Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Korrektes anlöten von Litze an einen Stecker


von Peter King (Gast)


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Hallo,

wie wird Litze an einem Stecker, z.B. einem GX16, "richtig" angelötet?

Wird die Litze direkt am Stecker angelötet oder wird erst die Litze mit 
einer Aderendhülse versehen und danach das gecrimpte Ende des Kabels an 
den Stecker gelötet (also die gecrimpte Aderendhülse mit dem Kabel dran 
an den Stecker gelötet)?

Die Laien verdrillen das abisolierte Ende der Litze und löten es direkt 
an den Stecker. Aber das ist sicher so nicht richtig.

Grüße
Peter

von Thomas (kosmos)


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Adernendhülse nimm man wenn da eine Schraube auf die Litzen drücken 
würde, damit diese nicht brechen.

Man schiebt die Litzen (ich verdrille sie leicht) in diese Löthülsen, 
erwärmt dann beides mit der Lötspitze und gibt dann wenn die Temperatur 
ausreichend hoch ist etwas Lötzinn hinzu, aber nicht zu viel und nicht 
zu lange sonst zieht sich das Lötzinn die Litzen zum Kabel hin hoch, 
dadurch wird das Kabel sehr steif und verträgt dort keine Bewegung mehr 
wodurch es an dieser stelle mit der Zeit brechen kann. Im inneren eines 
Gerätes ist die Gefahr nicht so groß. Wenn man das aber z.B. einen 
Stecker im KFZ-Bereich so löten würde, ergibt das eine prima Stelle wo 
sich über kurz oder long ein Kabelbruch ergibt. Deswegen wird in diesem 
Bereich auch nur gecrimpt und nicht gelötet.

von René F. (Gast)


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Peter King schrieb:
> Die Laien verdrillen das abisolierte Ende der Litze und löten es direkt
> an den Stecker. Aber das ist sicher so nicht richtig.

Doch ist korrekt, die Verbindungsstellen am Stecker werden auch 
Lötkelche genannt.

Thomas O. schrieb:
> Wenn man das aber z.B. einen Stecker im KFZ-Bereich so löten würde,
> ergibt das eine prima Stelle wo sich über kurz oder long ein Kabelbruch
> ergibt. Deswegen wird in diesem Bereich auch nur gecrimpt und nicht
> gelötet.

Wobei gut gelötet besser ist als falsch gecrimpt. Das Problem ist, das 
der Großteil der KFZ-Mechaniker einfach nicht löten kann, gibt man eine 
Crimpzange und den dazu passenden Crimpkontakt vor ist die 
Wahrscheinlichkeit deutlich größer eine auf längere Sicht haltbare 
elektrische Verbindung zu erzeugen. Ich halte Lötverbindungen aber 
trotzdem für suboptimal.

von Sebastian R. (sebastian_r569)


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So sieht der perfekt gelötete Lötkelch in der IPC-A-610D aus.


Thomas O. schrieb:
> Wenn man das aber z.B. einen
> Stecker im KFZ-Bereich so löten würde, ergibt das eine prima Stelle wo
> sich über kurz oder long ein Kabelbruch ergibt. Deswegen wird in diesem
> Bereich auch nur gecrimpt und nicht gelötet.

Das ist eine Frage des richtig machens. Eine gasdichte Crimpung, die 
keine Schwachstelle ist, ist auch nicht einfach.

Die NASA setzt für Draht-zu-Draht-Verbindungen gelötete Verbindungen 
ein, wenn es ins All geschossen werden soll.

Ich habe eine Zeit lang in der Erdölbranche gearbeitet. Auch hier wird 
Messequipment, dass ins Bohrgestänge gebaut wird, mit Lötverbindungen 
verbunden. Und das ganze bei 180°C und starken Vibrationen.

Das größte Problem bei Lötverbindungen an Litze ist "Wicking", wenn sich 
das Lötzinn aufgrund der Oberflächenspannung zu nah oder gar unter die 
Isolierung zieht. Genau das ergibt dann die Sollbruchstelle. Wenn 
mindestens ein Drahtdurchmesser zwischen Isolierungsende und Anfang vom 
Verzinnten Leiter über bleibt, ist die Stelle noch flexibel und bricht 
nicht durch das Zinn.

von Bernd B. (Gast)


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Sebastian R. schrieb:
> Wenn
> mindestens ein Drahtdurchmesser zwischen Isolierungsende und Anfang vom
> Verzinnten Leiter über bleibt, ist die Stelle noch flexibel und bricht
> nicht durch das Zinn.

Wieso denn das? Die Isolation gibt der Übergangsstelle doch zusätzliche 
Stabilität. Wenn genügend Platz vorhanden ist, setze ich normalerweise 
genau dafür noch ein Stück Schrumpfschlauch ein.

Gruß,
Bernd

von Matthias L. (limbachnet)


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Brechen kann da nur etwas, wenn es sich auch bewegen kann. Wenn man die 
Lötstelle so fixiert, dass der Übergang vom flexiblen zum verzinnten 
Teil sich nicht gegeneinander bewegen kann, dann bricht da auch nix.

Auch an der Kante von gecrimpten Verbindungen kann eine Litze über 
längere Zeit, Drähtchen für Drähtchen einzeln abbröseln. Das dauert zwar 
deutlich länger als bei einer genauso beanspruchten Lötstelle, aber 
trotzdem sollen am Auto, an Maschinen oder derlei IMHO ALLE Verbindungen 
mechanisch ordentlich fixiert werden.

von Sebastian R. (sebastian_r569)


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Matthias L. schrieb:
> Brechen kann da nur etwas, wenn es sich auch bewegen kann.

Oder wenn sich etwas bewegt, das nicht flexibel ist, sondern spröde.

Die Isolierung ist starr(er), der Lötkelch ist starr. Die Stelle, an dem 
sich die Verbindung am einfachsten bewegt, ist der Bereich zwischen 
Isolierung und Lötkelch. Sogar evtl. mit dem Hebel der Leitung, die da 
noch folgt.

Nackiges Kupfer ist recht flexibel und kann an der Stelle die leichte 
Bewegung durch Vibration aufnehmen. Durch Kaltverfestigung sind dem 
natürlich auch Grenzen gesetzt. Bleifreies Lot und verzinnte Litze sind 
nicht flexibel, sondern neigen bei Vibration durch das spröde Zinn und 
die Verbindung der Litzen eher zu Brüchen.

Dass Wicking ein Problem ist und dass das Verhindern vom Eindringen von 
Lötzinn unter die Isolierung zur Lebensdauer und Belastbarkeit der 
Verbindung bei einem Lötkelch oder Splice beiträgt, ist tatsächlich eine 
anerkannte und bekannte Erkenntnis.

Die NASA und die IPC haben die Vorschrift, dass das Zinn nicht zu nah an 
die Isolierung darf, schon aus gutem Grund eingeführt.


https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1757-899X/563/3/032027/pdf

https://www.youtube.com/watch?v=Mrhg5A1a1mU&feature=youtu.be&list=PL926EC0F1F93C1837&t=181

Bernd B. schrieb:
> Wenn genügend Platz vorhanden ist, setze ich normalerweise
> genau dafür noch ein Stück Schrumpfschlauch ein.

Das sowieso.

: Bearbeitet durch User
von Veit D. (devil-elec)


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Hallo,

das Problem ist die Lötung genauso hinzubekommen. Meine Erfahrung ist 
jedoch das man machen kann was man will. Irgendwann bricht es immer 
hinter dem starren Teil. Mit Lötung schneller, mit Pressung später bis 
gar nicht.

Laut meines Wissens wird im Automobilbau nur noch gepresst. Dazu muss 
man sich nur alle Stecker im Motorraum oder unter der Türverkleidung 
anschauen. Es gibt keine Lötstellen. Alle Stecker sind "nur" verpresst.

Auf Arbeit repariere ich Steckverbindungen mit neu verpressen. Das sind 
welche die öfters einmal getrennt werden. Wenn Kollegen meinen neu 
anlöten ginge schneller, dann bricht das aber auch schneller wieder beim 
ab- und anstecken. Wenn ich mit neuen Crimpkontakt verpresse hält das 
auf jeden Fall länger. Das bricht dann eher oder reißt ab durch 
"Gewalteinwirkung".

Und ganz ehrlich. Lötstelle + Vibration = haltbar. Ich kann es ehrlich 
gesagt nicht glauben. Ich denke dann eher das die 180°C positiven 
Einfluss nehmen auf die Geschmeidigkeit.

von Veit D. (devil-elec)


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Peter King schrieb:
> Hallo,
>
> wie wird Litze an einem Stecker, z.B. einem GX16, "richtig" angelötet?
>
> Wird die Litze direkt am Stecker angelötet oder wird erst die Litze mit
> einer Aderendhülse versehen und danach das gecrimpte Ende des Kabels an
> den Stecker gelötet (also die gecrimpte Aderendhülse mit dem Kabel dran
> an den Stecker gelötet)?
>
> Die Laien verdrillen das abisolierte Ende der Litze und löten es direkt
> an den Stecker. Aber das ist sicher so nicht richtig.
>
> Grüße
> Peter

Etwas länger abisolieren und direkt einlöten. Stecker am Besten in einem 
Schraubstock o.ä. fixieren und zwischen etwas Wärmeisolierenden 
einklemmen. 2 Holzstreifen o.ä. Stecker mit Lötkolben erwärmen, Litze 
rein und Lot zugeben. Dann ruhig halten und abkühlen lassen. Zum 
optischen Finish und etwas Stabilisierung Schrumpfschlauch drüber.
Merke. Die Vorbereitung ist das A & O. Der Lötvorgang selbst ist nur 
eine Sache von wenigen Sekunden.

von Sebastian R. (sebastian_r569)


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Veit D. schrieb:
> Laut meines Wissens wird im Automobilbau nur noch gepresst. Dazu muss
> man sich nur alle Stecker im Motorraum oder unter der Türverkleidung
> anschauen. Es gibt keine Lötstellen. Alle Stecker sind "nur" verpresst.

Das hat aber andere Gründe als die Stabilität.

Crimp-Verbindungen lassen sich in großen Stückzahlen reproduzierbar 
automatisieren.
Bei der Herstellung von Automobil-Kabelbäumen sitzt da niemand irgendwo, 
der von Hand die Crimp-Kontakte an die Leitungen bringt.

Veit D. schrieb:
> Und ganz ehrlich. Lötstelle + Vibration = haltbar. Ich kann es ehrlich
> gesagt nicht glauben. Ich denke dann eher das die 180°C positiven
> Einfluss nehmen auf die Geschmeidigkeit.

Hochtemperaturlot, Versilberte Cu-Litze mit Teflonisolierung. Da ist 
nichts, was bei 180° geschmeidiger ist, als bei Raumtemperatur

Im Weltraum wird von der NASA das gleiche verwendet.

Probleme mit gelöteten Verbindungen gibt es immer nur, wenn sie 
schlecht/falsch ausgeführt werden.

von Veit D. (devil-elec)


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Hallo,

die Begründung mit der NASA halte ich immer für etwas ... da geisterte 
schon einmal ein Dokument durchs Internet, guckte man auf das Datum war 
das hornalt, keiner weiß ob das nicht auch schon bei der NASA längst 
überholt ist.

Möchte sagen, wenn du selbst damit gute Erfahrung gesammelt hast, dann 
ist das okay, dann glaube ich dir das auch. Ich machs aber nicht, weil 
jemand die NASA erwähnt hat.  :-)

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