Forum: Platinen Lagenaufbau für EMV


von Gerald (Gast)


Lesenswert?

Hi Leute,

ich wollte mal fragen, was ihr alles so an Schutzmaßnahmen trefft für 
EMV:

Die ganze Zeit habe ich immer folgenden Lagenaufbau gehabt
L1: Signal
L2: VCC
L3: GND
L4: Signal

Den GND layer habe ich meistens einfach immer kompett geflutet und habe 
die Bauteile auf der Platine entsprechend so platziert, dass alles was 
power ist, möglichst kurze Wege zu den Anschlüssen hat und sich keine 
Analog-GNDs damit kreuzen.

Jetzt muss ich aber wohl die erste PCB machen die später gegen EMV 
getestet wird.

Deshalb mal so Grundsätzlich: Passt der Lagenaufbau?
Ich habe jetzt auch schon Platinen gesehen wo die Signale soweit wie 
möglich intern geführt wurden und die außen-layer dann entsprechend 
VCC+GND geflutet um innen drinnen direkt abzuschirmen?

Es ist ja nicht nur Abstrahlung, sondern man hat hier auch Tests mit 
Einstrahlung und ESD.

Was seht ihr da so vor?

Meine Idee: Alle 3V3 Schaltsignale die die PCB verlassen mit 
bidirektionalen ESD-Dioden.
Alle digitalen Signale innerhalb der PCB mit z.B. 33 Ohm terminieren.

An den Power Ein- und Ausgängen zusätzlich kleine C's? Wenn ja welche 
Werte?
Wie sieht es mit einer Eingangs Common-Mode Chocke aus oder reichen ein 
paar Ferrit-Steine mit ordentlichem Strom?
Es wird ja erst ab 30 MHz gemessen. Kabelgebundene Messung ist so wie 
ich es verstehe nicht verpflichtend.

Nutzt Ihr Ferrite in den Versorgungsleitungen zu den IC's? etc.. etc.

Kurz zur Info was so drauf ist: Ein uC mit 240 MHz, ein 2 MHz DC/DC und 
noch ein 600 kHz LED Schaltregler dessen Ausgänge von der PCB weggehen.

Danke!

von Zero V. (Firma: Freelancer) (gnd)


Lesenswert?

Entscheidend sind die Kabel die zum Gerät gehen bzw.vom Gerät abgehen. 
Wie ist das bei deinem Gerät?

von Gerald (Gast)


Lesenswert?

Ich würde sagen externes Netzteil zu meinem Board max. 2 Meter, von 
meinem Board bis zu den externen LEDs können schonmal 5 Meter Kabel 
zusammen kommen.

von Bürovorsteher (Gast)


Lesenswert?

> Kabelgebundene Messung ist so wie ich es verstehe nicht verpflichtend.

Der Satz ist wegen fehlender Kommata schlecht verständlich. Darüber 
hinaus ist er auch falsch.

von Christian B. (luckyfu)


Lesenswert?

Das ist ein 4 Lagen Standardaufbau. Der allein sagt noch nichts darüber 
aus, wie sich die Schaltung in der Messkammer verhält. Dazu bedarf es 
schon eines ganzen Blumenstraußes an Maßnahmen die sich leider nicht nur 
ergänzen sondern in gewissem Maße gegenseitig ausschließen. D.h. in 
erster Linie brauch EMV gerechtes Layout Erfahrung als 
Schaltungsentwickler und Layouter. Das fiese ist: selbst wenn du alles 
formal richtig machst kann das Ergebnis dennoch um Längen daneben 
liegen. Noch fieser ist, dass man in solch einem Fall manchmal nur ein 
Kabel anders verlegen muss (Überspitzt formuliert) und man ist das 
Problem auf wundersame Weise los. Beim nächsten Projekt beginnt der Tanz 
dann wieder von vorn.

von Georg (Gast)


Lesenswert?

Gerald schrieb:
> Ich habe jetzt auch schon Platinen gesehen wo die Signale soweit wie
> möglich intern geführt wurden und die außen-layer dann entsprechend
> VCC+GND geflutet um innen drinnen direkt abzuschirmen?

Ich habe so etwas schon designt, weil der Kunde das unbedingt so wollte. 
Aber dazu folgende Punkte:

1. Der Aufwand ist sehr hoch, weil man von fast jedem verbundenen Pad 
ein Via nach innen braucht, bei einem TQFP 100 z.B. sieht das aus wie 
ein Sieb und führt zu Platzproblemen, weil man die Vias nicht im Abstand 
von 0,5 mm plazieren kann, höchstens als Microvias.

2.Die Fläche auf der Seite mit den Bauteilen wird bei hoher 
Packungsdichte ziemlich zerfleddert bis zur Wirkungslosigkeit. Z.B. bei 
eng gepackten Widerständen gibt es einfach keinen Platz dazwischen zum 
Fluten. Macht man die Packungsdichte so gering dass das geht ist das 
EMV-mässig auch nicht günstig.

3. Bei grösseren Bauteilen wie Prozessoren bleiben die internen 
Leitungen von den Pads zum Die und dieses selbst ungeschirmt, daran kann 
die Leiterplatte nichts ändern.

4. Gegen die Intuition strahlen aussen über einer Referenzfläche 
liegende Leiterbahnen kaum mehr ab als innenliegende, weil der Rückstrom 
direkt unter der Leitung fliesst, also ist die Schleife minimal. Grob 
gesagt schirmt eine Massefläche unter der Leitung fast so gut wie eine 
darüber. Ist HF-Magie.

Georg

von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


Lesenswert?

Flute bitte VCC nicht!

Du erzeugst dir damit einen super Plattenkondensator, den du sicher 
nicht haben willst.

Du möchtest die Stromspitzen aus deinen Stützkondensatoren bedienen 
damit diese Strompfade klein und vor allem definiert sind.
Daher siehst du auch hin und wieder Ferrit Beads in den VCC Leitungen.
Da geht es nicht nur um Störungen die nicht "rein" sollen, sondern auch 
um die, die nicht "raus" sollen.

Hast du VCC und GND geflutet, dann ist der daraus resultierende 
Kondensator mindestens so gut wie deine Stütz-Cs. Damit rinnt dir mehr 
oder minder undefiniert ein Strom über die Planes. Glaub mir, das siehst 
du in der EMV-Prüfung!

Ich habe normalerweise Bottom (L4) möglichst vollständig mit GND 
geflutet.
Top (L1) sind Bauteile, Versorgung und wenige unkritische Signale. Der 
Rest ist GND geflutet.
Auf L2 und L3 ist hauptsächlich Signale und wenn's nicht anders geht 
auch Versorgung (Vias in Versorungsleitungen können böse sein).

Mein China-Reflow-Ofen ist problematisch, wenn ich zuwenig Kupfer in der 
Platine habe. Daher flute ich auch die inneren Lagen auch mit GND.

Wenn du definierte Impedanzen brauchst, dann habe ich L2, L3 geflutet 
mit GND und ich versuche auf L1 und L4 alles unterzubringen.
Auf L2 und L3 gibts aber "Korridore" in denen ich auch route wenn es 
notwendig ist.

Übrigens setze ich zu jedem GND-Pin ein Via auf die GND-Lagen und dort 
wo ich aus Erfahrung Probleme befürchte eine 0R in die VCC-Leitungen.
Die kommen meistens in der 2. oder 3. Revision wieder raus - sind oft 
aber im 1. Prototypen auch hilfreich zum Strom messen, Kurzschluss 
finden, usw :)

73

von Kaffeesatzentsorger (Gast)


Lesenswert?

Hans W. schrieb:
> Flute bitte VCC nicht!
>
> Du erzeugst dir damit einen super Plattenkondensator, den du sicher
> nicht haben willst.

Bullshit, klar will man super Kapazität an VCC haben, schon mal was von 
Stützkondensatoren gehört?!.

https://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%BCtzkondensator

Naher als das PCB ist kein diskrete Kondensator an den Versorgungspins.

von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


Lesenswert?

Georg schrieb:
> Gerald schrieb:
>> Ich habe jetzt auch schon Platinen gesehen wo die Signale soweit wie
>> möglich intern geführt wurden und die außen-layer dann entsprechend
>> VCC+GND geflutet um innen drinnen direkt abzuschirmen?
>
> Ich habe so etwas schon designt, weil der Kunde das unbedingt so wollte.
> Aber dazu folgende Punkte:
>
...


Stimme größtenteils zu.

Es gibt nicht "das Erfolgsrezept".

Bei einem TQFP100 würde ich aber von Bussen ausgehen. Die würde ich auch 
Top führen, um die Gnd-Flächen nicht in ein Sieb zu verwandeln.

Und meine "jeder GND-Pin ein Via" würde ich auch relativieren wenn z.B. 
jeder 2. Pin GND ist...

Gerne setze ich dann die VIAs "innerhalb" des ICs und gehe mit den 
Leitungen nach "außen". Bei QFN mache ich oft einfach 4 Vias in das Pad 
in der Mitte und verbinde die GNDs dorthin. Da muss man etwas flexibel 
aggieren...

Der Kommentar bzgl. der Schirmwirkung ist ebenfalls korrekt.
Solange du eine durchgehende GND-Fläche entlang der Leitung hast, siehst 
du wenig Unterschiede an der Antenne.

Genau so verhält es sich übigens, wenn du Schlitze (z.B durch massenhaft 
Vias) in die GND-Plane einbaust.
Das Ergebnis wird wesentlich schlechter - egal ob du GND über oder unter 
den Leitungen hast.

von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


Lesenswert?

Kaffeesatzentsorger schrieb:
> Hans W. schrieb:
>> Flute bitte VCC nicht!
>>
>> Du erzeugst dir damit einen super Plattenkondensator, den du sicher
>> nicht haben willst.
>
> Bullshit, klar will man super Kapazität an VCC haben, schon mal was von
> Stützkondensatoren gehört?!.
>
> https://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%BCtzkondensator
>
> Naher als das PCB ist kein diskrete Kondensator an den Versorgungspins.

Lies bitte meinen Post nochmal!
Ich widerspreche dir im Grunde nur sehr geringfügig.

Du willst einen guten Kondensator (keinen Perfekten) nahe an den Pins.
Damit will ich sagen, die Spannungseinbrüche an VCC sollen so klein wie 
nötig sein aber gleichzeitig sollen die Stromspitzen auch nicht 
unendlich groß werden.

Ich hatte wirklich Probleme beim Entstören von einem PCB, bei dem einige 
"ICs mit Störpotential" verbaut wurden. Daher hat der Designer brav VCC 
mitgeflutet und "großzügig" mit Stütz-Cs gearbeitet.

Das Problem war nur, dass jeder IC sich bei den benachbarten Stütz-Cs 
mitbedient hat und ich zusätzlich gewaltige Spitzenströme auf der VCC 
Plane "gesehen" (bzw "erschnüffelt") habe.

Im Endeffekt half nur, alle Stütz-Cs mit Ferrit Beads von der VCC Plane 
zu entkoppeln - die VCC Plane drufte ich nicht entfernen... da ging ein 
richtiger Glaubenskrieg ab.

Ich glaube aber, das hätte alleine auch reichen müssen.

73

von Kaffeesatzentsorger (Gast)


Lesenswert?

Hans W. schrieb:
> Das Problem war nur, dass jeder IC sich bei den benachbarten Stütz-Cs
> mitbedient hat und ich zusätzlich gewaltige Spitzenströme auf der VCC
> Plane "gesehen" (bzw "erschnüffelt") habe.

Das ist dann wohl eher ein Problem der punktförmigen, entfernten und 
wohl nicht besonders 'dynamischen' Stromversorgung resp. DCDC-Wandler, 
wenn sich die Stütz-C vom IC1 von den Stütz-C an IC2 bedienen und nicht 
vom 'einspeise-punkt. Vielleicht wollt da jemand 3V3 regler o.ä. sparen 
und hat statt mehreren einzelnen nah an IC1 und IC2 einen einzelnen 
genommen?!

Ich weiss, prinzipiel ist es vernünftig einen DCDC mehrere IC's 
versorgen zu lassen, aber manchmal ist es sinnvoll dies eher lokal zu 
handhaben.

oder die Stütz-C waren zu klein und deshalb musste 'quer gezogen 
werden'. Was Denken weckt,, ob das Design bei hohen Schaltraten noch das 
macht was es machen soll? EMV ist da nachrangig, notfaöös ein 
SchirmKäfig über die 'strahlenden' Ecken (aber wahrscheinlich hat man 
beim PCB-Design keinen Platz dafür vorgesehen oder aus thermischen 
Gründen wegdiskutiert).

von Christian B. (luckyfu)


Lesenswert?

Kaffeesatzentsorger schrieb:
> oder die Stütz-C waren zu klein und deshalb musste 'quer gezogen
> werden'. Was Denken weckt,, ob das Design bei hohen Schaltraten noch das
> macht was es machen soll? EMV ist da nachrangig, notfaöös ein
> SchirmKäfig über die 'strahlenden' Ecken (aber wahrscheinlich hat man
> beim PCB-Design keinen Platz dafür vorgesehen oder aus thermischen
> Gründen wegdiskutiert).

In der Regel arbeitet man ja auch mit mehreren Kondensatoren. Die 
kleinen schnellen 100nF (bei ganz schnellen Schaltungen auch gern nur 
10) und dann, etwas entfernt dazu einen größeren, am besten nicht 
keramischen. Sonst kann man wieder in eine Resonanz kommen was man auch 
nicht will. Allein es gibt bei der VCC und GND Gestaltung, wie in der 
gesammten EMV, keine Immer gültige Regel. Eine Maßnahme, die auf einer 
Platine Erfolg hat und dort für EMV Ruhe sorgt kann bei einer anderen 
das totale Gegenteil bewirken. Man muss halt schauen, welche Wege 
sinnvoll erscheinen für die jeweils aktuelle Platine und dann kann man 
nur Messen und ggf. neu machen.

Um Hans zu widersprechen: Dieser Disput geht ja nun schon um seit es 
digitale Schaltkreise gibt. Um das Jahr 2000 herum wurde diesbezüglich 
mal die Leiterplatte2000 ins Leben gerufen. Eine durchaus Anspruchsvolle 
FPGA Platine welche, und jetzt kommts: gänzlich ohne Stützkondensatoren 
auskommt und sich nur auf die internen Planes aus VCC und GND Lagen 
verlässt. (Also das komplette Gegenteil von deinen Ausführungen)
Natürlich ist das vorher durchsimuliert und mit enormem Aufwand so 
hingestrickt aber es zeigt: Man braucht gar keine Stützkondensatoren als 
Bauteile. (Tatsächlich sind sogar mehrere konkurrierende Designs 
angefertigt worden, Gewinner war imho eine 14Lagige Platine, welche alle 
VCC/GND Lagen auf einer Seite unsymmetrisch hatte. Auch etwas, was man 
normalerweise vermeidet) Wenn man diese Erkenntnis nun aber 1:1 auf eine 
eigene Platine anwendet wird man mit nahezu 100%iger Wahrscheinlichkeit 
Schiffbruch erleiden. EMV ist halt immer ein Weg der Möglichkeiten. Es 
gibt davon in der Regel mehrere und, wie ich schon schrieb, schließen 
diese sich in ihrer vollen Ausprägung gegenseitig teilweise sogar aus. 
Man kann also nur etwas mehr von dem einem auf Kosten von etwas anderem 
bekommen und umgekehrt. Es gibt aber nicht die eine Lehre, der man 
folgen muss. Folglich gibt es auch keinen Messias, obwohl davon mehrere 
aktiv sind. Bei vielen kann man Kurse buchen und, oh Wunder, auch deren 
Empfehlungen unterscheiden sich teils gravierend. Man muss halt 
Idealerweise wissen, welche Möglichkeiten es so gibt und dann anhand 
eigener Erfahrung die vermeintlich bestmöglich passende Wählen. Obs 
geklappt hat sieht man dann in der EMV Messkammer.

: Bearbeitet durch User
von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


Lesenswert?

Kaffeesatzentsorger schrieb:
> Hans W. schrieb:
>> Das Problem war nur, dass jeder IC sich bei den benachbarten Stütz-Cs
>> mitbedient hat und ich zusätzlich gewaltige Spitzenströme auf der VCC
>> Plane "gesehen" (bzw "erschnüffelt") habe.
>
> Das ist dann wohl eher ein Problem der punktförmigen, entfernten und
> wohl nicht besonders 'dynamischen' Stromversorgung resp. DCDC-Wandler,
> wenn sich die Stütz-C vom IC1 von den Stütz-C an IC2 bedienen und nicht
> vom 'einspeise-punkt. Vielleicht wollt da jemand 3V3 regler o.ä. sparen
> und hat statt mehreren einzelnen nah an IC1 und IC2 einen einzelnen
> genommen?!
>
> Ich weiss, prinzipiel ist es vernünftig einen DCDC mehrere IC's
> versorgen zu lassen, aber manchmal ist es sinnvoll dies eher lokal zu
> handhaben.
>
> oder die Stütz-C waren zu klein und deshalb musste 'quer gezogen
> werden'. Was Denken weckt,, ob das Design bei hohen Schaltraten noch das
> macht was es machen soll? EMV ist da nachrangig, notfaöös ein
> SchirmKäfig über die 'strahlenden' Ecken (aber wahrscheinlich hat man
> beim PCB-Design keinen Platz dafür vorgesehen oder aus thermischen
> Gründen wegdiskutiert).

<Nachträglicher Edit>
Nur um das von Anfang an klar zu Stellen: Das unten bezieht sich auf 
Probleme ab 100MHz!
</Nachträglicher Edit>

Ganz und gar nicht!

Sobald du über ein VCC Potential einige Stütz-Cs verbindest, dann wird 
sich ein IC bei allen anderen Stütz-Cs mitbedienen!

Die Frage ist nur, ob das ein Problem ist oder nicht.

Wenn du das über eine Plane machst, die ja eine vergleichsweise niedrige 
Impedanz hat, dann kann das ein größeres Problem darstellen als über 
Traces die eine wesentlich höhere Induktivität haben.

Der Stütz-C soll ja die Impedanz der Zuleitung "ausgleichen".
Das Stichwort dazu wäre Power Integrity.

Um den Ground-Bounce zur reduzieren (signal integrity), ist eine 
Gnd-Plane hilfreich.

Die VCC Plane wird dir bei der Power Integrity helfen, da alle Stütz-Cs 
gemeinsam wirken. Nur für EMV kann das ganz unangenehme Folgen haben.

Ganz nebenbei: Größere Stütz Cs helfen sehr oft bei EMV Problemen 
eigentlich nur deshalb, weil sie "schlechter" sind. Schau dir mal die 
Impedanzkurven von Cs an... je kleiner die Bauform, desto "besser" 
werden sie - je größer die Kapazität - desto niedriger wird die Resonanz 
Frequenz.

Wenn du mehrere Stütz-C's (im Sinne von z.B. 1u+100n) brauchst, solltest 
du, wenn irgend möglich, den kleineren in einer kleineren Bauform nehmen 
und maximal 1/10tel der Kapazität des Größeren verwenden. Den Effekt 
kannst du auch schön mit einem VNA nachmessen!

Von Schirmkäfigen halte ich übrigens sehr wenig bis gar nichts (oft sind 
die aber auch nur drauf, damit du bei der FCC formale Vorteile ausnutzen 
kannst).
Meistens ist die Signal- und/oder Power-Integrität bei Prints die sowas 
wirklich brauchen so unter aller Sau, dass für mich die Funktion schon 
in Frage gestellt werden muss.

Löst man diese Probleme, ist in den allermeisten Fällen die EMV auch 
kein Problem mehr.

Hat man es aber zu gut gemeint (eben z.B. mit den VCC Planes), dann kann 
das auch unangenehm werden.

Natürlich gibt's wie immer Ausnahmen: Ein 20kW Inverter darf schon mit 
Käfigen arbeiten und in Messgeräten kann's auch hilfreich sein.
Für einen "0815" Print (ich meine damit, dass es keine besonderen 
Anforderungen gibt - nicht, dass die Schaltung 0815 wäre oä.), habe ich 
noch nie die Notwendigkeit gesehen irgendetwas wegen Emissionen zu 
schirmen.

Das Thema mehrere Regler klammere ich mal aus :)
Um das ging's glaube ich auch nicht.
Aber klar, manchmal muss man mehrere verwenden...
Für 100MHz+ Emissionen macht das aber IMHO ohnehin wenig Unterschied.

Und Kostendruck ist Gift für jedes Design...

Meiner Erfahrung nach wären aber die anfangs "teureren" Lösungen (z.B. 1 
Regler mehr, ein Paar Ferrite strategisch gesetzt oder das Gehäuse etwas 
modifiziert) am Ende oft die günstigeren.
Die zusätzlich benötigte Entwicklungszeit wird leider am Ende fast nie 
mit einkalkuliert.


73

von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


Lesenswert?

Christian B. schrieb:
> Um Hans zu widersprechen:

Um ehrlich zu sein, ich fühle mich eigentlich sogar bestätigt :)

Oben schrieb ich von Problemen, wenn es mehrere ICs gibt die entsprechen 
wüst gestützt sind und bei denen Ströme undefiniert fließen können.

Auch, dass ein "EMV gerechtes Design" ziemlich individuell ist steht 
oben...

Ich sehe also keinen Widerspruch :)

Wenn dur HFSS, Ansys, CST, oder wie sie alle heißen, zur Verfügung hast, 
dann hast du einfach andere Randbedingungen und die Ströme sind auch 
nicht mehr wirklich "undefiniert".

Im Allgemeinen würde ich aber von Strukturen abraten, bei denen du nicht 
abschätzen kannst, wo die Ströme fließen könn(t)en.
Ob man richtig geschätzt hat siehe man, wie du richtig schreibst, in der 
EMV Kammer :)

Daher meine Empfehlung, nicht VCC und GND zu fluten.
Gut, man kann dann wieder mit Beads arbeiten - das führt dann aber das 
VCC-Fluten doch ziemlich ad-absurdum...

73

von Karl (Gast)


Lesenswert?

Rick Hartley sieht das etwas anders...

von Stefan S. (mexakin)


Lesenswert?

https://www.youtube.com/watch?v=ySuUZEjARPY

Gegen Ende kommt er auf Stackups zu sprechen.

Optimal sind laut internet-Experten :) Lagen mit multiplen von 3, also 
z.B 6 Layer, weil dann immer eine Zwischenlage komplett GND sein kann.

Generell will man zu jedem Signal eine ensprechende GND-Plane haben, mit 
deinem 4-Layer stack-up würde die Bottom plane zB zu Vcc referenziert 
sein und nicht direkt zu GND, was Nachteilig sein kann, bzw EMV ,ässig 
icht optimal. Mehr weisst du dann mit Sicherheit wenn du aus dem 
Prüflabor kommst :)

Ich habe in meinen ersten EMV Designs dicke Common-mode chokes in den 
Zuleitungen gehabt, das hat für die Funkstörspannung gereicht, hätte 
aber auch anders laufen können.
Das war meine erste Prüfung, da hat man ja noch kaum Ahnung was man 
eigentlich alles beachten sollte.

Also falls Geld keine Rolle spielt, würde ich definitiv eine common-mode 
choke im DC-Zufluss einplanen, in allen Taktenden Signalen SMD 0R 
Widerstände vorsehen ist auch eine super-Idee. Wenn man Probleme mit 
Signalintegrität bekommt, kann man dort einfach mal 10R - 100R einlöten, 
was die Flanken zeitlich verlangsamt.

Generell sind langsame Flanken immer eine gute Idee um EMV zu 
verbessern, denn Anstiegszeiten produzieren sehr hohe Frequenzanteile, 
je schneller sie werden.

Viele Grüße und halt uns auf dem laufenden wie es läuft, am besten bis 
nach der Prüfung.

Eine Frage, ist es reines CE Prüfung, oder geht es in Richtung 
Automotive oder Industrie?

: Bearbeitet durch User
von P. S. (namnyef)


Lesenswert?

Bei 4 Lagen muss man immer irgendwo Abstriche machen. Aber wenn man 
schon bei 4 Lagen bleiben muss, sollte man wenigstens davon absehen mit 
den Innenlagen das Versorgungspaar zu bilden. Je nach Anwendung kann das 
natürlich durchaus auch funktionieren. Pauschale Aussagen sind da immer 
schwierig. Aber folgender Lagenaufbau sollte in der Regel (!) besseres 
EMV-Verhalten zeigen:

1: Signale + Vcc
2: GND
3: GND
4: Signale + Vcc

oder

1: GND
2: Signale + Vcc
3: Signale + Vcc
4: GND

Selbstverständlich sollte man idealerweise Return-Vias verwenden, wenn 
ein Signal die Referenzlage wechselt (zumindest für kritische Signale). 
Die beiden Lagenaufbauten haben zwar auch ihre jeweiligen Nachteile, 
aber recht viel besser wird's halt nicht mit 4 Lagen.

Der Lagenaufbau kann natürlich auch nicht zaubern. Dinge wie 
Bauteilplatzierung usw. sind natürlich auch wichtig.

: Bearbeitet durch User
von Christian B. (luckyfu)


Lesenswert?

Ich behaupte mal, dass man auch eine VCC plane als Referenzlage für ein 
schnelles Signal nehmen kann. Allerdings muss man dann beim Wechsel der 
Referenzlage kein Via sondern einen kleinen C vorsehen, damit der 
Rückstrom folgen kann.

von P. S. (namnyef)


Lesenswert?

Christian B. schrieb:
> Ich behaupte mal, dass man auch eine VCC plane als Referenzlage für ein
> schnelles Signal nehmen kann. Allerdings muss man dann beim Wechsel der
> Referenzlage kein Via sondern einen kleinen C vorsehen, damit der
> Rückstrom folgen kann.
Ja, unter bestimmten Voraussetzungen kann man das auch machen. 
Beziehungsweise ist eine Plane in Nachbarschaft eines schnellen Signals 
ganz automatisch die Referenzlage - unabhängig vom DC-Level.

von Maik F. (Firma: ibfeew) (mf_hro)


Lesenswert?

Hallo,
erstmal zur Einordnung: bei EMV bin ich mir nicht sicher, ob mein 
"Wissen" auch "Wissen" ist, ich vermute mal eher, daß es nur eine 
Mischung aus Wissen, gemachten Erfahrungen und Glauben ist. Jeder sollte 
seine eigenen Grenzen kennen.
Daher hier nur meine Meinung:
- der exakte Lagenaufbau wird vmtl. nur die letzten paar Prozent 
Unterschied beim EMV-Test ausmachen. Der Standard-Aufbau (wie vom OP 
vorgeschlagen) wird nicht umsonst sehr häufig verwendet, würde ich auch 
erstmal mit anfangen.
- Speziell um ein Gefühl für das EMV-Problem zu bekommen: viele 
zusätzliche Filterbauteile vorsehen, die man beim ersten Prototyp 
bestückt/nicht bestückt, um die Auswirkungen zu sehen. Kommt halt auch 
immer auf verfügbaren Platz + Kostensensitivität an.
- common-mode-drossel (siehe Stefan) plus Ferrite/Drosseln in den 
Einzeladern der Power-Zuleitung vorsehen. Damit hält man sich alle 
Möglichkeiten der Zuleitungsentstörung offen.
- "in allen Taktenden Signalen SMD 0R Widerstände vorsehen" halte ich 
auch für eine gute Idee. Und/Oder im Controller die 
Ausgangsgeschwindigkeit der IO-Pins begrenzen.
- Als Problempunkte, die man genauer ansehen muß, sehe ich:
  - den 2MHz dcdc - sauber layouten!
  - die 600kHz LED-Ansteuerung, die dann auch noch über ein Kabel geht. 
Vor dem Ausgang sauber filtern, wenn die harten PWM-Schaltflanken auf 
das Kabel kommen, dann ist das die beste Antenne und der Lagenaufbau 
dagegen völlig irrelevant.
  - überall wo geschaltete Mosfets sitzen: Gatewiderstände vorsehen, die 
bei Bedarf vergrößert werden können (pfeif erstmal auf Verlustleistung)

Und jetzt noch 5euro ins Phrasenschwein:
Jeder fängt mit seinem ersten EMV-Projekt an, wird schon werden.
Gut ist, wenn man sich beim bestücken Optionen zum nachträglichen 
einfügen von Ferriten, Kondensatoren, Längswiderständen offenläßt, damit 
kann man dann schon bei der ersten EMV-Prüfung nachjustieren.

Schönen gruß, Maik

von Peter (Gast)


Lesenswert?

Stefan S. schrieb:
> Also falls Geld keine Rolle spielt, würde ich definitiv eine common-mode
> choke im DC-Zufluss einplanen, in allen Taktenden Signalen SMD 0R
> Widerstände vorsehen ist auch eine super-Idee. Wenn man Probleme mit
> Signalintegrität bekommt, kann man dort einfach mal 10R - 100R einlöten,
> was die Flanken zeitlich verlangsamt.

Du sagst "Taktenden", Du meinst aber bestimmt "am Beginn" der 
Signalquelle, oder?
Clock und Mosi etc. also direkt am uC, für Miso kommt der R dann an den 
Slave. So mache ich das zumindest immer.

von Stefan S. (mexakin)


Lesenswert?

Ja genau, ich hatte die Rs auch immer direkt am Erzeuger, wobei 
physikalisch gesehen der Ort so ein bisschen egal sein könnte, zumindest 
wenn es sich noch um elektrisch kurze Leitungen handelt, also kürzer als 
die Wellenlänge geteilt durch 10 :)

Dann noch zu dem Lagenaufbau, weil jemand meinte man fängt halt mal an 
und es wird dann schon irgendwie funktionieren.

Mitlerweile bin ich fast der Meinung dass Lagenaufbau und Lage der 
Zuleitungen das wichtigste ist bei der EMV.
Wenn alle Signale eine Massefläche besitzen und niemals durch 
irgendwelche Strukturen im PCB (z.B. GND-Split) daran gehindert werden 
direkt unter der Hinleitung zurücfließen zu können, dann würde ich 
erstmal von einer minimalen Abstrahlung ausgehen.

Common-mode Ströme sind Hauptübeltäter, da diese um ein vielfaches mehr 
strahlen als differential-mode Ströme.

Und die kann man alle vermeiden durch geschicktes routing und eben 
richtiger Lagenaufbau, diese Thema ist aber meiner Meinung nach noch 
nicht flächig verbreitet. Ich denke in den Unis wird das immer noch 
nicht richtig gelehrt, in meiner damals war das auch kein Thema, wobei 
sich natürlich frequenzmässig Wahnsinnig viel getan hat in den letzten 
15 Jahren.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.