Forum: HF, Funk und Felder S-Parameter mit mehreren S11s bestimmen


von Peter M (Gast)


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Hi,

Ich habe ein PCB mit einen SMA Eingang. Dann kommt eine Transmission 
Line (mit einer Delay Line, ac coupling caps und einem Switch 
dazwischen) und dann der LNA Eingang. Ich moechte die S-Parameter der 
Leitung bis zum LNA Eingang bestimmen (zu dem ich keinen Messpunkt 
habe). Vor dem LNA sind einige 0402 pads, mit denen ich die Verbindung 
zum LNA trennen kann und die Leitung auch mit beliebigen Elementen 
abschliessen kann.

Dieses Paper (https://ieeexplore.ieee.org/document/780284) beschreibt 
wie man mit 3 S11 Messungen und drei Loads die komplette S-Matrix 
bestimmen kann. Ein Auszug ist im Anhang.

Das funktioniert gut. Was allerdings das Problem ist: Um die S-Parameter 
zu bestimmen, benoetige ich die Load als Reflection Coefficient. Fuer 
"Short" und "Open" passt mir die Approximation Gamma=-1 und Gamma=+1. 
Aber wie bestimme ich Gamma3 fuer Rref?

Vielen Dank!
Peter



PS1: Klar, wenn ich Rref=50 mache und weiss dass die Ausgangsimpedanz 
der Leitung 50 Ohm ist, dann Gamma=0. Aber die Ausgangsimpedanz ist eben 
genau nicht bekannt, was ja der Zweck der Bestimmung der S-Parameter 
ist.

PS2: Mir ist klar dass ein short nicht 0 Ohm sind und ein open nicht 
\infty. Ich denke aber dass diese Approximation (Gamma=-1 und Gamma=1) 
sehr praktikabel ist.

von Bernd (Gast)


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Wenn alles schon verbaut ist, kannst du nur noch die Kombination deiner 
Bauelemente (ggf. unter verschiedenen Bedingungen) messen.

Ich würde den LNA nochmal einzeln auf eine Testplatine setzen und dort 
vermessen. Anschließend kannst du aus der ersten Messung (alles 
komplett) und der zweiten Messung (LNA einzeln) die T- bzw. S-Parameter 
von deiner Schaltung bestimmen.

Oder du nimmst den LNA nochmal runter und lötest 50 Ohm auf das 
0402-Pad. Bis zu ca. 2-3 GHz dürften die Ergebnisse plausibel sein.

von Volker M. (Gast)


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Hallo Peter,

in der skizzierten Kurzform finde ich es schwer, die Berechnung 
nachzuvollziehen. Und vermutlich bin ich auch etwas eingerostet, was 
diese Berechnungen angeht.

Vielleicht kannst du die gesuchen Elemente aber über die Kettenmatrix 
(ABCD) herleiten.

Zin eines Vierpols, der mit Z0 abgeschlossen ist:
Zin,load = (A+B)/(C+D) * Z0

Zin eines Vierpols, der am Ausgang kurzgeschlossen ist:
Zin,short = (B/D) * Z0

Zin eines Vierpols, der am Ausgang offen ist:
Zin,open = (A/C) * Z0

Umrechnung der ABCD-Matrix in S-Parameter:
S11 = (A+B-C-D) / (A+B+C+D)
S12 = 2*(A*D - B*C) / (A+B+C+D)
S21 = 2 / (A+B+C+D)
S22 = (-A+B-C+D) / (A+B+C+D)

Quelle: B. Schiek, Meßsysteme der Hochfrequenztechnik

Mit den drei Standards bekommst du meiner Meinung nach nur drei 
Unbekannte heraus, also wie im Paper wo S21*S12 als Produkt herauskommt. 
Aber wenn das Viertor reziprok ist gilt S21 = S12 und damit wird es 
lösbar.

Viel Erfolg!
Volker

von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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Peter M schrieb:
> Das funktioniert gut. Was allerdings das Problem ist: Um die S-Parameter
> zu bestimmen, benoetige ich die Load als Reflection Coefficient. Fuer
> "Short" und "Open" passt mir die Approximation Gamma=-1 und Gamma=+1.
> Aber wie bestimme ich Gamma3 fuer Rref?

Die Reflexionskoeffizienten der drei Standards, die an den Port 2 des 
DUT mit S-Matrix S angeschlossen werden, und die in dem von Dir 
zitierten Papier mit
bezeichnet werden, beziehen sich auf die Systemimpedanz Z_0, d.h. i.d.R. 
50Ω. Es ist also, wenn Z die Impedanz des jeweiligen Standards ist,
In der von Dir genannten Approximation kannst Du also für Open, Short 
und Load
setzen.

Zur Begründung: Die in dem Papier genannten Beziehungen zwischen
und den Reflexionskoeffizienten der Standards und den am Port 1 
gemessenen Reflexionsfaktoren ergeben sich folgendermaßen: Man löst 
simultan die drei sich aus
ergebenden Gleichungen, wobei Γ_1 der Reflexionsfaktor am Port 1 eines 
Netzwerks mit S-Matrix S ist, das mit einer Last mit Reflexionsfaktor 
Γ_Last am Port 2 abgeschlossen ist. Hierbei ist Γ_Last natürlich auf die 
Systemimpedanz bezogen, und nicht auf die Ausgangsimpedanz des 
Netzwerkes (also der Leitung in Deinem Fall).

Dass man, um tatsächlich die komplette S-Matrix aus den drei Messungen 
zu erhalten, die Reziprozität des DUT annehmen muss, d.h.
hatte Volker ja schon gesagt.

von Peter M (Gast)


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Hallo Mario, Hallo Volker!

Danke, das ist genau was ich gesucht hab! Ich erhalte nun plausible 
Werte fuer meine S-Matrix!

Wo ich allerdings nochmal nachhaken moechte:

> Hierbei ist Γ_Last natürlich auf die Systemimpedanz bezogen, und nicht
> auf die Ausgangsimpedanz des Netzwerkes (also der Leitung in
> Deinem Fall).

Das ist der Punkt den ich nicht genau verstehe.
Was genau ist die "Systemimpedanz"?

Klar, wenn ich eine Transmissionline hab, dann ist es Z0 der TL.
Angenommen ich wuerde den LNA direkt an eine 50-Ohm Leitung 
anschliessen, dann ist Gamma=(Z_LNA-Z_Leitung)/(Z_LNA+Z_Leitung)

Also bezieht sich Gamma nicht auf das Matching zwischen Leitung und LNA?

Waer super wenn du das elaborieren wuerdest!

LG,
Peter

von Volker M. (Gast)


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Peter M schrieb:
> Das ist der Punkt den ich nicht genau verstehe.
> Was genau ist die "Systemimpedanz"?

Das ist die Impedanz, auf die deine S-Parameter bezogen sind.

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