Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Drehstrom (asynchron) Motor NDK 700/22 mit Netzspannung betreiben


von Philipp B. (Gast)


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Hallo ihr Lieben!

Ich bin ein digitaler Techie, der auf einmal einem analogen Monster 
gegenübersteht und (fast) keine Ahnung hat, wie er es bändigen soll.

Aber der Reihe nach: Meine Freundin ist eine Koryphäe was die 
Schneiderei anbelangt und würde sich gern mit einer Industriemaschine 
(Dürkopp/Adler 212) selbstständig machen. Das Ding hat allerdings einen 
Starkstromanschluss und die Hausverwaltung hat bereits ausgeschlossen, 
eine neue Starkstromsteckdose anschließen zu lassen oder den Herd 
zwischenzeitlich ausßer Betrieb zu nehmen.

Bei dem anzusteuernden Motor handelt es sich um einen Quick Rotan NDK 
700/22 mit QuickStop, einen Drehstrom-asynchronmotor, made in 
West-Germany, von dem ich keine Ahnung habe, wie ich ihn am besten 
anschließen soll.

Ich hab mich schon durch diverse Forenbeiträge (u.a. auch hier) gewälzt 
und bin zu folgenden, sich teils widersprechenden, teils kryptischen 
Zwischenschlüssen gelangt:

1. einen Steinmetzkondensator zu verwenden ist eine gute Idee, denn die 
Lösung ist billig und einfach umzusetzen -> also hab ich rumgeschaut und 
bin drauf gekommen, dass ca. ein 26µF Betriebskondensator benötigt wird. 
Doch dann:

2. einen Steinmetzkondensator zu verwenden ist eine schlechte Idee, denn 
so befindet sich der Motor permanent im "Schleifmodus", was auch immer 
damit gemeint ist und es scheint nur eine Drehgeschwindigkeit zu geben. 
Zusätzlich ist das Anlaufmoment ganz fürchterlich und außerdem kann der 
Motor auf diese Weise nur ein einer Drehrichtung betrieben werden -> 
hatte überlegt, den beiden letzten Problempunkten mit einem 
Richtungsschalter und einem Anlaufkondensator beizukommen. Aber dann:

3. einen Frequenzumrichter zu verwenden ist eine gute Idee, denn auf 
diese Weise kann ich eingangsseitig Netz speisen und erhalte 
ausgangsseitig auf magische Weise genau die 3 Lifeleiter für den Motor 
und mit Sternschaltung ist auch das Anlaufproblem keines mehr - und die 
60€ Chinateile sind bestimmt mit so viel Liebe gefertigt, dass sie Jahre 
halten -> also direkt mal eines über E-Bay bestellt, das Freitag 
geliefert wird, doch dann die Ernüchterung:

4. einen Frequenzumrichter zu verwenden ist eine schlechte Idee. Es gibt 
zwar neuere Motoren die Mit PWM Sinusen keine Probleme haben, aber 
gerade die "unkaputtbaren" Motoren aus dem alten Jahrtausend werden in 
diesem Betriebsmodus schnell den Löffel abgeben, je nachdem, ob das Ding 
eine Montagsproduktion ist. Dazu kommt das Problem, dass der Motor bei 
niedrigen Drehzahlen sehr heiß wird. -> Bin gerade dabei zu 
hinterfragen, ob ich wirklich Ingenieur werden will. ;)

Aber mal im Ernst, ich hab keine Ahnung, was jetzt zu tun ist. Dazu 
kommt, dass ich nicht weiß, wie die Drehgeschwindigkeit mit meinen 
Behelfslösungen geregelt werden soll - bei einem FU bspw sollte sie ja 
nicht die ganze Zeit den Poti drehen müssen um die Drehgeschwindigkeit 
einzustellen, sondern das bequem über das Fußpedal machen können.
Im Zweifelsfall könnte man ja was mit einem Arduino und einem Fußpedal 
von Garagenband machen. Oder ihn zurückschicken.

Aber vielleicht ist das alles nur Overthinking, da das Maschinchen 
komplett mechanisch arbeitet und die Geschwindigkeit und Richtung direkt 
über Getriebe etc. generiert wird. Keine Ahnung, wie eine 
Industrienähmaschine von innen aussieht. Weiß nur, dass da was ein paar 
cm in den Motor geschoben wird, wenn das Pedal gedrückt wird - wie 
gesagt, meine Welt besteht aus '1'ern und '0'ern und die höchsten 
Spannungen sind für mich 5V oder 3.3V.

Ach und ich würde gern darauf verzichten einen neuen Motor kaufen zu 
müssen, die ganze Angelegenheit ist so schon kostspielig genug...

LG,
Philipp

PS: Ich mache mir mittlerweile wirklich Sorgen - würde meine Freundin 
gern noch ein bisschen behalten. Aber eine abgefackelte Wohnung kann man 
durch aus als Trennungsgrund betrachten ^^

von hinz (Gast)


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Bei solchen Maschinen wird die Nähgeschwindigkeit und -richtung 
mechanisch gesteuert, der Motor dreht stets auf Nenndrehzahl.
Wenn nicht das volle Drehmoment nötig ist, reicht die Steinmetzschaltung 
völlig. Der Motor muss dazu natürlich auf Stern umgeklemmt werden.

von Udo S. (urschmitt)


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Entweder den dirty Weg: Drehstromdose an Herdanschluss. Sollte bei dem 
kleinen Motor kein Problem machen.
Oder mit einem kleinen Umrichter und auf Dreieck geklemmt.

Das sollte allerdings jemand machen der sich auskennt.

von Egon D. (Gast)


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Philipp B. schrieb:

> Das Ding hat allerdings einen Starkstromanschluss und
> die Hausverwaltung hat bereits ausgeschlossen, eine
> neue Starkstromsteckdose anschließen zu lassen oder
> den Herd zwischenzeitlich ausßer Betrieb zu nehmen.

Das ist natürlich bescheuert.
Offensichtlich HAST Du ja Drehstrom in der Bude, nur
keine normgerechte Steckdose.


> Bei dem anzusteuernden Motor handelt es sich um einen
> Quick Rotan NDK 700/22 mit QuickStop, einen Drehstrom-
> asynchronmotor,

Woher weisst Du das -- also den "Drehstrom-Asynchronmotor"?
(Die Indizien deuten darauf hin -- aber hast Du irgendwelche
Unterlagen, die das belegen?)


> Aber mal im Ernst, ich hab keine Ahnung, was jetzt zu
> tun ist.

Du solltest meiner Meinung nach:
1. das Ding keinesfalls umbauen, BEVOR Du analysiert und
   verstanden hast, wie es funktioniert, und
2. das Ding erstmal irgendwo in Betrieb nehmen, wo
   Drehstrom verfügbar ist.


> Dazu kommt, dass ich nicht weiß, wie die
> Drehgeschwindigkeit mit meinen Behelfslösungen
> geregelt werden soll -

Das wirft die Frage auf: Wie wird denn im Original-
zustand die Drehzahl geregelt? DSAM-Baureihenmotoren
(Käfigläufer) lassen sich sowieso nicht ohne FU in
der Drehzahl stellen.


> bei einem FU bspw sollte sie ja nicht die ganze Zeit
> den Poti drehen müssen um die Drehgeschwindigkeit
> einzustellen, sondern das bequem über das Fußpedal
> machen können.

Das ist das kleinste Problem...


> Aber vielleicht ist das alles nur Overthinking, da
> das Maschinchen komplett mechanisch arbeitet und die
> Geschwindigkeit und Richtung direkt über Getriebe
> etc. generiert wird. Keine Ahnung, wie eine
> Industrienähmaschine von innen aussieht.

Dann weisst Du doch schon, was als erstes zu tun ist...


> Weiß nur, dass da was ein paar cm in den Motor geschoben
> wird, wenn das Pedal gedrückt wird -

Das wird die Bremse sein.
Es genügt, wenn man sich EINEN Stich in den Finger näht --
es müssen nicht unbedingt drei oder vier sein...

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Wenn die Maschine komplett gekauft wurde, ist die Regelung 
elektropneumatisch und bereits vorhanden. In diesem Fall kann man 
entweder einen festeingestellten FU oder auch die Steinmetzschaltung 
verwenden, wobei ich wg. der optimalen Phasenlage den FU bevorzugen 
würde. Die komplette Anleitung der Maschine ist nach wie vor bei 
Dürkopp-Adler zu laden:
https://www.duerkopp-adler.com/export/sites/duerkoppadler/commons/download/public/212/K_211_212_219_DE.pdf
Bielefeld gibt es zwar nicht, aber Dürkopp ist da ansässig :-P
Es werden einen Haufen Ausstattungsvarianten beschrieben und detalliert 
alle notwendigen Wartungstätigkeiten.

von Pille (Gast)


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>4. einen Frequenzumrichter zu verwenden ist eine schlechte Idee. Es gibt
>zwar neuere Motoren die Mit PWM Sinusen keine Probleme haben, aber
>gerade die "unkaputtbaren" Motoren aus dem alten Jahrtausend werden in
>diesem Betriebsmodus schnell den Löffel abgeben, je nachdem, ob das Ding
>eine Montagsproduktion ist. Dazu kommt das Problem, dass der Motor bei
>niedrigen Drehzahlen sehr heiß wird. -> Bin gerade dabei zu
>hinterfragen, ob ich wirklich Ingenieur werden will. ;)

Woher weißt Du denn das? Bist Du Einer von denen die sich einen 
Atomstromfilter zulegen würden, damit der pöse Atomstrom vor der 
Steckdose bleibt und ja nicht raustropft?
...aber den gesunden Photovoltaik-Strom würdest Du schon durchlassen 
wollen, nicht wahr? Der kommt zwar aus Frequenzumrichtern aber die Sonne 
und die Natur machts wieder gut?

Pille

von Uli S. (uli12us)


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Anderer Vorschlag, es gibt spezielle umrichtergesteuerte 
Nähmaschinenmotoren.
Die Dinger sind gar nicht teuer, da kostet ein Motor mit 0,5-1,1kw je 
nachdem welche Leistung gewünscht ist inklusive Umrichter, Encoder damit 
die Kiste immer stoppt, wenn die Nadel oben ist ca 100€. Für einen 
Umrichter wirst du
auch schon soviel ausgeben müssen, musst ihn dann aber selber 
anschliessen, brauchst noch alles mögliche an Zubehör und trotzdem hast 
du nicht die Funktion der fertigen Motor Umrichter Kombi. Nur als 
Beispiel: 
https://www.ebay.de/itm/Servomotor-fur-Industrienahmaschine-550W-Brushless-Industrielle-Nahmaschin-Motor/402600573458?hash=item5dbcdd3a12:g:VPgAAOSwDXlf1FYM 
Das Teil ist bis auf die mechanische Installation fertig.
Es gibt da alle möglichen Ausführungen, häufig ausm Ausland.
Auch ganz normale Motoren mit Fussregler gibts in ner Riesenauswahl. Da 
lange rumbasteln mit Umrichter lohnt sich nicht.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Frequenzumrichter, Motor auf Dreieck 230V, Frequenzumrichter fest auf 
50Hz programmieren und alles wird gut.

Keine variable Drehzahl mit dem Motor fahren, am Starkstromanschluss 
kann der auch nur eine starre Drehzahl. Die Regelung muss die Maschine 
irgendwie anders machen (keine Ahnung von Nähmaschinen).

von Schmidtchen Schleicher (Gast)


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Knülle schrieb:
>>4. einen Frequenzumrichter zu verwenden ist eine schlechte Idee. Es gibt
>>zwar neuere Motoren die Mit PWM Sinusen keine Probleme haben, aber
>>gerade die "unkaputtbaren" Motoren aus dem alten Jahrtausend werden in
>>diesem Betriebsmodus schnell den Löffel abgeben, je nachdem, ob das Ding
>>eine Montagsproduktion ist. Dazu kommt das Problem, dass der Motor bei
>>niedrigen Drehzahlen sehr heiß wird. -> Bin gerade dabei zu
>>hinterfragen, ob ich wirklich Ingenieur werden will. ;)
>
> Atomstromfilter blah, blah

Red nicht so viel Quatsch, halt bitte die Klappe zu.



Also es gibt schon eine Möglichkeit, PWM-empfindliche ältere Motore
trotzdem an einem FU zu betreiben, ohne daß die da viel abkriegen:

Nennt sich "Sinusfilter", und wird auch bei neueren Modellen teils
angewandt, um eine Zuleitung ungeschirmt ausführen zu können
(was ohne das Filter zu Störabstrahlung etc. führte, wg. d. PWM).

hinzens und Egons Ausführungen unterstütze ich voll. Finde so viel
wie irgend möglich darüber heraus. Und ich sehe das wie Ben, aus
genau dem genannten Grund.

Immerhin konnte ich - Foto rechts unten - "Steuerspannung 24V="
entdecken - sollte die nicht genau dazu dienen (wie genau - k.A.),
da die hier zu steuernde Größe fast nur die Drehzahl sein kann?

Mich würde stark interessieren, inwiefern diese 24V= verwendet
werden (die man allerdings wohl auch bereitstellen müssen wird -
obwohl das eher Kleinkram ist, vgl. m. der Hauptspeisung), die
Drehzahl zu variieren.

von Mani W. (e-doc)


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https://picclick.de/Industrien%C3%A4hmaschine-pfaff-Typ-NDK700-22-Quick-Rotan-264380956420.html

Hier findet man viele Bilder dazu...

Die 24 V = könnten für eine elektrische Kupplung sein, wie sie oft
in Industriemotoren verwendet wird (bzw. Kupplung/Bremse)...

von Helge (Gast)


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In meiner Welt war "die Hausverwaltung fragen" der Fehler - Wenn eh 
Drehstrom ankommt für den Herd, Sicherung für extra Steckdose in den 
Verteiler und Kabel in den Nähraum ziehen. Was spricht dagegen?

von Mani W. (e-doc)


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Helge schrieb:
> Was spricht dagegen?

Die Angst vor Vorschriften!

von Feldstecher (Gast)


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Ich hab so ne Naehmaschine mit Steinmetzschaltung in der Garage stehen. 
Wie andere schon geschrieben haben, bringt die Maschine die Steuerung 
fuer Drehzahl und Richtung bereits mit. Der Motor laeuft dabei immer auf 
voller Drehzahl, durch das Pedal kann man dann einkuppeln. Der 
Rueckwaertslauf wird an der Maschine eingestellt, dabei wird aber nur 
der Vorschub umgekehrt, die Spule und Nadel laeuft immer in die gleiche 
Richtung. Mit der Leistung gabs nie Probleme, auch nicht bei Leder. Ist 
eine Maschine mit Nadeltransport.

Die Nachruestmotoren halte ich fuer nicht schlecht, weil die Nadel oben 
stehen bleibt (Effizienz, es entfallen Handgriffe), und langsames Naehen 
leichter ist. Die Steuerung ueber die Kupplung muss man gewoehnt sein, 
sind halt 'Schnellnaehmaschinen'. Bei intensiver Nutzung kommt dann auch 
noch ein Verbrauchsaspekt dazu. Die Nachruestmotoren sind sparsamer, da 
es keinen "Rutschbetrieb" ueber eine Kupplung gibt und der Motor im 
Standby nicht weiterlaeuft.

Uebrigens, als zustaendiger Maschinendoktor kannst du dich auf 
regelmaessige Reparaturen und Nachstellungen gefasst machen.

von nordenfjelds (Gast)


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I have a Durkopp 211 which is fed from a Control Techniques 0.37 kW 
frequency converter ("VFD"). It works absolutely Perfect. Speed 
continously variable from 0 to max, by buttond on the VFD or by a 
potentiometer in a pedal. No overheating at low speed because the "max 
current" setting of the VFD is set as low as possible. Highly 
recommendable solution.

von Hubert (Gast)


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Solche Antworten bringen Umsatz, bei der Feuerversicherung!
Fachlich falsch und nicht recherchiert.

von Max M. (Gast)


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Hubert schrieb:
> Solche Antworten bringen Umsatz, bei der Feuerversicherung!
Aber dem TO bringen sie 11 Monate später nichts mehr du top Rechercheur 
der hinter jedem überhitzen Motor gleich flammendes Inferno sieht.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Hubert schrieb:
> Solche Antworten bringen Umsatz, bei der Feuerversicherung!

Ja, genau - so eine Nähmaschine läuft ja auch stundenlang ohne Pause :-P

Mann, Mann, was hast du denn recherchiert?  Gemüsezucht auf dem Mars?

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