Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik 80er Sampler Reparatur Strategie


von Freddy B. (fredericb)


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Hallo zusammen,
ich arbeite gerade an einem neuen Reparaturprojekt. Es handelt sich um 
einen E-mu Emax I Sampler aus den 80er Jahren: 
https://www.youtube.com/watch?v=z8TXjhWCQPE

Fehlerbeschreibung:
- Nach dem Einschalten funktioniert alles fehlerfrei.
- Nach einigen Minuten Aufwärmen, schleifen sich zunehmend aggressive, 
laute digitale Artefakte in den Sound ein und die Tonhöhe beginnt zu 
springen. Auf dem CPU Board ist der große E-Chip, der dafür, also das 
Low Distortion Pitch Shifting, Data Expansion, Volume Contouring 
zuständig ist. Ein funktionierender Chip weist in dieser Platine das 
gleiche Verhalten auf.
- Output Board fehlerfrei (funktionierendes Austauschteil).
- Neues PSU, Elcos und Tantalum Kondensatoren auf dem Board getauscht
- gesockelte Chips gelöst, gereinigt, neu eingesetzt.

Das hat alles nichts genützt. Interessant dürfte sein, dass der Sampler 
selbst nach 12 Stunden Pause noch diese Fehler aufweist. Lasse ich ihn 
jedoch mehrere Tage ausgeschaltet, funktioniert es wieder ein paar 
Minuten.

Ich bin Hobbyreparateur, jedoch kein Profi. Wie würdet ihr schrittweise 
strategisch vorgehen, um das Problem auszuräumen? Welche Bauteile sollte 
ich mit welchen Tools testen? (Multimeter, Oszilloskop vorhanden)

Service Manual 
https://archive.org/details/E-muSystemsEmaxServiceManual/page/n1/mode/2up

von vergessen (Gast)


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Evtl. das Gerät im kalten starten und gezielt Bauteile/Baugruppen 
erwärmen um den Fehler einzugrenzen

von Andreas M. (amesser)


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Ich würde mal die DRAM Bausteine prüfen. Denn darin werden die Samples 
gespeichert. Eventuell funktioniert deren Refresh nicht mehr 
anständig.(Links die beiden TMS 4464-15)

Ich könnte im Keller mal danach wühlen. Oder der PAL oben drüber hat 
sein Program vergessen? Sowas könnte ich auch noch irgendwo rumfliegen 
haben. Müsste nur programmiert werden.

von Hinweiser (Gast)


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Wende dich Mal an Stefan Hübner. Er ist die Referenz für sowas in D. 
www.huebnerie.de

von Route_66 H. (route_66)


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Andreas M. schrieb:
> Ich würde mal die DRAM Bausteine prüfen. Denn darin werden die Samples
> gespeichert. Eventuell funktioniert deren Refresh nicht mehr
> anständig.(Links die beiden TMS 4464-15)

Nein, die Samples werden in den 16 TMS4256 gespeichert.
Die stecken in Fassungen und könnten - nach dem Alter des Geräts zu 
urteilen - bei Erwärmung Kontaktschwierigkeiten geben.
Einfach mal alle ICs in den Fassungen mit sanftem Daumendruck 
"massieren".

von Freddy B. (fredericb)


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vergessen schrieb:
> Evtl. das Gerät im kalten starten und gezielt Bauteile/Baugruppen
> erwärmen um den Fehler einzugrenzen

Das würde bei meinem Problem sicher Wochen dauern, da das Gerät satte 
24h "ruhen" muss, bis es wieder 2-5 Minuten funktioniert. So schnell 
kann ich wahrscheinlich keine verlässliche Aussage über einzelne 
erwärmte Chips treffen.

Andreas M. schrieb:
> Oder der PAL oben drüber hat
> sein Program vergessen?

Das glaube ich eher nicht. Warum sollte er ansonsten 5 Minuten 
kristallklar funktionieren und dann langsam aber stetig in einem Meer 
aus digitaler Verzerrung ertrinken?

Hinweiser schrieb:
> Wende dich Mal an Stefan Hübner

Danke, werde ich mal machen.

Route_66 H. schrieb:
> Einfach mal alle ICs in den Fassungen mit sanftem Daumendruck
> "massieren".

Ich habe sie alle ausgetauscht, aber der Fehler blieb identisch.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Schau Dir mit einem Oszilloskop die Daten- und Adressleitungen an, ob da 
überall stabile Pegel in korrekter Höhe und unverschliffene Flanken 
anliegen.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Für Temperaturtests gibt es Kältespray und den Lötkolben oder 
Heißluftfön.

TMS4256 ist auch ein DRAM

von Olaf (Gast)


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Ich wuerde auch sagen, kauf dir erstmal zwei grosse Dosen Kaeltespray 
und spritze ordentlich R134 in die Atmosphaere.

Damit solltest du zumindest mal soweit kommen das du das Geraet 
schneller wieder starten kannst und dann weisst du ja schon mal auf 
welcher Ecke der Platine der Fehler ist.

Olaf

von Klaus R. (klaus2)


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...oder du wartest mal 24-48h um sicher zu sein, dass er dann ghet 
(probiers halt KURZ) und DANN föhnst du ALLES warm. Wenn es dann 
plötzlich NICHT mehr geht, weißt du, dass es kein datenmüll sondern ein 
Tempproblem ist. Das ist die ERSTE wichtige Eingrenzung.

Klaus.

von HBose (Gast)


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Hallo,

das Verhalten deutet auf das absterben des 2716 E-Proms hin. Das E-Prom 
gut kühlen (Kältespray) und dann mit einem Programmiergerät die Daten 
auslesen und ein neues E-Prom programmieren.

Diese Art Fehler hatten wir in den 1970er / 80 zu Hauf in 3270 
Terminalcontrollern. Die steckten voller E-Proms die nach ein paar 
Minuten Betrieb "Gedächnisschwund" bekammen. Der sich dann nach ein paar 
Stunden Pause wieder legte. Da hilft nur ein frisch programmiertes 
E-Prom.

Ursache waren Programmiergeräte die die Spezifikationen für den 
Programmierprozess nicht genau einhielten. Besonders empfindlich waren 
da die E-Proms von TI.

Salu Hans

von Michael B. (laberkopp)


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Olaf schrieb:
> Ich wuerde auch sagen, kauf dir erstmal zwei grosse Dosen Kaeltespray
> und spritze ordentlich R134 in die Atmosphaere.

Wann hast du das letzte Mal Kältespay benutzt ?

Im letzten Jahrtausend ?

von Soul E. (Gast)


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Freddy B. schrieb:

> Andreas M. schrieb:
>> Oder der PAL oben drüber hat
>> sein Program vergessen?
>
> Das glaube ich eher nicht. Warum sollte er ansonsten 5 Minuten
> kristallklar funktionieren und dann langsam aber stetig in einem Meer
> aus digitaler Verzerrung ertrinken?

Bei GAL ist das durchaus möglich, bei PAL eher nicht.

Das EPROM ist ebenfalls ein potentieller Kandidat. Wenn das kalt bzw bei 
Unterspannung funktioniert und warm nicht, dann würde ich es mal im 
EPROMmer auslesen und auf sich selber zurückschreiben.

von Freddy B. (fredericb)


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Nachdem das Gerät einige Stunden ausgeschaltet war und ich provisorisch 
Kontaktspray zur Kühlung verwendet habe, hat der Sampler wieder einige 
Minuten halbwegs störungsfrei funktioniert. Das klingt für mich 
zunehmend nach einem thermischen Problem, das es zu isolieren gilt.
Ich habe mir soeben (R134a-freies ;-) ) Eisspray bestellt und werde hier 
in den nächsten Tagen Updates liefern.

Danke, dass ihr mich auf diese Fährte gebracht habt! Diese Forum ist 
echt klasse. Viele Grüße.

von Route_66 H. (route_66)


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soul e. schrieb:
> Das EPROM ist ebenfalls ein potentieller Kandidat. Wenn das kalt bzw bei
> Unterspannung funktioniert und warm nicht, dann würde ich es mal im
> EPROMmer auslesen und auf sich selber zurückschreiben.

Auf sich selber zurückschreiben ist ein ganz böser Vorschlag, wenn man 
nicht sicher sein kann, dass das Original korrekt gelesen wurde!

von Soul E. (Gast)


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Route_66 H. schrieb:

> Auf sich selber zurückschreiben ist ein ganz böser Vorschlag, wenn man
> nicht sicher sein kann, dass das Original korrekt gelesen wurde!

Kannst Du aber üblicherweise. Ein EPROM, welches in der Applikation (bei 
einigen MHz) noch marginal funktioniert, das liefert am langsamen 
EPROMmer (einige kHz) eigentlich immer korrekte Daten.

Bei echten Bitkippern nützt das natürlich nichts mehr, aber die Bits 
kippen ja vom programmierten ("0") in den gelöschten ("1") Zustand. Du 
programmierst also zumindest nichts kaputt.


Ich sammle und restauriere historische Computer (und das eine oder 
andere Messgerät), da habe ich regelmäßig solche Kandidaten.

Beitrag #6183224 wurde von einem Moderator gelöscht.
Beitrag #6183227 wurde von einem Moderator gelöscht.
Beitrag #6183230 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Freddy B. (fredericb)


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Abschließendes Update!

Ich habe mir Kältespray bestellt. Obwohl ich Stück für Stück die gesamte 
Dose auf der Platine verbraten habe, hat es keinen wirklichen 
Unterschied gemacht.

Ich habe nach kalten Lötstellen gesucht und konnte auch nichts finden.

Frustriert habe ich das Board zur Seite gelegt.

Neulich habe ich mir dann die Lupe meiner Großmutter ausgeliehen und 
nochmal über zwei Stunden nach mikroskopischen Rissen gesucht. Nicht an 
den Lötstellen, sondern knapp unter einem IC-Sockel hatte eine 
Leiterbahn eine, ohne die Lupe nicht sichtbare Delle. Die Leiterbahn lag 
aber nicht offen.

Die habe ich dann mit einem Jumper-Kabel überbrückt und siehe da! Es 
läuft wieder alles einwandfrei!

Wahnsinn und erschreckend zugleich, wie schmal der Grat zwischen 
"funktionsfähigem Kult-Sampler" und "Ersatzteilespender" sein kann.

Tausend dank Euch, die Ihr mir geholfen habt. Eure Tipps nehme mit in 
die Zukunft.

von Klaus R. (klaus2)


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...krass! Fraglich, wie die da hinkommt??? Hast du ein Foto gemacht?

Danke für die Rückmeldung!

Klaus.

von Freddy B. (fredericb)


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Das weiß ich auch nicht. Da das Board werksseitig in den 80ern noch 
gemodded wurde und hier und da Sockel eingesetzt wurden (u.a der 
fragliche), könnte ich mir vorstellen, dass da etwas zu heiß wurde und 
das eine Spätfolge davon ist.

Wie so häufig sind es die kleinen, altersbedingten Dinge (kalte 
Lötstellen, Korrosion, Risse), die bei diesen alten Samplern und 
Synthesizern Probleme bereiten..

Auf dem Foto ist das nicht zu erkennen, bzw mein Handy bekommt das nicht 
scharf auf die Nähe.

von Klaus R. (klaus2)


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3000 Schipse für so ein teil in "komplett defekt"? Ja alter Vatter...was 
hast du da nun für Werte geschaffen? :)

Nein, kauf dir den nicht bitte auch noch... ;)

https://www.ebay.de/itm/E-mu-Emulator-E3-EIII-Emu-Analog-Sampler-Rare-Keyboard-rar-no-Emax-EII-defekt/352501740382?hash=item5212bdb35e:g:E6AAAOSwGThbXZPS

Klaus.

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