Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik LMZ23608 ohne Tantalelkos betreiben?


von Thomas S. (schlot)


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Hallo zusammen,

ich habe eine Schaltung entwickelt, die Versorgung und Signal für viele 
WS2812B LEDs bereitstellt. Je nach Bestückung komme ich rechnerisch auf 
13 A bzw. 25 A bei 5V für die LEDs. Spannungsquelle ist ein 24 V-Rail 
aus einem Netzteil für LCD-Monitore.

Die Logik übernimmt im Wesentlichen ein ATSAML21, die 
Spannungsversorgung habe ich über mehrere LMZ23608 im Current Share 
Modus realisiert. Board bzw. Schaltplan kann ich bei Interesse gerne 
einstellen.

Zum Problem: Das Datenblatt des LMZ23608 sieht zur Erreichung der 
Stabilität des Reglers Tantalelkos vor. Dieses hochintegrierte Modul 
habe ich gewählt, weil ich wenig Praxiserfahrung mit DCDC-Wandlern habe, 
Stückpreis keine große Rolle spielt (Schaltung wird 2 mal aufgebaut) und 
ich die PCB nicht mehrfach bestellen möchte, weil ich den Wandler falsch 
designed habe.

Bauchschmerzen bereiten mir nun die Tantalelkos im Hochstromrail. Laut 
Datenblatt gehören die da hin und ich habe sie auch gescheit derated, 
aber ich möchte ungerne die Wohnung anzünden und bin von der google 
Bildersuche „tantalum failure“ eingeschüchtert.

Hat jemand Erfahrung damit, solche Module mit einer anderen Kombination 
zu betreiben? MLCC mit Widerstand in Serie? Gibt es da vielleicht 
irgendwine Lösung?

Oder sind Tantalpolymer Elkos heutzutage gutmütiger geworden und damit 
ausreichend sicher? Ich hoffe ich löse mit dieser schwammigen 
Formulierung keinen Glaubenskrieg aus.

Gruß
Thomas

von Soul E. (Gast)


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Thomas S. schrieb:

> Hat jemand Erfahrung damit, solche Module mit einer anderen Kombination
> zu betreiben? MLCC mit Widerstand in Serie? Gibt es da vielleicht
> irgendwine Lösung?

Dein Regler interessiert sich nicht dafür ob der Ausgangskondensator aus 
Alu, Tantal oder Popcorn ist. Den interessieren nur seine Pole und 
Nullstellen in der Übertragungsfunktion, und für Dich heisst das ESR und 
Kapazität.

Du solltest den ESR-Wert des vorgeschlagenen Tantalelkos in dessen 
Datenblatt nachsehen können. Dann kannst Du einen MLCC passender 
Kapazität nehmen und die Differenz an ESR durch ein reales Bauteil 
auffüllen.

Bei MLCC ist ebenfalls Derating zu beachten -- die Kapazität sinkt mit 
der Spannung. Da muss dann bei Nennspannung der richtige Wert 
übrigbleiben.

von Georg (Gast)


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Thomas S. schrieb:
> Oder sind Tantalpolymer Elkos heutzutage gutmütiger geworden

Nein, sie werden für bestimmte Zwecke einfach nicht mehr eingesetzt.

Georg

von Thomas S. (schlot)


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Soul E. schrieb:
> und für Dich heisst das ESR und
> Kapazität.
>
> Du solltest den ESR-Wert des vorgeschlagenen Tantalelkos in dessen
> Datenblatt nachsehen können. Dann kannst Du einen MLCC passender
> Kapazität nehmen und die Differenz an ESR durch ein reales Bauteil
> auffüllen.

Das Prinzip verstehe ich. Leuchtet mir ein. Konkret:

Die typical application sieht am Ausgang für ein 5V Rail folgende 
Parallelschaltung vor:
- 2 x Tantal 330 µF, 10 V, 15 mOhm
- 1 x 47 µF Keramik
- 1 x 47 nF Keramik für EMV

Jetzt frage ich mich folgendes: Das Modell dieser Gesamtkapazität kann 
man ja unendlich komplex machen. In den Datenblättern sehe ich, dass die 
MLCCs bei Betriebsspannung je nach Dielektrikum noch 40..90% ihrer 
Nennkapazität haben. Und die ESR der Keramik hängt von der Frequenz ab.

Zuerst mal: Gehe ich Recht in der Annahme, dass hier die Schaltfrequenz 
des Reglers relevant ist? Wenn der also bei 400-500 kHz betrieben wird, 
entnehme ich die ESR aus dem Datenblatt für eben diese Frequenz?

Wenn ich jetzt MLCCs einsetzen möchte, wird es schwierig, auf insgesamt 
700 µF zu kommen. Sehe ich das richtig, dass für die Stabilität eine 
kleinere Kapazität mit niedriger ESR (Keramik) mit einer Bulk-Kapazität 
und hoher ESR (Aluminium) kombiniert werden könnte?

Wäre das ein Kondensator, würde mir die Berechnung einleuchten. Nur mit 
einer Parallelschaltung aus verschiedenen Kondensatoren, deren ESRs und 
Kapazitäten jeweils um Größenordnungen auseinander liegen, habe ich 
keine Ahnung, wieviel Kapazität mit kleiner ESR und wieviel mit hoher 
ESR ich jetzt nehmen könnte, um ein sinnvolles Verhalten zu erzielen.

Wie ist die Vorgehensweise, um von der oben genannten Parallelschaltung 
mit Tantalelkos auf eine sinnvolle Alternativkonfiguration aus Keramik 
und Alu zu kommen?

Wäre Euch für einen solchen Hinweis sehr dankbar.

Gruß
Thomas

von Arno H. (arno_h)


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Thomas S. schrieb:
> Hallo zusammen,
>
> Zum Problem: Das Datenblatt des LMZ23608 sieht zur Erreichung der
> Stabilität des Reglers Tantalelkos vor. Dieses hochintegrierte Modul
> habe ich gewählt, weil ich wenig Praxiserfahrung mit DCDC-Wandlern habe,
> Stückpreis keine große Rolle spielt (Schaltung wird 2 mal aufgebaut) und
> ich die PCB nicht mehrfach bestellen möchte, weil ich den Wandler falsch
> designed habe.
>
> Bauchschmerzen bereiten mir nun die Tantalelkos im Hochstromrail. Laut
> Datenblatt gehören die da hin und ich habe sie auch gescheit derated,
> aber ich möchte ungerne die Wohnung anzünden und bin von der google
> Bildersuche „tantalum failure“ eingeschüchtert.
>
> Gruß
> Thomas

Du solltest im Datenblatt den Abschnitt "8.2.2.6 COUT Selection" 
sorgfältiger lesen. Da steht nichts von zwingender Verwendung von 
Tantalelkos.
Der IC hat übrigens einen internen Softstart für den Ausgang von typ 
1,6ms, damit sind die größten Gefahren für Ta-Elkos schon mal umschifft.

Arno

von Soul E. (Gast)


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Das ist doof. 330 µF schaffst Du nicht mit MLCC, oder zumindest willst 
Du das nicht bezahlen. 15 mOhm schaffst Du nicht mit Al-Elkos.

Eine Möglichkeit wäre ein Alu-Polymer-Elko. Panasonic ZC Serie fällt mir 
spontan ein, da hat der FAE neulich Muster dagelassen. Also sowas: 
https://de.farnell.com/panasonic/eehzc1e331p/kondensator-330-f-25v-20-radial/dp/2095332
Ist aber preislich gesehen kein Schnäppchen, auch nicht in Stückzahlen. 
Von daher würde ich mich eher nach einem anderen Schaltreglerbaustein 
umsehen.


Je nach Branche darfst Du auch Tantal oder Tantal-Niob durchaus 
verwenden. Es muss halt sichergestellt sein dass keine zu hohen 
Stromstöße auftreten (z.B. beim Einschalten) und dass im Fehlerfall 
(Tantal schliesst kurz) die zugeführte Energie begrenzt ist (z.B. weil 
der Schaltregler den Strom überwacht und abschaltet).

von Thomas S. (schlot)


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Arno H. schrieb:
> Du solltest im Datenblatt den Abschnitt "8.2.2.6 COUT Selection"
> sorgfältiger lesen.

Habe ich mehrfach, verstehe allerdings einiges nicht:
Es ist dort die Rede von einem äquivalenten Kondensator. Meint das, ich 
soll die Parallelschaltung der Impedanzen (ESR + C) der einzelnen 
Kondensatoren für die Berechnung zugrunde legen und einen 
Ersatzkondensator daraus berechnen? Wirken denn die verschiedenen, 
parallel geschalteten Kondensatoren mit ihren wesentlich 
unterschiedlichen ESR und C-Werten nicht in verschiedenen Frequenz- und 
Lastbereichen?

Was heißt "wenn die ESR höher als 15 mOhm ist, kann man C verringern"? 
Wie viel höher ist denn gut? Was heißt verringern?

Soul E. schrieb:
> Eine Möglichkeit wäre ein Alu-Polymer-Elko. Panasonic ZC Serie fällt mir
> spontan ein

Auf so ähnliche bin ich auch gestoßen, indem ich bei Mouser nach C und 
ESR gefiltert habe. Panasonic SVP-Serie habe ich zum Beispiel gefunden. 
Die haben ESR-Werte exakt wie die Tantalelkos, unterstützen sehr hohe 
Welligkeitsströme, sind in den Kapazitäten erhältlich und der Preis ist 
eigentlich auch in Ordnung für meine Anwendung.

Gibt es irgendwas, das gegen Alu-Polymer-Solid-Caps spricht? Sonst 
verwende ich einfach diese und bin auf der sicheren Seite.

Gruß
Thomas

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