Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Mal ganz allgemein: Wie sucht ihr ein Bauteil, das euren Anforderungen entspricht?


von Carsten P. (r2pi)


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Ein paar Leute mit viel Erfahrung werden jetzt vielleicht amüsiert den 
Kopf schütteln, wenn sie das lesen, aber ich schreibs trotzdem ^^ Also, 
angenommen, ihr selbst oder ein Kunde benötigt eine bestimmte Schaltung 
für einen bestimmten Zweck. (In meinem Beispiel war es ein extrem 
rauscharmer Messverstärker für einen ziemlich kruden Sensor.) Dann habt 
ihr bestimmt direkt ein paar Ideen, was für eine Schaltung da eine 
Grundlage wäre. Ich hab also meine Sammlung von Schaltungen durchwuselt 
und eine gefunden, die die Anforderungen erfüllt. Sie hat "nur" den 
Nachteil, dass sie (wie so viele richtig gute, stabile Grundschaltungen) 
aus den 1990ern stammt und es für manche Bauteile heute keinen Ersatz 
mehr gibt. In meinem Fall ging es um einen sehr rauscharmen JFET, den es 
nur noch für irres Geld als minimale Restbestäde gibt (ich bräuchte aber 
für den Kunden Stückzahlen jenseits der 4.000), und von ngspice libs 
ganz zu schweigen.

Nun ist Google zwar prima für Leute, die "Sachen suchen" (TNG), aber 
kaum eine Bauteile-Datenbank. Nichtmal Mouser, Reichelt oder Conrad 
bieten so viele Filter-Parameter an, wie man sie braucht. Bisher 
durchsuche ich dann die Seiten der Hersteller, sofern sie solche 
präzisen Filter zur Verfügung stellen, und nicht selten komme ich dabei 
zu "0 result(s)" oder "available in 60 days (approx.)".

Wie macht ihr das?

von Günni (Gast)


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Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Meine erste Frage wäre, 
ob (und warum) es ein JFET-OpAmp sein muss. Es gibt auch "normale" 
bipolare OpAmps mit sehr kleinem Eingangsstrom. Die nächste Frage ist, 
ob CMOS-OpAmps für den Einsatz geeignet wären. Die haben hohe 
Eingangswiderstände, aber teilweise Einschränkungen bei den zulässigen 
Eingangsspannungen. So arbeitet man sich mühsam voran. Zuerst also die 
Randbedingungen prüfen:
Welche Versorgungsspannung wird benötigt?
Welche Eingangsspannungen müssen verkraftet werden?
Wie hochohmig muss der Eingang sein? (Eingangsstrom)
Welche Bandbreite muss der OpAmp haben?
Gibt es spezielle Anforderungen an die Offset-Drift?

Habe ich die Anforderungen geklärt, gehe ich meist in die Seiten der 
vertrauenswürdigsten Hersteller - bei meinen Aufgaben werde ich meist 
schon bei Texas Instruments (zu denen inzwischen auch BurrBrown und 
National Semiconductor gehören), Analog Devices und (seltener) Motororla 
(On Semiconductor) fündig. Wenn deren Bausteine bei meinen Anforderungen 
viel Reserve haben, suche ich nach preisgünstigeren Alternativen bei 
STMicroelectronics oder Microchip. Wie erwähnt, das sind die Hersteller, 
die (in dieser Reihenfolge) zu meinen bisherigen Arbeitsbereichen am 
besten passten. Bei anderen Tätigkeitsfeldern können die Prioritäten 
abweichen.

Zum Glück habe ich schon früh angefangen, alte Datenbücher, die Kollegen 
wegwerfen wollten, aufzuheben. Da kann ich durch Blättern schneller 
einen passenden Baustein finden und dann meine erste Auswahl über 
"Vergleichstypen" im Internet verfeinern.

von drei Worte (Gast)


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Carsten P. schrieb:
> Wie macht ihr das?

Spice simulation aufsetzen.

von Egon D. (Gast)


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Carsten P. schrieb:

> Ein paar Leute mit viel Erfahrung werden jetzt vielleicht
> amüsiert den Kopf schütteln, wenn sie das lesen, [...]

Nee, sicher nicht.
Das Problem ist ein echtes Furunkel am Arsch...


> Wie macht ihr das?

1. In Newsgruppen oder Diskussionsforen fragen -- möglichst
   nicht erst, wenn es dringend ist, sondern vorausschauend.
   Wenn man zielgenaue Fragen stellt, sind die Chancen auf
   hilfreiche Antworten nicht unbedingt schlecht.

2. Eine persönliche Vergleichsliste für Vorzugsbauteile und
   Spezialbauteile führen. Hilft aber nicht mehr, wenn das
   Problem schon aufgetreten ist, sondern nur vorausschauend.

von Bernd B. (Gast)


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Günni schrieb:
> ob (und warum) es ein JFET-OpAmp sein muss

Es war eigentlich nur von einem JFET die Rede und nicht von einem OpAmp.

Gruß,
Bernd

von Egon D. (Gast)


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Mist. Nachtrag:

Egon D. schrieb:
> 1. In Newsgruppen oder Diskussionsforen fragen -- möglichst
>    nicht erst, wenn es dringend ist, sondern vorausschauend.
>    Wenn man zielgenaue Fragen stellt, sind die Chancen auf
>    hilfreiche Antworten nicht unbedingt schlecht.
>
> 2. Eine persönliche Vergleichsliste für Vorzugsbauteile und
>    Spezialbauteile führen. Hilft aber nicht mehr, wenn das
>    Problem schon aufgetreten ist, sondern nur vorausschauend.

3. Vorausschauende Recherche -- bei Herstellern und bei Händlern.

von W.S. (Gast)


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Carsten P. schrieb:
> Sie hat "nur" den
> Nachteil, dass sie (wie so viele richtig gute, stabile Grundschaltungen)
> aus den 1990ern stammt und es für manche Bauteile heute keinen Ersatz
> mehr gibt.

Da machst du etwas falsch.
Das Wichtige an so etwas ist, daß man nicht Schaltungen sammelt, sondern 
Schaltungsprinzipien versteht und diese dann sammelt.

Als zweites war es in der Vergangenheit wichtig, Fachmessen zu besuchen 
- nicht um irgendwas Vorgefaßtes zu suchen, sondern um sich umzusehen, 
was es denn heuer alles so gibt, was für einen interessant sein könnte, 
was wie machbar ist usw. Ist aber inzwischen nicht mehr so, denn die 
früheren Messen sind entweder eingegangen oder haben sich zu reinen 
Image-Messen entwickelt, wo nix technisch wirklich wichtiges mehr 
rüberkommt.

Was bleibt, ist Hersteller im Internet abklappern, deren Produkte 
anschauen, Dokumentationen dazu lesen usw.

W.S.

von Jens G. (jensig)


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W.S. (Gast)

>Da machst du etwas falsch.
>Das Wichtige an so etwas ist, daß man nicht Schaltungen sammelt, sondern
<Schaltungsprinzipien versteht und diese dann sammelt.

Was soll daran falsch sein?
Schaltungsprinzipien zu verstehen ist zwar das A und O, aber wenn man 
schon eine fix und fertig durchkalkulierte Schaltung im Fundus hat, dann 
muß man das Rad ja nicht nochmal neu erfinden, sondern nur noch für 
seine Zwecke anpassen.

von Hannes J. (Firma: _⌨_) (pnuebergang)


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Bernd B. schrieb:
> Günni schrieb:
>> ob (und warum) es ein JFET-OpAmp sein muss
>
> Es war eigentlich nur von einem JFET die Rede und nicht von einem OpAmp.

In der Verwechselung steckt auch eine mögliche Lösung. Mal nachsehen, ob 
es wirklich eine Schaltung mit diskretem JFET sein muss, oder ob sich 
nicht ein brauchbarer OpAmp auftreiben lässt.

: Bearbeitet durch User
von Mal einwerfen (Gast)


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Entweder brauchst du alte Bauteile um etwas nachzubauen, weil du weisst 
was du nachbaust, oder willst simulieren. Damals musste man nicht jeden 
Furz simulieren.
Ich ueberlege mir jeweils, was ich denn fuer Spezifikationen will, und 
ueberlege mir wie ich das bekomme. Ich versuch nicht einfach alte 
Schaltungen nachzubauen, bei welchen ich erst Simulieren muss um 
herauszufinden was sie denn machen.

Also erzaehl mal was ansteht, mit Details. Allenfalls koennen wir dann 
helfen.

von Dieter (Gast)


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Obsolenzen ist ein großes Problem. Aber man kann nicht alle Bauteile von 
den Schaltungen in der Datenbank haben und jedesmal nachsehen, ob es 
einen trifft, wenn ein Typ abgekündigt wird.

Übrigens Obsolenzmanagement ist der Grund, dass sich der x86 Prozessor 
gegenüber allen besseren Prozessoren durchgesetzt hat. Deshalb gibt es 
immer noch den Dos-kompatiblen Modus, der unterstützt wird.

Bei Industrie 4.0 wollen die Hersteller natürlich nur das was ihnen 
genehm ist herauspicken. Den automatisierten Teil etwas abkündigen zu 
wollen und dann gleich automatisierten Gegenwind zu bekommen (echtes 
bidirektional funktionierendes Industrie 4.0), wollen diese natürlich 
nur über ihre Leichen akzeptieren.

Ich verweise mal auf eine Idee für solche Fälle der Obsolenzen:
Beitrag "Re: Transistoren - Die-Bilder"
Beitrag "Re: Transistoren - Die-Bilder"
(Beitrag "Wie werden Halbleiterbauelemente produziert - aber nicht technisch sondern :")

von Blechbieger (Gast)


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Dieter schrieb:
> Obsolenzen ist ein großes Problem. Aber man kann nicht alle Bauteile von
> den Schaltungen in der Datenbank haben und jedesmal nachsehen, ob es
> einen trifft, wenn ein Typ abgekündigt wird.

Dafür gibt es Dienstleister denen man seine gesammelten BOMs vor die 
Füße kippt und die einem dann für viel Geld diese Aufgabe abnehmen.

Machen wir aber auch nicht sondern verfallen jedes mal in Hektik wenn 
der Fertiger ein Bauteil nicht mehr beschaffen kann. Der Leidensdruck 
auf Entscheiderebene ist anscheinend noch nicht hoch genug.

von Carsten P. (r2pi)


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Wow, also erstmal vielen Dank allen von euch, sei es fachlich, 
stimulierend oder kritisch, tolle Gedankenanstöße von allen Seiten! Und 
vor allem ist es mies zu wissen, dass es nicht nur mir so geht.

Was ich mit Schaltungssammlungen meinte... Irgenwann in der Ausbildung 
oder im Studium hast du... zum Beispiel einen LM741 lieben gelernt. Also 
eher in der Ausbildung. Dann lernst du, dass der nicht gar so alles 
kann, was du brauchst, und bekommst aus dem Netz, gerade wie hier im 
Forum, von echten Experten, die das viel länger für Geld machen, gute 
Tipps, probier mal den und den, so und so, ich hab hier ne Schaltung für 
was anderes, aber könnte dir helfen... Letztlich ist das total gut 
gemeint, aber wenig hilfreich, wenn der "Bias", also der Wissens-Abstand 
vom Antworter zum OP zu groß ist.

Für Leute mit richtig Hintergrund, Studium etc, ist das ein Klacks, aber 
ich habe locker eine Woche gebraucht, um mal zu verstehen, wieso es 
KerKos als Zieh-Kaps braucht bei Quarzen, statt Folie.

Ich will damit gar nicht sagen, dass ich es schlecht finde, wie hier 
geantwortet wird. In einem reinen Mathe-Forum zB würde ich auch so 
antworten ;) Homogene DGl 2. Grades? Also bitte, das haut man aus der 
Hüfte! ^^

Aber wie solche spezifischen Dinge für eine spezifische Aufgabe wohl 
angebracht sind, und welches Bauteil dann passt... Ich verzweifele immer 
wieder Tage lang dran und tüftele und tüftele. Na ja, für irgendwas muss 
das Geld ja gut sein ^^

: Bearbeitet durch User
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