Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Gleichstrommotor reparieren


von Steffen H. (steffenh)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Hallo zusammen,

mein Pkw hat eine hydraulisch betätigte Halbautomatik. Leider macht seit 
einiger Zeit der Pumpenmotor, der für den Druckaufbau zuständig ist, 
Probleme. Wenn ich den Wagen neu starte, läuft die Pumpe zunächst normal 
an. Nach wenigen Sekunden wird er dann langsamer bis er schließlich kurz 
stocken bleibt, dann etwas weiter läuft, wieder stocken bleibt usw. bis 
er irgendwann ganz stehen bleibt. (Dieses Spiel wiederholt sich 15-20 
Mal, bis sich das Verhalten langsam bessert und der Motor irgendwann 
ganz normal funktioniert.)

Ich habe heute bei diesem Ablauf den Strom (mit der Stromzange) 
gemessen: Wenn der Motor läuft, nimmt er etwa 30A auf. Sobald er stockt, 
fällt die Stromaufnahme auf wenige 10 mA ab.

Zum Aufbau und Zustand des Motors habe ich Bilder angehängt.

Meine Frage ist natürlich: Was ist die Ursache für diesen Defekt und wie 
kann ich ihn beheben? Hat jemand einen Rat für mich?

Vielen Dank
Steffen

von Dieter (Gast)


Lesenswert?

Wenn ich das richtig sehe, hat sich eine Wicklung verfärbt. Die ist zu 
heiß geworden.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


Lesenswert?

Bau den Motor mal provisorisch wieder zusammen und miss den Widerstand 
zwischen den gegenüberliegenden Kohlen, während du den Motor langsam 
drehst. Ein heiler Motor sollte nur geringe Schwankungen im Widerstand 
zeigen.

Wenn da plötzlich was sehr hochohmig wird, könnte es ein Kontaktproblem 
zwischen Lamelle und Wicklung geben.

von Steffen H. (steffenh)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Dieter schrieb:
> Wenn ich das richtig sehe, hat sich eine Wicklung verfärbt. Die ist zu
> heiß geworden.

Du meinst die ganz unten auf dem Bild in meinem Eröffnungspost, oder? 
Schau bitte mal auf das Foto hier im Anhang. Es sind insgesamt sogar 
vier Wicklungen verfärbt.

Was bedeutet das denn für den Motor?



Matthias S. schrieb:
> Bau den Motor mal provisorisch wieder zusammen und miss den Widerstand
> zwischen den gegenüberliegenden Kohlen, während du den Motor langsam
> drehst.

Die Kohlen sind zusammengeschaltet, deshalb kann ich ein Kohlenpaar 
nicht getrennt messen. Aber ich nehme an, wenn ich direkt an den 
Kontaktplatten messe, bekomme ich die gleiche Aussage (falls Du das 
nicht sowieso meintest).

Ok, der Motor ist momentan eingebaut. Wenn es nichts gibt, was ich im 
eingebauten Zustand messen sollte, mache ich mich morgen ans Ausbauen 
(ist etwas aufwändiger) und mache diese Messung.

von Armin X. (werweiswas)


Lesenswert?

Ich bin mir nicht Sicher, ob das wirklich am Motor liegt.
Das ist ein vierpoliger Motor. Prüfe daher mal on die Wicklungen 
parallel oder in Serie geschaltet sind. Bei parallelbetrieb liegt Sicher 
eine Unterbrechung der Stromversorgung vor.
Bei Serienschaltung sollte doch dann und wann , wenn Du von Hand drehst, 
eine Unterbrechung zu beobachten sein.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


Lesenswert?

Steffen H. schrieb:
> Die Kohlen sind zusammengeschaltet, deshalb kann ich ein Kohlenpaar
> nicht getrennt messen.

Ich kenne Motoren mit mehreren Kohlenpaaren hauptsächlich von kräftigen, 
umpolbaren Motoren wie z.B. in Ankerwinden. Aber wenn die Paare bei dir 
zusammengeschaltet sind, ist das ja genauso zu messen. Der 
Motorwiderstand darf sich beim langsamen Durchdrehen halt nicht gross 
ändern. Offene Verbindung oder satter Kurzschluss sind beides Anzeichen 
für einen Defekt.
Messen an dem Lamellen geht auch, ist aber mögl. etwas unübersichtlich.

: Bearbeitet durch User
von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


Lesenswert?

Das letzte Bild sieht mir nicht nach einem Wicklungsschaden aus, sondern 
eher als wäre der mit zwei verschiedenen Sorten Draht gewickelt worden.

Kann mir auch irgendwie nicht vorstellen, das es am Motor liegt, außer 
Du hast bereits die Kohlestifte angeschliffen. Dann könnte es sein, daß 
die verschlissen sind und getauscht werden müssten. Leider kein Bild vom 
zusammengesetzten Kollektor, so daß man sicher erkennt wieviel Weg die 
Kohlen noch haben wenn der Kollektor dazwischensitzt.

von Hallo mein kleiner (Gast)


Lesenswert?

Wie bist du eigentlich darauf gekommen das der Motor definitiv defekt 
sei?

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


Lesenswert?

Die Klemmung der Drähte an die Lamellen sehen für mich nicht so super 
vertrauenswürdig aus. Da könnte ich mir ein Kontaktierungsproblem schon 
vorstellen.

von Steffen H. (steffenh)


Lesenswert?

Danke Euch! Ich werde den Motor morgen ausbauen. Dann werde ich die 
Wicklungen durchmessen und von den Kohlen im eingebauten Zustand ein 
Bild schießen. Anschließend melde ich mich wieder. Die Kohlen habe ich 
übrigens nicht bearbeitet (angeschliffen).

Übrigens: Der Motor muss nicht definitiv defekt sein! Vielleicht ist 
auch der Pumpenteil defekt. Ich habe nur den Motor in Verdacht, weil er 
stockt und dabei keinen Strom aufnimmt. Ich kenne mich nicht gut mit 
Elektromotoren aus, aber wenn der Motor wegen des Pumpenteils blockiert, 
hätte ich erwartet, einen Kurzschlussstrom von mehreren 10 Ampere zu 
messen. Wäre das nicht so?

: Bearbeitet durch User
von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


Lesenswert?

Was mir gerade noch einfällt, gibts bei dem Karren im Sicherungskasten 
ein Relais für den Motor? Wenn ja, tausch das doch mal auf Verdacht. Das 
kostet nicht viel und ist schnell erledigt. Möglicherweise sind die 
Kontakte von dem Ding abgenutzt.

von 2 Cent (Gast)


Lesenswert?

Steffen H. schrieb:
> Ich habe heute bei diesem Ablauf den Strom (mit der Stromzange)
> gemessen: Wenn der Motor läuft, nimmt er etwa 30A auf. Sobald er stockt,
> fällt die Stromaufnahme auf wenige 10 mA ab.
Womöglich wird der von einem Steuergerät/Druckschalter absichtlich 
abgestellt wegen Überdruck? Kannst du die Spannung am Motor messen?

von Dieter (Gast)


Lesenswert?

Moeglich, dass eine Schutzschaltung den Motor abschaltet und nur ein 
Teststrom zum Messen fliesst.

von Teo D. (teoderix)


Lesenswert?

Schon mal geschaut obs ein Serienfehler ist!?
Im Gegensatz zum Kommutator, scheinen die Kohlen kaum eingelaufen zu 
sein. Da könnten die falschen, viel zu harten, verbaut worden sein.

von Insider (Gast)


Lesenswert?

Steffen H. schrieb:
> Wenn der Motor läuft, nimmt er etwa 30A auf

Das ist für so Getriebe-Ölpumpen schon recht viel Strom. Es kann daher 
gut sein, dass...

Steffen H. schrieb:
> Pumpenteil defekt

...und das Steuergerät dafür sorgt, dass...

Steffen H. schrieb:
> fällt die Stromaufnahme auf wenige 10 mA ab.

Warum wenige 10mA? Weil da eine Diagnostik dahinter hängt, die 
feststellt, ob der Ankerwiderstand gering ist, die Kohlen nicht 
verschlissen sind und der Motor überhaupt angeschlossen ist.

Wieviele km hat das Getriebe runter und wie oft und wie regelmäßig wurde 
das Getriebefluid getauscht und dabei das Getriebe gespült?

Grüße, ein Insider in der Steuergeräteentwicklung von so Zeugs...

von Insider (Gast)


Lesenswert?

PS
Steffen H. schrieb:
> Dieses Spiel wiederholt sich 15-20 Mal, bis sich das Verhalten langsam
> bessert und der Motor irgendwann ganz normal funktioniert.
Sicher, weil dann das Getriebe an Temperatur gewinnt und das 
Getriebefluid nicht mehr so zähflüssig ist. Vergleich wäre so dünner 
Honig bei kalt zu Rapsöl wenn warm.

von Als Gast hier (Gast)


Lesenswert?

Optisch sieht das Teil noch sehr gut aus! Ich würde, da das Teil nun eh 
schon zerlegt ist, zuerst mal am Kollektor Die Widerstände messen. Da 
muss es eine Symmetrie geben, der Widerstand sollte bei allen genau 
entgegengesetzten Kommutatorflächen gleich sein. Dann noch 
sicherstellen, daß es keinen Masseschluß gibt. Wenn beides der Fall ist, 
ist dein Motor definitiv in Ordnung.
Dann kommt die weitere Suche. Berichte bitte von deinen Messergebnissen.
Viele Grüsse Uwe

von Steffen H. (steffenh)


Lesenswert?

Diagnose klingt natürlich plausibel, aber die ist es leider nicht. Ich 
höre  das Relais nämlich beim Ein- und Ausschalten deutlich klacken. Das 
eingangs beschriebene Verhalten zeigt sich während eines kompletten 
Einschaltzyklus.

Der Motor wird übrigens einpolig geschaltet, das heißt, es ist wirklich 
nur das Relais beteiligt (und nicht noch ein intelligenter 
Low-/High-Side Switch, der eine Diagnose machen könnte).


Aber ich denke, ich habe ohnehin meinen Fehler gefunden: Ich habe den 
Motor heute Vormittag ausgebaut und eben gerade, wie empfohlen, alle 
Kontaktpaare durchgemessen. Bei einem Paar habe ich keinen Durchgang. 
Nach genauerer Untersuchung habe ich gesehen, dass der Draht gerissen 
ist!

Woher kommt sowas üblicherweise? Ist das eher mechanischer Ursache 
(Vibrationen, Alterung, ...) oder kann es auch thermisch sein? Nicht, 
dass der Pumpenteil schwergängig ist und mir ein neuer Motor gleich 
wieder durchbrennt.

von Dieter (Gast)


Lesenswert?

Steffen H. schrieb:
> oher kommt sowas üblicherweise? Ist das eher mechanischer Ursache
> (Vibrationen, Alterung, ...) oder kann es auch thermisch sein?

Meistens kommt beides zusammen. Oft thermisch-mechanisch. Eine Wicklung 
wird zu heiß und dehnt sich aus. Beim Abkühlen verschieben sich die 
Drähte in einer Windung immer wieder um kleine millionstel bis 
tausendstel Millimeter, da die Postionen nicht atomar genau wieder 
eingenommen wird. Am Schluss reißt der Draht irgendwo, z.B. am Anschluß, 
wenn es nicht vorher zu einem Windungsschluss kommt.

Entweder ist die Hälfte der Wicklungen mal so heiß geworden, dass sich 
der Lack des Kupferlackdrahtes verfärbt hat (Geruchsvergleich durch 
Schnüffeln an den Windungen im Vergleich), oder bei der Produktion ist 
gerade die eine Rolle ausgegangen und damit war das ein Spannungsfehler 
beim Wickeln (spätere Drahtbruch oder Isolationsschaden), wie es am 
Beginn oder Ende einer Lackdrahtrolle leider häufiger als sonst 
vorkommt.

Also kurz gefaßt, Hitzeschaden oder Montagsfertigung.

von Steffen H. (steffenh)


Lesenswert?

Dieter schrieb:
> Eine Wicklung
> wird zu heiß und dehnt sich aus. Beim Abkühlen verschieben sich die
> Drähte in einer Windung immer wieder um kleine millionstel bis
> tausendstel Millimeter, da die Postionen nicht atomar genau wieder
> eingenommen wird. Am Schluss reißt der Draht irgendwo, z.B. am Anschluß,
> wenn es nicht vorher zu einem Windungsschluss kommt.

Interessante Infos, da hatte ich vorher noch gar nicht drüber 
nachgedacht. Hinzu kommen die Vibrationen, Fliehkräfte (relevant?) und 
die magnetische Kraft ja sicher auch noch.

Vielen Dank an alle für die kompetente Hilfe!! Ich suche mir dann 
einen Ersatzmotor.



Insider schrieb:
> Grüße, ein Insider in der Steuergeräteentwicklung von so Zeugs...

Darf ich fragen, ob Du damit die Entwicklung von automotive ECU im 
Allgemeinen meinst oder sogar Halbautomatiken im Speziellen? Falls 
Letzteres: Wäre es möglich, dass Du Dich kurz bei mir per 
Forums-Nachricht meldest? Ich hätte nämlich noch eine andere Frage zu 
den Schaltungen...

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.