Ich habe hier ein defektes Kameramodul aus einem Ford. Es erzeugt
normalerweise aus einem von der Kamera gelieferten, digitalen
Videosignal und weiteren Informationen (Einparklinien, Abstandsbalken,
etc.) per Overlay ein FBAS Signal für die Anzeige in einem Display im
Armaturenbrett.
Zum Glück habe ich auch noch ein voll funktionsfähiges da, inkl. der
gesamten Verkabelung und einem kleinen RFK-Monitor um das ganze zu
testen. Um ein Bild anzuzeigen muss ich dem Modul lediglich per CAN die
Zündung vorgaukeln und schon sehe ich was im Monitor. Beim defekten
Modul natürlich nicht.
Allerdings zieht das Modul Strom (ca. 60 mA ohne CAN-Zündung, ca. 380 mA
mit und angeschlossener Kamera und ca. 300 mA ohne Kamera) und reagiert
auf CAN-Botschaften. Auch kann ich per OBD die Softwareversion und auch
DTCs auslesen. Hier sind folgende gespeichert:
1
(OK) [10:02:29.572] Modul gefunden: CMR - Kameramodul Hinten
U0140: Lost Communication With Body Control Module
6
Failure Type 0x00: No Additional Failure Type Information for this (DTC)
7
Status 0x2E: Fault is currently present
8
9
U0159: Lost Communication With Parking Assist Control Module "A"
10
Failure Type 0x00: No Additional Failure Type Information for this (DTC)
11
Status 0x2F: Fault is currently present
12
13
U0252: Lost Communication With Lighting Control Module- Rear "B"
14
Failure Type 0x00: No Additional Failure Type Information for this (DTC)
15
Status 0x2F: Fault is currently present
16
17
U0422: Invalid Data Received From Body Control Module
18
Failure Type 0x68: Event Information
19
Status 0x27: Pending DTC
20
21
U200D: Control Module Output Power A
22
Failure Type 0x12: Circuit Short To Battery
23
Status 0x2C: Fault is currently present
Natürlich kommen hier DTCs wenn ich das Modul solo auf dem Labortisch
betreibe. Im Vergleich zum funktionierenden Modul aber gibt es einen
mehr, nämlich diesen:
1
U200D: Control Module Output Power A
2
Failure Type 0x12: Circuit Short To Battery
3
Status 0x2C: Fault is currently present
und der will auch nach DTC-Löschung und Modul-Reset nicht verschwinden.
Also womöglich wirklich ein Hardware-Schaden?! Der Meldetext "Output
Power A" wirkt auf mich als würde etwas was vom Modul selbst versorgt
wird, ein Problem haben (womöglich die Verbindung zur Kamera?).
Zur weiteren Analyse habe ich das Gerät geöffnet und analysiert (siehe
Bilder). Sowohl die verbauten Komponenten (kreisförmige Ziffern) als
auch die Funktionsblöcke.
Hier die Bauteile und Steckverbindungen:
1
C1 ⇒ (Versorgungsstecker)
2
C2 ⇒ Hirose GT5-2S-HU (Videoausgang, zum Navigationssystem)
3
C3 ⇒ (Kameraeingang)
4
(1) ⇒ ADW95079-05 Video-DAC
5
(2) ⇒ Micron 48LC4M32B2 RAM-Chip (1M x 32 x 4 Banks, PC100, 4 Meg x 32)
(14) ⇒ LT1976 ⇒ High Voltage 1.5A Step-Down Switching Regulator
15
(15) ⇒ LTC3407EMSE (Label „LTBDZ“) ⇒ Step-Down Converter (generates 3,3V and 1,25V from 5V)
Mein erster Verdacht viel auf den High-Side Switch (4), weil dieser die
Versorgungsspannung zur Kamera steuert und auch
Überwachungsmöglichkeiten für die Load hat. Das hätte super zur
Fehlermeldung gepasst. Leider scheint dieser einwandfrei zu sein. Habe
ihn mit dem vom funktionierenden Modul getauscht und bei beiden Modulen
bleiben die Verhältnisse wie sie sind.
Dann habe ich den primären und sekundären Spannungsregler untersucht.
Beide haben keine integrierten Überwachungsmöglichkeiten, liefern aber
saubere Spannungen. Erzeugt werden da 5V, 3.3V und 1.2V.
Was mir aber aufgefallen ist, das der Step-Down (15) beim defekten Modul
sehr schnell sehr heißt wird! Beim funktionierenden ist dies nicht der
Fall. Die Stromaufnahme (an 12V) beim funktionierenden Modul liegt auch
insgesamt um 100 mA niedriger als beim defekten. Da der kleine Step-Down
eh nur max. 800mA kann ist daher meine Vermutung das er irgendwo
überlastet wird.
Dennoch muss es ja irgendwo eine Baugruppe geben die den genannten DTC
erkennt. "Circuit Short To Battery" könnte natürlich was sein, das auf
12V klemmt und das könnte ja fast nur am Eingangsfilter oder am
Kamera-Anschluß sein.
Aktuell bin ich etwas ratlos. Das Modul scheint trotz der höheren
Stromaufnahme und fehlenden Bildausgabe ja ansonsten zu funktionieren.
Zumindest der Steuerteil rund um (8).
Hast eine Idee wie man dabei am besten vorgeht? Durchmessen im
eingebauten Zustand? Das sind ja nun ne ganze Menge... eher die dickeren
oder eher die kleineren? Gibt es welche in Positionen die besonders gern
kaputt gehen?
Besorge Dir eine Wärmebildkamera. Damit siehst Du dann, wo es warm wird,
und wenn es an Stellen warm wird, wo es nicht warm werden soll, dann ist
das verdächtig.
fchk
Bin dem Wärmeproblem einen Schritt näher gekommen. Und zwar hatte der
3.3V Ausgang des Spannungsreglers (SW2) einen Widerstand von ca. 17 Ohm
gegen GND. Der andere (SW1) einige Megaohm. Da ich diesen Typ
Spannungsregler von anderen Modulen kenne und weiss das die gern Ärger
machen habe ich ihn auf gut Glück getauscht und siehe da: der wird nicht
mehr heiß und zieht jetzt genauso viel Strom wie auf dem
funktionierenden Modul. Also ist der Regler definitiv hinüber.
Leider hat es am Grundproblem nichts geändert. Ich habe nach wie vor
diesen komischen DTC (Kurzschluß nach Batterie+) und kein Videosignal am
Ausgang.
Jetzt wirds interessant! :-)
Ich habe noch etwas rumgesucht, verglichen und gemessen und mir mit dem
Oszi noch ein paar Signale angeschaut. Unter anderem auch die vom
MAX4313, dem Video-Mux/Amplifier. Von seiner Bauart her kann er nur
zwischen zwei Signalquellen umschalten: IN0 und IN1, abhängig vom
Adresseingang A0. IN0 liegt dabei mit einem 75 Ohm Widerstand gegen GND.
Wenn also A0 = Low ist, dann wird kein Bild ausgegeben.
Mein Oszi zeigte an IN1 beim senden von CAN-IGN ganz klar ein Signal. A0
war aber low, also kann da natürlich auch nichts rauskommen.
Dann habe ich mal, ganz frech, mit einer Brücke A0 auf HIGH (5V) gelegt.
Da passierte erstmal nix. Dann A0 auf GND gezogen, passierte auch nix
und nochmal auf HIGH und siehe da! ICH HABE EIN BILD :-)
Danach habe ich das Modul mehrfach stromlos gemacht und auch eine Zeit
gewartet das sich die Elkos entladen, etc. Aber nach dem erneuten
starten habe ich immer sofort ein Bild erhalten.
Zwar bin ich begeistert das es nun funktioniert, aber ich kenne den
Grund dafür nicht und das nervt etwas. Da schwingt bei mir die Sorge mit
das sich das irgendwann mal wieder ändern könnte...
Auch der DTC ist nach wie vor noch da.
Inzwischen meine ich auch die Ursache für den Defekt am Modul gefunden
zu haben. Neben dem Modul habe ich auch die dazugehörige Kamera erhalten
und diese funktioniert nicht. Dieses Problem kenne ich von früheren
Untersuchungen und dabei hatte sich rausgestellt das ein
Puffer-Kondensator in der Stromversorgung auf der Kameraplatine geplatzt
war und einen Kurzschluß verursacht hatte. Nach diesem Fehlerbild hätte
ich die Störung eher in dem BP741R High-Side-Switch vermutet, aber der
war ja einwandfrei.
Irgendwie passt das schon alles zum DTC mit "Output Power A short to
Battery", aber dieses Problem müsse ja nun weg sein. Ich muss mal den
Signalweg vom Highside-Switch zum M9CS12 verfolgen, ob der direkt an
einen IO-Pin geht oder da noch ein Pegelwandler oder was dazwischen
hängt, der evtl. Ärger macht.
Nachdem ich das Modul mal einen Tag komplett hab "auskühlen" lassen ;-)
habe ich das gleiche Problem wieder. Es wird kein Bild angezeigt, weil
A0 vom MAX4313 nicht HIGH genommen wird.
Irgendwo sperrt sich also was...
Womit hast Du die Diagnose ausgelesen und die Fehlerbits zurückgesetzt?
Mit einem "OBD II"-Dongle (ELM327 oder sowas), mit einem offiziellen
oder inoffiziellen Ford Diagnostester aus der Werkstatt, oder mit dem
Diagnosetool des Kameraherstellers?
Diagnose ist nicht gleich Diagnose, da gibt es mehrere Ebenen. Über OBD
II bekommst Du allgemeine Fehler der Motorsteuerung und Abgasreinigung.
Als Gimmick übertragen manche OEMs auch Fehlercodes anderer
Steuergeräte. Die müssen aber nicht vollständig sein, und sie müssen
sich keineswegs über die OBD-Schnittstelle zurücksetzen lassen.
Über den Ford Werkstatt-Tester solltest Du alle Steuergeräte auslesen
und werkstatt-rücksetzbare DTCs löschen können. Das läuft über den
gleichen Stecker und über die gleichen Leitungen, aber mit anderen
Kommandos. "Short to battery" hätte ich werkstatt-rücksetzbar gemacht.
Wenn sich der Hersteller Deines Steuergerätes aber dagegen entschieden
hat, dann lässt sich der Fehler nur über die Diagnosesoftware des
Herstellers zurücksetzen.
Ansonsten kann der Fehler ja auch in der Diagnosehardware stecken.
"Short to battery" heisst letztendlich dass irgendwo eine Spannung
gemessen wird wo keine sein sollte. Das kriegt man auch mit einer
Lötzinnkugel zwischen zwei Pins des Controllers oder mit einem
gebrochenen Widerstand in einem Spannungsteiler hin.
Soul E. schrieb:> Womit hast Du die Diagnose ausgelesen und die Fehlerbits zurückgesetzt?
Ich habe hier div. Tools zur Verfügung, ausser einem Original VCM-II.
Also Forscan mit ELM-Adapter (mehrere, gute!), ELMConfig und UCDS.
Ein Diagnosetool vom Kamerahersteller (Valeo) habe ich nicht und kenne
auch keins.
> Diagnose ist nicht gleich Diagnose, da gibt es mehrere Ebenen. Über OBD
Völlige Zustimmung!
Aber ich glaube Du merkst an meinen Beiträgen und den Links zu meinem
Wiki/Forum das ist da nicht ganz low-level unterwegs bin ;-) Will sagen,
ich kann auch Crash-Flags zurücksetzen wenn es sein muss oder auch Seeds
brute-forcen.
> Ansonsten kann der Fehler ja auch in der Diagnosehardware stecken.> "Short to battery" heisst letztendlich dass irgendwo eine Spannung> gemessen wird wo keine sein sollte. Das kriegt man auch mit einer
Das Problem ist, das dies ja alles nur mehr oder weniger generische
Meldungen sind. Da kommt ja kein Text vom Gerät, so wie eine Logmeldung,
sondern nur ein Subcode, ein Byte und dieses wird dann von irgendeiner
Diagnosesoftware als Text dargestellt weil in irgendeiner
Dokumentation/Norm drin steht wozu diese Meldeart genutzt wird.
Daher kann es ja sein das "to battery" nicht das bedeutet was man im
Auto gemeinhin als 12V sehen mag, sondern kann durchaus auch 5V, 3.3V
Vcc intern sein. Aber eben auch nicht. Und genau DAS ist ja das
Hauptproblem. Man müsste die Quellen der Software haben oder die
Firmware reverse engineeren um herauszufinden unter welcher Kondition
dieser DTC im Fehlerspeicher abgelegt wird.
> Lötzinnkugel zwischen zwei Pins des Controllers oder mit einem> gebrochenen Widerstand in einem Spannungsteiler hin.
Exakt. Sowas hatte ich sogar schonmal. Deshalb ist eine meiner ersten
Vorgänge bei der Fehlersuche die intensive Betrachtung der Platinen mit
der Lupe und Mikroskop.
Ich glaube aktuell nicht daran das es nur ein "nicht-löschbarer" Fehler
im Sinne fehlender Rückstellberechtigung ist. Eher glaube ich das
wirklich noch was nicht stimmt.
Das es mir gelungen ist den Video-Mux auszutricksen zeigt doch das das
Gerät als solches funktioniert. Nur etwas in der Ansteuerung ist faul.
Evtl. erkennt die Software dieses Problem, sprich es versucht den Port
LOW zu schalten, aber er bleibt HIGH. Das ist ja mit jedem
Mikrocontroller-IO-Port relativ einfach machbar. Und dann ist auch klar
das da ein Problem vorliegt.
Es muss aber etwas sein womit der Hersteller gerechnet hat, denn
überwacht wird ja nicht pauschal alles, sondern meist nur das was sich
bereits bei der Entwicklung als Störanfällig erwiesen oder als solches
beurteilt wurde.
Da ich hier immer kompetente Hilfe erhalten habe, möchte ich auch gern
Feedback geben :-)
Inzwischen hatte ich nämlich noch ein Modul zur Reparatur mit dem
gleichen Fehlerbild erhalten können. Dabei funktionierte der Trick mit
dem "zwangsweisen" ansteuern des A0-Einganges vom Video-Muxer MAX4313
auch, hielt aber nicht wie beim Modul im vorherigen Post genannt an.
Ich habe dann versuchsweise den Muxer aus einem funktionierenden Modul
umgelötet und siehe da, alles einwandfrei!
Daraufhin neue Chips bestellt, in beiden defekten Modulen eingelötet und
sie arbeiten wieder. Damit konnte ich endlich den zwei Foren-Usern die
sich hilfesuchend an mich gewandt haben endlich wieder zu voll
funktionstüchtigen Modulen verhelfen.