Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Agile Transformation


von Herbert (Gast)


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Bei uns findet gerade eine Agile Transformation statt.
Wir werden jetzt dann User-Stories schreiben, um unserer Projekte besser 
zu organisieren. Bei einer User Story beschreibt man das Problem aus der 
Sicht eines Anwenders. Damit kann man das Problem dann besser verstehen. 
Die User Stories werden dann innerhalb eines Sprints abgearbeitet und 
sind erledigt, wenn sie die aufgeschriebenen Akzetpanzkriterien 
erfüllen. Ich dachte ursprünglich, das Prinzip wäre nur für die 
Softwareenttwicklung, aber man kann es scheinbar auch für die 
Elektronikentwicklung und die Konstruktion verwenden.

Verwendet ihr auch schon Agile Methoden und wie sind eure Erfahrungen 
mit den User Stories?

:
von Reinhard S. (rezz)


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Freitag ist erst morgen :D

von shkval (Gast)


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Trollpost.

Agile Entwicklung funktioniert sehr gut, man muss es zunächst mal 
verstehen, dann anwenden und dann auch in der täglichen Arbeit leben. 
Zusätzlich zur agilen Entwicklung benötigt man aber auch die 
entsprechende Infrastruktur und auch entsprechend ausgebildete 
Entwickler.

Leider scheitert es in Deutschland sowohl bei den Managern als auch bei 
den Entwickler sowohl bei Punkt 1, bei Punkt 2 und bei Punkt 3.

von MaWin (Gast)


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Herbert schrieb:
> Verwendet ihr auch schon Agile Methoden

Nicht mehr.

Kam nie was sinnvolles bei raus wenn man ständig die velocity im 
Schaumschlagen erhöht weil BWL Hansel nichts verstehen aber ständig 
steigende Zahlen sehen wollen.

Agile Methoden wie Scrum, Kanban, Kaizen, Lean können prinzipbedingt 
keine qualitätsgesicherten Produkte liefern.

Six Sigma DMAIC (define, measure, analyze, control, improve) liegt näher 
an ISO9001, im seriösen Umfeld gilt DO-178, V-Modell XT und IEEE 12207 
falls es um den ganzen SW Lifecykle geht. Die DIN EN 61508 ("SIL-Norm") 
verlangt daher für sicherheitsgerichtete Funktionen die Wasserfall oder 
V-Modell Methode bei der Entwicklung.

von Herbert (Gast)


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>Agile Entwicklung funktioniert sehr gut ...

Das hört sich so an, als wenn du schon Erfahrungen damit hast.
Welche Funktion übernimmt bei euch der Produkt-Owner?

von Herbert (Gast)


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MaWin (Gast)
04.03.2021 20:56

>Herbert schrieb:
>> Verwendet ihr auch schon Agile Methoden

>Nicht mehr.
>Kam nie was sinnvolles bei raus wenn man ständig die velocity im
>Schaumschlagen erhöht weil BWL Hansel nichts verstehen aber ständig
>steigende Zahlen sehen wollen.

Seit ihr ein reines Softwareteam oder sind auch andere Disziplinen wie 
Hardware beteiligt? Bei der Software gibt es ja oft das Problem der 
Arbeitsüberlastung und durch die User-Stories erhoffe ich mir ein 
besseres Fernhalten von Leuten, die immer neue Features einkippen 
wollen.

von Herbert (Gast)


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Hier gibt es ein kurzes Einführungsvideo zur Thematik:

https://www.youtube.com/watch?v=1Z3FD97Xsbc

von shkval (Gast)


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MaWin schrieb:
> Agile Methoden wie Scrum, Kanban, Kaizen, Lean können prinzipbedingt
> keine qualitätsgesicherten Produkte liefern.

Du solltest dich erst mal informieren.
Gerade bei agilen Methoden steht Qualität sogar im Mittelpunkt. V-Modell 
und agil stehen übrigens auch überhaupt nicht im Widerspruch.

Die Qualität bei agilen Methoden steht und fällt aber mit dem Qualität 
der Entwickler.
Garbage In. Gargabe Out. Wenn Nichtskönner grottigen Code produzieren 
und Nichtskönner diesen grottigen Code grottig reviewen und Nichtskönner 
grottige Definitions of Done schreiben, na dann gibt es natürlich keine 
Qualität.

Herbert schrieb:
> Das hört sich so an, als wenn du schon Erfahrungen damit hast.
> Welche Funktion übernimmt bei euch der Produkt-Owner?

Ich habe Erfahrung. Und sogar eine kleine Geschichte.
Habe eine zeitlang in einem sehr großen Konzern gearbeitet. Zwei 
Standorte A und B haben gleichzeitig begonnen an einem Projekt zu 
arbeiten. Das Proejkt an beiden Standorten war in Details verschieden, 
jedoch grundsätzlich sehr sehr ähnlich. Grund für die 
Parallelentwicklung war zu 80% Firmenpolitik und zu 20% irgendwelche 
rechtlichen Gründe (für Kunde xyz muss eigener Code produziert werden 
kA).
Standort A nutzte stures Projektmanagement nach Wasserfall. Am Anfang 
des Projekte wurde auf 2 Wochen genau geplant, wer was wann macht und 
wann was fertig zu sein hat. Die beteiligten Manager haben dann noch 10% 
Sicherheitspuffer draufgeschlagen, weil man das halt so macht. Fertig 
war der Plan.
Standort B entschied sich von Anfang für ein agiles Vorgehen. Und zwar 
wirklich agil. Sowohl Manager als auch Entwickler wurden darauf geschult 
und es gab eine externe Begleitung. Es wurden am Anfang des Projekt alle 
User Storys, die aus den Kundenrequirements abgeleitet werden konnten, 
aufgeschrieben. Und dann begann man zu arbeiten.

Ende der Geschichte: Standort B lieferte mit minimalen Verzug (bedingt 
durch diverse Change Requests) in hoher Qualität.
Standort A lieferte mit monatelangem Verzug in nichtmal annährender 
Qualität ab. Gleichzeitig gab es beim Standort A massive Überstunden und 
damit Budgetüberschreitungen.

von Irgend W. (Firma: egal) (irgendwer)


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Herbert schrieb:
> Welche Funktion übernimmt bei euch der Produkt-Owner?
Die selbe wie schon zu Zeiten als man solche Leute noch 
"(Interne)Kunden" genannt hat:-)
Will alles sofort, will jeden Tag was anderes, will dafür keine budget 
bereitstellen usw. Alles genauso wie seit Jahrzehneten, eine neuere Name 
für irgendwas ändert da garnichts dran.

Herbert schrieb:
> Seit ihr ein reines Softwareteam oder sind auch andere Disziplinen wie
> Hardware beteiligt? Bei der Software gibt es ja oft das Problem der
> Arbeitsüberlastung und durch die User-Stories erhoffe ich mir ein
> besseres Fernhalten von Leuten, die immer neue Features einkippen
> wollen.

Die Agile-Sau wird derzeit durch alles getrieben was man irgendwie 
entwickeln kann. Das kann auch ein Handtuchhalter sein ganz ohne 
Elektronik oder Software.
Zu glauben das User-Storys irgendwas "Fernhalten" grenzt daran zu 
glauben das an Ostern der Weihnachtsmann vorbeikommt.
Mit den Dingern wird das Ganze noch viel schlimmer als vorher weil jeder 
glaubt man muss nur genug von denen Schreiben und wie durch eine Wunder 
erledigt - ist ja jetzt alles Agile und alles wird sofort erledigt und 
nicht mehr wie früher von langer Hand geplant.

Seit Einführung von dem Agilen scheißdreck muss man bei uns schon froh 
sein, wenn man wenigstens noch einen Tag die Woche zum Arbeiten kommt. 
Der Rest geht für Unmengen bla bla Runden drauf wo eine Userstory mit 
eigentliche 2-3 Stunden Arbeit erstmal mit 20 Leuten 2 Stunden lang 
diskutiert wird ob die überhaupt so gemacht werden kann und wenn das rum 
ist geht es dann noch in zig Priorisierungsrunden über die Reihenfolge 
der Userstorys. Und das alle paar Tage wieder von vorne weil sich 
garantiert irgendein Auftraggeber bei der Priorisierung benachteiligt 
fühlt und sein Projekt ja so wichtig ist das alles nochmal neu von vorne 
ausgehandelt werden muss.

Mit dem ganzen Agile Zeug ist es endlich gelungen die perfekte 
Selbstverwaltung zu erschaffen und die ganze Arbeitszeit mit dem Prozess 
zu verbringen ohne auch nur irgendeinen output zu generieren. Und falls 
mal "Auftragsmangel" in Sicht kommen sollte schreibt man sich halt 
selbst eine paar User-Stories und kippt die ins System:-)

von Val D. (valeri_d)


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shkval schrieb:
> Du solltest dich erst mal informieren.
> Gerade bei agilen Methoden steht Qualität sogar im Mittelpunkt. V-Modell
> und agil stehen übrigens auch überhaupt nicht im Widerspruch.
Man soll unterscheiden, welche Qualität. Denn es kann unterschiedliche 
sein.

> Die Qualität bei agilen Methoden steht und fällt aber mit dem Qualität
> der Entwickler.
> Garbage In. Gargabe Out. Wenn Nichtskönner grottigen Code produzieren
> und Nichtskönner diesen grottigen Code grottig reviewen und Nichtskönner
> grottige Definitions of Done schreiben, na dann gibt es natürlich keine
> Qualität.
Ja, das Problem dabei ist, wenn einer nur sagt, dass er agil arbeitet, 
dann sind die anderen Fähigkeiten wieso auch immer weniger relevant. Das 
Wort wird zu einer Frei-Karte. Und wird sehr oft missbraucht.

> Ich habe Erfahrung. Und sogar eine kleine Geschichte.
Es erinnerte mich an die andere Geschichte. Einer fand wo ein Geldstück. 
Der andere, der davon erfuhr ging auf diese Stelle immer wieder - jedoch 
fand nie was. Damit wollte ich zum Ausdruck bringen, dass individuelle 
Beispiele nicht immer repräsentativ für etwas sein können.

Das Problem ist dabei, dass vergessen wird, dass auch "gestern" Autos, 
Flugzeuge, Computer, Macs, Formel-1, Raketen fürs All usw. auch erfunden 
und gemacht wurden. Das beweist, dass auch die anderen Methoden gut 
funktionieren können. Ich vermisse in agil so was wie Wissenschaftlichen 
Bezug mit Formeln und Regeln. Ja, wenn ich eine Brücke über Rhein machen 
möchte, wird in diesem Projekt sehr viel, was man agil erledigen kann. 
Aber eine Konstruktion zu entwerfen, erst danach für sie die Statik zu 
berechnen usw. - einige grundlegende Aufgaben sind nicht agil, sondern 
brauchen eine grundlegende Überlegung und Erfahrung und Zeit. Auch die 
Software braucht eine vernünftige Architektur, Technologie und 
Datenmodell, die über mehrere Jahre stabil sein sollen. Eine stabile 
Architektur kann man nicht in 2-wochigen Zyklen erstellen. Meine 
Meinung, mit der nicht jeder einverstanden sein soll.

von A. B. (funky)


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Wenn eine Firma unter Wasserfall oder sonst einem Modell nix gebacken & 
fertig bekommt, dann ist es ein Trugschluss sowas nur durch agile, 
übergestülpte Methoden verbessern zu können.

Ich würde mittlerweile eher sagen es ist oft ein Führungs, Firmenkultur 
& Mitarbeiterproblem(je nachdem in unterschiedlicher Gewichtung)

Würden die Grundsätzlichen Probleme angegegangen (Kommunikation, 
Aufgabenverteilung, Verantwortlichkeit, Entscheidungsfindung bei 
unterschiedlichen Meinungen usw) dann ist das vorgehen in der 
Entwicklung eher zweitrangig.

von Val D. (valeri_d)


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Irgend W. schrieb:
> Die Agile-Sau wird derzeit durch alles getrieben was man irgendwie
> entwickeln kann.
> ....
sind wir Kollegen? <ironie>

von A. B. (funky)


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Agil & Scrum gibt dem ganzen Gequatsche, Planlosigkeit, Abstimmung & 
letztendlicher  Planung ja nur ein Gesicht bzw eine Struktur.

Vorher wurde halt nebenbei über den Kram diskutiert zwischen Tür & 
Angel, jetzt gibst dafür wöchentliche Meetings.
Der Abstimmungsbedarf & die Unklarheiten waren ja auch schon vorher da. 
Jetzt wird es nur ein wenig offensichtlicher

von Val D. (valeri_d)


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A. B. schrieb:
> Wenn eine Firma unter Wasserfall oder sonst einem Modell nix gebacken &
> fertig bekommt, dann ist es ein Trugschluss sowas nur durch agile,
> übergestülpte Methoden verbessern zu können.
Bin mir dir voll einverstanden. Leider wird die Methode nicht als 
Zusatz, sondern als Ersatz positioniert.

>
> Ich würde mittlerweile eher sagen es ist oft ein Führungs, Firmenkultur
> & Mitarbeiterproblem(je nachdem in unterschiedlicher Gewichtung)
>
> Würden die Grundsätzlichen Probleme angegegangen (Kommunikation,
> Aufgabenverteilung, Verantwortlichkeit, Entscheidungsfindung bei
> unterschiedlichen Meinungen usw) dann ist das vorgehen in der
> Entwicklung eher zweitrangig.
Dein Fazit hast du gut zusammen gefasst.

von A. B. (funky)


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Irgend W. schrieb:
> Die Agile-Sau wird derzeit durch alles getrieben was man irgendwie
> entwickeln kann.

Allein das du schreibst "derzeit" lässt mich deine Äußerungen schon 
etwas skeptisch betrachten.
Die agile Sau wird schon so dermaßen lange getrieben, dass sie fast 
schon tot ist. Unter welchem Stein lebst du?

von Val D. (valeri_d)


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A. B. schrieb:
> Irgend W. schrieb:
>> Die Agile-Sau wird derzeit durch alles getrieben was man irgendwie
>> entwickeln kann.
>
> Allein das du schreibst "derzeit" lässt mich deine Äußerungen schon
> etwas skeptisch betrachten.
> Die agile Sau wird schon so dermaßen lange getrieben, dass sie fast
> schon tot ist. Unter welchem Stein lebst du?
So einen Höhepunkt wie derzeit hat agile noch nie gehabt. Daher - er 
traf den richtigen Ton.

von MaWin (Gast)


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shkval schrieb:
> Du solltest dich erst mal informieren

Danke. 20 Jahre agiler Quatsch mit dutzenden Lehrgängen, Mentoren und 
wer noch so alles Geld verdienen wollte reichen als Information. Und 
nicht jeder der dutzend Verantwortlichen hat agil nicht verstanden oder 
absichtlich umgangen. Die Methoden haben nachweislich bewiesen, dass sie 
nicht geeignet sind, gute Produkte in kurzer Zeit mit optimaler 
Resourcennutzung zu erzeugen. Die "Performance" der Entwicklung vor 20 
Jahren mit ordentlichem Pflichtenheft war weit effektiver, die 
Produktqualität deutlich höher. Es hat seinen Grund, warum aktuelle 
Software, auch und vor allem Webangebote die fast alle agil entwickelt 
werden, hanebüchener Quatsch sind. Wollte gerade meinen Warenkorb bei 
Pollin ausdrucken 4 Artikel pro DIN A4 Seite werden gedruckt. Typisches 
Ergebnis agilen Unsinns.

Die Theorie: "wenn es nicht funktioniert, hast du nur nicht fest genug 
dran geglaubt", ist religiöses Geschwurbel.

von Val D. (valeri_d)


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MaWin schrieb:
> Six Sigma DMAIC (define, measure, analyze, control, improve) liegt näher
> an ISO9001, im seriösen Umfeld gilt DO-178, V-Modell XT und IEEE 12207
> falls es um den ganzen SW Lifecykle geht. Die DIN EN 61508 ("SIL-Norm")
> verlangt daher für sicherheitsgerichtete Funktionen die Wasserfall oder
> V-Modell Methode bei der Entwicklung.
Als ich das las, habe ich mir gedacht, dass kein Scrum-Master, kein PO, 
kein PM usw. diese Begriffe kennt, jemals wo hörte, darüber las usw. 
Außer den Jenigen, die rechtzeitig auf diesen agilen-Zug umgesprungen 
sind, weil dort viel mehr zu holen war...

von Egon D. (Gast)


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Herbert schrieb:

> Bei der Software gibt es ja oft das Problem der
> Arbeitsüberlastung und durch die User-Stories
> erhoffe ich mir ein besseres Fernhalten von Leuten,
> die immer neue Features einkippen wollen.

Sofern es sich bei den "Leuten, die immer neue Features
einkippen wollen" um Chefs handelt: Vergiss Deine Idee.
Du als Indianer kannst mit keiner Methode der Welt
Deinen Häuptling erziehen.

Frei nach Tom DeMarco: "Gegen pathologische Projektpolitik
gibt es kein wirksames Mittel."

"Mitarbeiter verursachen Probleme.
 Chefs verursachen Katastrophen."

von Egon D. (Gast)


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A. B. schrieb:

> Würden die Grundsätzlichen Probleme angegegangen
> (Kommunikation, Aufgabenverteilung, Verantwortlichkeit,
> Entscheidungsfindung bei unterschiedlichen Meinungen
> usw) dann ist das vorgehen in der Entwicklung eher
> zweitrangig.

Übersetzung: "Würde man all die Probleme, die die agilen
Methoden zu lösen versuchen, irgendwie anders lösen, wäre
es egal, ob man agile Methoden anwendet."

Ähh... ja. Korrekt. Aber völlig nutzlos.

von A. B. (funky)


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Valeri D. schrieb:
> Auch die
> Software braucht eine vernünftige Architektur, Technologie und
> Datenmodell, die über mehrere Jahre stabil sein sollen. Eine stabile
> Architektur kann man nicht in 2-wochigen Zyklen erstellen

"Vernünftig" klingt für mich so danach, dass du alle Anforderungen 
kennst. Die kennt man aber zumeist nicht. Zumindest nicht in 
wahrscheinlich 95% der Entwicklungsteams(da könnte man jetzt erörtern 
warum das so ist) in der heutigen Zeit.

Wenn du versuchst eine Brücke zu bauen so wie heute Software geplant 
wird, dann bekommst du die Kinderzeichnung einer Duplo Brücke, mit 
Fragezeichen & Platzhaltern bei 90% der relavanten Informationen welche 
sich während des Prozesses noch ändern können oder auch nicht. 
Zwischendurch bekommst du noch Zeichnungen von Holz, Beton und 
Glasbrücken die Fussgänger tragen können sollen aber evtl. auch einen 
Panzer.

Ich habe an einem Projekt mitgearbeitet, welches eine Version 2.0 werden 
sollte(das sind eh die schlimmsten Projekte)
Man fängt nicht auf der grünen Wiese an, sondern hat x Anforderungen die 
jeder reinkippt um sich wichtig zu machen. Alte Zöpfe werden quasi nie 
abgeschnitten. Jeder Mist der über Jahre nur genervt hat ist plötzlich 
doch wichtig, damit sich auch ja jeder verewigen kann.

Laufen sollte alles auch noch auf veralteter Hardware da man die erst 
später neu entwickeln wollte. Für moderne GUI-Frameworks war die zu 
lahm. Also mit GUI Eigenentwicklung(kann ich niemandem empfehlen). Über 
die Architektur wurde sich massivst Gedanken gemacht. Auch ein Problem. 
Wenn man die Anforderungen nicht genau kennt, kann man alles zu knapp & 
zu ungenau planen oder auch verleitet werden, jedes potentielle Feature 
overengineeren. Man meint, man weiß ja was v1.0 Scheiße gemacht hat, 
dann macht man es in v2.0 richtig. Es gibt aber neue, andere & 
unkonkrete Anforderungen und man macht wieder neue & andere Fehler wie 
auch bei v1.0 schon.

Zeit kostet das auch alles. Irgendwann sitzt einem der Chef im Nacken 
der sich im Idealfall nicht mal mehr an seine unkonkreten Wünsche von 
vor 2 Jahren erinnert. Plötzlich ist alles lahm, unschick und 
letztendlich zieht irgendjemand den Stecker.

Auf eine Person kann man da auch nicht zeigen die alles falsch gemacht 
hat. Da kommt so viel Kleinscheiß zusammen, das übersteigt manchmal die 
Vorstellungskraft des uC.net Hobbyentwicklers

Zusätzlich sollte man nicht unterschätzen, dass die Ansprüche 
heutezutage gestiegen sind. Wenn mir jemand erzählt, wie super das 
damals vor 25 Jahren alles war und wie effektiv da doch entwickelt 
wurde, dann kann ich nur schmunzeln. Da hatte auch nicht jeder 
Hanz&Franz ein Smartphone in der Tasche, an dessen Features dann halt 
auch mal 500 Mann Teams sitzen.
Viel Spaß dagegen mit dem 5 Mann Entwicklerteam zu konkurrieren, in 
deren Firma IT  Nebensache ist.
Aber die Experten hier können darüber natürlich nur müde Lächeln :)

von A. B. (funky)


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Egon D. schrieb:
> Ähh... ja. Korrekt. Aber völlig nutzlos.

Ja eben...wenn man sich der ursächlichen Probleme nicht bewusst wird, 
ist es eben auch das: völlig nutzlos!

Oder meinst du, in einer Firma aus Einzelkämpfern und schlechter Kultur 
bringt die 2wöchentliche Retro plötzlich automatisch den Umschwung nur 
weil man jetzt agil ist?

von Egon D. (Gast)


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A. B. schrieb:

> Oder meinst du, in einer Firma aus Einzelkämpfern
> und schlechter Kultur bringt die 2wöchentliche Retro
> plötzlich automatisch den Umschwung nur weil man
> jetzt agil ist?

Nein, das meine ich nicht.

Ich meine folgendes: Du zählst (zu Recht) einige Problem-
felder auf und sagst: "Wenn man diese Probleme lösen könnte,
wäre egal, ob man agil arbeitet oder nicht."

Du zäumst damit aber das Pferd vom Schwanz her auf, denn
(einige) agile Methoden versuchen ja gerade, genau für
diese Problemfelder konkrete Lösungen anzubieten!

Und -- ja, selbstverständlich: Wenn man für diese Probleme
ANDERE Lösungen hätte, bräuchte man die agilen Methoden
nicht! Richtig erkannt -- aber nutzlos.

von shkval (Gast)


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Valeri D. schrieb:
> Das Problem ist dabei, dass vergessen wird, dass auch "gestern" Autos,
> Flugzeuge, Computer, Macs, Formel-1, Raketen fürs All usw. auch erfunden
> und gemacht wurden. Das beweist, dass auch die anderen Methoden gut
> funktionieren können. Ich vermisse in agil so was wie Wissenschaftlichen
> Bezug mit Formeln und Regeln. Ja, wenn ich eine Brücke über Rhein machen
> möchte, wird in diesem Projekt sehr viel, was man agil erledigen kann.
> Aber eine Konstruktion zu entwerfen, erst danach für sie die Statik zu
> berechnen usw. - einige grundlegende Aufgaben sind nicht agil, sondern
> brauchen eine grundlegende Überlegung und Erfahrung und Zeit. Auch die
> Software braucht eine vernünftige Architektur, Technologie und
> Datenmodell, die über mehrere Jahre stabil sein sollen. Eine stabile
> Architektur kann man nicht in 2-wochigen Zyklen erstellen. Meine
> Meinung, mit der nicht jeder einverstanden sein soll.

Es wird leider sehr viel vermischt und agile Entwicklung wird auch 
missbraucht. Daher auch der schlechte Ruf agiler Methoden.

Vielleicht ein wenig länger aber...

Agile Entwicklung heißt nicht, das sich plötzlich im 2 Wochen Rythmus 
ALLES ändere. Agile Entwicklung heißt nicht, dass ich plötzlich alle 2 
Wochen neue Requirements mache. Agile Entwicklung heißt nicht, dass ich 
alle 2 Wochen meine Technologie oder Architektur ändere.

Der agile Entwicklungsprozess ist so gesehen ein kleiner Bereich im 
Gesamtentwicklungsprozess. Der agile Prozess kann in ein klassisches 
V-Modell eingebettet werden. Der agile Prozess kann auch in einen 
klassischen Projektplan eingebettet werden.

Die besten Erfahrungen, die ICH gemacht habe, waren agile 
Kernentwicklungsteams die in größere Prozesse zur Qualitätssicherung und 
Produktabnahme eingebettet waren. Ich arbeite in einem Bereich der nicht 
weit weg von Flugzeugen und Raketen fürs All ist und wir haben z.B. 
einen größeren Prozess mit mehreren Teilprozessen, von denen die 
Implementierung einer ist.
Bevor das Kernentwicklerteam beginnt, müssen verschiedene Teilprozesse 
abgeschlossen werden z.B. das Requirements Engineering oder das Systems 
Engineering. Auch Architekturfragen können so zeitnah vor der 
Implementierung geklärt werden. Die Alternative ist, dass man zunächst 
Zeit einplant für eine agile Architekturentwicklung, da man z.B. im 
Vorraus manchmal nicht sagen kann, ob gewisse Architekturen auch die 
gewünschte Performance usw. bringen (im Beispiel oben, könnte man z.B. 
zunächst Zeit einplanen um herauszufinden, inwieweit die Pläne des 
Architekten statisch überhaupt möglich sind und wo der Architekt ändern 
muss... bevor man z.B. erstmal eine komplette statische Berechnung 
durchführt und dann drauf kommt, ok, geht nicht, Architekt muss neu 
planen).
Insofern wiedersprechen sich agile Entwicklung und auch 
wissenschaftlicher Bezug gar nicht. In Wahrheit ist z.B. agile 
Entwicklung sehr nahe auch an wissenschaftlicher Arbeit...

Agile Entwicklung funktioniert nicht
1) Wenn Requirements unklar sind und einfach gesagt wird, fangt mal an
2) Wenn agil nur ein Buzzword ist und der Cheffe trotzdem micro-managed 
und jeden Tag munter irgendwelche Aufgaben direkt vergibt
3) Wenn dem Entwicklerteam seine Selbstorganisation genommen wird (siehe 
2)
4) Wenn "agil" bedeutet, dass man nur mehr "Systemerhalter" für endlose 
und sinnlose Meetings ist und alle Entwickler zu allen Meetings 
eingeladen werden
5) Wenn "agil" bedeutet, dass der Product Owner eigentlich Projektleiter 
ist und dann trotzdem ein paar schöne Gantt Charts und Co zeichnet, um 
das Management zufrieden zu stellen
....

von Egon D. (Gast)


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A. B. schrieb:

> Valeri D. schrieb:
>> Auch die Software braucht eine vernünftige
>> Architektur, Technologie und Datenmodell, die
>> über mehrere Jahre stabil sein sollen. Eine
>> stabile Architektur kann man nicht in 2-wochigen
>> Zyklen erstellen
>
> "Vernünftig" klingt für mich so danach, dass du alle
> Anforderungen kennst.

Nicht unbedingt.
"Vernünftig" heisst nicht zwingend "ein für alle Mal
feststehend". Es ist aber deutlich verschieden von
"hat sich halt so ergeben".
Ein gewisser... "Gestaltungswille" sollte schon
erkennbar sein... :)


> Die kennt man aber zumeist nicht. Zumindest nicht in
> wahrscheinlich 95% der Entwicklungsteams(da könnte
> man jetzt erörtern warum das so ist) in der heutigen
> Zeit.

Damit weisst Du schonmal mehr als gefühlt 90% aller
Mitglieder eines beliebigen Projektteams.

von Val D. (valeri_d)


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A. B. schrieb:

> ...overengineeren. Man meint, man weiß ja was v1.0 Scheiße gemacht hat,
> dann macht man es in v2.0 richtig. Es gibt aber neue, andere &
> unkonkrete Anforderungen und man macht wieder neue & andere Fehler wie
> auch bei v1.0 schon.

Du hast alles gut erfasst. Leider oder zum Glück habe ich nichts gehört, 
wo du mir widersprechen wolltest. Denn dennoch werden auch heute Brücken 
gebaut und Autos hergestellt und Motoren für sie fertigentwickelt und 
nicht erst danach iterativ stätig verbessert, nachdem das Auto bereits 
verkauft wurde.
Ja, Fehler passieren. Und ja, auch manchmal werden auch Autos zurück 
gerufen. Diese Aktion ist jedoch mehr Ausnahme als Regel.

Es gibt in jedem Projekt, besonders in einem Ingenieur- oder 
Softwareprojekt so was wie Hauptgrundlage. Diese braucht nicht zu 
wissen, ob ein Button runde oder eckige Ecken später haben wird. Diese 
Hauptgrundlage ist eine Konstruktion. Wie in einem Hochhaus. Ja, die 
Räume werden später zusammengelegt, anders gestrichen, neue Dosen werden 
installiert, neu Fahrstühle werden verbaut usw. Jedoch in einem 
Wolkenkratzer aus den 30-Jahren steht die Hauptkonstruktion nach wie vor 
stabil, weil sie für diese Stabilität entwickelt wurde. Meiner Meinung 
nach sollen auch die anderen Projekte so design werden. Denn man kann 
eine Konstruktion eines Wolkenkratzer nicht iterativ realtime-artig 
entwickeln. Mir ist die Methode dafür nicht bekannt. Das heißt für mich 
- zuerst Konstruktion entwerfen, danach Statik, danach agil und parallel 
- bauen lassen und Raume gestalten. Wenn man ständig neue Anforderungen 
in den Bauplänen berücksichtigen möchte, dann erlebt man ähnliches wie 
Berliner-Flughafen - endloses Projekt.

von Val D. (valeri_d)


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shkval schrieb:
>...
> Agile Entwicklung funktioniert nicht
> 1) Wenn Requirements unklar sind und einfach gesagt wird, fangt mal an
> 2) Wenn agil nur ein Buzzword ist und der Cheffe trotzdem micro-managed
> und jeden Tag munter irgendwelche Aufgaben direkt vergibt
> 3) Wenn dem Entwicklerteam seine Selbstorganisation genommen wird (siehe 2)
> 4) Wenn "agil" bedeutet, dass man nur mehr "Systemerhalter" für endlose
> und sinnlose Meetings ist und alle Entwickler zu allen Meetings
> eingeladen werden
> 5) Wenn "agil" bedeutet, dass der Product Owner eigentlich Projektleiter
> ist und dann trotzdem ein paar schöne Gantt Charts und Co zeichnet, um
> das Management zufrieden zu stellen
> ....

Du hast sehr gut alles erfasst. Ich habe mir dein Kommentar notiert. Ich 
muss ihn noch einige Male lesen, um ihn genauso auch wiedergeben zu 
können. Danke.

Eine kleine Ergänzung. Du hast Recht. Und ich verstehe, was agil ist und 
was nicht ist. Es wird aber massiv von denen verbogen, die agil überall 
mit allen Mitteln durchsetzen wollen - passt oder nicht, weil ... (hier 
kann jeder die Liste der Gründe selber gestallten).

von A. B. (funky)


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Ich will dir gar nicht unbedingt widersprechen. Ich sinniere nur über 
das Leben als Softwareentwickler.
uC.net Therapiestunde ;-)

von Val D. (valeri_d)


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A. B. schrieb:
> Ich will dir gar nicht unbedingt widersprechen. Ich sinniere nur über
> das Leben als Softwareentwickler.
> uC.net Therapiestunde ;-)

Volltreffer :)

von Egon D. (Gast)


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Valeri D. schrieb:

> Denn dennoch werden auch heute Brücken gebaut und
> Autos hergestellt und Motoren für sie fertigentwickelt
> und nicht erst danach iterativ stätig verbessert,
> nachdem das Auto bereits verkauft wurde.

Das stimmt.

Du vergisst dabei, dass Brücken seit tausenden von Jahren
und Autos immerhin seit 130 Jahren gebaut werden. Sicher,
die Details entwickeln sich allmählich weiter, die Technik
ändert sich -- aber viele Grundfunktionen bleiben erhalten.

Smartphones haben (lt. Wikipädie) seit 13 Jahren (!!) eine
nennenswerte Verbreitung. Das Auto ist zehnmal so alt!

Wenn sich die Geschwindigkeit der Autos genauso entwickelt
hätte wie die Rechenleistung der Smartphones, wären wir
wohl alle mit Mach 10 unterwegs.


> Ja, Fehler passieren.

Es geht nicht (primär) um Fehler. Es geht darum, dass die
Computer Dinge automatisieren, die noch nie zuvor eine
Maschine vollbracht hat. Dabei tritt regelmäßig der Fall
ein, dass der zukünftige Anwender noch KEINE klare
Vorstellung davon hat, was das Computerprogramm leisten
kann und muss.
Das ist auch völlig logisch -- es ist ja NEU!


> Es gibt in jedem Projekt, besonders in einem Ingenieur-
> oder Softwareprojekt so was wie Hauptgrundlage. Diese
> braucht nicht zu wissen, ob ein Button runde oder eckige
> Ecken später haben wird. Diese Hauptgrundlage ist eine
> Konstruktion. Wie in einem Hochhaus.

Nein. Das ist Dein Irrtum.
Eine echte Innovation ist in mindestens einem Punkt NEU --
sonst wäre es keine Innovation. Dafür gibt es aber noch
keine erprobte Methode.

Beitrag #6609378 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Val D. (valeri_d)


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Egon D. schrieb:

> Nein. Das ist Dein Irrtum.
> Eine echte Innovation ist in mindestens einem Punkt NEU --
> sonst wäre es keine Innovation. Dafür gibt es aber noch
> keine erprobte Methode.

mit allem von dir einverstanden, jedoch, was du hier beschreist - ist 
eine akribische Suche nach den neuen Wegen - das hat mit sehr vielen 
Projekten nicht zu tun. Eine echte Innovation zu wollen - bedeutet, 
wirklich was Neues machen. Viele Projekt haben diesen Anspruch nicht. 
Und die erprobten Methoden existieren auch für Sachen, die es noch nicht 
gibt. Das Stichwort dafür ist z.B. TRIZ

https://de.wikipedia.org/wiki/TRIZ

Keiner von mir bekannten Scrum-Master hat diesen Begriff jemals gehört. 
Wir reden nicht darüber - das sie es anwenden würden.

von Val D. (valeri_d)


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shkval schrieb:
> Agile Entwicklung heißt nicht, das sich plötzlich im 2 Wochen Rythmus
> ALLES ändere. Agile Entwicklung heißt nicht, dass ich plötzlich alle 2
> Wochen neue Requirements mache. Agile Entwicklung heißt nicht, dass ich
> alle 2 Wochen meine Technologie oder Architektur ändere.

Ja, das heiß nicht, aber wenn man sich keine Gedanken über Architektur 
macht, was grundsätzlich beim puren agilen Vorgang (eigentlich) nicht 
möglich ist. Dann wird sich das schnell ändern. Und dann hat man keine 
richtige Architektur, auf der man stätig (agile) aufbauen kann, sondern 
einen Flickenteppich.

Mit dem Wasserfall kann das auch passierten, aber dort liegt solches 
Risiko bei den "dummen" Architekten und nicht bei der Methode.

Beitrag #6609401 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Gustav (Gast)


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Bei uns hat das Flightlevel 3 Managment vor kurzem den 
Transformationsprozess vorgestellt. Der große Vorteil ist, dass durch 
die agile Transformation die Projektschwierigkeiten transparenter werden 
und sie uns Entwicklern im Flightlevel 1 besser helfen können.

von Nop (Gast)


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Ich habe gute Erfahrungen damit, die Nachteile von Wasserfall durch 
Rapid Prototyping zu eliminieren, was agile Ideen mit Wasserfall ganz 
gut kombiniert. Man merkt viel schneller und damit günstiger, wenn man 
auf dem Holzweg ist.

von Gustav (Gast)


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Ich frage mich, ob wirkliche Fachexperten gerne in agilen Teams 
arbeiten. Mir scheint, dass besondere Leistungen eines einzelnen im 
agilen Team in der "Teamleistung" verschwindet.

von Dr. Frost (Gast)


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Gustav schrieb:
> Mir scheint, dass besondere Leistungen eines einzelnen im agilen Team in
> der "Teamleistung" verschwindet.
Ich fühle mich als Fachexperte in meinem agilen Team sehr wohl. Meine 
Kollegen bekommen von mir jeden Morgen detaillierte Anweisungen, die sie 
dann agil und selbstverantwortlich in hochwertige Arbeitsprodukte 
überführen. Bin deren Chef.

von Senf D. (senfdazugeber)


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Gustav schrieb:
> Ich frage mich, ob wirkliche Fachexperten gerne in agilen Teams
> arbeiten. Mir scheint, dass besondere Leistungen eines einzelnen im
> agilen Team in der "Teamleistung" verschwindet.

Das ist doch die Definition von Team: Toll, ein anderer macht's. So kann 
sich ein Einzelner mit seiner Nicht-Leistung im agilen Team hinter der 
"Teamleistung" verstecken. Kann man also auch positiv sehen, je nach 
Standpunkt.

von Abc (Gast)


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Bei uns wurde auch "agiles arbeiten" eingeführt, offiziell Scrum.

Trotzdem werden ständig Prio 1 Themen eingekippt, auch im Sprint. Gerne 
übergeht das Management dabei auch mal den Product Owner und verteilt 
die Aufträge direkt an einzelne Mitarbeiter.

Der Product Owner darf nebenher noch allen lästigen Papierkram erledigen 
(PPTs, Entwicklungsverträge, Patentanmeldungen) und hat keinerlei 
Entscheidungsfreiheit weil das Management alle Themen für die nächsten 
Monate schon fest vorgegeben hat.

Dazu gibt es für manche Themen Zeitpläne im Excel-Format bei denen jede 
Terminderung eine kleine Krise verursacht.

Zusätzlich haben wir ein Zentralkomittee in dem u.a. der CEO sitzt (bei 
über 10.000 MA!), dort wird immer genehmigt an was die einzelnen agilen 
Teams die nächsten 3 Monate arbeiten dürfen. Inklusive fester Vorgaben 
was im nächsten Release zu liefern ist. Releases sind auch fest 
vorgegeben alle 3 Monate zu liefern.

Releases werden auch immer aufwendiger, weil alles immer formaler wird 
und immer mehr kram dazu kommt. Das Dokument mit den Vorgaben für ein 
Release hat über 20 Seiten.

Das Review ist ein reiner reporting Termin fürs Management.

Fail fast, aber wehe ein Projekt failt, das ist schonmal prinzipiell 
ausgeschlossen.

Wir dürfen ein bisschen tests schreiben, aber wenn es eng wird werden 
die Tests wieder als Zeitverschwendung gesehen und die Entwickler sollen 
gefälligst Features machen. Hunterher wundert und beschwert man sich 
dann über Stabilitätsthemen und Bugs.

Aber ja, wir sind jetzt total agil. Kannst du dir nicht ausdenken.

Ist es besser als vorher? Nein, im Gegenteil.

Die Dailies finde ich gut, da ist man immer auf dem Stand was die 
Kollegen so tun. Der Rest ist Cargo Kult und organisatorisch ist es 
jetzt eine Vollkatastrophe. Eine Mischung aus Bürokratie, 
Micromanagement und Willkür. Das Management erwartet mehr Output als 
vorher und mischt sich viel mehr ein als vorher.

Etwas ausprobieren oder Zeit um technische Schulden zu begleichen, 
Refactoring, das ist alles nicht mehr drin.

Ich glaube man kann sehr gut agil arbeiten und Software entwickeln. Aber 
nicht bei uns.

von Senf D. (senfdazugeber)


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Abc schrieb:
> Ich glaube man kann sehr gut agil arbeiten und Software entwickeln. Aber
> nicht bei uns

Ihr kombiniert einfach alle Nachteile aus verschiedenen Prozessen. 
Genial.

Beitrag #6609497 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Abc (Gast)


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Agil transformiertes Neuronennetzwerk schrieb im Beitrag #6609497:
> Warum kann man nicht einfach am Bewährten festhalten?

Weil das eben gerade die Sau ist die von den Beraterbuden für viel Geld 
durchs Dorf getrieben wird... Wir haben dafür 6-stellige Beträge an ne 
große IT Beratung gezahl, bekommen haben wir ein paar Coaches, fast alle 
Berufsanfänger, bis auf einen auch noch völlig fachfremd. Die wollten 
auch nicht wissen wie wir arbeiten oder was unsere Branche oder Produkte 
für Besonderheiten haben. Die haben schlicht ihr Schema F runtergebetet, 
genauso wie sie es auch bei nem Webentwickler tun würden.

Es ist ja nicht so dass agil per se schlechter sein muss, aber man muss 
es dann auch richtig machen. Bei uns dient es nur der Außendarstellung 
und den Micromanagern.

Fun Fact: Die meisten hochbezahlten und ach so klugen Manager lesen agil 
und verstehen schnell. Dabei bedeutet agil wendig oder beweglich, aber 
nicht per se schnell...

von MaWin (Gast)


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Abc schrieb:
> Ist es besser als vorher? Nein, im Gegenteil.

Aber das Management kann gegenüber dem Kunden belegen, wie kräftig und 
mit steigender Effizienz ihr am Projekt der explodierenden Kosten 
arbeitet und hat eine einfache Möglichkeit die Effizienzsteigerung der 
Teams zu messen: immer mehr Stories pro Sprint. Und wenn auch die Story 
im ersten Sprint lautete "erstelle Prototypen" und heute "lege einen 
Spike darüber an ob an das Ende eines Satzes ein Punkt gehört".

Senf D. schrieb:
> Ihr kombiniert einfach alle Nachteile aus verschiedenen Prozessen.
> Genial.

Nicht wirklich. Scrum und Kanban funktionieren nicht. Es ist eben nicht 
jeder Mitarbeiter gegen jeden anderen bei gleicher Arbeitseffizienz 
austauschbar. Es wird nicht jede Story-Liste im 3-Wochen-Raster fertig. 
Schon absolute Grundannahmen von Scrum treffen so wenig zu wie die Bibel 
im echten Leben.

Abc schrieb:
> Es ist ja nicht so dass agil per se schlechter sein muss, aber man muss
> es dann auch richtig machen.

Der übliche Blödsinn der Gläubigen: "du musst nur stark genug dran 
Glauben".

Egon D. schrieb:
> Wenn sich die Geschwindigkeit der Autos genauso entwickelt
> hätte wie die Rechenleistung der Smartphones, wären wir
> wohl alle mit Mach 10 unterwegs.

Na ja, wenn der Autobau in Scrum-Teams gelaufen wäre, hätten wir heute 
Ochsenkarren mit Flügeln aus Blei.

Egon D. schrieb:
> Dabei tritt regelmäßig der Fall
> ein, dass der zukünftige Anwender noch KEINE klare
> Vorstellung davon hat, was das Computerprogramm leisten
> kann und muss

Nur bei sehr sehr Dummen. Seit Scrum machen die aber mit bei der 
Produktentwicklung. Daher kommt nur noch Schrott bei raus. Erinnert sich 
noch einer an den XML Hype ? Das Ende der Dateiformate, jedes Programm 
kann alles lesen. Man musste sehr sehr dumm sein, trotzdem hielt sich 
der Hype mindestens 10 Jahre.

Valeri D. schrieb:
> shkval schrieb:
>
>> Agile Entwicklung funktioniert nicht
>
> Du hast sehr gut alles erfasst

Eigentlich reicht der erste Satz.

Valeri D. schrieb:
> Denn man kann eine Konstruktion eines Wolkenkratzer nicht iterativ
> realtime-artig entwickeln. Mir ist die Methode dafür nicht bekannt. Das
> heißt für mich - zuerst Konstruktion entwerfen, danach Statik, danach
> agil und parallel - bauen lassen

Jein. Auch die Statikberechnung kann ergeben, dass die Konstruktion Mist 
ist, und iteriert werden muss oder ganz verworfen. Und beim Bau wollen 
wir auch nicht agil jeden Tag Material neu einkaufen, sondern im voraus 
bestellen, mit Liefertermin. Das ist alles andere als agil. Sondern 
basiert auf ERFAHRUNG. Die fehlt halt den Kindern in der 
Softwareentwicklung total.

shkval schrieb:
> Daher auch der schlechte Ruf agiler Methoden.

Im Gegenteil, es gibt ja nichts anderes mehr, jeder der nicht agil in 
den Himmel hochlügt, wird als Ketzer versucht zu brandmarken.

Vor 30 Jahren gab es lean production bis die Produktion stillstand, 
danach kaizen was in Europa ganz anders verstanden wird als in Japan 
aber natürlich trotzdem hervorragend funktioniert.

In einer komplexen Welt suchen Menschen einfach klingende Lösungen, auch 
wenn die Falsch sind. Um so ahnungsloser die Menschen sind, um so mehr 
erheben sie die Antwort zum Dogma, welches sie mit religiöser Inbrunst 
verteidigen.

von Egon D. (Gast)


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Valeri D. schrieb:

> Egon D. schrieb:
>
>> Nein. Das ist Dein Irrtum.
>> Eine echte Innovation ist in mindestens einem Punkt
>> NEU -- sonst wäre es keine Innovation. Dafür gibt es
>> aber noch keine erprobte Methode.
>
> mit allem von dir einverstanden, jedoch, was du hier
> beschreist - ist eine akribische Suche nach den neuen
> Wegen - das hat mit sehr vielen Projekten nicht zu tun.

Hmm.
Erstmal: Projekt ist nicht gleich Projekt. In einem
Konsortium von einem Dutzend Firmen mit insgesamt 500
Entwicklern einen neuen Schnellzug zu entwickeln ist
eine andere Sache als mit 5 Entwicklern ein Gerät der
Konkurrenz nachzubauen und zu verbessern.

Meiner Meinung nach sind die Herausforderungen für den
einzelnen Entwickler in kleinen Teams höher (!) als in
großen. In kleinen Teams muss jeder Entwickler eine
höhere Komplexität bewältigen als in großen.


> Eine echte Innovation zu wollen - bedeutet, wirklich
> was Neues machen. Viele Projekt haben diesen Anspruch
> nicht.

Das ist der Knackpunkt: Der zweite Satz stimmt -- der
erste nicht.

"Viele Projekte haben diesen Anspruch nicht." -- Das
ist sicherlich richtig.

Aber: "Eine echte Innovation zu wollen - bedeutet,
wirklich etwas Neues machen" -- nee, genau das stimmt
eben im Allgemeinen nicht.
Es ist doch geradezu DER Klassiker in Entwicklungs-
projekten, dass das Projektziel erstmal recht harmlos
aussieht, und eine Weile kommt man auch gut voran.
Irgendwann taucht dann ein Problem auf, das niemand
vorhergesehen hat -- das sich aber zum Showstopper
entwickeln könnte.

Genau JETZT ist der Zwang zur Innovation da: Niemand
WOLLTE dieses Problem lösen -- aber jetzt MUSS man es
lösen!
Es nützt Dir auch nichts, dass Jahre später irgendwer
feststellt, dass eine kleine japanische Firma schon
vorher auf dieselbe Lösung gekommen ist wie Du -- das
hilft Dir exakt GAR NICHT weiter, wenn Du vor dem
Problem stehst.

Es ist schlicht EGAL, ob Du TATSÄCHLICH etwas weltweit
Neues erfunden hast oder nicht -- wenn der Aufwand, das
notwendige Wissen zu beschaffen, HÖHER ist als der
Aufwand, die Lösung selbst zu finden.

Die geschilderte Sache nennt man schlicht "Entwicklungs-
risiko". Die Ursache für das Risiko ist ein WISSENSDEFIZIT.

Deswegen hat auch das Wasserfallmodell seine Gefahren,
denn es wird immer so GETAN, ALS SEI schon alles klar.
Unwissenheit ist dann persönliches Versagen des Mit-
arbeiters.
Wenn dann irgendwann auch bei der Projektleitung
angekommen ist, dass das Ziel leicht erreicht werden kann,
sofern sich der Energieerhaltungssatz außer Kraft setzen
lässt -- dann ist das Kind schon in den Brunnen gefallen.


> Und die erprobten Methoden existieren auch für Sachen,
> die es noch nicht gibt.

Das ist richtig.

Trotzdem lassen sich solche Projekte nicht einfach so
planen und durchführen wie das Errichten einer weiteren
Eigenheimsiedlung. Man kann eben NICHT sicher vorhersagen,
WANN man eine Lösungidee haben wird, und welche Richtung
das Projekt DANACH nehmen wird. Es ist zu Projektbeginn
schlicht UNBEKANNT.


> Das Stichwort dafür ist z.B. TRIZ

Sehr interessant. Vielen Dank.

von Egon D. (Gast)


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MaWin schrieb:

> Egon D. schrieb:
>> Wenn sich die Geschwindigkeit der Autos genauso
>> entwickelt hätte wie die Rechenleistung der
>> Smartphones, wären wir wohl alle mit Mach 10
>> unterwegs.
>
> Na ja, wenn der Autobau in Scrum-Teams gelaufen
> wäre, hätten wir heute Ochsenkarren mit Flügeln
> aus Blei.

Naja, der innovative Teil der Auto- Entwicklung ist
mit Sicherheit nach agilen Prinzipien abgelaufen. Das
nannte nur noch niemand so.

Methodiken und Vorgehensmodelle sind der Versuch, das
in lehrbare und lernbare Regeln zu fassen, was sehr
gute Leute intuitiv können.
Ja -- dieser Versuch kann schiefgehen. Trotzdem ist
das Ansinnen ehrenwert (-- außer natürlich für die
"Elite", deren Pfründe jetzt bedroht sind).

Du hast Dich dafür entschieden, agile Methoden auf
ihre Formalien zu reduzieren, und leugnest schlicht und
einfach, dass es da überhaupt ein reales Problem gibt,
was sie zu lösen versuchen.

Okay. Deine Entscheidung. Warum sollte ich mit Dir
streiten?


> Egon D. schrieb:
>> Dabei tritt regelmäßig der Fall ein, dass der
>> zukünftige Anwender noch KEINE klare Vorstellung
>> davon hat, was das Computerprogramm leisten kann
>> und muss
>
> Nur bei sehr sehr Dummen.

Nicht jeder hat das (zweifelhafte) Privileg, sich
seine Kunden nach IQ aussuchen zu können.

Beitrag #6609627 wurde von einem Moderator gelöscht.
von MaWin (Gast)


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Egon D. schrieb:
> Du hast Dich dafür entschieden, agile Methoden auf
> ihre Formalien zu reduzieren, und leugnest schlicht und
> einfach, dass es da überhaupt ein reales Problem gibt,
> was sie zu lösen versuchen

Ich habe mich für gar nichts entschieden.

Es war die Firma, die entscheidet, jedem Hype hinterherrennen zu müssen, 
genauer so 5 Firmen.

Als Opfer kann man erst mal nur sagen: es kann ja nur besser werden. Die 
Erfahrung über 20 Jahre sagt aber: es wurde schlimmer, schlimmer als man 
es sich je vorstellen konnte. Und das lag nicht an den handelnden 
Personen, die wurden in den 20 Jahren reichlich ausgetauscht. Und es lag 
nicht am eigenen Widerwillen, man war teilweise erstmal begeistert dabeu 
und teilweise nur Beobachter. Aber was man beobachten musste, war krass: 
dasselbe Produkt, welches in der Entwicklung 2 Jahre gekostet hatte, 
sollte moderner schicker schneller nachprogrammiert werden, also das 
Konzept lag inklusive marktfähigem example schon vor, es musste nichts 
mehr hinzuerfunden werden, die Doku war vollständig. Das Ergebnis nach 
10 Jahren ist etwa genau so schnell bei 100-fachem Resourcenverbauch, 
setzt auf Eclipse auf weil das ja Arbeit spart, und kann noch immer 
nicht das, was das Original mal konnte. Die Kunden bleiben lieber beim 
Alten Produkt. Und auch andere Projekte aus den 20 Jahren kann man nur 
als gescheitert ansehen, wurden entwickelt und sind wegen Untauglichkeit 
schon wieder eingestampft  Aber es wurden Millionen umgesetzt.

Ich WEISS inzwischen, dass agiles Scrum die Ursache vielen Übels ist und 
Ursache, warum es dermassen viele Produkte gibt, die nichts mehr taugen.
Ich weiss auch, dass BWL Controller es lieben, weil es eine perfekte 
Knute ist mit der man das gemeine Fussvolk noch mehr Output antreiben 
kann, dabei aber nicht merken, dass ihre Zahlen mit denen die die 
Performance messen und ihren Chefs präsentieren nur fake Zahlen sind. 
Denn das Fussvolk ist auch nicht blöd.

Beitrag #6609757 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Egon D. (Gast)


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MaWin schrieb:

> Egon D. schrieb:
>> Du hast Dich dafür entschieden, agile Methoden
>> auf ihre Formalien zu reduzieren, und leugnest
>> schlicht und einfach, dass es da überhaupt ein
>> reales Problem gibt, was sie zu lösen versuchen
>
> Ich habe mich für gar nichts entschieden.

Das nehme ich deutlich anders wahr: Du hast Dich
dafür entschieden, die Schuld in der METHODE zu
suchen und nicht in ihrer falschen ANWENDUNG.

(Einen halben Schritt kann ich Dir aber entgegen-
kommen: Es kann wohl sein, dass die Methode
unausgereift ist und bestimmte Anwendungsfehler
geradezu provoziert.)


[...]
> Und das lag nicht an den handelnden Personen, die
> wurden in den 20 Jahren reichlich ausgetauscht.

Es liegt fast nie an den handelnden Personen. Es ist
wurscht, ob der Diktator Pinochet, Hitler oder Stalin
heisst, und es ist auch wurscht, ob der Oberscherge
auf den Namen Berija, Müller oder Gonzales hört.

Systeme -- leider auch pathologische -- entwickeln
eine Eigendynamik, nicht nur in der großen Politik.


> Ich WEISS inzwischen, dass agiles Scrum die Ursache
> vielen Übels ist und Ursache, warum es dermassen viele
> Produkte gibt, die nichts mehr taugen.

Naja, genau DAS ist die Entscheidung, von der ich rede:
Deine Schlussfolgerung in Form dieser Schuldzuweisung.

Die schlechten Erfahrungen wurden Dir aufgezwungen --
aber die SCHLUSSFOLGERUNG aus ihnen ist immer noch Deine
Sache.


> Ich weiss auch, dass BWL Controller es lieben, weil es
> eine perfekte Knute ist mit der man das gemeine Fussvolk
> noch mehr Output antreiben kann,

Und was daran ist spezifisch für Scrum?
Wo taucht in der Beschreibung von Scrum ein BWLer auf?

Richtig -- nirgends.

Die Aussage "Scrum ist schuld!" hat nur dann irgendeinen
Wert, wenn Scrum INHALTLICH UND FORMAL KORREKT praktiziert
wird UND DANN reproduzierbar Scheisse herauskommt.

Davon lese ich bei Dir aber nichts. Du beschreibst nie,
dass das Team während der Sprints ungestört arbeiten
konnte. Du sprichst nie davon, dass natürlich die
Anforderungen, die den laufenden Sprint betreffen, nicht
mehr geändert werden. Es ist nie die Rede davon, dass
Refactoring-Sprints durchgeführt wurden, und auch von
Sprint-Reviews ist keine Rede.
Und schließlich -- das Wichtigste am Schluss: Ich habe
bei Dir nie etwas von einem "Product Owner" gelesen,
der die Rolle so ausfüllt, wie die Methode das erfordert.

Auch für das Scrum-Team gilt: garbage in -- garbage out.
Wenn der Product Owner nur eine Marionette ist, die die
fixen Ideen aller interessierten Manager ins Team drücken
muss, dann ist es inhaltlich sinnlos, das Ganze "Scrum"
zu nennen.

von Nop (Gast)


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Egon D. schrieb:

> Auch für das Scrum-Team gilt: garbage in -- garbage out.

In der Praxis wird "agil" so gut wie nirgends umgesetzt, weil das vor 
allem mal erfordern würde, daß die Kunden agil sind. Sind sie aber 
nicht.

Die Kunden erwarten nach wie vor einen fest definierten Umfang zu fest 
definierten Preisen, wollen jetzt aber zwischendrin noch mit drin 
rumfummeln, und das leistet agil nicht, und auch nichts anderes. Das 
Versagen des Managements ist es, die Kundenerwartungen nicht im Griff zu 
haben.

Die grundsätzliche Idee bei agiler Entwicklung ist ja, daß die Kunden am 
Ende eines festen Zeitraumes vielleicht nur 70% bekommen - aber 70% von 
dem, was sie wirklich haben wollen. Das ist besser als 100% von dem, 
womit sie am Ende doch nichts anfangen können.

von MaWin (Gast)


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Nop schrieb:
> In der Praxis wird "agil" so gut wie nirgends umgesetzt,

Ach was, die sind alle so agil, die wissen gar nicht mehr, wie 
zielorientiertes Arbeiten geht.

Egon D. schrieb:
> Die Aussage "Scrum ist schuld!" hat nur dann irgendeinen
> Wert, wenn Scrum INHALTLICH UND FORMAL KORREKT praktiziert
> wird UND DANN reproduzierbar Scheisse herauskommt

Und genau so ist es.

Das ist, als wenn du den 100m Lauf in Stöckelschuhen absolvierst.

Danach hast du die ERFAHRUNG, dass das Scheisse ist. Und wenn du zuvor 
in Turnschuhen schon mal gewonnen hast, weisst du, dass es am Verfahre 
liegt, nicht am Läufer.

Blöd halt, wenn du darüber mit allen Tussen der Welt erst diskutieren 
musst, weil sie dir die Stöckelschuhe aufzwingen wollen.

von Herbert (Gast)


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Ich habe ein Video gefunden, in dem die agile Transformation recht gut 
erklärt wird:
https://www.youtube.com/watch?v=502ILHjX9EE
Da kann man auch verstehen, wie die einzelnen Rollen der Team-Mitglieder 
definiert sind.

Beitrag #6610263 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Val D. (valeri_d)


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Herbert schrieb:
> Ich habe ein Video gefunden, in dem die agile Transformation recht gut
> erklärt wird:
> https://www.youtube.com/watch?v=502ILHjX9EE
> Da kann man auch verstehen, wie die einzelnen Rollen der Team-Mitglieder
> definiert sind.

An Erklärungen, wie und wieso das funktioniert - daran mangelt es nicht. 
Die Realität ist aber immer was anderes als pure Theorie. Vergleiche das 
mit dem Quellcode und dem Anspruch, es perfekt zu schreiben. Dieser 
Anspruch existiert seit mehreren Jahrzähnten, jedoch auch mit vielen 
Tools, die das sehr unterstützen erleben wir überall alles - aber nicht 
den perfekten Code. Wieso? Weil das von Menschen geschrieben wird. Und 
Menschen haben Laune, Emotionen, Höhen und Tiefen, Stress und 
Glücksgefühl. Und das begleitet uns ständig. Und so bleibt die Theorie 
nie so richtig erfüllt.

Kleines Beispiel mit Agil. Wie soll deiner Meinung nach in einem agilen 
Verfahren ein Entwickler nach einer bestimmten Zeit sich Geld-mäßig 
verbessern? In einer "normalen" Welt, die zwar nicht perfekt ist - man 
wird von Junior nach einer Zeit zum Senior, danach steht einem zu, 
weitere Karieren-Stufen anzugehen. Welche Kariere-Stufen gibt es im 
SAFE, Scrum?

Auf dieser Seite wird der normale menschlichen Anspruch als Irrtum 
ausgewiesen.

https://hr-pioneers.com/2013/07/scrum-karriere-widerspruch/

<auszug>
Irrtum Nummer 1: Karriere bedeutet ausschließlich Aufstieg in der 
Hierarchie
In klassischen Unternehmen steht der Aufstieg in der Hierarchie im 
Vordergrund. Je höher ich komme, desto mehr Verantwortung und, ab einer 
bestimmten Position, desto mehr disziplinarische Führung, übernehme ich.

Im agilen Kontext bedeuten Entwicklungsperspektiven jedoch nicht, die 
Karriereleiter innerhalb einer Pyramide Schritt für Schritt zu 
erklimmen. Im Vordergrund steht hierbei vielmehr die fachliche 
Weiterentwicklung. Fachliche Weiterentwicklung bedeutet, dass die 
eigenen Kompetenzen bzw. die sogenannten Kompetenzradien stetig 
erweitert werden, um so den eigenen Verantwortungsbereich auszuweiten – 
ohne Übernahme disziplinarischer Führungsverantwortung.
</auszug>

fachliche Weiterentwicklung - das ist ein Witz. Ist das alles?
Von mehr Kompetenz und gleichem Geld kann man kein Haus planen, keine 
außergewöhnliche Ausgaben in der Zukunft sich vorstellen. Ich halte 
diese Aussagen für Schwachsinn, und bestimmt, dass der Jenige, der das 
geschrieben hat, hat nach diesem Artikel sofort bei seinem Chef nach 
mehr Gehalt gefragt. (ironie)

Die agile Methode will alle einigermaßen gleich machen. Das sind die 
Menschen aber niemals. Sie wollen anderes als die Kollegen sein. Und die 
Menschen wollen von der Erfahrung, von dem wissen, was sie bereit sind 
aufzunehmen und auszubauen - davon wollen sie auch profitieren. Agil 
gibt dazu keine Antwort. Daher bin ich überzeugt, dass es etwas davon 
bleibt - genau das, was es schon immer da war - der Rest wird 
verschwinden. Den die Menschen werden versuchen, auf die Dauer diese 
Dogmas abzustoßen.

Meine pers. Meinung, die nicht unbedingt geteilt werden soll.

von Herbert (Gast)


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>Die agile Methode will alle einigermaßen gleich machen. Das sind die
>Menschen aber niemals.

Das ist vielleicht des Pudels Kern. Einerseits arbeitet ein Team 
besonders effektiv Zusammen, wenn keine Revierkämpfe mehr statt finden. 
Andererseits ist das wohl in menschlichen Gruppen unvermeidlich, 
Hirachien auszubilden.
Vor kurzem habe ich mal gehört, dass wenn einer bei seiner User Story 
schon fertig ist dann einfach die User Story eines anderen übernehmen 
soll. Dass das funktioniert, da habe ich größte Zweifel.

von Egon D. (Gast)


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Valeri D. schrieb:

> Die agile Methode will alle einigermaßen gleich
> machen.

Agile Methoden wollen Projekte zum Erfolg führen --
nicht die Welt retten.

von Egon D. (Gast)


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Herbert schrieb:

> Vor kurzem habe ich mal gehört, dass wenn einer bei
> seiner User Story schon fertig ist dann einfach die
> User Story eines anderen übernehmen soll. Dass das
> funktioniert, da habe ich größte Zweifel.

Vielleicht mal weniger Theoretisieren und mehr Machen?
Nur so ein Gedanke...

von Val D. (valeri_d)


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Egon D. schrieb:
> Valeri D. schrieb:
>
>> Die agile Methode will alle einigermaßen gleich
>> machen.
>
> Agile Methoden wollen Projekte zum Erfolg führen --
> nicht die Welt retten.

Logisch, und dieser Hund will nur spielen...

https://img.fotocommunity.com/er-will-nur-spielen-f006ba9c-2ab5-4379-8bb4-856ea59fca19.jpg?width=1000

von Maximilian Schellenberg (Gast)


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Wie machte man das in Instituten wie JPL, oder Firmen wie Boeing, 
Keysight u.a.? Wie geht es dort zu? Experimentieren die auch mit Agil 
und Scrum? Die scheinen ja in der Regel mit ihren Arbeitsmethoden 
ziemlich produktiv zu sein. Wie koordinierte man denn die geballte Kraft 
und Expertwissen von 1960s Ingenieure während der Apollo Raumfahrt Ära? 
Wie geht es bei ESA oder MBB zu? Man müsste eigentlich daraus lernen 
können welche der Methoden sich bei wichtigen Projekten tatsächlich 
bewährt haben. So würde für mich der Maßstab aussehen mit dem man 
neuzeitliche Methoden vergleichen könnte. Damals beschränkte man sich 
wahrscheinlich eher nur auf das Wesentliche und man verschwendete 
wahrscheinlich keine Zeit und Energie mit langbärtigen Firlefanz.

von Herbert (Gast)


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>Wie machte man das in Instituten wie JPL, oder Firmen wie Boeing,
>Keysight u.a.? Wie geht es dort zu? Experimentieren die auch mit Agil
>und Scrum?

Es gibt eine extrem sehenswerte Doku über die Entwicklung der Boing 747.

https://www.youtube.com/watch?v=nz2v2D55epc

An irgend einer Stelle wird der damalige Chefentwickler Jahrzehnte 
später interviewt. Er meint, es sei kaum zu verstehen, wie lange die 
jetzigen Entwicklungen im Vergleich zu seinem Projekt damals bräuchten, 
obwohl sie Computer für die Konstruktion hätten und sie damals nur 
Zeichenbretter.
( Kleines Bonmot: Beim finalen Test des Flugzeugs wird im Film gezeigt, 
wie er seine Frau ans Ende der Startbahn stellt, um zu zeigen, dass er 
an das Flugzeug glaubt und es vorher abhebt ... was für ein Frauenbild 
damals ).

Weiter oben in diesem Thread wurde schon einmal angemerkt, dass durch 
Scrum und Agil weithin unbrauchbare und nicht funktionierende Software 
in die Welt verteilt wird. Ich glaube aber, das liegt eher am 
zunehmenden Einsatz informationstechnischer Produkte und 
Mikrocontroller. Wenn schon die einfachsten embedded ARM Prozessoren 
mehrere Megabyte Speicher haben, steigt die Komplexität ins 
Unermessliche und eine klare Zielvorstellung des zu lösenden Problems 
verschwimmt. Man verliert sich in der Vielfalt der Möglichkeiten, das 
eigentliche Ziel gerät aus den Augen und die Software wird überkomplex. 
Agil und Scrum ist der Versuch, dieses wieder in den Griff zu bekommen.

Boing ist bezüglich der Entwicklungsprozesse heutzutage nicht unbedingt 
das beste Vorbild, denkt man an das Desaster der Boing 737 MAX, das ohne 
staatliche Hilfen zweifelsohne zum Konkurs der Firma geführt hätte. 
Wobei ich hier immer noch der Meinung bin, dass dieses Versagen dem 
Management zuzuschreiben ist und nicht den Entwicklern. Die scheinbar 
unveränderte Firmenphilosophie wird auch schon in der Boing 747 Doku 
sichtbar.

von Val D. (valeri_d)


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Herbert schrieb:
> Boing ist bezüglich der Entwicklungsprozesse heutzutage nicht unbedingt
> das beste Vorbild, denkt man an das Desaster der Boing 737 MAX, das ohne
> staatliche Hilfen zweifelsohne zum Konkurs der Firma geführt hätte.
> Wobei ich hier immer noch der Meinung bin, dass dieses Versagen dem
> Management zuzuschreiben ist und nicht den Entwicklern. Die scheinbar
> unveränderte Firmenphilosophie wird auch schon in der Boing 747 Doku
> sichtbar.
Keiner hier im Forum hat behauptet, dass agile wegen Entwickler nicht 
funktioniert. Es ist das Ganze zusammen.
Und wegen Boeing - genau das Gegenteil. Die Firmenphilosophie hat sich 
geändert. Nicht die eigene Entwicklung war bevorzugt, sonder würde 
vollständig ausgelagert ins Ausland. Und führte zu sehr vielen Problemen 
in der Umsetzung. Die reporteten Zahlen aus den Sprints waren 
wahrscheinlich super. Jedoch damit zu fliegen - war plötzlich zum 
Problem. Es ist immer ein Management Problem. Die Menschen (Designer, 
Entwickler, Elektroniker usw.), die von solchen Entscheidungen betroffen 
sind, können die Auswirkungen von solchen Fehlentscheidungen 
verlangsamen oder beschleunigen. Aber nicht wieder gut machen.

von Reinhard S. (rezz)


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Maximilian Schellenberg schrieb:
> Wie machte man das in (...) Firmen wie Boeing? Wie geht es dort zu?
> Die scheinen ja in der Regel mit ihren Arbeitsmethoden
> ziemlich produktiv zu sein.

Boeing würd ich in letzter Zeit eher verneinen in Sachen 
Produktivität...

> Damals beschränkte man sich
> wahrscheinlich eher nur auf das Wesentliche und man verschwendete
> wahrscheinlich keine Zeit und Energie mit langbärtigen Firlefanz.

Raumfahrt ist eh nochmal ein anderes Thema.

: Bearbeitet durch User
von Senf D. (senfdazugeber)


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Reinhard S. schrieb:
> Maximilian Schellenberg schrieb:
>
>> Wie machte man das in (...) Firmen wie Boeing? Wie geht es dort zu?
>> Die scheinen ja in der Regel mit ihren Arbeitsmethoden
>> ziemlich produktiv zu sein.
>
> Boeing würd ich in letzter Zeit eher verneinen in Sachen
> Produktivität...

Richtig. Ein schlechteres Beispiel hätte sich Maximilian Schellenberg 
kaum heraussuchen können. Er scheint hinterm Mond zu leben.

von MaWin (Gast)


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Senf D. schrieb:
> Reinhard S. schrieb:
>
>> Maximilian Schellenberg schrieb:
>>> Wie machte man das in (...) Firmen wie Boeing? Wie geht es dort zu?
>>> Die scheinen ja in der Regel mit ihren Arbeitsmethoden
>>> ziemlich produktiv zu sein.
>>
>> Boeing würd ich in letzter Zeit eher verneinen in Sachen
>> Produktivität...
>
> Richtig. Ein schlechteres Beispiel hätte sich Maximilian Schellenberg
> kaum heraussuchen können. Er scheint hinterm Mond zu leben.

Na ja, Boeing ist Vorreiter bei agilen Methoden in der 
Flugzeugentwicklung. Schon 1995 bei der 777 wurden erste Ansätze gemacht 
als das agile Manifest noch nicht mal existierte, 2008 zur 737Max war 
Boeing voll agil, und Nein: an mangelnder Erfahrung bei der Umsetzung 
kann es nicht liegen, auch wenn Religiöse meinen, man müsse nur noch 
mehr beten wenn das Gewünschte nicht eintritt.

https://www.infosysconsultinginsights.com/2019/06/12/the-risks-of-moving-to-mature-agile-too-fast-a-cautionary-tale/

Die Ursachenanalyse des 737Max Problems führte zu:

Developers with insufficient aviation domain experience;
Poor oversight compared to that for hardware and overall aerodynamics;

von Val D. (valeri_d)


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MaWin schrieb:
> Die Ursachenanalyse des 737Max Problems führte zu:
>
> Developers with insufficient aviation domain experience;
> Poor oversight compared to that for hardware and overall aerodynamics;

Sehr richtig. Jedoch, wer hat sie beauftragt bzw. Ihnen den Auftrag 
erteilt? Der schlechte Handwerker hat nicht die Schuld daran, dass er 
schlecht arbeitet. Es immer der Jeniger, der trotz seiner Inkompetenz 
dafür beauftragt. Und um agilen Verfahren ist es schlecht damit, solche 
schlechte oder inkompetent Arbeit das Zeug zu nehmen. Weil das angeblich 
nicht die Arbeit und Entscheiden von einem, sondern kollektive...

von klausi (Gast)


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Senf D. schrieb:
> Richtig. Ein schlechteres Beispiel hätte sich Maximilian Schellenberg
> kaum heraussuchen können. Er scheint hinterm Mond zu leben.

Richtig..
Aber wie vorher erwähnt wurde.. wohl hauptsächlich auf Managementfehler 
zurückzuführen.

Normalerweise outsourct man generell "manuelle" repetitive, 
handwerkliche Tätigkeiten (nach F. Taylor bezeichnet); nicht höchst 
anspruchsvolle Tätigkeiten, wie Engineering wo man vor allem "explicit 
knowledge" (Nonaka, 2007; "Knowledge-Management" Anm.) auslagert, das 
leicht artikuliert, rekapituliert und dokumentiert werden kann. D.h. auf 
keinen Fall "tacit knowledge" und das auch noch in einem 
Hochsicherheitssektor mit Risiken bezgl. Menschenleben wie der 
Luftfahrt!

Wobei ja anscheinend diese Probleme massgeblich waren:
https://www.pmoadvisory.com/project-management-webinars/project-management-in-action-a-close-examination-of-the-boeing-737-max-8/

Herbert schrieb:
> An irgend einer Stelle wird der damalige Chefentwickler Jahrzehnte
> später interviewt. Er meint, es sei kaum zu verstehen, wie lange die
> jetzigen Entwicklungen im Vergleich zu seinem Projekt damals bräuchten,
> obwohl sie Computer für die Konstruktion hätten und sie damals nur
> Zeichenbretter.
> ( Kleines Bonmot: Beim finalen Test des Flugzeugs wird im Film gezeigt,
> wie er seine Frau ans Ende der Startbahn stellt, um zu zeigen, dass er
> an das Flugzeug glaubt und es vorher abhebt ... was für ein Frauenbild
> damals ).
Das hab ich mich auch schon oft gefragt; in der Apollo-Raumfahrt Zeit 
wie schafften sie es, mit damaligen historischen Computern, aber dafür 
grundlegenden und gründlichen Engineering-Wissen die Mondlandung derart 
hinzubekommen.

Wahrscheinlich ist das auch das Problem: diese Programme waren früher 
noch in der Komplexität noch eher beherrschbar, heutzutage hat bei 
solchen Mammutprojekten ein einzelner Mensch schwierig alles zu 
überblicken. Manager die Kosten reduzieren und "Time-to-Market" 
Fähigkeit durch z.B. "agile Methoden" erhöhen wollen, haben in solchen 
Risikoprojekten sowieso nix verloren.

Eine Ausnahme, was jetzt in letzter Zeit aber gut funktioniert hat sind 
ja anscheinend Musks SpaceX Raketen und die Landung der Perseverance.

Bringt mich jetzt zu einer Frage:
Wurden in diesen kritischen Projekten (bei NASA, SpaceX..) auch agile 
Methoden benutzt?

Die Antwort auf die Frage: anscheinend Ja

https://spacenews.com/pentagon-advisory-panel-dod-could-take-a-page-from-spacex-on-software-development/
https://www.federaltimes.com/it-networks/2019/11/26/how-nasa-upended-internal-processes-to-prepare-for-its-next-lunar-mission/

klausi

von Reinhard S. (rezz)


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klausi schrieb:
> Eine Ausnahme, was jetzt in letzter Zeit aber gut funktioniert hat sind
> ja anscheinend Musks SpaceX Raketen und die Landung der Perseverance.

Ich hab hab da irgendwie nur Fehlschläge und Explosionen im Kopf. Hab 
mich damit aber auch nicht tiefgreifend beschäftigt.

von klausi (Gast)


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D.h. am Schluss liegt es wohl gar nicht an der Methodik an sich, aber an 
Managementfehlern, schlechter Ausbildung, mangelndem Fachwissen, 
fehlenden Standards etc.

Ergo, wenn ein agiles Projekt gescheitert ist, muss nicht die agile 
Methodik/Scrum etc. schuld sein, sondern eher darüberliegende 
Managementfehler, schlechte Kultur, mangelndes Fachwissen. D.h. das 
Scheitern wäre dann bei Wasserfall-Methodik wohl genauso passiert.

klausi

von Roland F. (rhf)


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Hallo,
MaWin schrieb:
> Die Ursachenanalyse des 737Max Problems führte zu:
>
> Developers with insufficient aviation domain experience;
> Poor oversight compared to that for hardware and overall aerodynamics;

Bei Boeing liegen die Probleme aber noch viel tiefer als "nur" bei einer 
fehlerhaft programmierte Software:

https://www.ardmediathek.de/ard/video/die-story/boeing-das-toedliche-system/wdr-fernsehen/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLTY4YjQ4OTdhLTg5ZDEtNGU2NC05M2FjLTk5ZWY3ZTVmNmFkMQ/

rhf

Beitrag #6610947 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Val D. (valeri_d)


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klausi schrieb:
> D.h. am Schluss liegt es wohl gar nicht an der Methodik an sich, aber an
> Managementfehlern, schlechter Ausbildung, mangelndem Fachwissen,
> fehlenden Standards etc.

Was macht dich so sicher, dass die Methode, die Menschen-Ansprüche, 
Bedürfnisse usw. nicht berücksichtigt und trotzdem nicht falsch sein 
kann?

Über Kommunismus sagt man auch, dass sie nicht falsch sein könnte, nur 
bei der Anwendung ist immer ein wenig unglücklich, aber wenn man das 
richtig angewendet wäre, dann wird alles klappen. Nein. Wird es nicht. 
Einiges in agile ist nicht schlecht. Aber dieses existierte bereits auch 
in anderen Methoden. Edison bei der Entwicklung und Verbesserung seinen 
Lampen gibt iterative und agil vor. Vor mehr als 100 Jahren...

von Egon D. (Gast)


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Valeri D. schrieb:

> Was macht dich so sicher, dass die Methode, die
> Menschen-Ansprüche, Bedürfnisse usw. nicht
> berücksichtigt und trotzdem nicht falsch sein kann?

Der Gedanke, dass die verschiedenen Methoden auch
verschiedene Bedürfnisse berücksichtigen bzw. nicht
berücksichtigen, der ist Dir nie gekommen?

Dachte ich mir.


> Über Kommunismus sagt man auch, dass sie nicht falsch
> sein könnte, nur bei der Anwendung ist immer ein wenig
> unglücklich,

Das ist ein guter Vergleich: Jeder Diktator, jedes
Arschloch, das sich "Kommunist" nennt, ist natürlich
auch ein Kommunist -- während jemand, der sich "Demokrat"
nennt, GANZ GENAU auf seine Gesinnung geprüft wird.

Das führt natürlich zu objektiven Erkenntnissen.

von MaWin (Gast)


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klausi schrieb:
> Wahrscheinlich ist das auch das Problem: diese Programme waren früher
> noch in der Komplexität noch eher beherrschbar, heutzutage hat bei
> solchen Mammutprojekten ein einzelner Mensch schwierig alles zu
> überblicken.

Komisch eigentlich, dabei sind die Aufgaben nicht schwieriger geworden.

Mal eine Rechnung schreiben, einen durchblätterbaren Katalog druckreif 
machen, mal Zahlen im Kontenrahmenplan updaten, mal den Lagerbestand 
korrigieren, die Vorsteuer oder Krankenkassenbeiträge abführen.

Wir reden ja bei den meisten Softwareprojekten nicht von 
Tomographenbildern des Mondinneren oder sonstigem high tech, sondern 
primitiven Webseiten oder Buchungsvorgängen. Nur mit der fachlich 
ahnungslosen Schar der Kinderprogrammierer heute wird selbst so was zum 
Problem - siehe Ausdruck eines Warenkorbs von Pollin.

Es wird sich nicht mehr um Wesentliches gekümmert, sondern 
kaputtprogrammiert. Siehe Datei-Suchfunktion in Windows "Sprint 53: 
programmiert mal was nach, was genau so cool aussieht wie bei Apple".

von Zocker_58 (Gast)


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Was hat das ganze Geschwätz hier mit agiler Transformation, was immer
das auch sein mag, zu tun ?

von Egon D. (Gast)


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klausi schrieb:

> D.h. am Schluss liegt es wohl gar nicht an der
> Methodik an sich, aber an Managementfehlern,
> schlechter Ausbildung, mangelndem Fachwissen,
> fehlenden Standards etc.

Das ist zwar nicht falsch, aber eigentlich eine
Nullaussage.


> Ergo, wenn ein agiles Projekt gescheitert ist,
> muss nicht die agile Methodik/Scrum etc. schuld
> sein, sondern eher darüberliegende Managementfehler,
> schlechte Kultur, mangelndes Fachwissen.

Kann sein. Aber...


> D.h. das Scheitern wäre dann bei Wasserfall-Methodik
> wohl genauso passiert.

...das muss nicht so sein, nein.

Meiner Meinung nach liegt der Grundfehler nämlich darin,
die verschiedenen "Methoden" als im Prinzip gleichwertig
und gleichermaßen vollständig anzusehen.

Das sind sie aber nicht.

Nimm das "Wasserfallmodell".
Winston W. Royce, der angebliche "Erfinder" des Wasserfall-
modells (was nicht stimmt), adressiert in seinem Artikel
"MANAGING THE DEVELOPEMENT OF LARGE SOFTWARE SYSTEMS"
EINEN ganz spezifischen Aspekt der Software-Entwicklung
und macht für diesen Lösungsvorschläge, und er tut dies
vom Blickwinkel des Projektleiters aus.
Er kümmert sich nicht darum, wie die Numeriker, Operatoren
(das war 1970!) und Software-Entwickler im Tagesgeschäft
zusammenarbeiten -- das setzt er als gegeben voraus. Er
kümmert sich auch nicht um Vertragsfragen oder die
Kosten des Projektes. Er behandelt EINEN EINZIGEN
Aspekt des Projektes, nämlich ganz bestimmte Risiken, die
bei der Implementierung auftreten (können).

Ähnlich bei Scrum:
Vorausgesetzt wird eine bestimmte (mehr oder weniger
hypothetische) Ausgangslage, nämlich:
* einen gutwilligen, sachkundigen Kunden,
* Chefetagen (eigene wie die des Kunden), die die Leute
  in Ruhe arbeiten lassen,
* einen zusammengewürfelten Haufen fähiger, aber
  nicht spezialisierter Entwickler.
* eine komplexe Aufgabenstellung mit (möglicherweise)
  zahlreichen (noch unerkannten) Risiken.

Vorgeschlagen werden einfache Regeln für die Zusammenarbeit
und die täglichen Abläufe. Weiter nichts.
Scrum kümmert sich nicht darum, wie das Management beim
Auftragnehmer die Verträge mit dem Management des Auftrag-
gebers aushandeln soll; Scrum hat auch keine Sicherung
gegen böswilligen Kunden (auch dort kann es Grüppchen
geben, die gegeneinander arbeiten und das Projekt zu Fall
bringen wollen), Kostenfragen werden von Scrum nicht
betrachtet, und ein Management, das dem Entwicklerteam
ständig hineinredet, kann auch alles zerstören.


Eine komplett andere Gewichtsklasse sind aber Vorgehens-
modelle wie PRINCE2 oder das V-Modell XT. Das sind
Rahmenwerke, die sich m.o.w. um Vollständigkeit bemühen
und die deshalb auch viel umfangreicher sind.

Vorteil: Universeller einsatzbar, weniger Ergänzung und
Improvisation notwendig.
Nachteil: VIEL umfangreicher, also gerade für kleine
Firmen häufig nicht praktikabel.

Es hängt also immer stark vom Einzelfall ab, wer wann
warum mit welcher Methode scheitert.

von Val D. (valeri_d)


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Egon D. schrieb:

> Meiner Meinung nach liegt der Grundfehler nämlich darin,
> die verschiedenen "Methoden" als im Prinzip gleichwertig
> und gleichermaßen vollständig anzusehen.
>
> Das sind sie aber nicht.
>
> Nimm das "Wasserfallmodell".
> Winston W. Royce, der angebliche "Erfinder" des Wasserfall-
> modells (was nicht stimmt), adressiert in seinem Artikel
> "MANAGING THE DEVELOPEMENT OF LARGE SOFTWARE SYSTEMS"
> EINEN ganz spezifischen Aspekt der Software-Entwicklung

Wow. Sehr gut beschrieben. Danke sehr. Die Gedanken sind mind. ein Buch 
würdig.

von Egon D. (Gast)


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MaWin schrieb:

> klausi schrieb:
>> Wahrscheinlich ist das auch das Problem: diese Programme
>> waren früher noch in der Komplexität noch eher beherrschbar,
>> heutzutage hat bei solchen Mammutprojekten ein einzelner
>> Mensch schwierig alles zu überblicken.
>
> Komisch eigentlich, dabei sind die Aufgaben nicht schwieriger
> geworden.

Tatsächlich?!

Eine Milliarde Menschen laufen neuerdings mit einer VAX...
ach, was sage ich... einer Cray X-MP in der Hosentasche
herum und erwarten, mit dieser am anderen Ende der Welt
in drei Sekunden eine Jacht oder eine Tüte Reis bestellen
zu können -- und Du erzählst mir, die Aufgaben seien nicht
komplexer geworden?


> Wir reden ja bei den meisten Softwareprojekten nicht
> von Tomographenbildern des Mondinneren oder sonstigem
> high tech,

Ja eben!

Wieviel tausend Mannjahre, wieviele hundert Millionen Dollar
werden für Tomagraphiebilder des Mondes ausgegeben -- und
wieviel ist ein durchschnittlicher Laden bereit, für seinen
neuen Web-Shop zu zahlen?

Aha.

von MaWin (Gast)


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Egon D. schrieb:
> Eine Milliarde Menschen laufen neuerdings mit einer VAX...
> ach, was sage ich... einer Cray X-MP in der Hosentasche
> herum und erwarten, mit dieser am anderen Ende der Welt
> in drei Sekunden eine Jacht oder eine Tüte Reis bestellen
> zu können -- und Du erzählst mir, die Aufgaben seien nicht
> komplexer geworden?

Na, offenkundig einfacher.

Programmiere mal die Firmware eines HP65 oder Sharp1210.
DA muss man sich bemühen, es gibt keine fertigen Libraries, es sind 
reihenweise Kunstgriffe sind wegen der beschrankten Resourcen nötig und 
das Display darf man auch noch multiplexen, den Drucker ansteuern, und 
das alles in Maschinensprache statt Java.

Heute hingegen auf so einer "Hosentaschencray" einen Taschenrechner zu 
programmieren, sorry, Kinderspiel, das macht ein 13-jähriger (der noch 
nicht weiss, dass double keine befriedigenden Ergebnisse liefert, macht 
nix, das Programm bleibt so wenn aus 1 / 3 x 3 eben 0.999999999 
rauskommt, das ist ja Stand der Technik und man hat Monate, um zu 
verargumentieren, warum das nun so bleibt).

Und es juckt keinen, wenn die Taschenrechner-App 10 MB gross ist, 
jedesmal wenn sie aus dem Speicher gekickt wird ihre Zahlen vergisst, 
und nach 10 Stunden (nicht 10 Jahren) die Batterie leer ist.

Ja, es gibt heute schicke Apps, Kamera auf Verpackung richten und 
japanisch oder griechisch OCR mässig erfasst, in deutsch übersetzt, und 
ins Bild gepastet bekommen. Die sind möglich und schwierig, aber auch 
herausragend.

von A. B. (funky)


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MaWin schrieb:
> Siehe Datei-Suchfunktion in Windows "Sprint 53:
> programmiert mal was nach, was genau so cool aussieht wie bei Apple".

Vielleicht ist das Problem, dass genau so! Aufgabenbeschreibungen 
aussehen.
Bei so einer "Spezifikation" kann halt auch nur Müll rauskommen

von Val D. (valeri_d)


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MaWin schrieb:
>
> Heute hingegen auf so einer "Hosentaschencray" einen Taschenrechner zu
> programmieren, sorry, Kinderspiel, das macht ein 13-jähriger (der noch
> nicht weiss, dass double keine befriedigenden Ergebnisse liefert, macht
> nix, das Programm bleibt so wenn aus 1 / 3 x 3 eben 0.999999999
> rauskommt, das ist ja Stand der Technik und man hat Monate, um zu
> verargumentieren, warum das nun so bleibt).
>
Um Monate zu ersparen, kann man sich z.B. auch dieser Seite informieren:
https://0.30000000000000004.com/

Hat nicht mit dem Thema zu tun - nur so am Rande

von A. B. (funky)


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MaWin schrieb:
> Heute hingegen auf so einer "Hosentaschencray" einen Taschenrechner zu
> programmieren

Heute programmiert aber niemand mehr Taschenrechner sondern eben 
deutlich komplexeres als das. Sicherlich ist es (verglichen mit damals) 
einfacher den Taschenrechner zu programmieren, aber der lockt niemand 
mehr hinterm Ofen vor.

Oder war dein Taschenrechner von damals in der Lage, 20 Anwendungen 
parallel auszuführen, in der Cloud zu sein, dabei zu telefonieren und 
noch deine Hausautomation zu steuern?

von Val D. (valeri_d)


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A. B. schrieb:
> Oder war dein Taschenrechner von damals in der Lage, 20 Anwendungen
> parallel auszuführen, in der Cloud zu sein, dabei zu telefonieren und
> noch deine Hausautomation zu steuern?

Wirklich viele Grundprinzipien, Algorithmen, patterns usw. haben sich 
nicht verändern. Der Mix wird anders gestaltet, einige Sachen sind 
einfacher, die anderen dafür schwieriger zu beherrschen. Jedoch 
insgesamt - vieles ist ähnlich. Findest du es nicht?

Beitrag #6611374 wurde von einem Moderator gelöscht.
von A. B. (funky)


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Valeri D. schrieb:
> Wirklich viele Grundprinzipien, Algorithmen, patterns usw. haben sich
> nicht verändern. Der Mix wird anders gestaltet, einige Sachen sind
> einfacher, die anderen dafür schwieriger zu beherrschen. Jedoch
> insgesamt - vieles ist ähnlich. Findest du es nicht?

Hatte man 1975 schon Design Patterns?

Natürlich kann man sagen: damals hat jemand ein Programm entworfen & 
codiert...heute auch. Es hat sich also nicht viel geändert.
Das es so einfach nicht ist wirst du wohl kaum bestreiten

Wenn alles ähnlich ist, bräuchte man den agilen Kram ja nicht. Weiter 
oben wurde mir noch gesagt, den bräuchte es genau deshalb da man mit den 
alten Methoden der Probleme nicht mehr Herr wird.

Hier wird ja so unbestritten immer so getan, als ob früher alles besser 
war und man "da noch was geschafft hat". War dem so? Oder ist das nicht 
eher Vergangenheitsverklärung alternder Herren?

Beitrag #6611444 wurde von einem Moderator gelöscht.
Beitrag #6611473 wurde von einem Moderator gelöscht.
Beitrag #6611478 wurde von einem Moderator gelöscht.
Beitrag #6611504 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Val D. (valeri_d)


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A. B. schrieb:
> Hier wird ja so unbestritten immer so getan, als ob früher alles besser
> war und man "da noch was geschafft hat". War dem so? Oder ist das nicht
> eher Vergangenheitsverklärung alternder Herren?

Ich würde das genau anders beschreiben. Es ist der Wunsch von den 
heutigen "neuen Bestreitern", nicht auf die alt bewerten Methoden zu 
achten, sie verteufeln alles, was davor existierte - schon alleine mit 
solchen Aussagen, dass Wasserfahl vollkommen falsch ist. Nicht 
teilweise, sondern vollständig. Sie wollen keine Bücher von "gestern" 
lesen, wollen nicht auf die Erfahrung von gestern hören und wollen 
unbedingt das Rad neu erfinden.

Klar, unter einem anderem Begriff. Um doch später festzustellen zu 
müssen, dass dies schon längst unter einem anderen Namen immer 
existierte. Es ist ähnlich dem Generationsproblem, bei dem die 
heranwachsende Kindern glauben, total anders zu sein als ihre Eltern. 
Und nach einer Phase doch genau da zu landen, wofür ihre Eltern sie 
immer vorbereiten wollten. Danach fangen an, ähnlich zu ticken und zu 
denken. Die altruistische oder idealistische Vorstellungen treten in den 
Hintergrund und werden Werte geschätzt wie materiale Sicherheit, 
Profitieren durch Erfahrung. Sie gehen danach normal mit den 
Unterschieden zwischen dem Streben bzw. Arbeiten und dem Durchschnitt um 
usw.

Ein anderes Beispiel. Wie lange existieren solche Programmiersprachen 
wie Assembler, C, C++? Schon lange. In dieser Zeit entstanden 1000-e 
neue Programmiersprachen. Mit großen Ansagen. Und doch wird nach wie vor 
C und C++ weiter verwendet. Haben sie bestimmte Nachteile? Logisch. Aber 
auch Vorteile. Und wenn man sich nur auf die Nachteile dieser Sprachen 
konzentriert und auf die Idee kommt, eine neue Sprache zu erfinden, kann 
es mit großen Wahrscheinlichkeit passieren, dass C bzw. C++ weiter lebt 
und bleibt und die neu erfundene Sprache bald verschwindet.

So ist es auch mit vielen Methoden in der Software-Entwicklung. Es gibt 
so viele, und immer wieder kommen neue, wie Wasserfallmodell, 
Spiral-Modell, Extreme Programming, Planning Game, Agile Methoden und 
darin Scrum, Kanban, SAFE, Hybride, Pair Programming usw. Alle haben 
was. Auf jeden Fall. Jedoch hat jede neue Sache die Anderen nicht 
ersetzen können. Weil das utopisch von vorne war, daran zu glauben.

Deswegen muss man einfach pragmatisch sein und nicht zulassen, dass dein 
Unternehmen einem aktuellen Trend so hinterher rennt, dass das 
eigentliche Business Ziel aus den Augen verloren geht.

von Egon D. (Gast)


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A. B. schrieb:

> Weiter oben wurde mir noch gesagt, den bräuchte
> es genau deshalb da man mit den alten Methoden
> der Probleme nicht mehr Herr wird.

Ja.


> Hier wird ja so unbestritten immer so getan, als
> ob früher alles besser war und man "da noch was
> geschafft hat". War dem so?

Zum Teil.
Entwicklungsarbeit war typisch "Von Fachleuten für
Fachleute".

Heute herrscht Goldgräberstimmung: Wer irgend einen
Schotter programmiert, für den hundert Millionen
Nutzer jede Woche 10 Cent bezahlen, der ist in wenigen
Jahren Milliardär.
Wer aber nur hundert oder tausend Nutzer hat, kämpft
ums Überleben -- die Preise, die er verlangen müsste,
will niemand bezahlen.


> Oder ist das nicht eher Vergangenheitsverklärung
> alternder Herren?

Nur zum Teil.
Früher sind auch reichlich Projekte gescheitert -- aber
das mussten die Manager und die Anwälte dann unter sich
ausmachen. Heute wird der Druck einfach an die Entwickler
nach unten durchgereicht.

von Maximilian Schellenberg (Gast)


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Valeri D. schrieb:
> Sie wollen keine Bücher von "gestern"
> lesen, wollen nicht auf die Erfahrung von gestern hören und wollen
> unbedingt das Rad neu erfinden.

Na, ich weiß ned so recht ob es auch bei Operationen gut ist das Rad 
immer wieder neu zu erfinden und alle über die Jahrhunderte gesammelten 
Erfahrungen zu ignorieren anstatt auf bewährte Methoden zurückzufallen 
und diese dem Fortschritt anzupassen. Jedenfalls wären mir altbewährte 
Operationspraktiken bei meiner Blinddarmoperation lieber wie wilde 
Experimentation.

Warum sollte man nicht auch in der Elektronikentwicklung ähnlich denken? 
Was gut funktioniert soll nan pflegen und der jeweiligen Zeitepoche 
anpassen und neue Gedanken müssen sich erst bewähren bevor man sie in 
die Werkzeugkiste knallt. Nur, von wild darauf herum experimentieren, 
halte ich weniger. Am weitesten kommt jan mit zweigleisiger Strategie wo 
Neues und Altes sinnvoll das Grundgerüst darstellt.

Auch hätte es mehr Sinn neue Methoden ständig sorgfältig auf ihren Wert 
und Nutzen zu überwachen bevor man den Müllwagen holt. Die neuen 
Methoden um die es hier geht darf man halt auch nicht ohne Verstand 
einsetzen und müssen auf die jeweiligen Verhältnisse fein abgestimmt 
werden.

Von Industrieberatern halte ich gar nichts und werden oft von der GL als 
Krücke mißbraucht um dunkle Ziele zu verfolgen.

Naja, mir kann es gleich sein was heutzutage verzapft wird und brauche 
nicht irgendwelche Luftschlösser zu verfolgen. Jedem Tierchen halt sein 
Pläsierchen. Wenn mit Gewalt, voller Ignoranz und naiven Wunschdenken 
Bewährtes mutwillig aus egoistischen Gründen zerstört muß man eben die 
Folgen tragen.

Andere Länder gaben das längst richtig erkannt und hüten sich die Fehler 
die bei uns gemacht werden nachzumachen. Die Schlimmsten sind geheuerte 
Industrie- und Wirtschaftsberater, also angeworbene Revolverhelden.

Wir leben in einem verrückten Zeitalter. Teils werden wirklich 
brauchbare neue Entwicklungen und Produkte gemacht. Teils wird absolut 
unnützes Zeugs verbreitet. Man verschwendet Millionen Mannstunden an 
Produktentwicklung die niemand wirklich braucht und müllt den Planeten 
zu und verschwendet Ressourcen. Autos werden zu wahren Götzen. Wenn man 
sich einige der Spitzenklassenmodelle ansieht muß man sich wundern ob 
man das alles braucht. Ich wette, daß in einen zeitgemässen Mercedes 
oder BMW mehr Software eingebaut ist als in der Space Shuttle oder 
vielleicht auch manche Verkehrsflugzeuge. Auch ein alter Porsche der 
60er kann noch pures Fahrvergnügen vermitteln. Manchmal frage ich mich 
ob diese Art der Entwicklung wirklich Nutzen bringt. Apollo wurde mit 
notwendiger Software und Ingenieurwissen durchgezogen. Viele 
Entwicklungen der Gegenwart sind lediglich noch überambitionierte 
feuchte Träume.

Aus der Sicht junger, ehrgeiziger Menschen, sind wir Alten vielleicht 
vertrottelt und Schnee von Gestern. Andrerseits wissen Viele Alten sehr 
wohl wie der Hase wirklich läuft. Was mich betrifft konnte ich als 
Junger  von den Alten im Labor viel lernen und in meiner eigenen Arbeit 
verarbeiten. Jung und Alt muß ohne Vorurteile zusammenarbeiten können. 
Dann können ungeahnte Synergien zustandekommen. Nur wissen die Jungen es 
erst dann wenn bei ihnen der Bart grau wird, der Bauch wächst und die 
Haare ausfallen;-)

von Herbert (Gast)


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Zunächst einmal sollte man sich fragen, wer Prozesse und 
Geschäftsmethoden einführt und welche Intention dahinter ist.

Der Auslöser für die Einführung neuer Prozesse kommt immer aus dem 
Management und als Entwickler muss man die Denkweise des Managements 
verstehen.

Dort stellt sich die Sache ganz einfach dar: Man entschließt sich, ein 
neues Produkt zu machen und überlegt sich, was man dafür braucht.
Als stellt man einen Produktingenieur ein, der den Markt analysiert und 
die Gewinnchancen berechnet. Danach gibt man das Produkt in die 
Entwicklung und die erzeugt die Dokumente für die Produktion. Damit das 
ganze reibungslos funktioniert braucht man einen Plan und für diesen 
Plan einen Prozess.

Am besten nimmt man dort das V-Modell. Mit dem kann man einfach sehen, 
was nacheinander kommt und den Zeitaufwand und die Entwicklungskosten 
planen.
Damit das gut klappt, brauch man einen Entwickler, der die Arbeitspakte 
im V-Modell genauer ausformuliert. Wenn das passiert ist, kann man für 
die Detailentwicklungen noch ein paar externe Ingenieure anstellen und 
für das Testing ein paar Inder von Tata.

Wenn ich mir das so überlege, ist Produktentwicklung doch eine recht 
einfache und banale Sache. Man kann letztendlich sagen, dass der Erfolg 
einer Firma im wesentlichen im Know-How des passenden Prozesses liegt, 
mit dem sich Kosten und Dauer eines Projekts gut vorhersehen lassen.

von Qwertziologe (Gast)


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Herbert schrieb:
> dass der Erfolg einer Firma im wesentlichen im Know-How des passenden
> Prozesses liegt, mit dem sich Kosten und Dauer eines Projekts gut
> vorhersehen lassen.

Ohne fähige Entwickler und Produktionsplaner kann der Prozess noch so 
gut sein, es wird scheitern. Umgekehrt gibt es so extrem gute Leute, die 
aufgrund ihrer Erfahrung und Intelligenz ein Projekt selbst ohne Prozess 
durchziehen können. Klar, diese Leute wären mit einem guten Prozess 
schneller, aber um so einen Prozess erstellen zu können braucht es erst 
extrem gute Leute, die zudem einen Überblick über alle relevanten 
Bereiche haben. In der Realität gibt es so jemanden nur extrem selten, 
weswegen die Prozesse oft nicht gut sind. Viele sagen dir beim 
Assessment auch nur was falsch ist, aber nicht wie man es besser machen 
könnte, weil sie es selbst nicht wissen.

von Irgend W. (Firma: egal) (irgendwer)


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A. B. schrieb:
> Irgend W. schrieb:
>> Die Agile-Sau wird derzeit durch alles getrieben was man irgendwie
>> entwickeln kann.
>
> Allein das du schreibst "derzeit" lässt mich deine Äußerungen schon
> etwas skeptisch betrachten.
> Die agile Sau wird schon so dermaßen lange getrieben, dass sie fast
> schon tot ist. Unter welchem Stein lebst du?

Es währe schön wenn du recht hättest.

Nur leider sieht der Alltag eher so aus das gerade in größeren Firmen 
diese hype derzeit erst so richtig angekommen ist und die zugehörigen 
"Umorganisationen" noch voll im Gange sind und noch lange nicht 
abgeschlossen sind.
Und das schlimmste daran ist das in den Bereich die schon seit gut einem 
Jahr versuchen so zu Arbeiten es an allen Ecken und Enden knirscht, aber 
dennoch immer weitere Abteilungen "transformiert" werden.

von Irgend W. (Firma: egal) (irgendwer)


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Valeri D. schrieb:
> So ist es auch mit vielen Methoden in der Software-Entwicklung. Es gibt
> so viele, und immer wieder kommen neue, wie Wasserfallmodell,
> Spiral-Modell, Extreme Programming, Planning Game, Agile Methoden und
> darin Scrum, Kanban, SAFE, Hybride, Pair Programming usw. Alle haben
> was. Auf jeden Fall. Jedoch hat jede neue Sache die Anderen nicht
> ersetzen können. Weil das utopisch von vorne war, daran zu glauben.
>
> Deswegen muss man einfach pragmatisch sein und nicht zulassen, dass dein
> Unternehmen einem aktuellen Trend so hinterher rennt, dass das
> eigentliche Business Ziel aus den Augen verloren geht.

Zustimmung.

Nur in den Führungsbunkern herrscht leider immer noch die Meinung vor 
das es zu einer Zeit immer nur eine Methode geben darf - weil diese ja 
"Die beste der Welt" ist - und keine andere nebenher geduldet werden und 
das für alle Gruppen egal was sie genau machen.
Die Einsicht das es keinen Sinn macht immer alles über einen Kamm 
scheren zu wollen und es durchaus sinnvoll sein könnte für verschiedene 
Gruppe die zu ihren Aufgaben passende Methoden(-mischung) anzuwenden, 
werde ich wohl nicht mehr mitbekommen...

Beitrag #6611726 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Egon D. (Gast)


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Herbert schrieb:

> Der Auslöser für die Einführung neuer Prozesse kommt
> immer aus dem Management

... und Behauptungen sind um so wahrer, je absoluter
und dogmatischer sie formuliert werden.
Ist das nicht toll, dass die Welt so einfach ist?


> Am besten nimmt man dort das V-Modell. Mit dem kann
> man einfach sehen, was nacheinander kommt und den
> Zeitaufwand und die Entwicklungskosten planen.

Genau.
Leute, die etwas von "Entwicklungsrisiken" faseln,
werden beim zweiten Mal wegen Wehrkraftzersetzung
erschossen.
Die Idioten, die regelmäßig die Arbeitspakete
"Hellseher-Modul" und "perpetuum mobile" versemmeln,
werden mit freundlichen Grüßen zu Wladimir P. geschickt,
damit er die Nullen in seinem Gulag verschimmeln lässt.

So geht Management!


> Wenn ich mir das so überlege, ist Produktentwicklung
> doch eine recht einfache und banale Sache.

Genau.
Alles nur "Dilettanten. Versager! Lausige Amateure!!"
(Egon Olsen).

von Reinhard S. (rezz)


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Egon D. schrieb:
> Alles nur "Dilettanten. Versager! Lausige Amateure!!"
> (Egon Olsen).

Es wäre ja schonmal etwas, wenn jemand sagen würde "Ich habe einen 
Plan!" :)

von F. M. (foxmulder)


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Abc schrieb:
> Eine Mischung aus Bürokratie,
> Micromanagement und Willkür.

Dilbert ist real!

von Egon D. (Gast)


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Irgend W. schrieb:

> Nur in den Führungsbunkern herrscht leider immer
> noch die Meinung vor das es zu einer Zeit immer
> nur eine Methode geben darf - weil diese ja "Die
> beste der Welt" ist - und keine andere nebenher
> geduldet werden und das für alle Gruppen egal was
> sie genau machen.
> Die Einsicht das es keinen Sinn macht immer alles
> über einen Kamm scheren zu wollen und es durchaus
> sinnvoll sein könnte für verschiedene Gruppe die
> zu ihren Aufgaben passende Methoden(-mischung)
> anzuwenden, werde ich wohl nicht mehr mitbekommen...

Mich würde mal interessieren, wer diese idiotische Welle
ins Rollen gebracht hat.

Ich meine... es ist ja schon eine reife Leistung, einen
Regelsatz, der für das Tagesgeschäft der Indianer beim
Kampf mit einem komplexen Entwicklungsproblem gedacht
war, zu einer universellen Management-Methode für die
Häuptlinge umzudefinieren.

von Roland F. (rhf)


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Hallo,
Irgend W. schrieb:
> Nur leider sieht der Alltag eher so aus das gerade in größeren Firmen
> diese hype derzeit erst so richtig angekommen ist und die zugehörigen
> "Umorganisationen" noch voll im Gange sind und noch lange nicht
> abgeschlossen sind.

Nur mal so aus Interesse: ist diese agile Konzept eigentlich nur für die 
Produktentwicklung und Fertigung gedacht oder kann man es auch z.B. auf 
das Management oder die Betriebswirtschaft anwenden? Und wird das 
eventuell auch irgendwo gemacht?

rhf

von Egon D. (Gast)


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Roland F. schrieb:

> Nur mal so aus Interesse: ist diese agile Konzept
> eigentlich nur für die Produktentwicklung

Ja.


> und Fertigung gedacht

Nein.

Agile Vorgehensweisen waren meines Wissens ursprünglich
NUR für
1. innovative
2. Entwicklung in Form von
3. Entwicklungs- PROJEKTEN
gedacht.

Kernideen sind:
1) Es wird nicht nur "heimlich" intern, sondern ganz offen
   iterativ gearbeitet. Das bedeutet u.a., den Auftraggeber
   in die iterative Arbeitsweise einzubeziehen.
2) Viele Details der Problemlösung wie auch der Arbeits-
   organisation werden auf Wunsch dem Projektteam überlassen.
   Es ist nicht notwendig, dass ein "allwissender Planer"
   jedem Entwickler haarklein vorschreibt, was er zu tun hat.
   Das können die Entwickler in vielen Fällen viel einfacher
   unter sich ausmachen.
3) Das Management muss nur absichern, dass das Team vernünftig
   arbeiten kann, und wird ansonsten nur aktiv, wenn Kollisionen
   innerhalb des Teams auftreten oder wenn notwendige Arbeiten
   aus irgendwelchen Gründen unterbleiben.


> oder kann man es auch z.B. auf das Management oder die
> Betriebswirtschaft anwenden?

Meiner unmaßgeblichen Meinung nach setzen agile Methoden
unausgesprochen den Willen zur Kooperation innerhalb des
Teams voraus. Das trifft -- ebenfalls meiner Erfahrung
nach -- auf die Entwickler innerhalb eines nicht zu großen
Teams zu. Agile Methoden sind Regeln für die "Indianer",
ihre Zusammenarbeit so zu organisieren, dass sie eine
Lösung für das Problem finden und umsetzen können.

Soll heißen: Man kann meiner Meinung nach agile Methoden
NICHT sinnvoll auf das klassische Management oder auf die
Betriebswirtschaft anwenden -- aber das hindert offenbar
niemanden daran, es dennoch zu tun.

von Val D. (valeri_d)


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Egon D. schrieb:
> ..aber das hindert offenbar niemanden daran, es dennoch zu tun.

Wie du Recht hast! Noch schlimmer, wenn du nicht "mitgehst" bzw. denen 
im Weg stehst - das kann sehr böse für dich enden. Denn. Willst du etwa 
nicht eine Innovation, eine Transparenz usw.?

von A. B. (funky)


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Maximilian Schellenberg schrieb:
> Na, ich weiß ned so recht ob es auch bei Operationen gut ist das Rad
> immer wieder neu zu erfinden und alle über die Jahrhunderte gesammelten
> Erfahrungen zu ignorieren anstatt auf bewährte Methoden zurückzufallen
> und diese dem Fortschritt anzupassen. Jedenfalls wären mir altbewährte
> Operationspraktiken bei meiner Blinddarmoperation lieber wie wilde
> Experimentation.

sorry, aber so ein Blödsinn. Vielleicht wäre ja schonmal ein guter 
Anfang, wenn jeder Einsieht, das er kein allwissender Experte ist und 
man sich eher zu Dingen äußert, von denen man etwas versteht. Und selbst 
da kommt ja oft genug Grütze bei raus.

Über Jahrhunderte gesammelte Erfahrung bei Blinddarmoperationen. Ja ist 
klar. Dann lass du dich bitte mit der 1900er Schlachthaus Variante 
"operieren" während der Rest in Deutschland minimalinvasiv operiert 
wird.

Ich weiß noch, wie wir zu Geburtszeiten meine Kindes die (gutgemeinten) 
Tips unserer Mütter bekommen haben, die ihr Wissen von unseren Geburten 
von vor 30++ Jahren preisgegeben haben. Da hat sich so dermaßen viel 
getan(btw: in allen Bereichen der Medizin).
Da könnte man ja auch sagen: geboren wurde auch 2000 v Christus schon. 
Bewährt hat es sich auch über Jahrhunderte. Warum irgendwas dran ändern?

von Obstler (Gast)


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Agile Methoden funktionieren ganz gut, wenn dafür verkrustete 
Entscheidungshierachien zerschlagen und alle Entscheidungsbefugnisse ins 
Projektteam übertragen werden. Das passiert aber eher selten bzw. nie: 
Man lässt die Leute agile herumkaspern und behält sich weiterhin vor 
"von oben" reinzugrätschen.

von Val D. (valeri_d)


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Obstler schrieb:
> Agile Methoden funktionieren ganz gut, wenn dafür verkrustete
> Entscheidungshierachien zerschlagen und alle Entscheidungsbefugnisse ins
> Projektteam übertragen werden. Das passiert aber eher selten bzw. nie:
> Man lässt die Leute agile herumkaspern und behält sich weiterhin vor
> "von oben" reinzugrätschen.

ich finde deine Aussage ein wenig widersprüchlich. Denn, wenn in dem 
ersten Teil des Satzes steht - es funktioniert gut, und im zweiten steht 
- etwas dafür Notwendiges passiert deiner Meinung selten bzw. fast nie. 
Dann ist die erste Aussage kein Fakt, sondern mehr Wunsch. Oder?

von A. B. (funky)


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Naja, aber wenn es passiert, daaaaaann lüppt es

von MaWin (Gast)


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A. B. schrieb:
> Naja, aber wenn es passiert, daaaaaann lüppt es

Das kennen wir schon vom Sozialismus, der hätte auch super funktioniert, 
wenn die Menschen nicht gewesen wären

von Obstler (Gast)


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Valeri D. schrieb:
> Obstler schrieb:
>
>> Agile Methoden funktionieren ganz gut, wenn dafür verkrustete
>> Entscheidungshierachien zerschlagen und alle Entscheidungsbefugnisse ins
>> Projektteam übertragen werden. Das passiert aber eher selten bzw. nie:
>> Man lässt die Leute agile herumkaspern und behält sich weiterhin vor
>> "von oben" reinzugrätschen.
>
> ich finde deine Aussage ein wenig widersprüchlich. Denn, wenn in dem
> ersten Teil des Satzes steht - es funktioniert gut, und im zweiten steht
> - etwas dafür Notwendiges passiert deiner Meinung selten bzw. fast nie.

Es gibt glücklicherweise genug Gelegenheiten die Vorzüge agiler Methoden 
außerhalb der Zwänge eines Angestelltendaseins zu erproben. Hat man das 
ein paar mal gemacht fallen die Missstände anderswo sofort auf.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Obstler schrieb:
> verkrustete Entscheidungshierachien

Bewerber und Mitarbeiter wollen im Unternehmen "Karriere machen", und 
das bedeutet eben auch nach jeweils erreichter Ebene gestaltete 
fachliche und ggf. personelle Entscheidungsbefugnisse. Es widerspricht 
sich eben, gleichzeitig Karrierestufen und gleichberechtigtes Handeln 
umzusetzen. Je größer das Unternehmen bzw. die Organisation, desto mehr 
Stufen hat die Karriereleiter, und um so schwieriger wird es dort, sein 
kleines Revier oder Königreich zu verteidigen. Wirtschaftliche 
Unternehmensziele und der Projekterfolg kommen in solch einer Denkweise 
nicht vor. Wenn es im eigenen Projekt nicht gut läuft, muss man eben 
dafür sorgen, dass andere Projekte noch schlechter laufen, damit man auf 
der Karriereleiter nicht überholt wird. Und wenn das Unternehmen dabei 
pleite geht, ist das auch egal. Solche hirarchischen Strukturen sind 
aber genau das, wonach sich viele Leute sehnen. Die einen wollen schnell 
aufsteigen, die anderen sich lieber ein ruhiges Plätzchen suchen und 
dafür lieber auf "die da oben" schimpfen.

Agile Strukturen funktionieren nur im kleinen Maßstab und im 
überschaubaren zeitlichen Rahmen. Irgendwann werden sie zwangsweise von 
den verkrusteten Entscheidungshierachien geschluckt.

von Val D. (valeri_d)


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Andreas S. schrieb:
> ... Wenn es im eigenen Projekt nicht gut läuft, muss man eben
> dafür sorgen, dass andere Projekte noch schlechter laufen, damit man auf der 
Karriereleiter nicht überholt wird. Und wenn das Unternehmen dabei pleite geht, 
ist das auch egal.

Ich glaube verstanden zu haben, was du meinst, trotzdem so zu denken 
oder zu argumentieren - finde ich irgendwie nicht gesund. Wenn ich mir 
selber kein Auto leisten kann, dann zerkratze ich die Autos von den 
Nachbarn. Ich hatte mal so einen vor vielen Jahren in der Firma erlebt. 
Er war stolz drauf zu zeigen, viele Mercedes-Benz-Sterne hat er 
demoliert. Nicht gesund....

von Egon D. (Gast)


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Andreas S. schrieb:

> Agile Strukturen funktionieren nur im kleinen Maßstab
> und im überschaubaren zeitlichen Rahmen.

Deswegen verwenden vernünftige Leute agile Methoden in
Entwicklungs- Projekten . (Projekt: "Eine für einen
befristeten Zeitraum geschaffene Organisation..." [PRINCE2])

"Agile Buchhaltung" oder "agile Massenproduktion" sind
Schwachsinn, selbst "agile Instandhaltung" würde ich als
Blödsinn einstufen.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Valeri D. schrieb:
> Ich glaube verstanden zu haben, was du meinst, trotzdem so zu denken
> oder zu argumentieren - finde ich irgendwie nicht gesund.

Ich befürworte das beschriebene Verhalten ja nicht, erlebe es aber in 
den verschiedensten Kontexten immer wieder. Gerade solche satten und 
dekadenten Gesellschaften wie in Deutschland sind dafür auch 
prädestiniert.

> Wenn ich mir
> selber kein Auto leisten kann, dann zerkratze ich die Autos von den
> Nachbarn.

Das ist noch einmal etwas anderes. Dabei geht es um den bloßen Neid, 
aber nicht darum, persönliche Nachteile zu erleiden, wenn man sich nicht 
so verhält. Der Übergang zwischen den Verhaltensweisen mag teilweise 
fließend sein.

Wer jedoch z.B. den Titel "Produktmanager des Jahres" hat, muss ihn 
aktiv verteidigen. Und wer selbst "Produktmanager des Jahres" werden 
will, muss den derzeitigen Titelinhaber aktiv verdrängen. Und dafür sind 
alle Mittel recht. Meist reicht es nicht, hierfür selbst gute Arbeit zu 
leisten, denn die wird ja wiederum von Dritten torpediert, sondern 
wesentlich erfolgversprechender ist es, andere zur sabotieren.

von H. K. (spearfish)


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Meine Meinung nach, wird und wurde zum Thema Management von 
Software-Entwicklung schon viel geschrieben, aber wenig gesagt.

Im Grunde hat schon Dr. Winston Royce in seinem Paper "Managing the 
devleopment of large software systems" erkannt, dass Softwareenwicklung 
nur iterativ passieren kann und es besser ist, wenn man davon ausgeht, 
dass man in jedem Entwicklungsschritt Fehler machen kann und wird, 
jedoch entsprechende Vorkehrungen trifft, diese Fehler frühzeitig zu 
erkennen und sie zu beheben.

Für mich übrigens auch interessant, dass Royce bereits davon spricht, 
den Kunden möglichst früh mit der gemachten Arbeit konfrontiert (auch 
wenn es noch frühe Arbeit z.B. der Analyse ist). Das ist ja auch einer 
der Eckpfeiler der agilen Methoden.

Die Erkenntnis, das man in jedem Schritt Fehler machen kann, die sich 
auf die nächsten Schritte auswirkt, muss man meiner Meinung durch 
verschiedene Maßnahmen abfangen:

1) Dokumentation! Requirements, Designentscheidungen, Architekturen usw. 
müssen dokumentiert werden. Ob dies in Form von formellen Dokumenten 
oder Akzeptanzkriterien/User Storys passiert, ist egal. Was zählt, ist 
der Inhalt. Nur die Dokumentation ermöglicht es mir, überhaupt Fehler zu 
erkennen.
2) "Agile"/Iterative Entwicklungsschritte, bei denen es eine kurze 
Abfolge der Schritte Analyse/Design/Implementation/Testing gibt.
3) Testing! Was entwickelt wurde, muss getestet werden. Ausnahmslos 
(speziell Unit Tests sind ja ein Grundpfeiler der agilen Methoden)
4) Kunden (oder was auch immer als Kunde definiert werden kann) 
frühzeitig einbinden. Das kann z.b. auch sein, dass man frühzeitig 
berechnete Werte wieder an eine Fachabteilung schickt, welche diese 
gegencheckt.

Diese 4 Maßnahmen finden sich meiner Meinung nach in jedem 
Entwicklungsprozess. Egal ob V-Modell oder Scrum.

von Maximilian Schellenberg (Gast)


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A. B. schrieb:
> Über Jahrhunderte gesammelte Erfahrung bei Blinddarmoperationen. Ja ist
> klar. Dann lass du dich bitte mit der 1900er Schlachthaus Variante
> "operieren" während der Rest in Deutschland minimalinvasiv operiert
> wird.

Wollte damit nur andeuten, daß ein Unterschied zwischen wilder 
Experimentation und zielstrebiger Weiterentwicklung bestehender Methoden 
besteht. Natürlich hat man in der Medizin ungeahnte Fortschritte 
gemacht. Aber darum geht es nicht. Aber Manchmal ist es halt bequemer 
andere vielleicht vorsätzlich zu mißverstehen.

Ich habe nichts gegen intelligent betriebenem Fortschritt. Habe nur 
etwas gegen Besserwisser und Störenfriede, die glauben, sie wüssten 
alles besser und es ist ihr Recht anderen ungestraft in ihre Kreise zu 
treten. Wer Prozesse und Methoden ändern will muß vergleichen und 
messen, sonst ist es doch noch nur wilde Experimentierei.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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H. K. schrieb:
> Für mich übrigens auch interessant, dass Royce bereits davon spricht,
> den Kunden möglichst früh mit der gemachten Arbeit konfrontiert (auch
> wenn es noch frühe Arbeit z.B. der Analyse ist). Das ist ja auch einer
> der Eckpfeiler der agilen Methoden.

Es hängt sehr davon ab, was aus Sicht der Entwickler bzw. der dahinter 
stehenden Organisation das verfolgte Ziel ist. Man sollte nicht so naiv 
sein, zu glauben, dass es immer um die zügige und hochwertige 
Realisierung eines erfolgreichen Produktes geht.

Gerade bei großen Ausschreibungen der öffentlichen Hand geht es häufig 
darum, die Kosten in die Höhe zu treiben. Mir sind mehrere Projekte 
bekannt, in denen der Auftraggeber auf keinen Fall erfahren sollte, dass 
er  in seine Spezifikation schwerwiegende Fehler geschrieben hat. Dann 
wird eben ggf. jahrelang entwickelt, und zum Schluss heißt es: "In Eurer 
Spezifikation sind die und die Fehler drin. Wir haben, so wie gefordert, 
natürlich strikt nach Spezifikation gearbeitet. Die Korrektur der Fehler 
kostet dann zusätzlich xxx Mio. Euro. Und Ihr dürft auch keinen Dritten 
mit der Überarbeitung beauftragen, siehe §53 des Vertrages."

An einem der o.a. Projekte arbeiteten mehrere Bekannte, die natürlich 
vor einem großem Dilemma standen, da durch einen der längst bekannten 
Fehler eine erhebliche Gefährdung von Menschenleben verursacht wurde. Da 
deren Arbeitgeber nicht der Hauptauftragnehmer des Auftraggebers war, 
sondern von einem konkurrierenden Unternehmen unsauber ausgebootet 
wurde, sollte das ganze zusätzlich als Retourkutsche dienen. Mir ist 
nicht bekannt, ob dann bei der Inbetriebnahme der tatsächlich Menschen 
verletzt oder getötet wurden.

Agile Methoden, bei denen der Kunde frühzeitig einbezogen wird, 
verunmöglichen natürlich auch das jahrelange Verschweigen solcher 
Mängel.

> 1) Dokumentation! Requirements, Designentscheidungen, Architekturen usw.
> müssen dokumentiert werden. Ob dies in Form von formellen Dokumenten
> oder Akzeptanzkriterien/User Storys passiert, ist egal. Was zählt, ist
> der Inhalt. Nur die Dokumentation ermöglicht es mir, überhaupt Fehler zu
> erkennen.

Was aber dabei häufig vergessen wird: Die Dokumentation muss natürlich 
der tatsächlichen Umsetzung entsprechen. Und auch die verschiedenen 
Detaillierungsgrade von Anforderungen und Architekturen sollten 
zueinander konsistent sein.

> 2) "Agile"/Iterative Entwicklungsschritte, bei denen es eine kurze
> Abfolge der Schritte Analyse/Design/Implementation/Testing gibt.

Grundsätzlich stimme ich da zu, aber auch in einem Projekt kann es 
Teilaufgaben mit sehr unterschiedlichem Zeitbedarf geben, die sich auch 
nicht weiter herunterbrechen lassen, um in ein festes Zeitraster mit 
Sprints hineinzupassen.

> 3) Testing! Was entwickelt wurde, muss getestet werden. Ausnahmslos
> (speziell Unit Tests sind ja ein Grundpfeiler der agilen Methoden)

Das stimme ich voll zu. Ich muss auch bei etlichen meiner Kunden immer 
wieder darauf hinweisen, dass es nicht ausreicht, die Funktionalität 
irgendwie zu umreißen, sondern dass wir auch entsprechende Prüfkriterien 
oder gar Abnahmekriterien benötigen. Oft läuft es sogar darauf hinaus, 
dass ich diese Prüfkriterien dann sogar selbst verfasse, obwohl dies 
eigentlich eine Kundenaufgabe wäre. Natürlich erfolgt das gegen 
Bezahlung. Vor einiger Zeit staunte ein Kunde nicht schlecht, weil das 
Formulieren und Entwickeln der Tests rund doppelt so teuer war wie die 
eigentliche Produktentwicklung.

> 4) Kunden (oder was auch immer als Kunde definiert werden kann)
> frühzeitig einbinden. Das kann z.b. auch sein, dass man frühzeitig
> berechnete Werte wieder an eine Fachabteilung schickt, welche diese
> gegencheckt.

Wenn das gemeinsame Projektziel darin bestehen sollte, ein gutes Produkt 
zügig zu realisieren, stimme ich da voll zu. Ansonsten siehe oben.

von Bürovorsteher (Gast)


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> Kernideen sind:
> 1) Es wird nicht nur "heimlich" intern, sondern ganz offen
   iterativ gearbeitet. Das bedeutet u.a., den Auftraggeber
   in die iterative Arbeitsweise einzubeziehen.
> 2) Viele Details der Problemlösung wie auch der Arbeits-
   organisation werden auf Wunsch dem Projektteam überlassen.
   Es ist nicht notwendig, dass ein "allwissender Planer"
   jedem Entwickler haarklein vorschreibt, was er zu tun hat.
   Das können die Entwickler in vielen Fällen viel einfacher
   unter sich ausmachen.
> 3) Das Management muss nur absichern, dass das Team vernünftig
   arbeiten kann, und wird ansonsten nur aktiv, wenn Kollisionen
   innerhalb des Teams auftreten oder wenn notwendige Arbeiten
   aus irgendwelchen Gründen unterbleiben.

Danke, gut erklärt. Das klingt für mich absolut plausibel.
Und warum wird daraus mit viel Bohei eine komplette Wissenschaft 
gemacht?

von MaWin (Gast)


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Bürovorsteher schrieb:
> warum wird daraus mit viel Bohei eine komplette Wissenschaft gemacht?

Na ja, was heisst iteratives Arbeiten ?

Probieren.

Und warum macht man das ? Weil man keine Ahnung hat, wie man es richtig 
machen soll.

Und wie versteckt man, dass man ahnungslos ist ? In dem man es als den 
geilen Scheiss verkauft.

Wenn man hingegen Erfahrung hat "schon 10 Mal eine Onlineshoppingseite 
gebaut mit demselben Toolkit" dann kann man den Auftraggeber auch gleich 
alles Wichtige fragen und einen Preis nennen weil man den Aufwand kennt 
inklusive Fertigstellungstermin.

Aber die Informatiker haben halt (im Gegensatz zum Handwerksmeister in 
seinem Gewerk) in überwältigender Mehrzahl keine dazu ausreichende 
Erfahrung.

Schon ihr letztes Projekt ist gescheitert weil der Elefant nur eine Maus 
gebar.

von Bürovorsteher (Gast)


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Meine schlimmsten Vermutungen erhärten sich.

von A. B. (funky)


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Maximilian Schellenberg schrieb:
> daß ein Unterschied zwischen wilder
> Experimentation und zielstrebiger Weiterentwicklung bestehender Methoden
> besteht

Also eigentlich behauptet jedes neue Framework und jede neue Methode 
konkrete Probleme lösen zu können, die mit anderen(alten) Mitteln so 
nicht möglich waren. Wie gut das funktioniert ist dann halt immer 
Ansichtssache

Beitrag #6614241 wurde von einem Moderator gelöscht.
Beitrag #6614381 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Senf D. (senfdazugeber)


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Wir kündigen! schrieb im Beitrag #6614381:
> Scrum ist für Jungdeppen die denken das wäre modern und was
> tolles. Die suchen sich gezielt die Firmen danach aus die so arbeiten.

Gibt es denn überhaupt noch Unternehmen, die in der Entwicklung anders 
arbeiten?

von Egon D. (Gast)


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Bürovorsteher schrieb:

> Danke, gut erklärt. Das klingt für mich absolut
> plausibel.

Danke für die Blumen.


> Und warum wird daraus mit viel Bohei eine komplette
> Wissenschaft gemacht?

Keine Ahnung.

Ich selbst bin mental eigentlich eher "Wasserfall"/"Top-
down"-geprägt, aber das hat für mich nie so funktioniert,
wie das im Lehrbuch behauptet wurde.
Als Retter in der Not hat sich dann immer mal wieder diese
oder jene agile Methode erwiesen, die mir von anderen, die
damit schon gute Erfahrungen gemacht hatten, persönlich
vorgeschlagen wurde.
Naja, und einige Jahre unter einem entscheidungsstarken,
aber planlosen Chef haben dann die Erkenntnis gebracht,
dass man (gerade in heterogenen Teams) sehr wohl viele
Dinge der Selbstorganisation des Teams überlassen kann
und sollte -- dass es aber genauso auch übergreifende
Fragen gibt, die zentral von einem sachkundigen
Management entschieden werden müssen.

Insofern: Nein, ich habe nicht die geringste Ahnung,
wer im Moment warum welche Sau durch's Dorf treibt.
Ich versuche nur, eine Vorgehensweise zu finden, die
für mich gut funktioniert.

von Egon D. (Gast)


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MaWin schrieb:

> Bürovorsteher schrieb:
>> warum wird daraus mit viel Bohei eine komplette
>> Wissenschaft gemacht?
>
> Na ja, was heisst iteratives Arbeiten ?
>
> Probieren.

Nicht nur.

Bei mir heisst es:
1. Vorausdenken und eine Frage formulieren
2. Probieren
3. die gemachten Erfahrungen auswerten

Ein Schelm, wer Arges dabei denkt, dass Du die Punkte
1. und 3. "vergessen" hast...


> Und warum macht man das ? Weil man keine Ahnung
> hat, wie man es richtig machen soll.

Korrekt.

Du unterschlägst nur, dass es für dieses "keine
Ahnung haben" zahlreiche völlig legitime Gründe
geben kann.


> Und wie versteckt man, dass man ahnungslos ist ?

Stopp: Warum sollte ich das überhaupt verstecken
müssen?

Richtig: Das ist nur dann notwendig, wenn mein Chef
keine Ahnung von Entwicklungsprojekten hat.

Hätte er nämlich diese Ahnung, dann wüsste er, dass
in Entwicklungsprojekten immer wieder einzelne Punkte
auftauchen, über die man viel weniger weiss, als man
für den Projekterfolg eigentlich wissen müsste. Man
ist als gezwungen, sich dieses Wissen zu beschaffen,
und von dem, was man im Moment noch nicht weiss,
hängt dann auch ab, wie hinterher weiterzumachen ist.

Hat er keine Ahnung, ist für ihn jedes Unwissen die
Folge persönlichen Versagens, und das zwingt natürlich
dazu, es zu verstecken.


> Wenn man hingegen Erfahrung hat "schon 10 Mal eine
> Onlineshoppingseite gebaut mit demselben Toolkit"
> dann kann man den Auftraggeber auch gleich alles
> Wichtige fragen und einen Preis nennen weil man den
> Aufwand kennt inklusive Fertigstellungstermin.

Dann handelt es sich aber auch nur um eine Auftrags-
arbeit und nicht um ein Entwicklungsprojekt im engeren
Sinne. (Wenn man es schon zehnmal gemacht hat, ist der
Innovationsgrad nahe Null.)

Niemand, der bei klarem Verstand ist, verkauft agile
Methoden als Universallösungsmittel für jegliche
Auftragsarbeiten.

Beitrag #6614488 wurde von einem Moderator gelöscht.
von MaWin (Gast)


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Egon D. schrieb:
> Punkte 1.  und 3. "vergessen" hast...

Man muss sich auf das Wesentliche konzentrieren..

Egon D. schrieb:
> "keine Ahnung haben" zahlreiche völlig legitime Gründe geben kann.

Dennoch wird es von Auftraggebern nicht gern gesehen. Denn Keine Ahnung 
hat der selber, dafür muss er nix zahlen.

Egon D. schrieb:
> wenn mein Chef
> keine Ahnung von Entwicklungsprojekten hat.

Hat er sowieso nicht. Verstecken musst du es vor dem Kunden.

Egon D. schrieb:
> Wenn man es schon zehnmal gemacht hat, ist der Innovationsgrad nahe Null.

Man muss das Rad nicht tausendmal neu erfinden.
Wenn man aber effektiv arbeiten will, ökonomisch, macht Erfahrung Sinn. 
Durch Übung wird man nämlich schneller. Übung macht den Meister.

Dass die heutige Kinderschar nicht mehr üben will, sondern lieber 
dauernd basteln will und den Kunden das auch noch bezahlen lassen will, 
ist das Übel der Informatik. Daher sind Projekte zu teuer und dauern zu 
lange und werden zu schlecht.

Und Scrum etc. verschlimmert das nur noch.
Wenn wir beim Online-Shop bleiben: wenn ein Kunde kommt und sagt 'ich 
habe hier meinen Warenbestand in SAP in diesem Format mit Bildern' und 
möchte daraus einen WebShop mit Suche und Bezahlfunktion, dann darf das 
EINEN TAG kosten (Firmenname mit Logo und Impressum und Steuernummern 
reinschreiben, AGB durchsehen, Daten laden, fertig) denn das wurde schon 
hunderttausendmal gemacht.

Beitrag #6614522 wurde von einem Moderator gelöscht.
Beitrag #6614550 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Reinhard S. (rezz)


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MaWin schrieb:
> Dass die heutige Kinderschar nicht mehr üben will, sondern lieber
> dauernd basteln will und den Kunden das auch noch bezahlen lassen will,

Wer träumt nicht davon, den Kunden alles bezahlen zu lassen?

> ist das Übel der Informatik. Daher sind Projekte zu teuer und dauern zu
> lange und werden zu schlecht.

Ich sehe hier nicht den Zusammenhang mit der Informatik. Schlechte und 
teure Projekte gibts ja auch nicht erst seit heute und nicht nur in der 
IT.

von A. B. (funky)


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MaWin schrieb:
> denn das wurde schon
> hunderttausendmal gemacht.

Aber nicht von der selben Person...
Häuser wurden auch schon 100000 gebaut. Erwartest du da auch einen Tag 
Bauzeit?

Aber gut. Ich habs glaub verstanden: MaWin machts und der Rest schaukelt 
Eier denn er kann eh nicht gegen anstinken

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