Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Frage zu Bestückungsmaschinen


von Aspik (Gast)


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Hi, ich habe hier einen Artikel gefunden, wo es um Bestückungsmaschinen 
für Chips geht:

https://www.manager-magazin.de/unternehmen/autoindustrie/toyota-und-nissan-muessen-chipwerk-von-renesas-retten-wie-ein-einzelner-fabrikbrand-die-globale-autoindustrie-trifft-a-f06942d5-1c9f-4ea1-9b0f-a62fe896f3f0?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

Meine Frage ist - ist es denn so aufwendig, solche Chips herzustellen? 
Dann ist da auch von Reinräumen die Rede. Ist es so aufwendig, einen 
Reinraum herzustellen? Oder ist so ein elektronischer Reinraum noch 
"reiner" als ein OP im Krankenhaus? Für mich ist es doch erstmal einfach 
ein Raum mit einem Luftfilter und einer Tür mit Dichtung, damit keine 
ungefilterte Luft angesaugt wird, aber ich kann mich auch täuschen, da 
ich mich damit nicht wirklich auskenne.

Aber wie ist das nochmal mit den Chips? Sind wir in Deutschland oder 
Europa nicht in der Lage, selber solche Chips zu bestücken? Ist es 
wirklich so, dass es nur 2-3 Fabriken weltweit gibt und wenn dann eine 
davon kaputt geht, gibt es ein "Unglück"?

von Johannes M. (johannesm)


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So welche Chipwerke sind sehr komplex und Aufwändig, als Beispiel das 
Infineon Werk in Dresden für 300 mm Wafer soll 1,1 Millarden Euro 
gekostet haben.

: Bearbeitet durch User
von Alter Sack (Gast)


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Aspik schrieb:
>
> Meine Frage ist - ist es denn so aufwendig, solche Chips herzustellen?

Ja, ist es.

> Dann ist da auch von Reinräumen die Rede. Ist es so aufwendig, einen
> Reinraum herzustellen? Oder ist so ein elektronischer Reinraum noch
> "reiner" als ein OP im Krankenhaus?

Meines Wissens ja.

> Für mich ist es doch erstmal einfach
> ein Raum mit einem Luftfilter und einer Tür mit Dichtung, damit keine
> ungefilterte Luft angesaugt wird, aber ich kann mich auch täuschen, da
> ich mich damit nicht wirklich auskenne.

Ein OP ist etwa so gross wie ein Wohnzimmer. Ein Reinraum in einer 
Chipfabrik ist um etliches größer, da müssen ja ein Haufen Maschinen 
reinpassen.

Eine einfache Tür hat der auch nicht, eher eine Art Luftschleuse. Haben 
OPs aber wohl auch.

> Aber wie ist das nochmal mit den Chips? Sind wir in Deutschland oder
> Europa nicht in der Lage, selber solche Chips zu bestücken? Ist es

Bestücken ja, fertigen nur in Grenzen.

> wirklich so, dass es nur 2-3 Fabriken weltweit gibt und wenn dann eine
> davon kaputt geht, gibt es ein "Unglück"?

Nein, es gibt viele Chipfabriken weltweit. Aber es steht halt keine 
Ersatzfabrik herum, die haben alle gut zu tun - wenn eine ausfällt kann 
keine andere mal eben so einspringen.

von Helmut Hungerland (Gast)


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Du darfst nur mit Ganzkörperschutz und Überzieher für die Schuhe in den 
Reinraum rein (Beispiel in Dresden und Wacker in Burghausen). Es ist 
eine Schleuse davor gebaut und im Reinraum herrscht leichter Überdruck.

von MaWin (Gast)


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Aspik schrieb:
> Sind wir in Deutschland oder Europa nicht in der Lage, selber solche
> Chips zu bestücken

Bestücken ist nicht das Problem, also fertige Chips auf eine Platine 
löten.

Aber die Chips herzustellen ist eine Kunst.
Erstens erfordern Chipfabriken Investitionen in Milliardenhöhe, dazu 
sind unsere von BWLlern geführten Firmen schon immer zu geizig gewesen, 
zum anderen muss man die Arbeit beherrschen damit man nicht zu viel 
Ausschuss produziert, dafür sind unsere Arbeiter schon immer zu faul 
gewesen.

Man hat die Arbeit lieber die anderen machen lassen, das Kostenrisiko 
die anderen tragen lassen, und selbst technologisch den Anschluss 
verloren. Wenn überhaupt, hat man nach Staatsknete geschrien und die 
schnell versenkt, wie Siemens/Infineon/Dresden.

Nun brennt also nach Ashai Kasei schon die zweite Fabrik in Japan. 
Interessant, dass Japaner keiner lean production folgen, obwohl deutsche 
Damager behaupten die Methode wäre dort erfunden worden und man müsse 
unbedingt alles nachmachen was aus Japan kommt, den um so weniger man 
davon versteht, um so besser lässt sich die Unvernunft als der heisse 
Scheiss verkaufen.

von ZF (Gast)


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Aspik schrieb:
> Hi, ich habe hier einen Artikel gefunden, wo es um Bestückungsmaschinen
> für Chips geht:
Chips werden nicht durch "Bestückung" hergestellt, lediglich fertige 
Chips werden auf Platinen bestückt.

> Meine Frage ist - ist es denn so aufwendig, solche Chips herzustellen?
Ja, das ist es.

> Dann ist da auch von Reinräumen die Rede. Ist es so aufwendig, einen
> Reinraum herzustellen?
Es ist aufwändig, aber machbar.

> Oder ist so ein elektronischer Reinraum noch
> "reiner" als ein OP im Krankenhaus?
Viel reiner. Ein OP-Saal ist, insbesondere aus Partikelsicht, ein 
Dreckstall verglichen mit einem Reinraum für feine Halbleiterstrukturen.

> Für mich ist es doch erstmal einfach
> ein Raum mit einem Luftfilter und einer Tür mit Dichtung, damit keine
> ungefilterte Luft angesaugt wird, aber ich kann mich auch täuschen, da
> ich mich damit nicht wirklich auskenne.
Ein bisschen komplizierter ist es schon, kleiner Einstieg: 
https://de.wikipedia.org/wiki/Reinraum
Aber wie schon geschrieben: Das ist nicht die größte und einzige 
Herausforderung.

> Aber wie ist das nochmal mit den Chips? Sind wir in Deutschland oder
> Europa nicht in der Lage, selber solche Chips zu bestücken?
Nochmal, sie werden nicht bestückt, sondern aus Rohwafern in vielen 
Prozessschritten hergestellt. Diese Prozessschritte sind sehr 
parameterempfindlich, d.h. bereits kleine (ungewollte) Änderungen 
verringern die Ausbeute drastisch. Die Summe aller Schritte nennt man 
Prozess, je nach den Eigenschaften die man erzielen will (Strukturgröße, 
Komplexität (z.B. Anzahl der Metalllagen) Sondereigenschaften (z.B. 
BiCMOS, Eignung für optische Bildsensoren...) ist eine unterschiedliche 
Prozessierung cer Wafer nötig. Das für den jeweiligen Prozess 
zuverlässig einzurichten ist eine hohe Kunst, es braucht Profis und 
Ausdauer, so eine Fertigungslinie wird nicht an einem Wochenende 
eingefahren. Machen kann man das im Prinzip überall, geringe 
Bodenbewegungen sind bei kleinen Strukturen von Vorteil. Die Lohnkosten 
sind, trotz Schichtbetrieb in der Fertigung, auch nicht das Problem, in 
hochautomatisierten Linien überwiegt die Abschreibung der sehr teuren 
Maschinen (guck Dir mal an was ASML im Bereich der EUV-Lithografie so 
herstellt). Aber man muss es wollen und machen.

> Ist es
> wirklich so, dass es nur 2-3 Fabriken weltweit gibt und wenn dann eine
> davon kaputt geht, gibt es ein "Unglück"?
Nein, es gibt viele, für unterschiedliche Prozesse. Für CMOS hörte ich 
mal die grobe Anzahl 1000, wovon aber viele recht klein sind, etwa an 
Universitäten oder Instituten.

von Blechbieger (Gast)


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ZF schrieb:
> Nein, es gibt viele, für unterschiedliche Prozesse. Für CMOS hörte ich
> mal die grobe Anzahl 1000, wovon aber viele recht klein sind, etwa an
> Universitäten oder Instituten.

Aber die meisten davon sind für ältere, gröbere Prozesse. Die Kosten 
steigen dramatisch mit der Auflösung. Mittlerweile ist man bei 10 Mrd 
Dollar für eine Fab neuester Generation (5 nm) angekommen. Weltweit 
können sich das nur noch Samsung und TSMC leisten, selbst Intel hat den 
Anschluss verloren. Globalfoundries (ehemalige AMD Fertigung) hat den 
Wettlauf schon vor Jahren aufgegeben und ist in Dresden jetzt bei 22 nm.

von ZF (Gast)


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Blechbieger schrieb:
> Aber die meisten davon sind für ältere, gröbere Prozesse.

Das stimmt. Für viele Anwendungen sind grobe Prozesse aber ausreichend, 
feine Prozesse sind z.B. bei mixed signal oft sogar ungeeignet. Aber 
auch unter den groben Prozessen kann man die Masken, die für einen Chip 
in einem bestimmten Prozess erstellt wurden, nicht einfach in einer 
anderen Fertigung für einen anderen Prozess verwenden, im Detail sind 
die Fabs oft individuell optimiert.

von Manfred (Gast)


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MaWin schrieb:
> Erstens erfordern Chipfabriken Investitionen in Milliardenhöhe, dazu
> sind unsere von BWLlern geführten Firmen schon immer zu geizig gewesen,

Ersetze geizig durch Dumm! Hierzulande wird immer nur auf den 
Jahreasabschluß geschaut und es werden Luftschlösser für die Aktionäre 
und Banken erschaffen.

Wenn man als Geschäftsführer mindestens zwei Firmen ruiniert hat, ist 
das eine erstklassige Referenz, diese Pfeifen haben binnen weniger Tage 
einen neuen Job.

Japan hat vor Jahrzehnten vorgemacht, wie es anders geht: Man geht auf 
den Markt und kalkuliert, dass das neue Produkt erst nach drei bis fünf 
Jahren Gewinn einfährt.

> zum anderen muss man die Arbeit beherrschen damit man nicht zu viel
> Ausschuss produziert, dafür sind unsere Arbeiter schon immer zu faul
> gewesen.

Mit dieser Aussage tust Du meinen Ex-Kollegen / -Kolleginnen heftig 
Unrecht an. Wir haben keine Chips gefertigt, sondern nur Geräte 
hergestellt. Da das zu teuer war, mal eben 30% rausgeworfen und die 
Produktion nach extern verlagert. Was dann kam, Nacharbeits- und 
Garantiekosten, wirft ein ganz anderes Licht auf die Mitarbeiter, für 
Billiglohn gibt es keine Qualität, in der Gesamtbetrachtung waren die 
(teuren) eigenen erheblich besser.

Der Oberarsch, der das angezettelt hat, hat natürlich seine 
Erfolgsprämie im Sack und ruiniert schon die nächste Firma, bekommt 
garnicht mit und will auch garnicht wissen, was er gemacht hat.

von Blechbieger (Gast)


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ZF schrieb:
> Für viele Anwendungen sind grobe Prozesse aber ausreichend,
> feine Prozesse sind z.B. bei mixed signal oft sogar ungeeignet.

Die Fab oben von Renesas ist mit Sicherheit auch so ein Fall. Jemand 
eine Idee was dort gefertigt wurde? Analog/Leistungselektronik oder 
Logik wie Mikrocontroller?

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