein sondern auch (sogar meist Masse 
lag meist auf dem Chassis) irgendein gemeinsamer Punkt.

Röhrenschaltungen wurden halt fast ausschließlich "fliegend" verdrahtet 
ergänzt von einigen Lötleisten, diesen "Mittelpin" oder "Laschen" direkt 
am Bauteil.
Als die ersten Schaltungen mit Röhren auf Platinen aufgebaut wurden war 
es mit den Einsatz von Elektonenröhren fast vorbei - abgesehen von den 
"Spielereien" die im Hobby- und Hipsterumfeld in den letzten Jahren 
wieder aktuell wurden - die aber genauso von Belang sind wie 
geschmiedete Schwerter, Pferdekutschen, Dampflokomotiven...
Alles reines Hobby (warum nicht finde ich gut) oder eine Möglichkeit 
viel Geld mit den Leuten zu verdienen die meinen etwas "besonderes" und 
"Echtes" besitzen zu müssen und zuviel Geld übrig haben -Ist das nicht 
die Definition von Hipster...?- (Wie ich das finde kann ja wer will 
erraten...)

Röhricht

von Röhricht (Gast)


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Hallo

z.B. hier 
http://www.radiofundgrube.de/bilder/zoom/philips_b2d23a_chassis_01.jpg

Rechte obere Ecke am Chassis (leider recht kleines Bild)

von Ben (Gast)


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Danke für die Info, super.
Ist bei mir auch nur ein Hobby, aber ich finde Röhrenschaltungen klasse.
Ist eben "gute alte" Technik und macht sehr viel Spass.
Baue mir gerade einen Röhrentester.
Wie man sehen (lesen) kann, bin ich noch nicht so lange mit Röhren 
dabei, aber das Thema wird immer weiter vertieft.
Nochmals danke, die Info bringt mich wieder ein Stück weiter :-)

von Günter Lenz (Gast)


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Dieser Kelch wird mit Masse verbunden und dient der Abschirmung
zwischen den Anschlußstiften der Röhre. Die Schaltung wird
dadurch stabiler und kommt nicht so schnell ungewollt
ins schwingen.

von Lutz S. (lutzs)


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Ich habe als Kind viel mit Röhren gebastelt (Anfang 70er Jahre) und war 
von der hohen Verstärkung begeistert (was gerade bei Empfängern mit 
ihren Schwingkreisen eigentlich auch am hohen Innenwiderstand am Gitter 
lag).

Transistorschaltungen waren da erst mal ein Rückschritt, auch wenn sie 
natürlich andere Vorteile hatten.

Frage bei der Gelegenheit: mit welchen Spannungen an der Anode (nach 
unten) kann man gängige Röhren eigentlich betreiben? Damals war das 
durch den Netzanschluss ja kein Thema, 200-300 Volt waren immer 
vorhanden, aber was könnte man da heute mit Batteriespeisung und Wandler 
realistisch erwarten?

von Ben (Gast)


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Hallo Günter,

auch dir, danke für die Info. Klingt auch plausibel.
Dann verstehe ich das jetzt so, dass man entweder, Schaltungsbedingt, 
diverse Bauteile anlöten kann (das kann man ja gut auf dem verlinkten 
Bild vom Röhricht sehen), oder aber bei nichtgebrauch des 
Pins/Zylinders/Kelches auf Masse legen kann/sollte, damit es als 
Abschirmung fungieren kann.
Ist das korekkt so?

von Harald W. (wilhelms)


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Lutz S. schrieb:

> Ich habe als Kind viel mit Röhren gebastelt (Anfang 70er Jahre) und war
> von der hohen Verstärkung begeistert (was gerade bei Empfängern mit
> ihren Schwingkreisen eigentlich auch am hohen Innenwiderstand am Gitter
> lag).
>
> Transistorschaltungen waren da erst mal ein Rückschritt,

Aber nicht mehr Anfang der siebziger Jahre!

> Frage bei der Gelegenheit: mit welchen Spannungen an der Anode (nach
> unten) kann man gängige Röhren eigentlich betreiben?

Es gibt "Batterieröhren", die auch noch mit 12V funktionieren.
Da ist aber die Steilheit deutlich geringer. Ausserdem macht sich
der hohe Innenwiderstand bei den niedrigen Spannungen nachteilhaft
bemerkbar.

von Lutz S. (lutzs)


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>> Transistorschaltungen waren da erst mal ein Rückschritt,

>Aber nicht mehr Anfang der siebziger Jahre!

Für Bastler in der DDR, hätte ich vielleicht dazuschreiben sollen.

Da gab es in der Zeit gerade mal Germaniumtransistoren, niedrige 
Verstärkung, hoher Reststrom.

GC119, GC121 fallen mir dazu ein, desweiteren die russischen 
Transistoren wie GT313 aus dem 'Kosmos'. Aber die waren eher noch 
schlechter. Und als Kind mit  ohne Taschengeld war das gleich noch mal 
schwieriger ;-)

Silizium mit weniger Reststrom, höheren Frequenzen und mehr Verstärkung 
kam für uns erst später, ich denke so 1976-78 als erschwingliche 
Bastlertypen (die in den Parametern etwas mehr streuten als die 
Industrie das genormt hatte aber recht brauchbar waren).

: Bearbeitet durch User
von michael_ (Gast)


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Ben schrieb:
> Trotz der insgesamt 10 Pins, wird der Sockel dennoch als 9Pin
> bezeichnet.
> Welche Röhren bräuchten denn den mittleren Pin?

Es gibt mindestens russische Röhren, wo der Sockel aus Alu ist.
Und auch der dicke Mittelstift, welcher in so einer Fassung die 
Abschirmung herstellt.

http://jogis-roehrenbude.de/Russian/2SH27L.htm

Lutz S. schrieb:
>>Aber nicht mehr Anfang der siebziger Jahre!
>
> Für Bastler in der DDR, hätte ich vielleicht dazuschreiben sollen.
>
> Da gab es in der Zeit gerade mal Germaniumtransistoren, niedrige
> Verstärkung, hoher Reststrom.

Dein Gedächtnis trügt.
Einige Ge waren da schon nicht mehr für Neuentwicklung.

Es gab schon 1970 genügend Si, auch für Bastler. Auch die Miniplast.

Hier im Heft rechts unten nachzulesen.

https://www.ebay.de/itm/4-Bucher-Halbleiter-Bauelemente-RFT-electronic-1963-1966-1970-1972-Lexikon/192914791346?hash=item2cea9e1bb2:g:eSYAAOSw7Xxc2TKs

> GC119, GC121 fallen mir dazu ein, desweiteren die russischen
> Transistoren wie GT313 aus dem 'Kosmos'. Aber die waren eher noch
> schlechter. Und als Kind mit  ohne Taschengeld war das gleich noch mal
> schwieriger ;-)

GT313 ist FM-ZF/UKW. Der kam später in den 80'zigern..
Wäre auch viel zu groß für den Kosmos gewesen :-)

von Ben (Gast)


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michael_ schrieb:
> Ben schrieb:
>> Trotz der insgesamt 10 Pins, wird der Sockel dennoch als 9Pin
>> bezeichnet.
>> Welche Röhren bräuchten denn den mittleren Pin?
>
> Es gibt mindestens russische Röhren, wo der Sockel aus Alu ist.
> Und auch der dicke Mittelstift, welcher in so einer Fassung die
> Abschirmung herstellt.


Danke für die Info.
Das ist gut zu wissen.

von Mohandes H. (Firma: مهندس) (mohandes)


Angehängte Dateien:

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Russische Röhren mit Loctal-Sockel (HF-Pentode 2SH27L). Der 'Anschluß' 
ganz unten dient zur Zentrierung und damit man die Röhre nicht falsch 
einstecken kann. Dort ist auch der Teil der Röhre bei dem das Vakuum 
gezogen und der dann verschmolzen wurde (zum Vergleich: Noval-Röhre 
EL84, wo das oben ist).
Die Röhre ist in Alu gekapselt, in der Mitte liegt eine ohne Alu-Hülle. 
Das Alu schirmt die Röhre - an der Fassung ist eine entsprechende Lötöse 
um sie auf Masse zu legen.

von michael_ (Gast)


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Früher war es eine Kostenfrage.
Bei Röhren galt die Sternverdrahtung.
Und da war das Röhrchen der Lötstützpunkt.

Bei Gleichrichterröhren brauchte man das nicht, und das Röhrchen wurde 
weggelassen.

von Lutz S. (lutzs)


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michael_ schrieb:

>>>Aber nicht mehr Anfang der siebziger Jahre!
>>
>> Für Bastler in der DDR, hätte ich vielleicht dazuschreiben sollen.
>>
>> Da gab es in der Zeit gerade mal Germaniumtransistoren, niedrige
>> Verstärkung, hoher Reststrom.
>
> Dein Gedächtnis trügt.
> Einige Ge waren da schon nicht mehr für Neuentwicklung.
>
> Es gab schon 1970 genügend Si, auch für Bastler. Auch die Miniplast.
>
> Hier im Heft rechts unten nachzulesen.
>
> 
https://www.ebay.de/itm/4-Bucher-Halbleiter-Bauelemente-RFT-electronic-1963-1966-1970-1972-Lexikon/192914791346?hash=item2cea9e1bb2:g:eSYAAOSw7Xxc2TKs

Dass die im Datenblatt existieren heisst ja noch nicht dass die für 
Taschengeld erschwinglich waren.

Hier ist eine Übersicht der Bastlerbeutel. 
http://www.bastler-beutel.de/HTML/BB/index.htm

Silizium-Miniplast waren im Beutel 6/7. Auf der letzten Seite findet 
sich die Druckgenehmigung von 76 und ein Datumsstempel von 1977.

Das deckt sich recht gut mit meiner Erinnerung.

>> GC119, GC121 fallen mir dazu ein, desweiteren die russischen
>> Transistoren wie GT313 aus dem 'Kosmos'. Aber die waren eher noch
>> schlechter. Und als Kind mit  ohne Taschengeld war das gleich noch mal
>> schwieriger ;-)
>
> GT313 ist FM-ZF/UKW. Der kam später in den 80'zigern..
> Wäre auch viel zu groß für den Kosmos gewesen :-)

Stimmt, im Kosmos waren die GT108. Die waren kleiner im Gehäuse.

P423 und MP40 aus russischer Produktion fallen mir noch als selbst 
verlötet ein.

: Bearbeitet durch User
von Ben (Gast)


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Danke euch allen für die guten Info´s.
Klasse :-)

Schöne Grüße vom Ben

von Soul E. (Gast)


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Lutz S. schrieb:

> Frage bei der Gelegenheit: mit welchen Spannungen an der Anode (nach
> unten) kann man gängige Röhren eigentlich betreiben? Damals war das
> durch den Netzanschluss ja kein Thema, 200-300 Volt waren immer
> vorhanden, aber was könnte man da heute mit Batteriespeisung und Wandler
> realistisch erwarten?

Wenn Du mit geringer Anodenspannung experimentieren willst:
ECC86 / 88 geht bei 12V
EF80 arbeitet noch gut mit 30 Volt Anodenspannung als Audionschaltung
ECH83, EBF83, EF97, EF98.

Und dann gibt es noch die DC9x/DF9x-Serie, die wurden extra für 
Batteriebetrieb entwickelt. Deren osteuropäische Äquivalente werden 
immer wieder günstig angeboten.

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