Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Marantz PM 64 II // Rechter Kanal verzerrt


von Sven S. (sven_s347)


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Hallo zusammen,

ich stell mich mal kurz vor.
Mein Name ist Sven,  ich komme aus dem Saarland und bin 31 Jahre alt.
Neben alten Karren und Motorrädern, beschäftige ich mich auch mit alten 
HiFi-Geräten, alten Computern und weiterem alten Zeug.

Da momentan die Möglichkeiten für Unternehmungen begrenzt sind, wollte 
ich mal alle teildefekten HiFi-Geräte, die noch im Keller stehen nach 
und nach auf Vordermann bringen.

Darunter ist auch ein Marantz PM-64 II.

Dieser hat soweit auch funktioniert, allerdings litt er unter dem 
typischen Problem krachender Druckschalter mit schlechtem Kontakt.
Um dies, zumindest bis zum Schaltertausch (falls der Tag jemals kommen 
sollte), etwas in den Griff zu bekommen, habe ich alle der im 
nachfolgenden Bild gezeigten Schalter mit Kontakt 60  WL  61 
behandelt.
Dabei wurde natürlich das Kontakt 60 jeweils mit viel Kontakt WL 
ausgespült und alles mit Druckluft ausgeblasen.



Ansonsten habe ich nichts gemacht und bin auch vorsichtig vorgegangen, 
um nichts zu beschädigen.

Leider ist nun doch ein Problem aufgetreten:
Der rechte Kanal verzerrt. Die Verzerrung ist bei niedriger Lautstärke 
mit wenig Bass kaum zu hören, wird aber mit steigender Lautstärke, also 
steigender Leistung stärker.
Auffallend dabei ist, dass es 1,2 Mal zu funktionieren schien, aber ab 
einer gewissen Lautstärke ist das Problem schlagartig wieder 
aufgetreten.
Das würde ich jetzt wahrscheinlich eher in die Rubrik "Zufall" 
einsortieren.

Das Service Manual ist angehängt.

Um Baugruppen auszuschließen, habe ich bisher folgendes getestet:
- Verschiedene Quellgeräte -> Problem bleibt
- Verschiedene Eingänge -> Problem bleibt
- CD Direct -> Problem bleibt
- Klangregelung überbrücken -> Problem bleibt
- Tape Monitor an/aus -> Problem bleibt
- Cinch am Eingang R/L vertauscht -> Problem wandert nicht mit, es 
bleibt immer der rechte Kanal
- LS Gruppe 1 und 2 -> Problem auf beiden vorhanden.


Das bringt mich zu dem Schluss, dass das Problem irgendwo nach der 
Vorstufe gelagert sein sollte.

Kennt ihr euch eventuell mit dem Gerät aus, oder könnt mir weiterhelfen, 
wo ich was an welcher Stelle prüfen könnte, um dem Defekt auf die 
Schliche zu kommen?
Multimeter und Oszi sind da, Elektronikkenntnisse eher weniger.
Vielleicht ist das auch nicht ganz das richtige Forum, aber ich da ich 
auf der Suche nach Hilfe auf Bauteilebene bin, versuche ich es mal.


Ich wäre froh, wenn das Gerät wieder auf die Beine käme und für jede 
Hilfe bin ich dankbar.


In diesem Sinne.
Gruß
Sven

: Verschoben durch Admin
von Mr. Nobody (Gast)


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Ich habe oft Probleme mit dem Relais zwischen Endstufe und 
Lautsprecherausgang. Die Kontakte sind nach Jahrzehnten korridiert.

von Mr. Nobody (Gast)


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Korrodiert!

von Sven S. (sven_s347)


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Der Verstärker hat 2 Lautsprecherrelais, 1 je "System".
Der Fehler tritt bei beiden Systemen (A und B) gleichermaßen auf und 
immer rechts.
Dann kann es das doch eher nicht sein, oder doch?

: Bearbeitet durch User
von Achim M. (minifloat)


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Hat der ein Lautsprecher-Schutzrelais? Habe hier einen JVC herum stehen, 
der erst ab gewisser Lautstärke (Spannung über den Relaiskontakten) 
ordentlich Kontakt gibt. Grund ist, dass diese Relais immer schleichend 
geschaltet werden.

Hat der Verstärker irgendwo Tantal-Elkos verbaut? Hatte mal einen 
Pioneer, der beim Einschalten mal länger, mal kürzer (10...30sec) ein 
Brutzel-Geräusch ausgegeben hat. Wenn das Brutzel-Geräusch rum war, 
konnte man in Zimmerlautstärke Musik hören. Im Partybetrieb war es schon 
immer möglich, das Brutzeln während des Betriebs hervorzurufen. Was du 
siehst, könnte eine Vorstufe dazu sein. Elkos mit viel AC-Belastung 
sterben halt. Tantal mit Kurzschlüssen, Elkos mit taub werden und zu 
kleiner Kapazität.

Was auch bei höheren Lautstärken zerren kann, ist langsam angehender 
Halbleiterverschleiß oder es stimmt von einem Schaltungsteil eine 
Betriebsspannung nicht mehr. Berühmt sind da Z-Dioden, die dann bei zu 
kleinen Spannungen anfangen zu leiten. Hatte ich letztens erst bei 
kleinen Aktivböxchen. Oder mehrere Transistoren, die einen Strom nicht 
mehr tragen können...

Einen Vorteil hast du: du kannst einfach mal alle Spannungen, in Ruhe 
(Ohne Aussteuerung) und auch mit Signal, vom Linken und Rechten Kanal 
vergleichen.

mfg mf

: Bearbeitet durch User
von Sven S. (sven_s347)


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Achim M. schrieb:
> Hat der ein Lautsprecher-Schutzrelais? Habe hier einen JVC herum stehen,
> der erst ab gewisser Lautstärke (Spannung über den Relaiskontakten)
> ordentlich Kontakt gibt. Grund ist, dass diese Relais immer schleichend
> geschaltet werden.

Der Verstärker hat 2 Lautsprecherrelais, 1 je "System".
Der Fehler tritt bei beiden Systemen (A und B) gleichermaßen auf und
immer rechts.

Achim M. schrieb:
> Hat der Verstärker irgendwo Tantal-Elkos verbaut? Hatte mal einen
> Pioneer, der beim Einschalten mal länger, mal kürzer (10...30sec) ein
> Brutzel-Geräusch ausgegeben hat. Wenn das Brutzel-Geräusch ein ist,
> konnte man in Zimmerlautstärke Musik hören. Im Partybetrieb war es schon
> immer möglich, das Brutzeln während des Betriebs hervorzurufen. Was du
> siehst, könnte eine Vorstufe dazu sein. Elkos mit viel AC-Belastung
> sterben halt. Tantal mit Kurzschlüssen, Elkos mit taub werden und zu
> kleiner Kapazität.

Auf den ersten Blick sehe ich nur Elkos.


Wo fange ich am besten an zu messen und was genau?
Ich hatte mal den Schaltplan angehängt.

von Mani W. (e-doc)


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Ich habe hier einen Yamaha AX-550, bei dem krankt es am
Eingangswahlschalter (Schleifer), daher kommen auch manchmal
ungute Erscheinungen an den Boxen an, aber das ist weniger
tragisch als der Umstand, dass ein Basslautsprecher je nach
Zimmerlautstärke verzerrte Wiedergabe bescherte...

Ursache war eine verzogene Membran, vielleicht solltest Du
da mal nachsehen...

von Ralf X. (ralf0815)


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Sven S. schrieb:
> Multimeter und Oszi sind da, Elektronikkenntnisse eher weniger.

Interessant wäre hier ggf., was für ein (D)MM und beim Oszi insb. ob 1- 
oder  2-Kanal.
Für Audio reicht fast alles aus, aber ein Zweikanäler bis 20 Mhz war vor 
50 Jahren der Traum und bei (analog-) Audio reichen 0,1 Promille davon.

Einen Tongenarator für den PC, etc. bekommst Du kostenlos als Download 
oder online, das Audiosignal (Sinus!) solltest Du symmetrisch in beide 
Kanäle einspeisen.
Anschliessend würde ICH versuchen, die Frequenz einzustellen, wo die 
Verzerrungen auf dem betroffenen Kanal am grössten sind.

Ab da geht die Oszi-Messung voran, aber ggf. etwas unterschiedlich je 
nach 1- oder 2-Strahler und bevor ich mich oder andere sich mit 
Schaltbild, etc. beschäftigen, sollte das geklärt sein.

edit: auch noch, was Du an Sonden 1:1/1:10 (Messleitungen, etc.) Du 
dafür hast und wie der Oszi heisst.
Die meisten Oszis mögen nur begrenzte Spannungen..

: Bearbeitet durch User
von Lukas E. (lukas_e147)


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Miss mal die Spannung über die Emitterwiderstände, R737 und R738 und 
vergleiche diese, ohne angelegtes Signal und Lautstärke auf 0. Damit 
kannst du den Ruhestrom messen, wenn der nicht passt, beispielsweise 
durch gealterte Trimmer, kann das zu bösen Verzerrungen führen.

von Mani W. (e-doc)


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Ralf X. schrieb:
> Einen Tongenarator für den PC, etc. bekommst Du kostenlos als Download
> oder online, das Audiosignal (Sinus!) solltest Du symmetrisch in beide
> Kanäle einspeisen.

Und den PC, etc. immer schön weit weg vom Verstärker betreiben...

Ich hatte meinen Laptop mit Sweepgenerator-Software über den
KH-Ausgang an einem Filter zum testen, aber es war immer ein
100-200 kHz Signal im Hintergrund - bis ich den Laptop dann gut
3-4 Meter entfernt aufstellte - dann lief alles pipifein ohne
Störungen...

: Bearbeitet durch User
von Uli S. (uli12us)


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Hast du die Möglichkeit, das Signal vor der Klangregelung zu entnehmen.
Ohne mir das ganze SM anzuschauen, häufig haben solche 
Vollverstärker/Receiver
nach der Eingangsstufe, Anschlüsse nach aussen, wo man entweder auf 
Einzelverstärker oder Equalizer gehen kann. Falls vorhanden würde ich 
mal die beiden Kanäle überkreuz anschliessen. Damit kannst du dann schon 
mal einen Teil der Fehler ausschliessen. Dein Cinch vertauscht 
interpretiere ich so, dass du das direkt an den Eingängen gemacht hast. 
Generell haben sich aber in langen Jahren sehr häufig Kondensatoren als 
bevorzugte Fehlerquelle rausgestellt.
Grade Verzerrung kann da gern mal auftreten.

: Bearbeitet durch User
von Sven S. (sven_s347)


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Hallo Leute,

mit so viel Rückmeldung in so kurzer Zeit hätte ich nicht gerechnet.
Daumen hoch!

Ich geh mal auf alle Beiträge ein. Bei der Fehlersuche will ich so 
strukturiert wie möglich vorgehen, sonst wird das sowieso nichts.

Ralf X. schrieb:
> Interessant wäre hier ggf., was für ein (D)MM und beim Oszi insb. ob 1-
> oder  2-Kanal.

Es ist ein Hameg HM412 mit 20MhZ und 2 Kanälen. Bei der Fehlersuche an 
einem C64 hatte ich es getestet und es scheint alles zu funktionieren, 
außer der "Feinabgleich" der Spannung auf dem rechten Kanal.
Ich hab zwei Messspitzen: 10:1 und eine andere, unbeschriftete (dickere) 
und etliche Kabel und Klemmen.

Ralf X. schrieb:
> Anschliessend würde ICH versuchen, die Frequenz einzustellen, wo die
> Verzerrungen auf dem betroffenen Kanal am grössten sind.

Das klingt zielführend. Werde ich machen, ich drucke mir gleich den 
Schaltplan mal groß aus, da ich absolut keine Ahnung habe, an welchen 
Punkten ich messen muss.

Lukas E. schrieb:
> Miss mal die Spannung über die Emitterwiderstände, R737 und R738 und
> vergleiche diese, ohne angelegtes Signal und Lautstärke auf 0. Damit
> kannst du den Ruhestrom messen, wenn der nicht passt, beispielsweise
> durch gealterte Trimmer, kann das zu bösen Verzerrungen führen.

Ok, das mache ich heute Abend.
Spannungsmessung an den Widerständen gegen Masse?


Uli S. schrieb:
> ast du die Möglichkeit, das Signal vor der Klangregelung zu entnehmen.
> Ohne mir das ganze SM anzuschauen, häufig haben solche
> Vollverstärker/Receiver
> nach der Eingangsstufe, Anschlüsse nach aussen, wo man entweder auf
> Einzelverstärker oder Equalizer gehen kann. Falls vorhanden würde ich
> mal die beiden Kanäle überkreuz anschliessen.

Das ist leider bei diesem Verstärker nicht möglich, sodass ich lediglich 
die Kabel des Quellgerätes (R/L) am "normalen" Eingang tauschen konnte.


Uli S. schrieb:
> Generell haben sich aber in langen Jahren sehr häufig Kondensatoren als
> bevorzugte Fehlerquelle rausgestellt.
> Grade Verzerrung kann da gern mal auftreten.

Das wäre der Klassiker.
Bevor ich allerdings anfange, wild irgendwelche (oder alle) 
Kondensatoren zu tauschen, würde ich gerne (mit eurer Hilfe) versuchen, 
den Fehler etwas weiter einzugrenzen.


Ich fasse mal bisher zusammen, was zu machen ist:

1) Versorgunsspannungen an der Endstufe messen. Die stehen ja im 
Schaltplan.
2) Ruhestrom an Emitterwiderständen R737 und R738 messen 
(Spannungsmessung).
3) Signal einspeisen, Frequenz entsprechend der größten Verzerrung 
wählen, AC Messung.

Frage: Ist eine Last erforderlich? Also Messung mit oder ohne 
angeschlossenen Lautsprecher?
Am sinnvollsten müsste doch zu allererst eine Vergleichsmessung am 
Ausgang der Vorstufe sein, oder?
Hier sind mir, wie oben bereits beschrieben, die Messpunkte noch nicht 
klar.

(4) Elkos als möglicher Defekt)


Was mich eben wundert ist, dass der Fehler erst nach meiner Bastelaktion 
aufgetreten ist.
Das kann natürlich Zufall sein, aber das findet man wahrscheinlich 
sowieso nicht mehr raus.



Gruß
Sven

: Bearbeitet durch User
von Sven S. (sven_s347)


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So, also ich hab jetzt mal im Schaltplan nachgeschaut.

Das Signal müsste ich an folgenden Punkten messen können, um es auf eine 
Baugruppe eingrenzen zu können:

: Bearbeitet durch User
Beitrag #6539280 wurde vom Autor gelöscht.
von Sven S. (sven_s347)


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Wahrscheinlich beziehen sich die Bilder auf den PM 54 II, ich bin mir 
nicht sicher, da der Scan an der Stelle abgeschnitten ist.

von Uli S. (uli12us)


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Letztes Bild, das sieht so aus als ob die beiden Ausgänge WE03 und WE04 
zur Endstufe gesteckt sind. Die würde ich probieren zu tauschen. Die 
Eingänge zum VVS scheinen ein einziger Stecker zu sein, da ist ein 
Tausch wahrscheinlich schwierig, eventuell aber trotzdem möglich, ohne 
den Stecker zu sehen, kann man da aber nix dazu sagen. Damit könntest du 
schon mal eingrenzen, liegt der Fehler in der Endstufe oder vorher.

von Sven S. (sven_s347)



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Das Problem ist gelöst.


Das AVSS-Board hatte etliche schlechte Lötstellen, die ringsum die 
Beinchen leicht angerissen waren, wahrscheinlich durch Hitzeeinwirkung.

Die Verstärker laufen scheinbar generell recht warm und diese Art 
Problem tritt wohl häufiger mal auf.


Alle Lötstellen wurden nachgelötet:


Ich bin deswegen drauf gekommen, da jemand irgendwo im Netz mal ein 
ähnliches Problem hatte und darauf hingewiesen wurde, dass das Gerät mit 
+-46V und +-67V gefahren wird.
Bei kleinen Lautstärken läuft es über +-46V und bei größeren Lautstärken 
schalten QU04 und QU05 durch, wodurch die Spannung auf +-67V steigt.
Zum Test hatte ich einen Sinuston von 100Hz angelegt und bei etwas über 
Zimmerlautstärke haben die Verzerrungen schlagartig! begonnen.
Das spricht ja dann dafür, dass dieser Wechsel auf +-67V auf einem Kanal 
nicht funktioniert hat.


Hier sind noch 2 Videos:

Vorher:
https://www.dropbox.com/s/6bqagdqyvfy3pt2/1.MOV?dl=0

Vorher 2:
https://www.dropbox.com/s/xk1bx251sr13aw7/1_2.MOV?dl=0

Nachher:
https://www.dropbox.com/s/hik90q0gmg5d3m1/2.MOV?dl=0

---------

Die Leerlaufspannung hab ich lieber mal nicht eingestellt, da mir das 
Fehlerpotenzial zu groß war:


Welche Brücke ist hier genau gemeint?


Links:
1) Brücke "Class A-25W auf Class AB"
2) Brücke "Class AB"

Rechts:
1) Brücke "Class A-5W"
2) Brücke "Class A-25W


Was ist Standardmäßig im Betrieb gebrückt und welchen Zweck haben die 
jeweiligen Brücken?
Kann man hier irgendwas dauerhaft beeinflussen, oder sind die Brücken 
nur für die Einstellung der Leerlaufspannung gedacht?

Anmerkung: Die Bilder konnte ich leider nicht in den Text einbinden.

Vielen Dank für Eure Hilfe.
Sven

: Bearbeitet durch User
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