Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Stern Dreieck Schalter


von joerjen (Gast)


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Hallo Leute,

ich habe mal eine Fachfrage...

Ich habe eine Absaugung, deren Motor auf dem Typenschild 400/690 stehen 
hat...nun habe ich auch noch einen sogenannten Stern Dreieck 
Schalter...Schalterstellungen 0 - Stern - Dreieck

Wenn ich diesen nun davor baue, starte ich im Stern und schalte dann zum 
Dreieck weiter...gibt es da dann irgendwas zu beachten? Wie ist das beim 
Abschalten...passiert da irgendwas, wenn ich vom Dreieck zurück in den 
Stern schalte? Muss ich da eine Zeit lang verweilen?

: Verschoben durch Moderator
von Karl B. (gustav)


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Hi,
lies den Thread mal von vorne bis hinten durch.

Beitrag "Frequenzumrichter und Motor für meine Drehbank"

Die Kernfrage:
Was steht auf dem Typenschild des Motors.

Bei einigen Motoren wird vor Verwendung eines Stern-Dreiecks-Schalters 
ausdrücklich gewarnt.

ciao
gustav

von Günni (Gast)


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Die Stern-Dreieck-Umschaltung ist für Motoren sinnvoll, die für große 
Leistungen gebaut wurden und dafür in Dreieckschaltung betrieben werden. 
Die Sternschaltung ist nur für den Anlauf gedacht, damit die 
Anfahrströme reduziert werden. Hat der Motor die Nenndrehzahl erreicht, 
wird dann auf Dreieck umgeschaltet, wo dann die volle Leistung zur 
Verfügung steht. Zum Ausschalten ist ein Zurückschalten auf den 
Sternbetrieb unnötig und sogar gefährlich.

von Ingo Less (Gast)


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Günni schrieb:
> unnötig und sogar gefährlich.
Kannst du das "gefährlich" näher erleutern?

von Günni (Gast)


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Ingo Less schrieb:
> Günni schrieb:
>> unnötig und sogar gefährlich.
> Kannst du das "gefährlich" näher erleutern?

Durch die mechanische "Schwungwirkung" des Motors wird - grob 
vereinfacht gesprochen - in jeder Wicklung eine "Gegenspannung" erzeugt, 
die je nach Motor bei etwa 80 bis 90% der angelegten Spannungen liegt. 
Durch die Reihenschaltung von 2 dieser Wicklungen im Sternbetrieb wird 
die Summenspannung (unter Berücksichtigung der unterschiedlichen 
Phasenlagen) trotzdem deutlich höher als die Betriebsspannung. Wie hoch 
das sein kann, muss man von Fall zu Fall berechnen. Eine "Faustformel" 
dafür kenne ich jedenfalls nicht.

von Günni (Gast)


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Ich habe mal in einer Firma gearbeitet, bei der eine dicke Stanze im 
Sternbetrieb angefahren und im Dreieck betrieben wurde. Da hat mal 
jemand noch im Auslauf (aber deutlich vor Stillstand) diese wieder 
einschalten wollen und auf Stern geschaltet. Das hat kräftig geknallt 
und durch Überspannung im Netz sind einige Schäden entstanden - leider 
auch bei den Blindleistungs-Kompensationskondensatoren.

von Ingo Less (Gast)


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Plausibel, danke

von joerjen (Gast)


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...aber ich muss doch zum Ausschalten des Motors mit dem Schalter wieder 
zurück...über Stern...zur Null?!? Das geht doch gar nicht anders

von Kurt A. (hobbyst)


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joerjen schrieb:
> aber ich muss doch zum Ausschalten des Motors mit dem Schalter wieder
> zurück...über Stern...zur Null?!? Das geht doch gar nicht anders

Ja, das ist aber mechanisch so gelöst, dass beim zurück drehen die 
Deieckschaltung nicht aktiviert wird. Die Schaltkontakte schalten sofort 
aus.

von joerjen (Gast)


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...na das ist doch eine gute Info. Ich kenne solche Schalter von früher, 
habe sie aber selbst nie benutzt...nur gesehen.

von Peter R. (pnu)


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Wenn die 3 Wicklungen des Motors an 380V gelegt sind, entspricht das 
Magnetfeld in den Polen und ihren Wicklungen dieser Spannung.

Schaltet man diese Wicklungen nun plötzlich in Stern, legt man die 380V 
führenden Wicklungen plötzlich an die 230V des Netzes an.

Damit haben wir den Fall, dass ein mit 380V an den Wicklungen laufender 
Generator in das 230V- Netz einspeist. Erst wenn das Magnetfeld im Motor 
auf das der 230V abgesunken ist, ist dann wieder Ruhe.

Evtl. kommt dann noch dazu, dass das Umschalten phasenfalsch passiert 
(z.B. weil das Umschalten gerade 50/3 ms dauert. Dann wird womöglich 
noch eine saftige Menge an kinetischer Energie von Anker abgegeben und 
wieder aufgenommen, bis der Anker um 120 Grad vor- oder zurückgedreht 
ist und wieder phasenrichtig zum Netz läuft.

gilt natürlich auch für die Paarung 400/690V

: Bearbeitet durch User
von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Naja das Problem mit dem Phasenversatz hast Du aber auch wenn Du beim 
Hochlauf von Stern auf Dreieck umschaltest. Eine befreundete Firma 
besitzt ein CNC-Bearbeitungszentrum, das hat zur inneren Kühlung der 
Werkzeuge eine Hochdruck-Kühlschmiermittelpumpe mit 70 bar. Der Motor 
von dem Ding leistet 7,5kW und erreicht schon in Sternschaltung sofort 
Nenndrehzahl (also kein Hochlauf wie bei einem Lüfter oder so). Beim 
Umschalten auf Dreieck flackerte im ganzen Gebäude das Licht.

von Helge (Gast)


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joerjen schrieb:
> auf dem Typenschild 400/690

Jetzt wäre wichtig, wie viele Kontakte das klemmbrett hat. Bei 6 Klemmen 
und 400V-Netz wird der Motorstrom für einen Anlauf vermutlich recht 
mager sein. eleganter ist in Dreieck über Sanftanlaufmodul starten.

von Karl B. (gustav)


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Helge schrieb:
> Jetzt wäre wichtig, wie viele Kontakte das klemmbrett hat.

Hi,
das ganze Bild vom Typenschild einmal zeigen.
Vielleicht ist es noch ein Dahlander (Doppelstern).
Der hat auch nur 6 Anschlüsse. Ist nur noch intern anders verschaltet.
Die Anzahl von (nur) 6 Anschlussklemmen besagt erst einmal sehr wenig.

ciao
gustav

: Bearbeitet durch User
von A-Freak (Gast)


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@ Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)

> Naja das Problem mit dem Phasenversatz hast Du aber auch wenn Du beim
Hochlauf von Stern auf Dreieck umschaltest.

Weniger

Früher hat man beim Stern-Dreieck-Anlauf zwischen der "falschen" 
Schaltung und der "richtigen" Schaltung unterschieden.

In der "richtigen" Schaltung gibt es beim Hochschalten einen 
elektrischen Phasensprung rückwärts der ganz einigermaßen ausgleicht wie 
der Motor noch mechanisch hinter dem Drehfeld zurück ist.

Ich bin mit der Materie nicht weit genug vertraut, heutzutage mache ich 
anderes Zeug, aber ich kann mir gut vorstellen daß das beim 
Zurückschalten von Dreieck auf Stern mit dazu beitragen würde daß der 
Sprung noch größer wird als nur der Wicklungsspannung entsprechend.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Ich halte das für Blödsinn weil Du gar nicht so genau umschalten kannst 
um die Phasenlage mit einem einfachen Schalter oder Schützen zu treffen. 
Automatische Schützschaltungen schalten üblicherweise nach 10 Sekunden 
von Stern auf Dreieck und haben dabei eine Verzögerung von 0,3..0,5 
Sekunden, damit das Sternschütz Zeit zum Abfallen hat. Macht man das zu 
schnell, schaltet das Dreieckschütz auf einen Kurzschluß und das ist 
nicht gut.

von Rainer V. (a_zip)


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"früher" hatte jede größere Werkstatt-Maschine diesen 
Stern-Dreieck-Schalter und es war "idiotensicher" zu handhaben. Erinnere 
mich noch an eine mittelschwere Standbohrmaschine in der Lehrwerkstatt, 
bei der man das auf den ersten Blick gar nicht vermutet hätte. Die 
richtig großen Motoren habe ich nur mit automatischer Ein-Umschaltung 
gesehen. Was natürlich nicht heißt, dass auch in diesem Leistungsbereich 
Handschalter dran waren.
Gruß Rainer

von Karl B. (gustav)


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A-Freak schrieb:
> Früher hat man beim Stern-Dreieck-Anlauf zwischen der "falschen"
> Schaltung und der "richtigen" Schaltung unterschieden.

Also,
Die millionenfach angewendeten Schaltungen sollen alle auf einmal 
"Mumpitz" sein?
Wohl kaum:
http://installationsschaltungen.de/wp-content/uploads/2014/10/sterndreiecksteuerteil.jpg
(Muss gleich nochmal mein Berichtsheft rausholen.)

ciao
gustav

von Günni (Gast)


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A-Freak schrieb:
> In der "richtigen" Schaltung gibt es beim Hochschalten einen
> elektrischen Phasensprung rückwärts der ganz einigermaßen ausgleicht wie
> der Motor noch mechanisch hinter dem Drehfeld zurück ist.
>
> Ich bin mit der Materie nicht weit genug vertraut, heutzutage mache ich
> anderes Zeug, aber ich kann mir gut vorstellen daß das beim
> Zurückschalten von Dreieck auf Stern mit dazu beitragen würde daß der
> Sprung noch größer wird als nur der Wicklungsspannung entsprechend.

Die Erklärung trifft den Sachverhalt sehr gut. Die "modernen" Schalter, 
die beim Zurückschalten den Motor gleich ausschalten sind eine 
Konsequenz aus den Problemen, die vorher immer mal wieder passiert sind. 
Als ich das oben beschriebene Ereignis erlebt hatte, gab es keinerlei 
mechanische Verriegelung - und Thyristoransteuerungen auch noch nicht. 
Da war man darauf angewiesen, dass der Bediener aufpasste und keinen 
Fehler machte. Meist klappte das auch, aber manchmal halt auch nicht....
Inzwischen gibt es glücklicherweise elektronische Steuerungen und 
Sanftanlauf, was viele Dinge überflüssig macht. Aber es ist immer gut zu 
wissen, was ohne solche Hilfen passiert und was man tun muss, damit 
daraus kein Schaden entsteht.

von Jemand (Gast)


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Peter R. schrieb:
> Wenn die 3 Wicklungen des Motors an 380V gelegt sind, entspricht das
> Magnetfeld in den Polen und ihren Wicklungen dieser Spannung.
>
> Schaltet man diese Wicklungen nun plötzlich in Stern, legt man die 380V
> führenden Wicklungen plötzlich an die 230V des Netzes an.

Also das mit den 380 V~ war damals mit 220 V~ , seit Jahren gibt das nur 
noch mit 400 V~ , wenn der Orts-Trafo richtig eingestellt ist.

Klugscheiß-Modus aus

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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> Klugscheiß-Modus
Gerade mal nachgemessen: 411/237V. Also nix mit 400/230V. ;)

von Der Beachter (Gast)


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Wichtig ist noch, das man den Motor nicht zu lange im Stern betreibt. 
Dadurch kann der Motor Überlastet werden und "verbrennt", wenn kein 
Motorschutz vorhanden ist. Zumindest wurde mir das so von meinem Opa 
beigebracht :)

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Hat er Recht. Wenn der Motor in Sternschaltung seine Nenndrehzahl nicht 
erreicht, kann man das durchaus schaffen - aber da muß man den schon 
eine ganze Weile so laufen lassen bis er zu heiß wird.

: Bearbeitet durch User
von Wahlschweizer (Gast)


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Um mal etwas Klarheit zu schaffen:
Der Stern - Dreieck Anlauf macht man um den Einschaltstrom (und die 
mechaniche Belastung) beim Start zu reduzieren. Die Motorleistung ist im 
Stern etwa ein Drittel der Leistung im Dreieck.
Ob der Anlauf nun mit einem Schalter oder Schützen gemacht wird, ist 
egal. Und man kann auch bei voller Drehzahl wieder auf Stern 
zurückschalten, da passiert gar nichts (ausser der reduzierten Leistung) 
Ein Asynchronmotor wird deswegen auch nicht zum Generator. Das kann er 
nur, wenn er schneller als das Drehfeld ist, und das Netz dahinter muss 
kapazitv sein. (siehe einfache Baumarkt Asynchron-Generatoren: da steckt 
immer ein grosser Kondensator drin)
Wenn der Schalter zur Motorstrom passt, kann der TO den auch so 
verwenden. Motorschutzschaler nicht vergessen. Gegebenenfalls beim 
Energieversorger nachfragen wie hoch ein Einschaltstrom am Einsatzort 
sein darf.

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