Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Infrarot-Temperaturmessung bis ca. 500°C


von Thomas T. (runout)


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Hallo Zusammen,

habe die Forensuche schon benutzt aber keinen guten Treffer gelandet...

Ich möchte ein Messingblech weichglühen (evtl. induktiv)
und möchte die Oberflächentemperatur kontaktlos erfassen.

Der Abstand wird ca. 5-10cm sein.
Die Ausrichtung ist immer gleich (mechanisch vorgegeben)
Die erforderliche, zu messende Temperatur soll ca. 350-500°C sein.
Genauigkeit +/-5K

Ist das Messverfahren (Infrarot) überhaupt geeignet?
Wenn ja, habe einen Sensor "MLX90614" gefunden.
Der macht aber nur 380°C "object temperature".

Gibt es Empfehlungen, wie man diese Messaufgabe
mit überschaubaren Aufwand erschlagen kann?

Viele Grüße
Runout

von MaWin (Gast)


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Thomas T. schrieb:
> Ist das Messverfahren (Infrarot) überhaupt geeignet?

Ja. Du brauchst aber den Emissionskoeffizienten, und der wird sich 
während der Oxidation beim Glühen auch noch verändern. Man müsste also 
empirisch messen, wie Objekttemperatur und Thermospannung korrelieren. 
Hängt dann auch noch von Oxidationsgrad vor dem Glühen und Luftfeuchte 
bei der Oxidation ab, nehm ich an.

> Wenn ja, habe einen Sensor "MLX90614" gefunden.
> Der macht aber nur 380°C "object temperature"

Der halt nicht. Wärmestrahlung macht ja auch ziemlich warm.

von Thomas T. (runout)


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Gallo MaWin,

"Glühen" ist etwas übertrieben.
Es leuchtet definitiv nix.
Maximal dunkelt das Messing etwas. (Anlassfarbe)

Aber es wird wohl so sein, das man, wenns genau werden soll,
eine/mehrere Thermoelementmessungen macht und korreliert.

der Messbereich ist eigentlich gering.
Eventuell gibts "Filtergläser" die quasi als optische 
Abschirmung/Widerstand
wirken.
Aber davon habe ich gar keine Ahnung...

Runout

von Thomas T. (runout)


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Hallo,

gibts hier noch (mit frischem Montagmorgen-Hirn)
weitere Vorschläge?

Es gibt von Ha**et ein "1991-1".
Ein fertiges Gerät mit Temp.bereich -50-550°C
Vlt. sollte man sowas mal aufschrauben....

Grüße
Runout

von Wolfgang (Gast)


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Thomas T. schrieb:
> "Glühen" ist etwas übertrieben.
> Es leuchtet definitiv nix.

Dann guck mal im thermischen IR ;-)

von Dieter W. (dds5)


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Die billigen IR Thermometer arbeiten im Wellenlängenbereich 8...14 µm.
Das ist für Metalle mit prinzipiell niedrigem Emissionsgrad eher 
schlecht geeignet. Besser wäre 2...4µm, aber diese Geräte sind kaum 
bezahlbar.

von Oliver S. (phetty)


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Muss es denn berührungslos sein? Sonst ein Thermoelement drauf drücken.

von M. K. (Gast)


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Thomas T. schrieb:
> Ist das Messverfahren (Infrarot) überhaupt geeignet?

Infrarotmessung hat Probleme mit spiegelnden Flächen.
Ansonsten sollte das wohl gehen.

von Johannes S. (Gast)


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Nur ist 'spiegelnd' im IR anders als im sichtbaren Bereich. Eine 
Glasscheibe durch die ich durchgucken kann ist ein perfekter Spiegel für 
IR. Und auch Metall reflektiert IR.

von georg (Gast)


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Thomas T. schrieb:
> Eventuell gibts "Filtergläser" die quasi als optische
> Abschirmung/Widerstand
> wirken.

Die ändern selbstverständlich nichts an der Emission. Ein blank 
poliertes Messingblech ist wohl maximal ungeeignet und ergibt grosse 
Abweichungen. Du könntest es zwar schwärzen, etwa mit Russ, aber das ist 
sicher nicht so beabsichtigt.

Näherungsweise kalibrieren ist eine Möglichkeit, aber das setzt voraus 
dass die Bleche immer die gleiche Oberfläche haben, z.B. nicht anlaufen.

Georg

von M. K. (Gast)


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Johannes S. schrieb:
> Und auch Metall reflektiert IR.

Naja, das sind nur meine Erfahrungen, wenn ich metallische Oberflächen 
mit Infrarotthermometer messen wollte.
Schwarzer Edding hilft da schon, nur mit blankem metall muckt die 
Messung kräftig.
Dazu habe ich keine Theorie, nur meine Beobachtung.

von Thomas T. (runout)


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@Dieter W. (dds5) 19.10.2020 11:25

genauso ist es!

Der Spektralbereich sollte ca. bei 1,6-2,3µm liegen.
Die Fa. Optris hat einen ganz guten Grundlagenartikel
ins Netz gestellt.

Die Oberfläche ist eher "angelaufen",
als leicht oxidiert.
Der Emmissionsgrad wird dafür mit 0,61 angegeben.

Diese Sensoren sind für den Privatgebrauch zu teuer.
Es gibt u.a. von Schott jede Menge an Filtergläsern.
Aber das ist nicht mein Gebiet.

Kann halt nur Bits verbiegen ;-)

Runout

von Sebastian S. (amateur)


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>Schwarzer Edding hilft da schon, nur mit blankem metall muckt die
>Messung kräftig.
Ein schwarzer Edding sieht bei 500° sehr schnell ganz blass aus. Was die 
Chemie der Farbe mit der Unterlage – bei 499° - macht dürfte wohl auch 
unklar sein.

Im Physikbuch "sieht" die Temperaturmessung via Infrarotmessung der 
Oberfläche recht einfach und plausibel aus.
Geht man aber mal "vor die Tür", so sieht das Ganze schon ganz anders 
aus.
Die Farbe der Oberfläche (möglichst unveränderlich);
die Struktur der Oberfläche;
der Reflexionsgrad der Oberfläche;
der "Zwischenraum" (Abstand, Temperatur, Wassergehalt, u.a.) zum 
Messgerät;
und, und, und.
Sollte die Messung nicht in Null Zeit vonstattengehen, so sollte man 
sich zusätzlich mit einem überhitzten Messgerät beschäftigen

von Günni (Gast)


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MaWin schrieb:
> Ja. Du brauchst aber den Emissionskoeffizienten, und der wird sich
> während der Oxidation beim Glühen auch noch verändern.

Damit hat MaWin den berühmten Nagel auf den Kopf getroffen. Aus diesem 
Grund würde ich die Temperatur berührend messen, am besten mit einem 
Platin-Messwiderstand. Laut Wikipedia gilt: "Die Normung umfasst den 
Bereich −200 °C bis 850 °C, der tatsächliche Einsatzbereich eines 
Platin-Messwiderstands ist meistens enger begrenzt und im Datenblatt 
spezifiziert.". Damit ist der gewünschte Temperaturbereich mit 
enthalten. Ein PT100 ändert seine Temperatur pro Grad nur um 0,385 Ohm. 
Da spielt der Widerstand der Zuleitungsdrähte und der Verkabelung schon 
eine Rolle, wenn die Temperatur auf 5 Grad genau gemessen werden soll. 
Besser ist deshalb, einen PT1000-Widerstand zu nehmen, dessen Widerstand 
sich pro Grad um 3,85 Ohm ändert.

von Thomas T. (runout)


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*** leicht_genervt_aufgeb ****

Also jetz doch ein Anlegefühler mit Pt100-Dünnfilmsensor
und einen  MAX31865 zur Versorgung.
Treiber habe ich und gut ist...

Danke für die Unterstützung.

Grüße
Runout

: Bearbeitet durch User
von Wolfgang (Gast)


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Günni schrieb:
> Ein PT100 ändert seine Temperatur pro Grad nur um 0,385 Ohm.
> Da spielt der Widerstand der Zuleitungsdrähte und der Verkabelung schon
> eine Rolle, wenn die Temperatur auf 5 Grad genau gemessen werden soll.

Deshalb wurde die 4-Leiter Messung erfunden. Die vermeidet, dass der 
Spannungsabfall auf der stromführenden Leitung das Messergebnis 
verfälscht.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Dafuer wuerde ich eine Heatgun nehmen, welche man auf eine Temperatur 
einstellen kann. Meine frueheren Messungen zeigten, dass die Temperatur 
um die 230 Grad auf 5 Gad praezise und stabil waren. Anderswo habe ich 
nicht gemessen. Ist ja schnell gemacht.
Ich empfehle Steinel.

: Bearbeitet durch User
von Günni (Gast)


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Thomas T. schrieb:
> Also jetz doch ein Anlegefühler mit Pt100-Dünnfilmsensor

Viele Hersteller bieten die Fühler nicht für den vollen (vom Sensor her 
möglichen Temperaturgang) an. Das liegt daran, dass die Sensoren 
teilweise auf die Unterlage geklebt werden und der Kleber sich bei zu 
hohen Temperaturen löst. Irgendwann muss man die Sensoren über eine 
Klemmfeder befestigt werden(wie sie teilweise zum Befestigen von 
Leistungshalbleitern her verwendet wird. Auch macht die Isolierung der 
Anschlussdrähte her Probleme, wenn die üblichen Kunststoffe verwendet 
werden. (Drähte von Hochtemperaturfühlern sind emailliert oder haben 
andere temperaturstabile Materialien.) Wenn man das beachtet, geht die 
Messung aber gut.

Wolfgang schrieb:
> Deshalb wurde die 4-Leiter Messung erfunden. Die vermeidet, dass der
> Spannungsabfall auf der stromführenden Leitung das Messergebnis
> verfälscht.

Das ist korrekt. Die Vierdrahtmessung ist aber für viele Anwender (vor 
allen Dingen, wenn sie eigene Aufbauten mit Arduino oder Raspberry 
planen) zu schwierig. Und dann sind die PT1000 als Kompromiss ein 
gangbarer Weg.

von Wolfgang (Gast)


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Günni schrieb:
> Das ist korrekt. Die Vierdrahtmessung ist aber für viele Anwender (vor
> allen Dingen, wenn sie eigene Aufbauten mit Arduino oder Raspberry
> planen) zu schwierig.

Meinst du, dass die es nicht hinkriegen, einen 4-adrigen Draht richtig 
mit dem Pt100 zu verkabeln?
Sooh kompliziert ist das doch nicht, wenn man erstmal verstanden hat, 
was ein Messstrom und was ein Spannungssensor ist.
https://de.wikipedia.org/wiki/Vierleitermessung#/media/Datei:TempMess_4_Leit.svg

von Günni (Gast)


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Den Messstrom muss man über einen Referenzwiderstand messen und 
zusätzlich die Spannung über dem PT-Widerstand. Da die meisten 
AD-Wandler gegen Masse als Bezugspotential messen, aber nur einer der 
Widerstände an Masse liegen kann, haben die meisten Leute, die sich mit 
Messtechnik nicht so gut auskennen, Probleme mit dieser Messung. Da habe 
ich schon sehr seltsame (und nicht oder nur schlecht) funktionierende 
Aufbauten gesehen. Gern wird ein Differenzverstärker oder 
Differenzeingang an einem ADC genommen. Beide Lösungen haben oft mehr 
Fehler als für die gewünschte Genauigkeit zulässig sind. Ich habe halt 
schon viele Leute betreut und festgestellt, dass einfache Lösungen oft 
die besseren Ergebnisse liefern. Das was ich als Messtechniker weiß, 
kann ich nicht bei jedem Fragesteller automatisch voraussetzen.

von Thomas T. (runout)


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Hallo Zusammen,

wenn das keine lösbare Aufgabe ist... ;-)

Fühlerelemente gibts wie Sand am Meer.
zb.
https://www.heraeus.com/de/hne/sensor_products/wired_sensors/medium_temperature_range/medium_temperature_range.html

Es wird ein Anlagefühler.
Das blanke Fühlerelement kann man natürlich nicht
direkt am DUT anlegen.
Der Glühzyklus dauert max. 5-10s und 1000 Teile/Los
werden schon durchgejagt.

Dünne Kupferhülse mit Klemmfeder (Stichwort s.o.)
sind da brauchbar.

Bei 3-4cm Anschlussleitung bräucht man gar keine Kompensation.
Aber der oben erwähnte IC macht das alles "out of the Box".

Der Faden könnte geschlossen werden.

Vielen Dank an alle
Runout

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