Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Wie entwickelt ihr komplexe Schaltungen?


von Peter (Gast)


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Hallo!

Gut, ich geb zu, ich bin zwar kein Anfänger mehr, mache Elektronik aber 
nur als Hobby, also keine 8 Stunden pro Tag und auch ohne Routine.

Bisher habe ich nur relativ einfache Schaltungen gemacht. Auch mal nen 
64 Pinner xmega, aber an jedem Pin waren klar definierte Zustände. Mal 
ein Display, I2C Bus, SPI, alles mit klaren Zuständen. Auch mal ein 
FET...

Nun habe ich aber anscheinend next Level erreicht, da ich einen Eingang 
habe, der von -50 bis +50 V alles haben kann und dessen Stromrichtung 
ich auch noch nach belieben Sperren möchte. Letztendlich habe ich jetzt 
3 FETs, eine Diode und ein paar Widerstände verplant. Es geht hier auch 
gar nicht um dieses eine Problem, sondern generell das Problem, dass 
hier so viele Kombinationen von Szenarien auftreten können, dass mir 
einfach der Kopf raucht. Neben den "irgendwas zwischen -50 und +50V" 
können die FETs während eines spontanen Pegelwechsels ja auch diverse 
Zustände haben. Obendrein ist ein FET nichtmal GND-referenced. Ändert 
sich Source, ändert sich auch das Gate etc....

Nach ca. 16 Stunden Denkarbeit und 4 Versuchen einer Niederschreibung 
aller möglichen Szenarien (schreibe ich Szenarien auf wie "Jemand 
schliesst den Eingang kurz" oder schreibe ich spannungsorientierte 
Events auf?) habe ich es jetzt zwar endlich hinbekommen, aber.... das 
kanns nicht sein.

Wie macht ihr das? Gibts dafür irgendwelche Simulationssoftware oder so? 
Je mehr Bauteile direkt miteinander interagieren können, desto komplexer 
zum Quadrat wird es ja! :(

von Andreas B. (bitverdreher)


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Außer strukturiert denken fällt mir da auch keine Lösung ein.
Meistens ist es jedoch so, daß wenn man feststellt daß man irgendwelche 
exotische Lösungen hat, das ganze Konzept meistens schon auf den Holzweg 
ist. Das gilt insbesondere dann, wenn man plötzlich Bauteile braucht, 
die es auf den Markt nicht gibt (schon öfter hier erlebt)
Dann: Zurück auf Los und Anforderungen neu überdenken.

Simulieren kann man mit Spice. Z.B.: 
https://www.analog.com/en/design-center/design-tools-and-calculators/ltspice-simulator.html#

von Christian M. (Gast)


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Das ist jetzt halt ein bisschen Analogtechnik! Für einen Eingang 
brauchst Du bestimmt keine 3 FETs, sondern eher Spannungsteiler, 
Operationsverstärker und, wenn es ein Digitaleingang ist, einen Schmitt 
Trigger.
Wenn Du uns mitteilen würdest, wie genau Du den Eingang möchtest, 
könnten wir Dir die ideale Lösung erarbeiten. Bis dahin kannst Du ja 
Eingangsschaltungen studieren, wie das Andere machen.

Gruss Chregu

von Gaußsche Schaltungsebene (Gast)


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Bei komplexen Schaltungen ist es, wie bei komplexen Zahlen. Es kommt 
eine weitere Achse hinzu. Das bedeutet, dass die komplexwertigen 
Schaltungsteile sich nicht auf der reellen Achse (der Platine) befinden, 
sondern sich immer etwas oberhalb oder unterhalb davon im Raum befinden.

Was ist das genaue Problem, Was soll mit den +-50V passieren und wo 
sollen die hingehen? Oder ist das deine Spannungsversorgung, die mal 
variieren kann? Dann einfach nen Brückengleichrichter oder einen aktiven 
Gleichrichter, wo es auch ICs gibt, die dir die 4 notwendigen FETs 
ansteuern. Beschaltung und Transistorauswahl wird im Datenblatt 
beschrieben.

von Andreas B. (bitverdreher)


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Christian M. schrieb:
> Wenn Du uns mitteilen würdest, wie genau Du den Eingang möchtest,
> könnten wir Dir die ideale Lösung erarbeiten. Bis dahin kannst Du ja
> Eingangsschaltungen studieren, wie das Andere machen.

Für den TO:
Das ist genau das, wie Du hier am meisten Hilfe bekommst:
Das eigentliche Problem schildern und nicht irgendwelche vermeintlichen 
Lösungen.
Wenn es natürlich ein hochgeheimes Projekt ist: Pech gehabt.

: Bearbeitet durch User
von Christian M. (Gast)


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Ist ja super, dass er versucht hat, es selbst zu Erarbeiten. Und er hat 
gemerkt, dass er in einer Sackgasse gelandet ist!
Aber er hat weder beschrieben was er genau will, noch was er bisher 
versucht hat.

Gruss Chregu

von Olaf (Gast)


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> Wie macht ihr das? Gibts dafür irgendwelche Simulationssoftware oder so?

Aehem..ja. Dafuer gibt es seit ueber 30(40?) Jahren Spice. Heutzutage 
gerne in der Version LT-Spice genommen. Es gibt in der Elektronik 
eigentlich niemand der das nicht auf der Platte hat.

> Je mehr Bauteile direkt miteinander interagieren können, desto komplexer
> zum Quadrat wird es ja! :(

Ja siehst du, da weisst du gleich warum sich die Anschaffung eines 
fetten 8 oder 16Kerner von AMD lohnen kann. :-)
Es ist aber in der Regel moeglich sein Problem im kleinere Teilaspekte 
aufzuteilen.

Olaf

von Andreas B. (bitverdreher)


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Er hat ja wohl schon eine Lösung (wie immer die auch aussieht) und 
wollte nur wissen, wie man da allgemein vorgeht.

von Wolfgang (Gast)


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Peter schrieb:
> Nun habe ich aber anscheinend next Level erreicht, da ich einen Eingang
> habe, der von -50 bis +50 V alles haben kann und dessen Stromrichtung
> ich auch noch nach belieben Sperren möchte. Letztendlich habe ich jetzt
> 3 FETs, eine Diode und ein paar Widerstände verplant.

Das hört sich nach einem Analog-Frontend an. Ein Mikrocontroller wird 
damit direkt nichts anfangen können. Eingänge von Mikrocontrollern 
werden meist stromlos betrieben, d.h. in dem Spannungsbereich, wo auch 
die Eingangsschutzdioden nicht leitend werden - eben so wie im 
Datenblatt angegeben. Vielleicht erklärst du mal, was du mit 
Stromrichtung sperren meinst.

von M. K. (Gast)


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Peter schrieb:
> Mal
> ein Display, I2C Bus, SPI, alles mit klaren Zuständen. Auch mal ein
> FET...

Also bisher reine Digitaltechnik, die sich auf etablierte Schnittstellen 
mit klarer Beschreibung stützt.
Da sind schon Informatiker garnicht schlecht, der Elektroniker muss mehr 
draufhaben.
Ja, Analog ist komplizierter, Leistung ohnehin.

Zu allererst darf man nicht in Schönheit sterben.
Was sind normale Betriebsbedingungen, was sind annormale Bedingungen die 
zur Störung aber nicht zum Defekt führen dürfen und was sind Bedingungen 
bei denen ich nur noch den Abbrand verhindere?

Alles, gegen alles und jeden Event abzusichern führt zu 
Schaltungsmontrösitäten, beschusssicher bis Kaliber 9mm.
Braucht kein Mensch, ist teuer und groß.

Einen Eingang +-50V ist von total einfach bis ziemlich kompliziert zu 
lösen.
Hängt davon ab wie schnell, wie genau, bei welchem Schutzlevel etc.pp.

Peter schrieb:
> dessen Stromrichtung
> ich auch noch nach belieben Sperren möchte
Eingänge haben Stromrichtungen?
Möchte, bedeutet muss, oder möchte weil ichs schick finde?

Ohne Details kann man Dir nichts sagen.
Anfänger lösen häufig auch Dinge extrem kompliziert, von hinten durch 
die Brust ins Auge, für die es sehr einfache Wege gibt, die das kleine 
1x1 der Elektronik sind.

Praxis ist nur durch mehr Praxis zu ersetzen und irgendwann sind 80% der 
Probleme malen nach zahlen und für die restlichen 20% hat man genug 
Erfahrung sich da was auszuknobeln.
Eine allgemeingültige Anleitung wie man vom Toaster bis zum Space 
Shuttle Geräte entwickelt, kann es nicht geben.

Man zerlegt prinzipiell ein komplexes Gesamtproblem in lösbare 
Teilprobleme und arbeitet sich da durch.
Das ist Physik und keine Zauberei.

Hohe Frequenzen, hohe Leistung und Du kannst mit deiner DC 
Betrachtungsweise gepflegt zuhause bleiben.
Alles wird RCL, ob Leiterbahn oder beliebiges Bauteil.

Also einfach machen.
Nicht jedes Pipiproblem bis zur Unkenntlichkeit zerdenken und sich 
totsimulieren.
Lesen, verstehen, Aufbauen, messen, lernen.

von Auch Karl, ein anderer (Gast)


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Du fragst im Forum. Sofort gibt es einige die dir sagen, dass dein 
Vorhaben Mist ist. Dann kommen die, die nach den genauen Anforderungen 
fragen, und sich nie wieder blicken lassen sobald du die Anforderungen 
gepostet hast. Dann kommt einer der den Thread kapert. Hast du keine 
Lösung erarbeitet wirft man dir vor du wärst ein fauler Hund und man 
wolle hier nicht deine Arbeit machen.

Die Darstellung kann übertrieben sein, aber man wird sich eine gewisse 
Toleranz gegenüber dem gelangweilten foristen aneignen müssen. 
Tatsächlich gibt's aber manchmal auch Leute die helfen wollen. Man darf 
das aber nicht zu ernst nehmen.

Ansonsten kann ich auch nur ltspice empfehlen, weil man mit Simulation 
einfach schnell Mal was ausprobieren kann um ein Schaltungskonzept zu 
erarbeiten. Auch kann man problemlos Ströme durch alle Komponenten 
sehen, was in der Praxis am Aufbau oft schwierig ist

von M. K. (sylaina)


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Peter schrieb:
> Nach ca. 16 Stunden Denkarbeit und 4 Versuchen einer Niederschreibung
> aller möglichen Szenarien (schreibe ich Szenarien auf wie "Jemand
> schliesst den Eingang kurz" oder schreibe ich spannungsorientierte
> Events auf?) habe ich es jetzt zwar endlich hinbekommen, aber.... das
> kanns nicht sein.

Genau so mach ich das auch. Da hilft halt nur die Methode des genauen 
Nachdenkens und wenn man solche Probleme nicht so häufig hat dauert es 
halt länger bis man zur Lösung kommt. IMO machst du es richtig und das 
ist, finde ich, sogar sehr löblich. Nicht jeder geht so strukturiert an 
seine Probleme ran ;)

von Jemand (Gast)


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Nachdenken ist immer eher ungenau und unscharf. Die Genauigkeit kommt 
durch eine Rechnung, die aber erst erfolgen kann, wenn es ein konkretes 
Konzept gibt. Zunächst ist es erstmal ganz belanglos, ob es sich z.B. um 
Spannungen von ±50V oder doch eher ±55V handelt.
In dieser frühen Phase geht es darum, die Randbedingungen abzustecken 
und im nächsten Schritt die Palette der Lösungsmöglichkeiten anhand 
dieser Randbedingungen auf Tauglichkeit und Zusammenführbarkeit 
abzuklopfen.
Auch sollte es zu iterativen Abläufen bei der Entwicklung kommen, um 
nicht durch an den Haaren herbeigezogenen Anforderungen den Aufwand 
unnötig in die Höhe zu treiben.
Hier ist meist eher analytischen Denken und Kreativität gefordert, 
genaues Nachdenken kommt später.

Beitrag #6208931 wurde von einem Moderator gelöscht.
Beitrag #6208936 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Peter schrieb:
> Wie macht ihr das?
1.) Komplexe Schaltungen runterbrechen auf mehrere, einfache 
Schaltungen.
2.) Davon ausgehen, dass alles, was man zum vernueftigen Loesen seines 
Problems braucht, schon erfunden ist. Also gibts das schon. Man muss es 
nicht neu erfinden. Oder man hat eine unvernueftige Loesung des Problems 
im Auge. Das dann aendern. Gut, damit ist das 0.00001 ppm 
Wahrscheinlichkeit, dass man tatsaechlich was ultimativ Neues, nie 
dagewesenes, entwickeln moechte, nicht abgedeckt. Aber das Risiko geh' 
ich locker ein.


> Gibts dafür irgendwelche Simulationssoftware oder so?
Ja, wurde ja schon genannt hier: Alles was auf Spice aufhoert und weder 
Moertel noch Lebensmittelvorratsraum ist.

Gruss
WK

von Die Zeiten haben sich geändert (Gast)


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3.) Arbeitsteilung

Ein Team von Spezialisten kümmert sich um die Busprotokolle, das nächste 
um Platinenlayout, das  dritte um Eingangsschutzschaltungen, das vierte 
macht ESD Tests, ein anderes Team schreibt die Datenblätter und die 
größte Abteilung kümmert sich um die Einhaltung aller Vorschriften.

von Klaus R. (klara)


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Peter schrieb:
> Wie macht ihr das? Gibts dafür irgendwelche Simulationssoftware oder so?

Für analoge Schaltungen und ggf. etwas Digitales? Die hier beliebteste 
Simulationssoftware dürfte LTspice sein. Ist sogar kostenlos und der 
Support hier im Forum ebenfalls.

https://www.analog.com/en/design-center/design-tools-and-calculators/ltspice-simulator.html

Ein sehr gutes Tutorial zu LTspice (hießt früher mal switcherCAD):
http://www.gunthard-kraus.de/LTSwitcherCAD/index_LTSwitcherCAD.html

Band 1 ist sogar ganz neu überarbeitet.
mfg Klaus

: Bearbeitet durch User
von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Ich zerlege mir das in bestimmte Blöcke und behandle jeden Block für 
sich. Also beispielsweise Netzteil/Stromversorgung, Controller, analoge 
Komponenten, Kommunikation/Bedienung, Leistungselektronik/Endstufen. 
Dadurch sinkt die Komplexität immer auf ein überschaubares Maß.

von Toby P. (Gast)


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Peter schrieb:
> Neben den "irgendwas zwischen -50 und +50V"
> können die FETs während eines spontanen Pegelwechsels ja auch diverse
> Zustände haben. Obendrein ist ein FET nichtmal GND-referenced. Ändert
> sich Source, ändert sich auch das Gate etc....

Dekomplexieren. Irgendwas zw. X und -X ist der Spannungsbereich. Kann 
man mit  Spice testen. Evtl in Bereichen denken und nicht in 
Einzelwerten.

Kein GND bekommt einen virtuellen GND evtl. mit Trennverstärker 
dahinter.

Jedes Kriterium bekommt damit einen Schaltungsteil. Zusammenfassen kann 
man inmer noch wenn alles verstanden ist und wenn es sich lohnt.

von Klaus R. (klara)


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Peter schrieb:
> Nun habe ich aber anscheinend next Level erreicht, da ich einen Eingang
> habe, der von -50 bis +50 V alles haben kann und dessen Stromrichtung
> ich auch noch nach belieben Sperren möchte.

Peter schrieb:
> Nach ca. 16 Stunden Denkarbeit und 4 Versuchen einer Niederschreibung
> aller möglichen Szenarien (schreibe ich Szenarien auf wie "Jemand
> schliesst den Eingang kurz" oder schreibe ich spannungsorientierte
> Events auf?) habe ich es jetzt zwar endlich hinbekommen, aber.... das
> kanns nicht sein.

Dann wird es ja Zeit, daß Du uns mal so etwas wie einen Schaltplan 
zeigst. Ich denke hier kann man dann noch etwas optimieren.
mfg Klaus

von Wolfgang (Gast)


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Die Zeiten haben sich geändert schrieb:
> Ein Team von Spezialisten ... und die größte Abteilung
> kümmert sich um die Einhaltung aller Vorschriften.

Das geht schief. Die größte Abteilung wird eher für die Koordinierung 
der Abteilungen benötigt, Dokumentationsabteilung nicht zu vergessen ;-)

von Peter (Gast)


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Danke für die vielen konstruktiven Antworten. LTspice habe ich auch 
drauf. Mein Problem ist aber, dass ich ja gar nichts zum simulieren 
habe. Ich habe immer mal wieder ein neues spezifisches Problem. Das kann 
ich auch niederschreiben. Dann muss ich für dieses Problem eine Lösung 
erarbeiten. Erst wenn ich eine potentielle Lösung HABE, kann ich ja 
überhaupt erst anfangen zu simulieren.

Wahrscheinlich ist es wirklich einfach nur Übung, Praxis und Erfahrung, 
die mir einfach fehlt...

Achso und hier gab es mehrmals zwei Missverständnisse, die ich gerne 
noch aufklären möchte.

1. Mit "Eingang" meinte ich keinen Signaleingang, sondern einen 
Terminalblock für ein Gerät, welches man damit aufladen kann.

2. Es ging mir gar nicht um eine Lösung für dieses meine aktuelle 
Problem, sondern einfach generell, wie man ein Problem löst, wenn man am 
Anfang vor einem weissen Blatt Papier sitzt. Ich will es ja selbst 
machen. Ganz alleine. Das ist doch der Sinn eines Hobbies :D

Aber wer neugierig ist, gerne hier die Details:

Ich entwickle ein Gerät mit einem Akkupack (natürlich mit Balancing und 
Überwachung. Aber diese Probleme sind ganz woanders und bereits isoliert 
betrachtet), welches auch Aufgeladen werden will. Dafür gibt es eine 
Buchse, wo man dann ein 48V Netzteil anschliessen soll. Diese Buchse 
muss jetzt "sicher" sein.

Also... WIE muss ich jetzt überlegen? Welche Liste lege ich an? Zur 
Auswahl steht:

1. Was muss man dürfen können?
oder
2. Was darf nie passieren können?
oder
3. Was könnten alles für Anwenderaktionen ausgeführt werden?

Egal für welchen Listentyp ich mich entscheide, sie wird anders 
aussehen. Viel wichtiger ist die Frage: Wie stelle ich sicher, dass ich 
nichts vergesse?

Eine meiner Listen sah so aus:

1. Der Anwender schliesst 50V an.
2. Der Anwender schliess 50V verkehrtrum an.
3. Der Anwender schliesst das Terminal kurz.

Das ist aber noch einfach. Dazu kommt ja noch das Problem, das für jeden 
dieser Fälle verschiedene Randbedingungen auftreten können:

1. Der Anwender schliesst 50V an.
  UND die Akkus sind voll
  UND die Akkus sind leer
  UND die Akkus sind tiefentladen
2. Der Anwender schliess 50V verkehrtrum an.
  UND die Akkus sind voll
  UND die Akkus sind leer
  UND die Akkus sind tiefentladen
3. Der Anwender schliesst das Terminal kurz.
  UND die Akkus sind voll
  UND die Akkus sind leer
  UND die Akkus sind tiefentladen

Aber sind die Randbedingungen vollständig? Keine Ahnung! :( Temperaturen 
habe ich z.B. gar nicht berücksichtigt. Akkus darf man nicht bei <0°C 
aufladen...

Ich komme aus der Informatik. Auch dort muss man für jeden Fall eine 
Routine vorsehen. Vergisst man einen Fall, passiert halt irgendwas 
undefiniertes. Dort schmiere ich aber schnell ein paar IF-Tests hin und 
die Sache ist erledigt. In der Elektronik muss ich neue FETS, 
Widerstände, Dioden, Zeners, bootstrap-Kondensatoren etc. einplanen, die 
WIEDERUM mit sich gegenseitig wechselwirken. Baue ich irgendwo eine 
Diode ein, verhindere ich z.B. 50V irgendwo, aber kann dafür woanders 
keinen FET mehr ausschalten, weil der Steuerstrom auch blockiert wird.

Gut. Es wurde ja schon gesagt, dass man einfach ein zu komplexes Problem 
in kleinere Teilprobleme zerlegen soll. Das macht man in der Informatik 
ja genauso. Nur habe ich dies glaube ich schon getan. 5 Bauteile sind ja 
auch nicht wirklich viel. Problem ist halt, dass diese 5 Bauteile je 
nach angelegter Spannung und Vorgeschichte unterschiedlich reagieren, 
was die möglichen Szenarien schier endlos aufbläst... IF-Tests müsste 
man löten können.. ;/

von Pieter (Gast)


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Du denkst zu kompliziert und es fehlen ( sorry! )die Grundlagen.

>>Eine meiner Listen sah so aus:
>>1. Der Anwender schliesst 50V an.
>>2. Der Anwender schliess 50V verkehrtrum an.
>>3. Der Anwender schliesst das Terminal kurz.

Einfache Antwort:
1. Der Eingang muß durch eine verpolsichere Steckverbindung erfolgen
2. Strom und Spannung sind am Bedarf auszurichten
3. Richtlinien und Normen sind einzuhalten.

Die 1) und 2) reicht schon für einen Design Input.

Im Design Output ist dann der genaue Typ angegeben.

Für die Validierung werden aus dem Design Input/Output die notwendigen 
Requirements abgeleitet.

Bei Dir, 2) und 3) gehören schon in die Risikobetrachtung.
Was passiert, wenn der Anwender etwas falsch macht.

Siehe mal in die ISO13485.

VG
Pieter

PS: 50V ist blöde, da keine Schutzkleinspannung.

von Die Zeiten haben sich geändert (Gast)


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> Ich will es ja selbst machen.

Tja, das geht nicht mehr. Alles selbst entwickeln konntest du noch, als 
die Geräte einfach nur ein paar Jahre lang funktionieren mussten.

Für so eine Qualität musst du die Sache anders herum anpacken. Zunächst 
Normen, Fachzeitschriften und Gutachten durcharbeiten. Dann mit einem 
Team unterschiedlicher Fachleute verschiedene Lösungen ausarbeiten. Und 
vor allem - die Konstruktion von einem anderen Team testen lassen.

Schau dir mal die Stecker zum aufladen von Elektroautos an. Wie viele 
Jahre die Entwickler und Prüfinstitute brauchen, bis sie ein 
idiotensicheres Ladekabel zustande bringen.

Gibt zwei Extreme.

Im Bauwesen funktionieren alle Konstruktionen. Dafür dauert jede 
Weiterentwicklung Jahrzehnte. Normen ausarbeiten, Vorschriften ändern, 
Lehrbücher schreiben. Erst danach setzt ein normaler Bauingenieur die 
neue Idee um.

In der Softwareentwicklung kann man zwar neue Ideen sofort realisieren, 
dafür wird die Software mit zunehmender Komplexität immer fehlerhafter. 
Haben sich die Leute dran gewöhnt und spielen permanent 
Sicherheitspatches ein.

In der Elektronik erwartet man beides. Damit eine Weiterentwicklung 
möglich ist, sind die Normen und Vorschriften nicht so ausgefeilt, wie 
im Bauwesen. Andererseits erwartet jeder fehlerfreie und idiotensichere 
Konstruktionen. Wöchentliche Sicherheitspatches würde niemand 
akzeptieren.

von Toby P. (Gast)


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Peter schrieb:
> Egal für welchen Listentyp ich mich entscheide, sie wird anders
> aussehen. Viel wichtiger ist die Frage: Wie stelle ich sicher, dass ich
> nichts vergesse?

Das ist rein logisch nicht möglich.

Wenn man da formalisieren möchte wäre ein Weg:

Deine Liste ist ein Kriterienkatalog. Man kommt aber nicht umhin den 
weiter zu führen oder anzupassen.

Das was du aufgeführt hast ist Komplexitätsgrad 0. D.h. jedes Kriterium 
ist einzeln und interagiert nicht mit anderen. Einem Verpolschutz ist es 
z.B. egal ob der Akku dahinter voll oder leer ist. Sollte das nicht der 
Fall sein sorgt man dafür das es unabhängig wird.

Für dies Kriterien mache ich Lösungskandidaten und schreib Sie dahinter.
Dann wird eine Bewertung durchgeführt. Z.B. mittles Punktekatalog und 
wer am besten abschneidet wird genommen.

Dann kannst du jedes Modul separat entwickeln und anhand der Kriterien 
testen.

Modul -> Prototyp (evtl mehrere Kandidaten) -> Produkt -> Nullserie ist 
dann der übliche Weg

von -gb- (Gast)


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Du baust das einfach möglichst flexibel auf. Dann gibt es kein falsches 
Anschließen. Du kannst messen wie rum der Akku angeschlossen wurde, du 
kannst den Strom über die Anschlüsse messen und begrenzen und du kannst 
den Widerstand zwischen den Anschlüssen messen.
Damit lässt sich herausfinden wie rum ein Akku angeschlossen ist. Und 
dann wird die Ladespannung entsprechend angelegt.

von Peter D. (peda)


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Der digitale Eingang ist also zum Akkulader mutiert.
Typisch legt man das Ladegerät mit Steckverbinder genau passend zum 
Verbraucher aus, d.h. es gibt keine Verpolung.
Im Prinzip so wie ein Notebook-Netzteil.

Du hast zwar angeben, daß es ein 48V-Akku ist, aber der Strom (mA, A, 
kA) ist auch ganz entscheidend für die Dimensionierung.

von MaWin (Gast)


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Peter schrieb:
> Wie entwickelt ihr komplexe Schaltungen?

Von innen nach aussen.
Und vor allem: keine AVR-, Mega-, Xmega- Sch... ;-)

von Arno H. (arno_h)


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Schon etwas älter, aber Grundlagen halten sich ja eine Weile. Kapitel 2 
halte ich für das wichtigste, den Rest solltest du vorher schon 
draufhaben. Übrigens: Suchen lohnt nicht, es gibt keinen Band 2.

https://www.transkommunikation.ch/dateien/schaltungen/diverse_schaltungen/electronics_infos/Systematische%20Entwicklung%20Elektronischer%20Schaltungen.pdf

Arno

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