Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Rauschen eines Mikrofons berechnen


von Mike (Gast)


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Ich suche ein Mikrofon, mit dem sich möglichst quantitativ und 
reproduzierbar Sinustöne niedrige Schallpegel (idealerweise ab 0dB) 
vermessen lassen. Es sollte daher einen linearen Frequenzgang, hohe 
Empfindlichkeit und ein möglichst großes Signal-Rauschverhältnis haben. 
Gefunden habe ich folgendes Modell:

https://www.cuidevices.com/product/resource/cmej-4622-25-l082.pdf

Mich würde interessieren, wie groß das Grundrauschen ist.
Laut Datenblatt beträgt das SNR bei 1kHz und 1Pa Schalldruck 65dbA.

Ich nehme an, das das Rauschen in erster Näherung vom äußeren 
Schallpegel unabhängig ist. 1Pa entspricht einem Pegel von 94dB, so dass 
das Rauschen  29dB beträgt (dB SPL und dBA sind bei 1kHz identisch). Nun 
verteilt sich aber das Rauschen i.a. auf einen breiten Frequenzbereich, 
und könnte durch einen Bandpass auf der Frequenz des Sinustons reduziert 
werden.  Für meine Berechnung benötige ich aber die Rauschpegeldichte 
(in Pa/sqrt(Hz) ). Meine Idee wäre, weißes Rauschen anzunehmen, nach der 
dB[A]-Kurve zu wichten und zu integrieren. Ich weiß aber nicht wie man 
das macht. Gibt es dazu Literatur bzw. eine Formel?

Das Ausgangssignal des Mikrofons muss natürlich vorverstärkt werden. Um 
das Rauschen des Verstärkers optimieren zu können, benötige ich die 
Ausgangsimpedanz des Mikrofons. Diese ist im Datenblatt mit Unendlich 
angegeben. Ich verstehe das so, dass die Impedanz allein durch den 
Vorwiderstand RL bestimmt wird, so dass ich hier 2.2kOhm ansetzen kann?

von oszi40 (Gast)


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Mike schrieb:
> suche ein Mikrofon

Suchwort Datenblatt und Messmikrofon sollte Typen zum Vergleich liefern.

von Fabian M. (fabian_m98)


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Mike schrieb:
> und ein möglichst großes Signal-Rauschverhältnis haben.
Welche Eigenschaft des Signals möchtest Du am Ende tatsächlich 
auswerten? Ist ein großes SNR wirklich nötig, bzw. unterliegt dein 
Signal tatsächlich einer hohen Dynamik?

Mike schrieb:
> niedrige Schallpegel (idealerweise ab 0dB)
0dB ist keine Angabe eines Schalldruckpegels

Mike schrieb:
> Es sollte daher einen linearen Frequenzgang, hohe
> Empfindlichkeit und ein möglichst großes Signal-Rauschverhältnis haben.

Ein Elektretmikrofon hat die letzten beiden Eigenschaften gegenüber 
anderen Wandlertechnologien in der Tendenz im allgemeinen nicht. Hier 
die erste jedoch auch nicht (vgl. 'frequency (f)').
Ich sehe es aus diesem Grund auch kritisch die A-Gewichtung umrechnen zu 
wollen (zumal auch die Sensitivity üblicherweise nur bei 1 kHz gemessen 
wird). Das wird näherungsweise wohl nur funktionieren, wenn man den 
genauen Anwendungsfall kennt.
Die im Datenblatt angegebene Sensitivity verwundert schon ziemlich und 
dürfte um einige Größenordnungen falsch (bzw. 'gewichtet' :)) sein. 
Denkbar, bzw. nicht angegeben ist auch die Messung mit Schaltung oder 
ohne Kapsel.

Herr Sengpiel ist immer eine gute Adresse wenn es um den E.I.N geht, 
z.B.
http://www.sengpielaudio.com/Rechner-sensitivity.htm

: Bearbeitet durch User
von Maxim B. (max182)


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Fabian M. schrieb:
> Ein Elektretmikrofon hat die letzten beiden Eigenschaften gegenüber
> anderen Wandlertechnologien in der Tendenz im allgemeinen nicht.

Klar, man braucht ein echtes Kondensatormikrofon, ein Kleinmembraner mit 
Kugelkapsel. Aus billigsten qualitativen ist RODE NT5 mit Kugelkapsel zu 
empfehlen. Ansonsten macht man auch mit Neumann KM183 nichts falsch. 
Vorausgesetzt, Preamp oder Mischpult ist auch qualitativ.

Mike schrieb:
> Um
> das Rauschen des Verstärkers optimieren zu können, benötige ich die
> Ausgangsimpedanz des Mikrofons.

Du kannst als erste Probe SSM2019 wie in Datenblatt verwenden. 
Gewöhnlich macht ein gutes Mikrofon ca. 10...20 mV/Pa. So kann man auch 
notwendige Verstärkung berechnen. Ausgangsimpedanz ist gewöhnlich 
zwischen 20 und 150 Ohm.

: Bearbeitet durch User
von Der Zahn der Zeit (🦷⏳) (Gast)


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Mike schrieb:
> Ich suche ein Mikrofon, mit dem sich möglichst quantitativ und
> reproduzierbar Sinustöne niedrige Schallpegel (idealerweise ab 0dB)
> vermessen lassen
Ist das nicht ein Widerspruch zur Überschrift? Egal...

> Mich würde interessieren, wie groß das Grundrauschen ist.
> Laut Datenblatt beträgt das SNR bei 1kHz und 1Pa Schalldruck 65dbA.
Ich denke, du brauchst das Grundrauschen nicht zu kennen, und das hast 
du im folgenden auch schon (fast?) erkannt.

> Ich nehme an, das das Rauschen in erster Näherung vom äußeren
> Schallpegel unabhängig ist. 1Pa entspricht einem Pegel von 94dB, so dass
> das Rauschen  29dB beträgt (dB SPL und dBA sind bei 1kHz identisch). Nun
> verteilt sich aber das Rauschen i.a. auf einen breiten Frequenzbereich,
> und könnte durch einen Bandpass auf der Frequenz des Sinustons reduziert
> werden. Für meine Berechnung benötige ich aber die Rauschpegeldichte
> (in Pa/sqrt(Hz) ). Meine Idee wäre, weißes Rauschen anzunehmen
Das wäre sicherlich nicht ganz falsch...
>, nach der
> dB[A]-Kurve zu wichten und zu integrieren. Ich weiß aber nicht wie man
> das macht. Gibt es dazu Literatur bzw. eine Formel?
Auch wenn ich es nicht für notwendig halte: Generiere weißes Rauschen, 
filtere es mit A und lass' dir in einer FFT die Dichte (also in 
dbFS/sqrt(Hz)) des resultierenden Rauschens anzeigen. Natürlich muss das 
noch auf deine Analogwerte normiert werden. Ich weiß nicht, ob das alles 
in Audacity geht, aber einer einer Kombination von Audacity als 
Generator und ARTA wird es gehen.

Aber wenn du gleich das Ausgangssignal des Mikrofons, dass einen 
Sinuston mit einer Amplitude weit unter dem Rauschen des Mikrofons 
empfängt, spektral analysierst, siehst du den auch und kannst seine 
Amplitude messen. Hören kannst du ihn nicht, er kann weit unter der 
Hörschwelle liegen, und (verstärkt) auf einem Oszilloskop siehst du ihn 
auch nicht. Aber schmalbandig gefiltert wird er deutlich. Die Auflösung 
der FFT-Größe muss dazu ausreichend hoch, bei nicht unnötig hoher 
Abtastrate sein. 0,1 Hz Auflösung ("Filterbandbreite") sind möglich, 
wenn die Abtastrate 131072 Samples und die Abtastrate 8000 Hz ist. Damit 
siehst du einen Sinuston, der - ganz grob - ca. 40 dB unter dem (weißen) 
Grundrauschen liegt.

> Das Ausgangssignal des Mikrofons muss natürlich vorverstärkt werden. Um
> das Rauschen des Verstärkers optimieren zu können, benötige ich die
> Ausgangsimpedanz des Mikrofons. Diese ist im Datenblatt mit Unendlich
> angegeben. Ich verstehe das so, dass die Impedanz allein durch den
> Vorwiderstand RL bestimmt wird, so dass ich hier 2.2kOhm ansetzen kann?
Ich behaupte, dass bei der FFT-Analyse das alles schon keine Rolle mehr 
spielt. Das ist jetzt ein anderes Thema:

Ja, die Ausgangsimpedanz ist nahezu ausschließlich RL. Alleine 2,2 kOhm 
rauschen thermisch schon so viel (6 nV/sqrt(Hz)), dass ein besonders 
hochwertiger Vorverstärker wie "Perlen vor die Säue" wäre. Dazu kommt 
das Rauschen des FETs, das ich jetzt nicht abschätzen kann, aber 
höchstwahrscheinlich noch viel höher ist. Aber du steckst offensichtlich 
tief genug drin, um auch das berechnen zu können.

DZDZ

von Wolfgang (Gast)


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Mike schrieb:
> Sinustöne niedrige Schallpegel (idealerweise ab 0dB)

> SNR bei 1kHz und 1Pa Schalldruck 65dbA

Die Sache mit den Einheiten solltest du dir noch mal angucken.
dB bezeichnet ein Leistungsverhältnis und keine Schalldruckpegel.
SNR ist ein Leistungsverhältnis und wird nicht in der Einheit eines 
bewerteten Schalldruckpegels (dB_A, "A" als Index) angegeben.

von Maxim B. (max182)


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Mike schrieb:
> Gefunden habe ich folgendes Modell:
>
> https://www.cuidevices.com/product/resource/cmej-4622-25-l082.pdf
>
> Mich würde interessieren, wie groß das Grundrauschen ist.

Komische Daten hier...
> sensitivity (S) at 1 kHz (0 dB = 1 V/Pa) typ -25 dB
Das bedeutet ~56 mV/Pa. Klingt komisch.
Oder Fehler im Datenblatt?
Amsonsten ist das Mikrofon laut Datenblatt für Sprachqualität.

: Bearbeitet durch User
von Henrik (Gast)


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Ich erinnere mich vor etwas mehr als 30 Jahren in einer Vorlesung zu 
Elektro-Akustik erzählte Prof. Sennheiser mit Kondensatormikrofon und 
Heterodyneverfahren könnte man das Rauschen fast beliebig klein machen, 
jedoch ist alleione das Rauschen durch die Luftmoleküle schon so groß, 
dass die gewöhnlichen Verfahren ausreichen. Aber wenn man im Rauschen 
fischen will...

Wenn Du eine Sinus messen willst, dann empfehle ich linearen Sinusfit.

von Der Zahn der Zeit (🦷⏳) (Gast)


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Henrik schrieb:
> Ich erinnere mich vor etwas mehr als 30 Jahren in einer Vorlesung zu
> Elektro-Akustik erzählte Prof. Sennheiser
Ich habe zu der Zeit auch Prof. Sennheiser gehört. Vielleicht kennen wir 
uns? Und dass Rauschen durch Bewegung der Luftmoleküle nicht weit unter 
dem liegt, was a) empfindliche Mikrofone können und b) was das 
menschliche Ohr hören kann, ist mir auch bekannt.

Aber wenn man einen einzelnen Ton aus dem Rauschen filtern will, spielt 
nur noch die Energie im Bereich des Filters eine Rolle. Und den kann man 
ggf. sehr schmalbandig machen, wenn der Ton lange genug ansteht.

von Maxim B. (max182)


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Henrik schrieb:
> erzählte Prof. Sennheiser mit Kondensatormikrofon und
> Heterodyneverfahren könnte man das Rauschen fast beliebig klein machen

Fa.Sehnheiser macht das auch. Die Kugel Sennheiser MKH 8020 kostet 1200 
€. Die Acht Sennheiser MKH 30 P48 kostet 1700 €.
Allerdings ist das Rauschen etwa wie bei besten 
Niederfrequenz-Kondensatormikrofonen. Bei vergleichbarem Preis :)

: Bearbeitet durch User
von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Der unbekannte Faktor bei Elektretkapseln ist ja immer der integrierte 
FET.

Ich habe mal bei Bruel&Kjaer rumgeschnüffelt - und es hat sicher einen 
Grund, warum deren Messmikrofone meist HV-polarisiert sind. Damit wird 
die Elektronik komplett aus der Kapsel rausgenommen und man hat alles 
selbst in der Hand. Gut, man muss sich z.B. rauscharme 200V machen, aber 
sowas ist ja kein Hexenwerk.

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