Forum: HF, Funk und Felder 800 Watt in 50 Ohm


von Roger (Gast)


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Ich stolpere gerade über eine Frage, die ich als Schmalspurelektriker 
nicht selbst beantworten kann.

In einer Sekundärradaranwendung sollen 800W Impulsleistung (100µs 
Pulsdauer, 10% Duty Cycle) an eine 50-Ohm-Antenne abgegeben werden.

Ist es nicht korrekt, dass ich dafür eine Effektivspannung von 
Wurzel(800W * 50 Ohm) = 200 Volt brauche? Und da die Endstufe in Klasse 
A arbeitet, also mehr als das Doppelte als Betriebsspannung? Wie kommt 
es, dass die handelsüblichen Transistoren für solche Anwendungen dann 
eher mit 50 V Kollektorspannung spezifiziert sind?

Arbeiten die in eine viel geringere Impedanz und es wird dann 
transformiert? Oder ist meine naive Herangehensweise falsch?

Beispieltransistor:
https://www.integratech.com/ign1090m800-l-band-gan-sic-transistor/

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Du hast die Lösung bereits genannt, solche Endstufen verwenden einen 
Ausgangsübertrager, der die Spannung entsprechend anhebt.

von Hp M. (nachtmix)


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Roger schrieb:
> In einer Sekundärradaranwendung

Auch als IFF bekannt.



Ben B. schrieb:
> solche Endstufen verwenden einen
> Ausgangsübertrager,

Nicht bei reichlich 1GHz.
Da verwendet man Leitungsstücke zur Transformation.
Gewöhnlich zeigen die Hersteller solcher Transistoren auch erprobte 
Layouts dafür.

von Roger (Gast)


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Hmm, ich kann da keinen Transformator erkennen. Zum Beispiel bei diesem 
Verstärkermodul sieht es so aus, als ginge es mehr oder weniger direkt 
von den beiden Transistoren zur Ausgangsbuchse:

https://www.integratech.com/updates/new-l-band-rf-power-module-for-iffssr-systems-solves-avionic-challenges/

Die Angaben verwirren mich:
"It supplies a minimum of 2200W of peak output power, with typically >16 
dB of gain and 57% efficiency and operates from a 50V supply voltage. 
This RF power amplifier module/pallet is matched to 50-ohms at both 
input and output and is suitable for both 1030 and 1090 MHz."

Wie geht das, 2200 W an 50 Ohm aus 50V Betriebsspannung ohne Trafo?

von Günter Lenz (Gast)


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von Roger schrieb:
>Hmm, ich kann da keinen Transformator erkennen.

Vielleicht gibt es da Pi-Filter, ein Pi-Filter
kann auch hoch und runter transformieren.

von Wolfgang (Gast)


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Roger schrieb:
> Zum Beispiel bei diesem
> Verstärkermodul sieht es so aus, als ginge es mehr oder weniger direkt
> von den beiden Transistoren zur Ausgangsbuchse:

Das "weniger direkt" ist die Anpasserei und Transformiererei. Da ist 
doch alles voll von Umwegschleifen, Anpassnetzwerken und Balun

von Hp M. (nachtmix)


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Roger schrieb:
> Hmm, ich kann da keinen Transformator erkennen. Zum Beispiel bei diesem
> Verstärkermodul sieht es so aus, als ginge es mehr oder weniger direkt
> von den beiden Transistoren zur Ausgangsbuchse:

Bleib mal bei dem eingangs erwähnten Transistor. Auf Seite 2 Table 5 des 
Datenblatts kannst lesen, dass der Transistor bei 1090MHz einen reellen 
Lastwiderstand von 1 Ohm in Serie mit einem kapazitiven Blindwiderstand 
von 0,5 Ohm (292pF) sehen möchte ( Z_OF = 1.0 - j 0.5).

Diese Transformation erledigt zum  grössten Teil das extrem breite und 
damit niederohmige Stück Microstrip Leitung am Drain, das einen 
Wellenwiderstand von etwa Z=6,44 Ohm und eine elektrische Länge von 
0,232 λ hat (ungefähre Werte, aus der Zeichnung abgegriffen).
Diese 0,232λ liegen in der Nähe von λ/4 und ein solches 
λ/4-Leitungsstück hat Transformationseigenschaften: Rin * Rout = Z² bzw. 
Rin = Z² / Rout.

Damit könnte allein schon ein solches λ/4-Stück Leitung die 50 Ohm 
Lastwiderstand in eine Belastung von 0,83 Ohm am Transistor 
transformieren.
Ganz schön nah dran, oder?

Wenn  du genauer wissen willst, wie man solche Anpassungen richtig 
macht, solltest du dich mit mal dem Smith-Diagramm beschäftigen.

P.S.:
Die elektrischen Daten der Microstrip-line aus RO4350 habe ich das 
kostenlose Programm AppCAD ausrechnen lassen.

: Bearbeitet durch User
von Stefan M. (derwisch)


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Wolfgang schrieb:
> Das "weniger direkt" ist die Anpasserei und Transformiererei. Da ist
> doch alles voll von Umwegschleifen, Anpassnetzwerken und Balun

Genau.
Bei diesen Frequenzen wird die Anpassung und Transformation von "seltsam 
gewundenen" Leiterbahnen erledigt.

Das was man da auf der Platine sieht, ist das Anpassnetzwerk, dass die 
Ausgangsimpedanz der Transistoren auf 50 Ohm bringt, und vorher noch die 
Leistung der beiden Transistoren zusammenführt.

Das stimmt schon so, wenngleich solche Layouts nicht trivial zu 
erstellen sind.
Die Dimensionen hängen auch noch vom gewählten Platinensubstrat ab.

von Roger (Gast)


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Das heißt, dieses komische Netzwerk aus Geometrien und passiven 
Bauteilen sorgt für eine Spannungstransformation, so dass an der Antenne 
die nötige Effektivspannung von 200 Volt ankommt?

Hätte ich nicht gedacht, ist auf jeden Fall ein interessantes Thema.

Ich nehme an, dass man die Leiterbahnen mit Hilfe einer 
Simulations-/Berechnungssoftware auslegt?

von Hp M. (nachtmix)


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Roger schrieb:
> Das heißt, dieses komische Netzwerk aus Geometrien und passiven
> Bauteilen sorgt für eine Spannungstransformation, so dass an der Antenne
> die nötige Effektivspannung von 200 Volt ankommt?

Ja.

Roger schrieb:
> Ich nehme an, dass man die Leiterbahnen mit Hilfe einer
> Simulations-/Berechnungssoftware auslegt?

Heutzutage schon.
Man kann die nötigen Bauteile, wie Induktivitäten, Kapazitäten, 
Widerstände und auch Leitungsstücke aber auch mit Hilfe der Smith-Chart 
nur mit Zirkel und Lineal ermitteln.

Da Problem dabei ist ein grosser Arbeitsaufwand für breitbandige 
Anpassungen, weil man so immer nur einen Punkt ermitteln kann. Auch 
Kreativität und Erfahrung bei der Bauteilwahl sind dabei gefragt.
Mit Rechnerhilfe kann man sich natürlich im Handumdrehen eine Kurve mit 
hunderten von Punkten berechnen lassen und einfach mal etwas 
ausprobieren.

von Test (Gast)


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Ja so ist es. Das Ganze ergibt sich aus der Leitungstheorie 
https://en.wikipedia.org/wiki/Quarter-wave_impedance_transformer

von foobar (Gast)


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> Hätte ich nicht gedacht,

Wenn man sich in dem Gebiet nicht auskennt, ist das einfach nur 
HF-Voodoo.  Wie schrieb Arthur C. Clarke so passend?

  "Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu 
unterscheiden."

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