Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik IK72 - Erster IC der DDR - Die-Bilder


von Richard K. (richi123)


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Hallo Leute!

Ich habe heute einen IK72 und damit ein Stück Geschichte hochgeladen.

Es handelt sich dabei um den ersten integrierten Schaltkreis der in der 
DDR entwickelt wurde.

Über diesen von HFO entwickelten und gefertigten IC ist nur sehr wenig 
bekannt, was die Analyse umso interessanter machte. Die bisher 
verfügbaren Analysen (auf meiner Seite verlinkt) basierten 
höchstwahrscheinlich auf einem anderen IC und waren daher nicht ganz 
richtig. Mein Teil stammt von jemanden, der zu der Zeit damit gearbeitet 
hat und sollte entsprechend ein Original sein.

Aber lest selbst:

https://www.richis-lab.de/IK72.htm

Viele Grüße,

Richard

von jamesy (Gast)


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D1 ist meiner Meinung nach für die Temperaturkompensation der Stromsenke 
gedacht, da eng thermisch gekoppelt, es soll die thermische Schwankung 
von Ube der Stromsenke "mitgehen". Ist in Oszilloskopen sehr häufig 
anzutreffen.

von Achim B. (bobdylan)


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Das ist wiedermal superinteressant! Aber ich habe ein Fehlerchen im Text 
gefunden:

"Eine mechanische Reinigung könnte die Bondpads zu beschädigen und 
sollte daher vorerst vermieden werden."

Da ist das "zu" zuviel.

: Bearbeitet durch User
von Richard K. (richi123)


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jamesy schrieb:
> D1 ist meiner Meinung nach für die Temperaturkompensation der Stromsenke
> gedacht, da eng thermisch gekoppelt, es soll die thermische Schwankung
> von Ube der Stromsenke "mitgehen". Ist in Oszilloskopen sehr häufig
> anzutreffen.

Hast du dazu eine Schaltung? Mir erschließt sich gerade nicht wie das 
hier funktionieren soll...


Achim B. schrieb:
> Aber ich habe ein Fehlerchen im Text gefunden:

Danke, das korrigiere ich gleich noch... :)

von Marvin leidet (Gast)


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Richard K. schrieb:
> Es handelt sich dabei um den ersten integrierten Schaltkreis der in der
> DDR entwickelt wurde.

'Transistor-integriert', dann wäre es der korrekterweise der Erste. 
Vorher gab es bereits die KME -Bausteine bei denen die Widerstände 
integriert waren (auf Glas-Substrat) und die Transen als Miniplast 
aufgebondet:

http://www.u-r-rennert.de/dig/kme3.html

PS:
Schönes Projekt, schöne Bilder! Gerne mehr! kennst du 'Silicon Zoo' ?
https://micro.magnet.fsu.edu/creatures/pages/dilbert.html
https://micro.magnet.fsu.edu/creatures/pages/daffy.html
https://micro.magnet.fsu.edu/creatures/pages/dogbert.html
https://micro.magnet.fsu.edu/creatures/pages/thegreatpyramid.html

von Axel S. (a-za-z0-9)


Angehängte Dateien:

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Das sieht schwer wie ein Nachbau bzw. eine Parallelentwicklung zum 
MAA3005 von Tesla aus.

von Thomas F. (tommf)


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Sehr schön und interessant.

Anders als im Text geschrieben, war der IK72 aber nicht "der erste in 
der DDR entwickelte integrierte Schaltkreis". Bevor das im HFO losging, 
wurden schon in Dresden in der Arbeitsstelle für Molekularelektronik 
(AME) seit Mitte der 60er integrierte Schaltkreise hergestellt 
(https://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Hartmann_(Physiker)#1965%E2%80%931974:_das_Mikroelektronik-Jahrzehnt). 
Das waren hauptäschlich Logik-Gatter. Das AME entwickelte sich später 
zum AMD (Arbeitstelle Mikroelektronik Dresden) und existiert heute noch 
als ZMD (Zentrum Mikroelektronik Dresden).

Der IK72 ist wohl der erste in Frankfurt/Oder hergestellte integrierte 
Schaltkreis.

Viele Grüße und Dank auch für die Veröffentlichung deines interssanten 
Hobbys
Thomas

von Richard K. (richi123)


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Marvin leidet schrieb:
> Richard K. schrieb:
>> Es handelt sich dabei um den ersten integrierten Schaltkreis der in der
>> DDR entwickelt wurde.
>
> 'Transistor-integriert', dann wäre es der korrekterweise der Erste.
> Vorher gab es bereits die KME -Bausteine bei denen die Widerstände
> integriert waren (auf Glas-Substrat) und die Transen als Miniplast
> aufgebondet:
>
> http://www.u-r-rennert.de/dig/kme3.html
>
> PS:
> Schönes Projekt, schöne Bilder! Gerne mehr! kennst du 'Silicon Zoo' ?
> https://micro.magnet.fsu.edu/creatures/pages/dilbert.html
> https://micro.magnet.fsu.edu/creatures/pages/daffy.html
> https://micro.magnet.fsu.edu/creatures/pages/dogbert.html
> https://micro.magnet.fsu.edu/creatures/pages/thegreatpyramid.html

Hm, das ist wohl Ansichtssache. Für mich ist dieser KME ein 
Hybridbaustein. Ein integrierter SCHALTkreis muss für mich integrierte 
Transistoren enthalten.

Danke für das Lob. Ich habe noch viel vor. Meist ist die Zeit das 
begrenzende Element, aber mit der aktuellen Taktrate geht schon was 
vorwärts... :)

Silicon Zoo kannte ich tatsächlich noch nicht. Danke!


Axel S. schrieb:
> Das sieht schwer wie ein Nachbau bzw. eine Parallelentwicklung zum
> MAA3005 von Tesla aus.

Hm, ähnlich... Nachbau? Naja...


Thomas F. schrieb:
> Anders als im Text geschrieben...

Danke für den Hinweis. Das prüfen ich nochmal.

von Jochen F. (jamesy)


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Richard K. schrieb:
> jamesy schrieb:
>> D1 ist meiner Meinung nach für die Temperaturkompensation der Stromsenke
>> gedacht, da eng thermisch gekoppelt, es soll die thermische Schwankung
>> von Ube der Stromsenke "mitgehen". Ist in Oszilloskopen sehr häufig
>> anzutreffen.
>
> Hast du dazu eine Schaltung? Mir erschließt sich gerade nicht wie das
> hier funktionieren soll.
Ich habe mal ein PDF einer aktuellen Schaltplanseite von einem meiner 
Projekte gemacht, den Rest ignorieren, Q1, Q9 und Q10 sind der 
interessante Teil, wie eben auch D2, die soll hier kompensieren.

: Bearbeitet durch User
von Marvin leidet (Gast)


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Thomas F. schrieb:
> und existiert heute noch
> als ZMD (Zentrum Mikroelektronik Dresden).

Nein, ZMD wurde 2015 aufgelöst resp von IDT aufgekauft. Müsst mal bei 
der Grenzstrasse vorbei fahren und übern Zaun schielen, was da noch 
geht. Wobei das was dort steht schon länger von ZMD an X-Fab abgetreten 
wurde.

von Thomas F. (tommf)


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Marvin leidet schrieb:
> Thomas F. schrieb:
>> und existiert heute noch
>> als ZMD (Zentrum Mikroelektronik Dresden).
>
> Nein, ZMD wurde 2015 aufgelöst resp von IDT aufgekauft. Müsst mal bei
> der Grenzstrasse vorbei fahren und übern Zaun schielen, was da noch
> geht. Wobei das was dort steht schon länger von ZMD an X-Fab abgetreten
> wurde.

Ah, das habe ich übersehen. Danke für den Hinweis.

von Richard K. (richi123)


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Marvin leidet schrieb:
> 'Transistor-integriert', dann wäre es der korrekterweise der Erste.
> Vorher gab es bereits die KME -Bausteine bei denen die Widerstände
> integriert waren (auf Glas-Substrat) und die Transen als Miniplast
> aufgebondet:
>
> http://www.u-r-rennert.de/dig/kme3.html

Thomas F. schrieb:
> Anders als im Text geschrieben, war der IK72 aber nicht "der erste in
> der DDR entwickelte integrierte Schaltkreis".

Da war ich etwas zu voreilig.
Jetzt heißt es "Der IK72 ist der erste in der DDR entwickelte, 
vollintegrierte Analogschaltkreis."
Das sollte passen...


Jochen F. schrieb:
> Ich habe mal ein PDF einer aktuellen Schaltplanseite von einem meiner
> Projekte gemacht

Ahja, das sieht stimmig aus. Danke für den Hinweis, das werde ich noch 
ergänzen.

von Old P. (Gast)


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Sehr gut dokumentiert! Ob nun der erste oder nicht, egal, es ist ein 
Stück Technikgeschichte der DDR.

Old-Papa

von Bürovorsteher (Gast)


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Hier ist ein Abriss über die im VEB Kombinat entwickelten Schaltkreise:
http://www.gheinz.de/publications/berliner_ics/index.htm

Als seinerzeit in die Sache Involvierter bin ich dem Verfasser, Dr. Gerd 
Heinz,  sehr dankbar, dass er sich der Thematik angenommen und sie dem 
endgültigen Vergessen entrissen hat.

von Bürovorsteher (Gast)


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...och: VEB Kombinat Nachrichtenelektronik natürlich..

von voltwide (Gast)


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DOC = Dilbert-on-chip

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Marvin leidet schrieb:
> Wobei das was dort steht schon länger von ZMD an X-Fab abgetreten wurde.

Die Fab hatten sie allerdings bereits viele Jahre vorher abgetrennt.

> resp von IDT aufgekauft

Hmm, www.zmdi.com leitet auf IDT um, aber dort steht jetzt "Renesas" 
drüber. :/ Das Karussell dreht sich also weiter …

Richard K. schrieb:
> Ein integrierter SCHALTkreis muss für mich integrierte Transistoren
> enthalten.

In den 1960ern sah man das alles noch als "integrierte Schaltkreise" an, 
und unterschied dann nach Technologie: Dickschicht-Schaltkreise, 
Dünnschicht-Schaltkreise (was du "Hybrid" nanntest) und 
Halbleiter-Blockschaltkreise.

Dass sich letztere mal als praktisch alleinige ICs herausbilden würden, 
hatte anfangs wohl niemand so voraussagen wollen (besagter Prof. 
Hartmann war da offenbar außerordentlich weitsichtig).

Aber wie immer eine sehr schöne Dokumentation, danke!

von N. A. (bigeasy)


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Bürovorsteher schrieb:
> Hier ist ein Abriss über die im VEB Kombinat entwickelten Schaltkreise:
> http://www.gheinz.de/publications/berliner_ics/index.htm

Cooles Dokument, ich bin beeindruckt :-)

von Hp M. (nachtmix)


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Axel S. schrieb:
> Das sieht schwer wie ein Nachbau bzw. eine Parallelentwicklung zum
> MAA3005 von Tesla aus.

.. und der wiederum wäre bei RCA abgekupfert: 
https://www.radiomuseum.org/tubes/tube_ca3006.html


P.S.: CA3006 und Co waren hier schon in den '68ern erhältlich. 
Vorzugsweise durch Enatechnik in Quickborn, die hier mit viel Engagement 
die RCA  vertreten haben, u.a. mit ins Deutsche übersetzten 
Datenblättern und Applikationsschriften.
In dieser Schwarte von 1967 wird auf S.72 und S.114 der CA3006 schon 
beschrieben: 
https://www.datasheetarchive.com/pdf/download.php?id=6523a0aecb2e0cfc89721204382dd3763831ba&type=O&term=CA3005%2520or%2520CA3006

Vorzugsweise waren solche ICs, wie auch CA3053, wohl für ZF-Stufen von 
Fernsehern vorgesehen.
Dafür gab es hierzulande aber schon komplexere ICs von 
Sprague,TFK,ITT,...

: Bearbeitet durch User
von Richard K. (richi123)


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Ich habe einen zweiten Baustein bekommen, der ein IK72 sein sollte, aber 
anders beschriftet war. Die Bilder habe ich auf der Seite des ersten 
IK72 ergänzt:

https://www.richis-lab.de/IK72.htm#IK72_02

Der Aufbau ist sehr ähnlich, aber nicht gleich. Meines Erachtens könnte 
das eine frühere Variante des IK72 sein, ein Entwicklungsmodell quasi. 
Es könnte natürlich auch eine Weiterentwicklung sein.

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