Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Operationsverstärker Leerlaufverstärkung bestimmen


von Bastler (Gast)


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Guten Morgen,

ich möchte von einem Operationsverstärker die realen Kennwerte bestimmen 
und mit den Werten aus dem Datenblatt vergleichen.

Besonders wichtig ist mir die frequenzabhängige Verstärkung, würde gerne 
ein Bode-Diagramm erstellen und es dann mit dem Bode-Diagramm aus dem 
Datenblatt vergleichen.
Dazu wollte ich die Leerlaufverstärkung des OPs bei aufsteigenden 
Eingangsfrequenzen messen.

Wie messe ich das am besten? Ein OP hat ja eine extrem hohe 
Leerlaufverstärkung, um die 100.000. Ich kann ja kaum einfach 1µV an den 
Eingang geben und dann die Ausgangsspannung messen, da wird mir die 
Messung durch Toleranzen/Störungen etc. verfälscht, nehme ich an.

Gibt es vielleicht ein Buch, welches das Thema behandelt? Oder eine 
PDF/Internetseite, in der beschrieben wird, wie man die realen Kennwerte 
eines OPs bestimmt?

Viele Grüße
Bastler

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Bastler schrieb:
> Ich kann ja kaum einfach 1µV an den Eingang geben und dann die
> Ausgangsspannung messen
Und warum nicht? Hat ja keiner gesagt, dass man die aufgabe mit einer 
9V-Blockzelle und einem Multimeter aus dem Baumarkt erledigen könnte.

> da wird mir die Messung durch Toleranzen/Störungen etc. verfälscht
Natürlich wird sich da jeder noch so geringe äussere Einfluss (EMV, 
Temperatur, Spannungsschwankungen, ...) im Messaufbau bemerkbar machen. 
du musst also solche Störeinflüsse abschirmen oder herausrechnen können.

> wie man die realen Kennwerte eines OPs bestimmt?
In guten Datenblättern von OPs wird der Messaufbau gezeigt, mit dem die 
Daten im Datenblatt ermittelt wurden. Die dafür verwendeten und nötigen 
Messgeräte sind meist nicht ganz billig.

> würde gerne ein Bode-Diagramm erstellen und es dann mit dem
> Bode-Diagramm aus dem Datenblatt vergleichen.
Dann nimm die vorgeschlagene Messchaltung, mit dem das Bodediagramm im 
Datenblatt ermittelt wurde.

: Bearbeitet durch Moderator
von Bastler (Gast)


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> Und warum nicht? Hat ja keiner gesagt, dass man die aufgabe mit einer
> 9V-Blockzelle und einem Multimeter aus dem Baumarkt erledigen könnte.

Ja, das ist mir schon klar

> Dann nimm die vorgeschlagene Messchaltung, mit dem das Bodediagramm im
> Datenblatt ermittelt wurde.

In den Datenblättern, die ich bis jetzt gesehen habe, fand ich nirgendwo 
eine Messschaltung. Wenns da eine geben würde, würde ich ja hier nicht 
fragen.

von udok (Gast)


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Bild 4 zeigt eine Messschaltung:
https://www.analog.com/en/analog-dialogue/articles/simple-op-amp-measurements.html

Das dürfte sogar mit einem einfachen Multimeter funktionieren.

von Lutz V. (lvw)


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Hier eine Mess-Schaltung aus der Laborpraxis(Uni):
* Die sinusförmige Eingangsspannung wird über einen Spannungsteiler 
1kOhm/10 Ohm auf den "+" Eingang gegeben (Teilung also praktisch mit 
Faktor 100)

* DC-Gegenkopplung nötig wegen DC-offset: Zwischen Ausgang und 
"-"Eingang 2x50kOhm mit einem Kondensator C=10µF zwischen beiden 
Widerständen nach Masse.
Außerdem 100 Ohm von "-" nach Masse. Ein DC-offset von 1mV würfde also 
am Ausgang etwa 1V erzeugen, was noch tolerabel erscheint.

von udok (Gast)


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Und wie misst du damit die Leerlaufverstärkung?

von Lutz V. (lvw)


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udok schrieb:
> Und wie misst du damit die Leerlaufverstärkung?

Wir haben ein Gain-Phase-Meter benutzt....ansonsten ganz simpel:
Eingangs- und Ausgangsspannung separat messen (und 40 dB addieren wegen 
der Eingangsteilung).
Wichtig ist natürlich die Kontrolle mit Oszilloskop, ob die Signale noch 
sinusförmig sind. Bei höheren Frequenzen natürlich den Eingangspegel 
erhöhen

: Bearbeitet durch User
von Achim B. (bobdylan)


Angehängte Dateien:

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Lutz V. schrieb:
> Hier eine Mess-Schaltung aus der Laborpraxis(Uni):

Also so? Für Leerlaufverstärkung?

: Bearbeitet durch User
von Pandur S. (jetztnicht)


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Naja. Openloop ist Openloop.
Also mit einem 1000:1, oder 10000:1 Teiler am Eingang gegen 
Betriebspannungs-halbe. Und dann diese Betriebspannungs-halbe variabel 
gestalten. Mit einem Pot.
Dabei sind Offsetspannungen und Biasstroeme zu beruecksichtigen.

von HildeK (Gast)


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udok schrieb:
> Bild 4 zeigt eine Messschaltung:
> 
https://www.analog.com/en/analog-dialogue/articles/simple-op-amp-measurements.html

Interessante Aufstellung für die Messverfahren!
Danke!

von Harald W. (wilhelms)


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Pandur S. schrieb:

> Und dann diese Betriebspannungs-halbe variabel gestalten. Mit einem Pot.

Ich dachte immer, zwei Hälften wären genau gleich gross? :-)

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Achim B. schrieb:
> Lutz V. schrieb:
>> Hier eine Mess-Schaltung aus der Laborpraxis(Uni):
>
> Also so? Für Leerlaufverstärkung?

Geht so offensichtlich nur für AC. Und wenn der Tiefpaß aus R2 und C1 
die Gegenkopplung hinreichend totgelegt hat.

von Lutz V. (lvw)


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Achim B. schrieb:
> Also so? Für Leerlaufverstärkung?

Ja, genau so!
Der Kondensator in der Rückkopplung sorgt ja dafür, dass - außer DC und 
sehr kleinen Frequenzen - keine Gegenkopplung wirksam ist, also 
open-loop. Der Verstärkungsweret runter bis zu DC kann dann natürlich 
leicht extrapoliert werden.

: Bearbeitet durch User
von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Ich denke, die Leerlaufverstärkung kann man nicht direkt messen, sondern 
nur mit  Annäherung.
So ähnlich bestimmt man den Intercept-Punkt von Hochfrequenzverstärkern. 
Das ist ein Grenzwert, den man praktisch nicht erreicht sondern aus 
Messungen bei kleinerem Pegel extrapoliert.

von Werner H. (werner45)


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Im alten Tietze/Schenk gibt es Meßschaltungen für die OpV-Grundgrößen, 
Leerlaufverstärkung ist auch dabei.
Ob das in den neueren Auflagen noch drin ist, weiß ich nicht.
Bei TI, National usw. gab es bei Erscheinen der OpV auch Meßschaltungen, 
müßten demzufolge eine niedrige AN-Nummer (App Note) haben.

von Lurchi (Gast)


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Die Testschaltung aus dem AD Link kann schon auch noch die 
Leerlaufverstärkung messen. Der 2. OP sorgt für eine sehr niedrige 
Grenzfrequenz und erlaubt eine definierten Schritt am Ausgang. Es wird 
für den Ausgang ein Sprung von 1 V vorgegeben und dann 1000 mal die 
nötige Spannung am Eingang ausgegeben. Es ist also nicht direkt die 
Leerlaufverstärkung sondern 1000 V geteilt durch die DC 
Leerlaufverstärkung.

von Bastler (Gast)


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Werner H. schrieb:
> Ob das in den neueren Auflagen noch drin ist, weiß ich nicht.
Leider nicht, da habe ich schon gesucht.

Danke für die zahlreichen Antworten, hilft mir sehr weiter.

von Werner H. (werner45)


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@Bastler:
Alte Auflagen des Tietze/Schenk gibt es preiswert bei Booklooker.
Ich habe mir zusätzlich die 7. zugelegt.

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