Ich beschäftige mich gerade mit einer Differenzverstärkerschaltung aus Bipolar-Transistoren (Anhang). Gesucht ist der Kollektorstrom von Q2 in Abhängigkeit von U_B1 an Q1 (es soll also eine sehr vereinfachte spannungsgesteuerte Stromquelle darstellen). Ich berechne das gerade sehr "blauäugig" in Octave. Wenn U_B1 negativer wird, sinkt der Strom durch T1, wodurch der Strom durch T2 steigen muss, was dazu führt dass die Emitterspannung sinken muss, was wiederum den Strom durch T1 erhöht. In Octave hab ich eine Schleife gemacht wo man beobachten kann wie sich die beiden Ströme "einschwingen" bis sie sich einem Wert nähern bei dem die Summe wieder zum Konstantstrom der Stormquelle wird... schön und gut, ist wahrscheinlich komplett falsch das so zu berechnen, deswegen wollte ich mal die Profis hier fragen wie das "akademisch" berechnet wird? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Spice zum Beispiel so ein "iteratives" Verfahren verwendet, oder? Müsste ich hier Differenzialgleichungen ansetzen oder wie macht man das denn richtig? Wäre echt nett wenn mir jemand helfen könnte!
Loesrn von nichtlinearen Gleichungssystemen geht oft nur durch Iterationsverfahren. Deine Schleife macht vermutlich sowas.
Im Tietze-Schenk steht die Herleitung der Formel des Differenzverstärkers. (Kapitel Differenzverstärker, Seite 366, Auflage 11) Ic1 = (I1/2)*(1+tanh(Ud/(2*Ut))) Ut = k*T/q Ud Differenzspannung zwischen den Eingängen (dein UB)
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OK! Danke für die Antworten! Ist schonmal beides sehr hilfreich. Ich werd mir den Tietze-Schenk mal raussuchen... Ich hab mir noch Gedanken gemacht wie das ganze als System aussehen würde mit negativer Rückkopplung. Ist eigentlich ganz einfach und sollte so auch besser zu berechnen sein, oder?
I_C1 ist abhängig von UB1, I_C2 ist dann die Differenz von I_0 und I_C1, und dann kann man aus I_C2 ein neues U_E ausrechnen.
Ich find es gerade traurig, dass ich nach Jahren des Studiums immer nur LTI-Systeme kennenlernen durfte. Wie ich hier jetzt die Übertragungsfunktion anschreiben würde... keine Ahnung. :(
Aber die eigentliche Frage die ich hier lösen wollte ist ja: Wie hebt sich bei dieser Anordnung die Temperaturabhängigkeit heraus? Nur durch die Unterdrückung von Gleichtaktstörungen?
Michael schrieb: > Ich find es gerade traurig, dass ich nach Jahren des > Studiums immer nur LTI-Systeme kennenlernen durfte. Das kann nicht eventuell damit zu tun haben, dass es keine nichtlineare Systemtheorie gibt, die der linearen an Einfachheit und Geschlossenheit auch nur annähern ebenbürtig wäre? > Wie ich hier jetzt die Übertragungsfunktion anschreiben > würde... keine Ahnung. :( Gar nicht. Die Übertragungsfunktion linearer Systeme kann nur VORHANDENE Spektralkomponenten verstärken oder abschwächen. Nichtlineare Systeme ERZEUGEN aber NEUE Spektralkomponenten, die im Eingangssignal NICHT VORHANDEN waren.
Michael schrieb: > Aber die eigentliche Frage die ich hier lösen wollte > ist ja: Wie hebt sich bei dieser Anordnung die > Temperaturabhängigkeit heraus? Nur durch die > Unterdrückung von Gleichtaktstörungen? Nein. Die entscheidende Größe ist die Steilheit. Die Steilheit hängt (neben dem Kollektorstrom) noch von der Temperatur- spannung ab; die Temperaturspannung ihrerseit hängt -- ÜBERRASCHUNG! -- von der Temperatur ab: U_T = k*T/e
ja aber die Temperatur führt doch zu einer gleich großen Änderung der Temperaturspannung an beiden Transistoren (im selben Gehäuse), was sich als Gleichtakt"störung" äußert, die hier unterdrückt wird, weil es ein Differenzverstärker ist, oder?
> Ist eigentlich ganz einfach und sollte so auch besser zu berechnen sein, oder?
Ein völlig unbrauchbarer Ansatz für den Differenzverstärker wegen der
e-Funktion für IC(Ube). Verschwende keine Zeit damit sondern lies die
Kapitel zum Thema Differenzverstärker im Tietze-Schenk.
Michael schrieb: > ja aber die Temperatur führt doch zu einer gleich > großen Änderung der Temperaturspannung an beiden > Transistoren (im selben Gehäuse), Ja. > was sich als Gleichtakt"störung" äußert, Jein. > die hier unterdrückt wird, Nein. Die Transistorkennlinie ist eine Exponentialfunktion; die Temperaturspannung steht im Argument. Die Temperaturdrift der Arbeitspunkte hebt sich zwar auf, aber es gibt trotzdem eine Temperaturabhängigkeit der Verstärkung. > weil es ein Differenzverstärker ist, oder? Für vollständige Kompensation müsste es aber eine "Quotientverstärker" sein -- was es nicht ist. Im Tietze/Schenk stehen alle Details dazu.
Hab mir heute die entsprechenden Kapitel im Tietze/Schenck durchgearbeitet und das hat echt sehr beim Verständnis geholfen... Danke nochmal! :) Eine Frage hab ich aber trotzdem... Wenn der Einfluss der Temperatur im GLeichspannungsaussteuerbereich bleibt, dann heben sich die EInflüsse zwar durch die Differenzverstärkung heraus, es bleibt aber trotzdem der Einfluss der Temperaturspannung im Kollektorstrom (siehe Anhänge). Ich weiß schon, dass sich die Einflüsse auskreuzen, aber ohne Berücksichtigung der Temperatur kann ich den Strom trotzdem nicht berechnen. Was versteh ich hier nicht? :/
Der Differenzstrom bzw. die Verstärkung sinkt mit steigender Temperatur, weil Ut proportional zur Sperrschicht-Temperatur T ist. Ic1 = (I1/2)*(1+tanh(Ud/(2*Ut))) Ic2 = (I1/2)*(1-tanh(Ud/(2*Ut))) Ut = k*T/q T ist die absolute Temperatur. Das heißt man muss 273,15K zur Temperatur in °C dazuzählen.
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Michael schrieb: > Hab mir heute die entsprechenden Kapitel im Tietze/Schenck > durchgearbeitet und das hat echt sehr beim Verständnis > geholfen... Danke nochmal! :) Sehr gut. Lob und Anerkennung! Normalerweise folgt kein Schwein den Literaturempfehlungen, die man hier gibt... > Eine Frage hab ich aber trotzdem... Wenn der Einfluss der > Temperatur im GLeichspannungsaussteuerbereich bleibt, dann > heben sich die EInflüsse zwar durch die Differenzverstärkung > heraus, Weitgehend, ja. > es bleibt aber trotzdem der Einfluss der Temperaturspannung > im Kollektorstrom (siehe Anhänge). Ich weiß schon, dass sich > die Einflüsse auskreuzen, aber ohne Berücksichtigung der > Temperatur kann ich den Strom trotzdem nicht berechnen. Warum nicht? U_D ist die Differenz der Basisspannungen, d.h. die Eingangs- spannung des Differenzverstärkers. U_T ist klar; irgendeine sinnvolle Temperatur musst Du halt annehmen. 298K bietet sich an ;) I_0 ist der Kollektorruhestrom. tanh ist der tangens hyperbolicus. > Was versteh ich hier nicht? :/ Sag' Du's mir! :) Sonst kann man Dir schlecht helfen...
Haha Danke mal für die Antworten. :D Egon D. schrieb: >>... ohne Berücksichtigung der >> Temperatur kann ich den Strom trotzdem nicht berechnen. > > Warum nicht? > > U_D ist die Differenz der Basisspannungen, d.h. die Eingangs- > spannung des Differenzverstärkers. > U_T ist klar; irgendeine sinnvolle Temperatur musst Du halt > annehmen. 298K bietet sich an ;) Naja ganz einfach weil U_T im Tangens hyperbolicus vorkommt und das Ergebnis verändert, oder? Also kann ich den Strom I_C2 ja nur für eine bestimmte Temperatur berechnen und das Ergebnis ist eigentlich nicht temperaturunabhängig. Ich hab das Gefühl ich steh gerade voll auf der Leitung. :D
Michael schrieb: > Egon D. schrieb: >>>... ohne Berücksichtigung der >>> Temperatur kann ich den Strom trotzdem nicht berechnen. >> >> Warum nicht? >> >> U_D ist die Differenz der Basisspannungen, d.h. die Eingangs- >> spannung des Differenzverstärkers. >> U_T ist klar; irgendeine sinnvolle Temperatur musst Du halt >> annehmen. 298K bietet sich an ;) > > Naja ganz einfach weil U_T im Tangens hyperbolicus vorkommt > und das Ergebnis verändert, oder? Richtig. > Also kann ich den Strom I_C2 ja nur für eine bestimmte > Temperatur berechnen Auch richtig. > und das Ergebnis ist eigentlich nicht temperaturunabhängig. Immer noch richtig! Was glaubst Du, warum ich gestern daraufhingewiesen habe, dass die Transistorkennlinie eine Exponentialfunktion ist, so dass sich zwar die Temperaturdrift der ARBEITSPUNKTE ungefähr kompensiert, aber trotzdem noch eine temperatur- bedingte Änderung der VERSTÄRKUNG übrig bleibt?!
Michael schrieb: > ... > Naja ganz einfach weil U_T im Tangens hyperbolicus vorkommt und das > Ergebnis verändert, oder? Also kann ich den Strom I_C2 ja nur für eine > bestimmte Temperatur berechnen und das Ergebnis ist eigentlich nicht > temperaturunabhängig. Ich hab das Gefühl ich steh gerade voll auf der > Leitung. :D Da nimmt man bei der Berechnung/Simulation einfach eine konstante Temperatur an, z B. T=300K. Wenn man weiß, dass man bei weit höherer Sperrschichttemperatur arbeitet, dann simuliert man halt nochmals mit T=350K oder noch höher. Die Verstärkung des Differenzverstärkers ist halt temperaturabhängig. Damit lebt man schon seit es Transistoren gibt.
Egon D. schrieb: > Was glaubst Du, warum ich gestern daraufhingewiesen habe, > dass die Transistorkennlinie eine Exponentialfunktion ist, > so dass sich zwar die Temperaturdrift der ARBEITSPUNKTE > ungefähr kompensiert, aber trotzdem noch eine temperatur- > bedingte Änderung der VERSTÄRKUNG übrig bleibt?! Genau deswegen... Michael schrieb: > und das Ergebnis ist eigentlich nicht > temperaturunabhängig. Oh Mann... Sorry ich hätt' mir alle Antworten nochmal durchlesen sollen. Aber ich habs verstanden! Vielen Dank! Die Schaltung wird übrigens im Exponentiator des VCO-Moduls des "Formant Pro Synthesizer" von Elektor verwendet, deswegen versuch ich zu entschlüsseln was man sich dabei gedacht hat und wo die schaltungstechnischen Schwierigkeiten liegen. Lese auch gerade, dass zusätzlich versucht wurde die Temperatur konstant zu halten, um die Schaltung eben unabhängig(er) von Temperaturschwankungen zu machen. Es sollte sich zumindest herausstellen, dass der Strom I_C2 beim Differenzverstärker weniger von der Temperatur beeinflusst wird, als wenn man einen einzelnen Transistor verwendet, nehme ich an?
Michael schrieb: > Die Schaltung wird übrigens im Exponentiator des VCO-Moduls des "Formant > Pro Synthesizer" von Elektor verwendet Nein. Ein Exponentialkonverter ist kein Differenzverstärker. Auch wenn viele Schaltungen zwei Transistoren verwenden, kann man das im Prinzip auch mit einem bauen. Den muß man dann aber thermostatieren. Gebräuchlich ist die Schaltung mit zwei Transistoren (monolithisches Paar bzw. Array). Hier kompensiert der zweite Transistor die temperaturabhängige U_be des anderen. Für die Temperaturkompensation der Steilheit wird typisch ein spezieller PTC verwendet. Die kanonische Schaltung wird im Netz an gefühlt 1000 Stellen mal mehr mal weniger gut erklärt. Lies selber: https://www.google.com/search?q=exponential+converter+thermal
Michael schrieb: > ist wahrscheinlich komplett falsch > das so zu berechnen, deswegen wollte ich mal die Profis hier fragen wie > das "akademisch" berechnet wird? Mit LTspice. mfg Klaus
Axel S. schrieb: > Die kanonische Schaltung wird im Netz an gefühlt 1000 Stellen mal mehr > mal weniger gut erklärt. Lies selber: > > https://www.google.com/search?q=exponential+converter+thermal WOW! Herzlichen Dank! Das paper ist genau was ich gesucht habe. Aber warum ist die Schaltung kein Differenzverstärker? Wenn eine Spannungsdifferenz verstärkt wird nennt man das doch Differenzverstärker oder?
Michael schrieb: > Aber warum ist die Schaltung kein Differenzverstärker? Hab gerade gesehen warum das kein Differenzverstärker ist... Ich brauch eine Brille. Danke euch!
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