Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Testequipment für Eigenproduktion


von Flachs (Gast)


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Hallo liebe Forenmitglieder,

ich fange gerade an ein Gerät als Kleinserie zu produzieren (ca. 10 
Geräte pro Jahr). Ich möchte gerne einen Testaufbau haben, mit dem ich 
alle wichtigen Funktionen automatisiert durchtesten, und damit dann ein 
Prüfprotokoll usw. für jedes Gerät anfertigen kann. Das Gerät besitzt 
Schnittstellen wie USB und Ethernet, und digitale Ein- und Ausgänge (20 
Stück). Testen will ich beispielsweise die Signale auf den Ein- und 
Ausgängen unter verschiedenen Konfigurationen, und ob die Konfiguration 
über USB und Ethernet funktioniert.

Einerseits wäre es möglich das Gerät per USB und Ethernet an einen 
Computer zu hängen, und dann mit einem Logic Analyzer die Ausgänge zu 
prüfen, andererseits könnte ich eine Platine mit Mikrocontroller 
entwerfen, die alles inkl. USB und Ethernet selbstständig steuert und 
testet. Beide Möglichkeiten bieten Vor- und Nachteile, wie etwa im Bezug 
auf flexibilität und Kosten. Wie löst ihr sowas normalerweise? Möglichst 
generische kommerzielle Geräte (wie Oszi oder LA in Kombination mit 
einem PC), oder Eigenbau von spezialisierten Testgeräten?

Gruß, Flachs

von Sebastian R. (sebastian_r569)


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Ich kenne beide Welten. Hab früher Testsysteme mit NI PXI und LabVIEW 
gemacht, heute sinds für aktelle Projekte kleine Aufbauen mit nem 
Raspberry Pi (anderes Unternehmen, anderes Budget)

Ich denke, gerade für deine Anwendung ist ein RasPi mit ein bisschen 
Hardware (IO-Expander, Pegelwandler,...) nicht verkehrt und vor allem 
bezahlbar. Dazu haat man Testroutinen dann recht schnell in Python 
zusammengedengelt.

von Bürovorsteher (Gast)


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> Möglichst
> generische kommerzielle Geräte (wie Oszi oder LA in Kombination mit
> einem PC), oder Eigenbau von spezialisierten Testgeräten?

Das eine oder das andere oder auch die Kombinationen beider. Das kommt 
immer drauf an...

von Flachs (Gast)


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Super, danke für eure Antworten. Dann lote ich nochmal beides aus. Das 
mit dem PI ist keine so schlechte Idee, dann könnte ich eventuell 
entweder ein MSO dranhängen, oder ne Aufsteckplatine mit frontend für 
die Ein- und Ausgänge.

von MaWin (Gast)


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Flachs schrieb:
> Einerseits wäre es möglich das Gerät per USB und Ethernet an einen
> Computer zu hängen,

Klingt vernünftig. Das Programm ist dann portabel auf ein anderes 
schnell gekauftes Gerät, wenn das derzeitige abkacken sollte. Und der PC 
kann schön Logs auf einen USB Stick als Dokumentation schreiben, und 
einen Beleg ausdrucken

> und dann mit einem Logic Analyzer die Ausgänge zu
> prüfen

Ich würde! den LogicAnalyzer sparen und die Ausgänge von demselben 
PC/Laptop überprüfen lassen, der die USB/Ethernetkommunikation macht, 
z.B. über die LPT Schnittstelle bzw. eine USB angekoppelte I/O Karte.

So bleibt es bei einer Plattform, einem Programm, welches erst 
Konfiguration und Aufgaben übermittelt und dann die Ausgabe dagegen 
prüft.

von Bürovorsteher (Gast)


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Hier mal eine Kombination zwischen Eigenbau und Fertiggeräten zur 
Funktionsprüfung. Das Prüfgerät (Provisosorien halten ewig!) liefert 
einen Stimulus derart, dass auf dem DSO mit einem Blick von einer 
Sekunde bewertet werden kann, ob der Prüfling (fällt gleich vom Tisch) 
läuft oder nicht.

von Bentschie (Gast)


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Flachs schrieb:
> Wie löst ihr sowas normalerweise? Möglichst
> generische kommerzielle Geräte (wie Oszi oder LA in Kombination mit
> einem PC), oder Eigenbau von spezialisierten Testgeräten?

Das ist in der Regel eine Frage von Aufwand. Soll bedeuten, wir schätzen 
den Aufwand für eine händische Prüfung. Also Bedienung mit PC oder 
Einspeisen von Spannungen aus mehreren Labornetzteilen oder....
Und den Aufwand für einen Automatisierten Prüfplatz, bei uns Labview mit 
Multimeter und Relaismatrix. Der Aufwand für einen Prüfplatz liegt bei 
typisch mehreren Mannwochen Entwicklungszeit. Da kann man schon einige 
Geräte händisch prüfen, bevor sich das lohnt.

Nur wenn die zu erwartenden Stückzahl groß genug ist, lohnt sich eine 
automatisierte Prüfung.

Für 10 Stück in Jahr? Eindeutig eine Händische Prüfung! Aber natürlicjh 
mit einem ordentlichen Protokoll. Da kann dann auch mit rein, wie man 
das Gerät bedient / programmiert, ...

von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


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Hey, das ist jetzt aber spannend :)

Ich stehe vor einem ähnlichen Problem. Nur mit etwas mehr Stückzahl (so 
100-300 Stück im Jahr).
Da rechnet sich noch immer keine Aufbauten mit Komponenten von NI&Co - 
etwas Komfort darf aber finde ich schon sein :)

Daher habe ich mal angefangen mir 2 Boards zu bauen.
1x DigitalIO (i2c, spi + gpio, jeweils 3V3 oder 5V und ESD Schutz) und 
1x AnalogIO (7 langsame ADC Kanäle mit Teiler, Tiefpass, ESD + 1x DAC 
mit Buffer + 1x schneller ADC/DAC Kanal).

Das Design kann ich "einfach so" bei JLC bestückt bestellen soll einmal 
per SCPI steuerbar werden.

73

von Markus E. (markus_e176)


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Als Fertiglösung gibts z.B. die Labjacks von Meilhaus
https://www.meilhaus.de/infos/labjack.htm?gclid=Cj0KCQiAgomBBhDXARIsAFNyUqPiLINfIFCa1B7A2IU8x_dvoeyotLeuiCaIGtQxtnK7UZ-B4CAeASMaAnb7EALw_wcB

Die lassen sich recht komfortabel vom PC ansteuern.

von MCUA (Gast)


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Wenn der händ. Test sehr zeitaufwändig ist, rentiert sich eine indiv. 
Testschaltung auch bei wenigen Stück/Jahr.
Und wenn man schon eine rel. universelle Testschaltung besitzt, kann man 
das uU für weitere Überprüfungen benutzen.

von Flachs (Gast)


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Momentan tendiere ich fast zu einem 2/4-Channel MSO mit 16x LA und 2x 
Waveform Generator, was quasi dann für mich alles abdecken würde. 
Außerdem könnte ich dann mal mein Tektronix TDS540 in den Ruhestand 
schicken. Dann könnte ich per Computer die USB und Ethernet-Steuerung 
machen, und die Daten vom Oszi ziehen und prüfen. Hmmm....

von Peter D. (peda)


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Flachs schrieb:
> Das Gerät besitzt
> Schnittstellen wie USB und Ethernet, und digitale Ein- und Ausgänge (20
> Stück).

Dann einfach 2 Geräte wechselseitig miteinander verbinden und die 
Schnittstellen mit dem PC verbinden. Der Rest ist dann nur noch, das 
Testprogramm zu schreiben.
Ein Gerät gibt Prüfmuster aus, das andere liest sie ein und umgekehrt.

von Flachs (Gast)


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Ich habe mir jetzt ein Rigol MSO5000 mit Logic Analyzer und 
Funktionsgenerator bestellt, welches quasi alles abdeckt was ich zum 
Testen brauche. Damit kann ich dann mein Gerät per USB und Ethernet vom 
Computer steuern, und mit dem Oszi (hoffentlich einfach) die Daten 
aufnehmen. War sowieso mal zeit für ein 'gutes' Oszi, und mein TDS540 
freut sich über den Wohlverdienten Ruhestand.

Vielen Dank an alle für die Kommentare =)

von Bürovorsteher (Gast)


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Hier noch ein anderer Prüfplatz (hier leider ohne Prüflinge) mit PC und 
einer für die Prüfung benutzten Steuerungsbaugruppe des Kunden (unter 
dem Monitor). Das MSO wird bei der Prüfung tatsächlich voll benutzt (4x 
analog, 16x Logik). Deshalb ist die Entscheidung des TO zum Kauf des 
Rigol absolut richtig.

Tipp zur Kleinmechanisierung: die Eingabe der Prüfbefehle erfolgt mit 
dem Barcodescanner. Das geht locker vom Hocker und man muss nicht mit 
den Fingern auf der Tastatur rumklavieren oder mit der Maus im Bild 
herumstochern. Einfach den Scanner ungefähr in die Richtung halten und 
abdrücken - feddich.

von Flachs (Gast)


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Bürovorsteher schrieb:
> Deshalb ist die Entscheidung des TO zum Kauf des
> Rigol absolut richtig.

Freut mich das zu hören. :-)
So stelle ich mir das auch bei mir vor. Sieht nett aus der Prüfplatz!

von Bürovorsteher (Gast)


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Und noch ein Prüfaufbau - ohne PC.
Zur Prüfung wird der Absolutwertgeber durchgedreht. Dabei müssen linke 
und rechte Anzeige denselben Wert ausgeben.
Ohne Schnickschnack, aber schnell und effektiv.

von Georg (Gast)


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Für 10 Stück lohnt sich natürlich kein Prüfautomat, die Kosten z.B. für 
einen In-Circuit-Tester liegen da leicht höher als der Gesamtwert der 
Produktion.

Natürlich hängt alles vom Einzelfall ab, aber manches kann man durch 
Selbsttestsoftware erschlagen. Hat man z.B. 8 Aus- und 8 Eingänge, so 
kann man die miteinander verbinden und abfragen, wenn man nicht gerade 
serienweise Schrott produziert genügt das als Produktionstest. Dafür 
braucht man als "Equipment" nur einen Stecker mit ein paar Drahtbrücken. 
Speicher kann man sowieso meistens nicht "von aussen" testen.

Verbunden damit erhebt sich auch die Frage, was man beim Einschalten 
prüfen kann, natürlich ohne Zusatz-Equipment. Z.B. ist es nicht 
unüblich, eine Checksumme der Firmware zu berechnen. Die Frage ist dann 
welche Konsequenzen man aus einem Fehler ziehen kann, aber wenn die 
Hardware sorgfältig desingt ist könnte man die Ausführung stoppen bevor 
unsichere Zustände entstehen können.

Georg

von MCUA (Gast)


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Aber Rigol?
Wie war das mit den Wfm/s?

>Das MSO wird bei der Prüfung tatsächlich voll benutzt (4x
>analog, 16x Logik).
Es gibt (mittlerweile) auch MSOs mit 32x Logik-Channels.

von Micha E. (Firma: privat) (bmsr-techniker)


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Hallo,

ich produziere ca. 300 Geräte im Jahr.
Diese kommunizieren je nach Ausführung über RS232 oder RS485 und/oder 
Analogwerteingabe, -ausgabe.
Die Geräte müssen je nach Kundenwunsch kalibriert werden.
Als Referenz dient ein Spezialmessgerät, welches jährlich 
DAkkS-kalibriert wird. Dieses gibt seine Messwerte auch über RS232 aus.
Ich habe mir eine Testhardware mit so einem Meilhausteil für die 
Analogsteuerung aufgebaut, welche über USB mit dem PC verbunden ist.
In der Testhardware sind auch noch zwei Digitalvoltmeter eingebaut, über 
welche ich die Analogwerte auch gleich ohne PC sehen kann.
Weiterhin kann ich auch auf manuell umschalten, wobei der PC nicht 
benötigt wird.
Auf dem PC läuft ein Python-Programm, welches die Abläufe der 
Kalibrierung steuert, die Kommunikation mit der Testhardware und dem 
Spezialmessgerät realisiert und die Kalibrierung auf dem Gerät ablegt 
sowie auf dem PC für jedes Gerät speichert.
Ebenso können mit den Programm verschiedene Testabläufe abgearbeitet und 
protokolliert werden die ebenfalls auf dem PC abgespeichert werden.
Im Reklamationsfall kann man schnell sehen, ob der Kunde Einstellungen 
oder Kalibrierdaten geändert hat.
Für mich hat sich der ganze Aufwand (ca. zwei Mannmonate) gelohnt.
Die Kalibrierung und Prüfung läuft automatisch ab und ich habe Zeit für 
andere Aufgaben gewonnen.

von Rainer V. (a_zip)


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Bentschie schrieb:
> Für 10 Stück in Jahr? Eindeutig eine Händische Prüfung!

Sehe ich genau so.  Es sei denn, du hast noch x weitere Produktlinien. 
Für ein Gerät pro Monat wird der Aufwand für einen Prüfplatz wohl immer 
zu groß sein. Zumal das ja auch gepflegt werden muß. Wenn du vor der 
Prüfung erst mal den Prüfplatz auf Vordermann bringen mußt, dann ist 
überhaupt nichts gewonnen! Und auch nicht zu unterschätzen ist die 
Prüfanweisung, bzw. ihre Praxistauglichkeit. Ich fand es immer wieder 
erstaunlich, wie verschieden auch die simpelsten Anweisungen manchmal 
ausgeführt werden. Aber das führt jetzt wohl zu weit...
Gruß Rainer

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