Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik LC Messgerät Abweichung ausgleichen


von Alrik W. (alrik3)


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Hallo,
ich habe dieses LC Messgerät bekommen: "peaktech inductance-/capacitance 
tester 3705"
Die Messung von Kapazitäten ist hinreichend genau, jedoch habe ich bei 
den Induktivitäten ein Problem... Je weiter der Ohmsche Innenwiderstand 
der Induktivität von 0 abweicht, umso mehr übertrifft der angezeigte 
Wert die wirklich Induktivität. Zum Testen habe ich verschiedene WS in 
Serie zur Induktivität geschaltet, was den gleichen Effekt zur Folge 
hatte. Erklärt habe ich mir das Ganze so:
Die Induktivität wird hier über den Scheinwiderstand (bzw. den 
fließenden Strom) bei bekannter Frequenz bestimmt, richtig?
Dann lässt sich die Induktivität mit folgender Gleichung berechnen:
 L = R / (2 x pi x f)

Bringt man dann noch den ungewünschten WS mit rein, dann bestätigt das 
meine Erklärung, L wird durch R2 vergrößert.

Formel für den Scheinwiderstand: R = 2 x pi x f x L
Davon muss der Ohmsche Widerstand abgezogen werden, umgestellt also:
 L = (R1 - R2) / (2 x pi x f)      dabei ist R1 der induktive WS und R2 
der ohmsche WS

Messe ich dann also den WS der Induktivität und deren Induktivität 
selbst mit dem Messgerät, müsste ich dann nicht mit folgender Formel die 
korrekte bzw. eine weniger falsche Induktivität bekommen?:
 L = (2 x pi x f x L - R) / (2 x pi x f)
Für L & R werden dann die gemessenen Werte eingesetzt, die Frequenzen 
bei entsprechendem Messwert kann ich aus dem mitgelieferten Datenblatt 
entnehmen.

Leider scheint meine Formel nicht ganz richtig zu sein oder ich habe 
noch einen anderen Fehler irgendwo. Wer weiß hier mehr als ich?
Vielen Dank für eure Hilfe!

: Verschoben durch Moderator
von argos (Gast)


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Alrik W. schrieb:
> Hallo,
> ich habe dieses LC Messgerät bekommen: "peaktech inductance-/capacitance
> tester 3705"

Laut Peaktech kann das 3705 nur R und C messen.

Dein Gerät kann wahrscheinlich nur den Betrag des Scheinwiderstandes Z 
bestimmen. Du könntest unabhängig davon den ohmschen Widerstand R der 
Spule messen, um danach über Z, bei bekannter Messfrequenz, hinreichend 
genau den Blindwiderstand X und daraus die Induktivität berechnen.

von Alrik W. (alrik3)


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argos schrieb:
> Dein Gerät kann wahrscheinlich nur den Betrag des Scheinwiderstandes Z
> bestimmen.
 Genau, ich bekomme aber schon einen Wert in mH/H angezeigt.
> Du könntest unabhängig davon den ohmschen Widerstand R der
> Spule messen, um danach über Z, bei bekannter Messfrequenz, hinreichend
> genau den Blindwiderstand X und daraus die Induktivität berechnen.

Genau, und dafür suche ich jetzt die entsprechende Rechnung. Das 
Ergebnis muss auch nicht auf die 10. Stelle genau sein. Ich will nur 
auch von Induktivitäten, die einen hohen ohmschen WS haben die 
Induktivität bestimmen können.
Aber wo liegt in meiner Rechnung der Fehler? Ich kann ihn nicht finden, 
der Ansatz scheint ja schonmal richtig zu sein.

von Scherzkeks (Gast)


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Bei Amazon bekommt man Eddings , weiß mit extrem dünner Zeichenfläche.
Die eignen sich sehr gut um den Wert der Spule neu zu beschriften..
So mache ich das auch mit meinen Widerständen, wenn ich die aus der 
Sortimentskiste nehme, und dann mit beiden Fingern den R an die 
Prüfspitzen drücke, zeigt er immer etwas weniger an als auf dem R 
angegeben.
Dann überpinsel ich einfach den Farbring.

NAchteilig ist, wenn ich trockene Finger habe, stimmen diewerte dann oft 
wieder nicht, und dann müssen die halt wieder umgekennzeichnet werden.
Aber Ordnung muss sein :-)

von Achim S. (Gast)


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Alrik W. schrieb:
> der Ansatz scheint ja schonmal richtig zu sein.

Leider nein. Du musst schon im Ansatz unterscheiden zwischen R (dem 
Realteil des komplexen Widerstands) und |Z| (dem Betrag des komplexen 
Widerstands). Falls dein Peaktech wirklich |Z| misst und in L umrechnet, 
dann ist die richtige Korrekturformel nicht

" L = (R1 - R2) / (2 x pi x f)    "

sondern

L = Wurzel(|Z|^2-R^2)/(2*pi*f)

Für dich also

L_korr = Wurzel((2*pi*L_mess)^2-R^2)/(2*pi*f)

Dabei musst du als f die Frequenz nehmen, mit der das Messgerägt misst 
(nicht z.B. eine andere Frequenz, bei der du das Bauteil einsetzen 
willst).

Weiter muss du dir erst mal sicher sein, dass die komplexe 
Wechselstromrechnung anwendbar ist, d.h. dass das Peaktech mit einer 
sinusförmigen Wechselspannung einer definierten Frequenz misst. Hast du 
das nachgemessen? Liegt am Messobjekt wirklich ein Sinus an, und welche 
Frequenz hat der? Wenn das nicht der Fall ist, dann ist eine Berechnung 
über komplexe Wechselstromrechnung schlicht nicht möglich. Einen 
komplexen Widerstand Z gibt es für nicht-sinusförmige Größen ganz 
einfach nicht.

Wenn du das alles richtig gemacht hast und trotzdem noch Unsinn 
rauskommt kann es an den Eigenschaften des Bauteils liegen: der 
Gleichstromwiderstand, den du mit einem normalen Multimeter bestimmen 
kannst, und der Wirkwiderstand R bei einer höheren Frequenz können sich 
deutlich unterscheiden. Beim Gleichstromwiderstand hast du nur den 
Kupferwiderstand. Bei Wirkwiderstand bei einer anderen Frequenz kommen 
alle Wirkleistungsverluste mit rein (z.B. auch Wirbelstromverluste, wenn 
du einen Eisenkern hast).

von Achim S. (Gast)


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Ups: in der folgenden Formel habe ich natürlich ein f vergessen (als 
Vorfaktor bei L_mess)

Achim S. schrieb:
> L_korr = Wurzel((2*pi*L_mess)^2-R^2)/(2*pi*f)

von argos (Gast)


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Alrik W. schrieb:
> Genau, ich bekomme aber schon einen Wert in mH/H angezeigt.

Anhand dieser Anzeige und der Messfrequenz (s. Handbuch - 100Hz, 
1kHz...je nach Messbereich) rechnest du wie gewohnt den Scheinwiderstand 
Z aus. Danach misst du den Wirkwiderstand R der Spule. Über Pythagoras 
(mit R und X rechtwinklig zueinander, Z als Hypotenuse) wird der 
Blindwiderstand X ermittelt, um schlussendlich, abhängig von der selben 
Messfrequenz wie am Anfang der Prozedur, daraus die Induktivität der 
Spule zu berechnen.

von Alrik W. (alrik3)


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Ich habe deine Formel jetzt mal verwendet und bekomme schon weniger 
falsche Ergebnisse als mit meiner Version.
Ich habe zum Testen immer den ohmschen WS gemessen und dann mit dem 
Messgerät die Induktivität. Dabei sind folgende Werte entstanden:
(es handelt sich immer um die gleiche Induktivität)
223 Ω, 3,5 H (nur Spule)
324 Ω, 3,54 H (mit 100 Ω in Serie)
552 Ω, 3,63 H (mit 330 Ω in Serie)
Als Ergebnis erhalte ich dann 0,35 H, 0,51 H und 0,87 H (Messfrequenz 
hier 100 Hz)
Theoretisch müssten das ja aber zumindest ähnliche Werte sein...

Dann liegt es also doch daran, dass das Messgerät nicht mit 
sinusförmiger Spannung misst, oder?
Trotzdem habt ihr mir bisher schon viel weiter geholfen, danke!

von Achim S. (Gast)


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Alrik W. schrieb:
> Als Ergebnis erhalte ich dann 0,35 H, 0,51 H und 0,87 H (Messfrequenz
> hier 100 Hz)

Da hast du dich verrechnet.

Ich rechne es mal für dein letztes Paar von Messwerten schrittweise 
durch

L_mess = 3,63H

-> |Z| = 2*pi*100*L_mess = 2281Ohm

-> X = Im(Z) = Wurzel(|Z|^2-R^2) = 2213 Ohm

-> L_korr = X/(2 pi f) = 3,52 H

Wenn du das für alle drei Wertepaare machst, landest du jeweils im 
Bereich 3,5H. Viel genauer als dein direktes Messergebnis ist das aber 
auch nicht.

Alrik W. schrieb:
> Dann liegt es also doch daran, dass das Messgerät nicht mit
> sinusförmiger Spannung misst, oder?

Das kann eine Rolle spielen. Hast du ggf. ein Oszi, mit dem du die 
Messspannung deines Peaktech überprüfen kannst.

Der andere Faktor könnte sein, dass der Wirkwiderstand der Spule bei 
100Hz schon ein Stück über dem Wert liegen kann, den du bei DC misst. 
Zur Erinnerung:

Achim S. schrieb:
> Bei Wirkwiderstand bei einer anderen Frequenz kommen
> alle Wirkleistungsverluste mit rein (z.B. auch Wirbelstromverluste, wenn
> du einen Eisenkern hast).

Ich hab hier zum Vergleich mal die Primärspule eines Netztrafos 
gemessen. Bei DC mit dem Multimeter sehe ich 755Ohm. (nur die 
Kupferverluste). Mit dem LCR-Meter bei 10Hz gemessen beträgt R schon 
900Ohm (weil Eisenverluste zu den Wirkleistungverlusten dazu kommen), 
bei 100Hz ist R dann 1,2kOhm.

Hat deine Spule denn einen Eisenkern? Wenn du als Wirkwiderstand der 
Spule nicht 223Ohm ansetzt sondern einen höheren Wert, der sich bei der 
höheren Frequenz ergeben kann, dann wird deine Rückrechnung 
konsistenter. Wenn du z.B. 360Ohm statt 223Ohm für R_Spule ansetzt, 
ergeben alle deine 3 Messungen ein L von 3,46H.

(Ob das dann wirklich genauer ist oder ob diese Genauigkeit mit deinem 
Messgerät einfach nicht zu erreichen ist, kann ich aus der Ferne nicht 
sagen).

von Alrik W. (alrik3)


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Vielen Dank!
Jetzt funktioniert es. Die verrechneten Messwerte haben jetzt nur noch 
eine Streuung von ~ 2%. Ich denke das reicht erstmal von der Genauigkeit 
her für meine Vorhaben...

von Achim S. (Gast)


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Alrik W. schrieb:
> Die verrechneten Messwerte haben jetzt nur noch
> eine Streuung von ~ 2%. Ich denke das reicht erstmal von der Genauigkeit
> her für meine Vorhaben...

nach meiner Rechnung verbleibt eine Streuung von weniger als 0,2%.

Aber wie schon gesagt: dass man auf diesem Weg die Streuung klein kriegt 
bedeutet nicht automatisch, dass auch die Genauigkeit entsprechend gut 
ist. Das kann der Fall sein, muss aber nicht.

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