Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Pi mal Daumen Formel für FET gesucht


von Dany (Gast)


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Hallo.

Gibt es irgendeine Faustformel, mit der man ausrechnen kann, wie schnell 
man einen FET mindestens ausschalten muss, damit er nicht kaputt geht?

Beispiel: Ich habe einen 30V FET, der an einer langen Leitung hängt. Da 
fliessen jetzt 5A durch. Wie hoch darf Rgate maximal sein, damit er beim 
abschalten nicht verkocht?

Bekannte Grössen sind die Induktivität, der fliessende Strom und 
natürlich das FET-Datenblatt. Das SOA Diagramm hilft mir bei diesem 
dynamischen Problem nicht wirklich weiter.

von H. H. (Gast)


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Dany schrieb:
> Das SOA Diagramm hilft mir bei diesem
> dynamischen Problem nicht wirklich weiter.

Doch, genau dafür ist das ja da.

von Mani W. (e-doc)


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Dany schrieb:
> Gibt es irgendeine Faustformel, mit der man ausrechnen kann, wie schnell
> man einen FET mindestens ausschalten muss, damit er nicht kaputt geht?

Einen MOSFet schaltet man üblicherweise möglichst schnell ein und aus,
mit 100R in halbwegs normalen Anwendungen gibt es da kein Problem...

Deine Frage ist meiner Meinung nach nicht zu beantworten, weil die
Anwendungen und Leistungsklassen sehr unterschiedlich sind...

von Dany (Gast)


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Deswegen frage ich ja nach einer Faustformel. Ich kann mir nicht 
vorstellen, dass das unmöglich ist.

Eigentlich muss ich doch nur wissen, wieviel Energie der FET während 
eines Schaltvorgangs umsetzt. t ist bekannt. I auch.

Die Formel muss doch relativ einfach sein, wenn man nicht so genau sein 
muss. Eigentlich ist es doch einfach nur das Integral einer Parabel, 
welche die Leistung beschreibt, denn wenn der FET maximal leitet, ist 
die umgesetzte Leistung gering, und wenn er zu ist, natürlich auch. 
Genau in der Mitte ist die umgesetzte Leistung am höchsten.

Aus dem SOA Diagramm kann ich die Energie entnehmen, die der FET in der 
Zeitspanne x maximal verträgt.

von H. H. (Gast)


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Man nähert die Kurvenform ("Parabel") durch ein Rechteck, was wegen des 
Miller-Plateaus auch ganz gut passt.

von Achim S. (Gast)


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Dany schrieb:
> Die Formel muss doch relativ einfach sein, wenn man nicht so genau sein
> muss. Eigentlich ist es doch einfach nur das Integral einer Parabel,

nri Wikipedia war jemand so nett, die Integration über die Parabel zu 
berechnen und das Ergebnis anzugeben:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schaltverluste

von Maxe (Gast)


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Achim S. schrieb:
> https://de.wikipedia.org/wiki/Schaltverluste

Dany schrieb:
> Die Formel muss doch relativ einfach sein, wenn man nicht so genau sein
> muss.

Dann würde ich die Formel zur Abschaltung an einer induktiven Last 
nehmen (Annahme Strom bleibt über den Schaltvorgang konstant, 
Drain-Source-Spannung steigt Linear). Das ist dann auch eine 
konservative Abschätzung für die anderen Fälle.

Also E = I_0 * U_0 / 2 * delta_t

von HildeK (Gast)


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Dany schrieb:
> Bekannte Grössen sind die Induktivität, der fliessende Strom und
> natürlich das FET-Datenblatt. Das SOA Diagramm hilft mir bei diesem
> dynamischen Problem nicht wirklich weiter.

Und die Versorgungsspannung ist nicht bekannt?

Als erste Abschätzung kann doch dienen: halbe Versorgungsspannung, 
halber Maximalstrom in der Schaltung → Maximaler Leistungspeak im FET 
beim Schalten.
Wenn das bereits in das SOA-Diagramm passt, bist du fertig.

von Günter Lenz (Gast)


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von Dany schrieb:
>wie schnell
>man einen FET mindestens ausschalten muss, damit er nicht kaputt geht?

Wenn man Induktivitäten schaltet geht er genau dann kaputt,
wenn man ihn schnell ausschaltet, weil die Spannungen
dann sehr hoch werden, wenn man nichts dagegen unternimmt.
Ansonsten ist die Last für den FET am größten wenn an ihm
die halbe Betriebsspannung anliegt. Leistung ist
Spannung mal Strom,  P = U * I

von Helge (Gast)


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Die Belastung des Transistors beim Ausschalten ist am größten, wenn die 
Betriebsspannung anliegt und die Leitungsinduktivität immer noch den 
vollen Strom durchschickt.

Grob näherungsweise Abschätzung der Energie ist dann 1/2 
Betriebsspannung x Strom x Schaltzeit.

von Harald W. (wilhelms)


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Dany schrieb:

> Deswegen frage ich ja nach einer Faustformel. Ich kann mir nicht
> vorstellen, dass das unmöglich ist.

Dazu gibt es bei diesem Problem viel zu viele Variable. Und laut
Murphy/Klipstein sind selbst Konstanten variabel.
http://www.helpar.de/mcmurphy1.html?file=mcmurphy.html

von Dany (Gast)


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Achim S. schrieb:
> Dany schrieb:
>> Die Formel muss doch relativ einfach sein, wenn man nicht so genau sein
>> muss. Eigentlich ist es doch einfach nur das Integral einer Parabel,
>
> nri Wikipedia war jemand so nett, die Integration über die Parabel zu
> berechnen und das Ergebnis anzugeben:
> https://de.wikipedia.org/wiki/Schaltverluste

Das ist doch eigentlich genau, was ich gesucht habe. Weiss jemand, was 
U+ bedeuten soll? Das + ist tiefergestellt.

von Achim S. (Gast)


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Dany schrieb:
> Weiss jemand, was
> U+ bedeuten soll? Das + ist tiefergestellt.

Na das was im Wiki-Schaltbild mit V+ bezeichnet wird. (Bei der 
induktiven Last mit Freilaufdiode ist genaugenommen U+ um ca. 0,7V 
größer als V+)

von Εrnst B. (ernst)


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Dany schrieb:
> Wie hoch darf Rgate maximal sein, damit er beim
> abschalten nicht verkocht?

Wieso willst du Rgate maximieren und nicht minimieren?

Faustformel: Starte mit Rgate = 0 Ohm. Wenn bei EMV-Prüfung 
durchgefallen, erhöhe um ein paar wenige Ohm (Nächste Größe aus der 
E-Reihe), Retry.

von tünnes (Gast)


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Εrnst B. schrieb:
> Dany schrieb:
>> Wie hoch darf Rgate maximal sein, damit er beim
>> abschalten nicht verkocht?
>
> Wieso willst du Rgate maximieren und nicht minimieren?

Das ist eine gute Frage, da man normalerweise das Gegenteil
anstrebt. Und zwar, um möglichst hohe Effizienz bzw. halt
hohen Wirkungsgrad zu erhalten.

Und klar, demgegenüber steht, daß schneller Schalten auch
bedeutet, daß die ganzen Parasiten stärker angeregt werden
(dU/dt und dI/dt in paras. L und C). Bloß:

> Wenn bei EMV-Prüfung durchgefallen,

Klingt dieser Eröffnungstext denn für Dich nach "kommerziell"?
(Weswegen ein EMV-Test nötig (/überhaupt finanziell möglich)?

Also für mich ja weniger...

> erhöhe um ein paar wenige Ohm (Nächste Größe aus der
> E-Reihe), Retry.

Und wenn er ohne EMV-Test zur Verifikation weiter erhöht und
erhöht und probiert, landet er beim größtmöglichen Wert ...

(also beim größtmgl. der von ihm evtl. zufällig ausgesuchten,
da ja von Dir nicht näher definierten, E-Reihe - ok, wenn er
die E96 Reihe benutzt, dauert das)

...und sobald seine Fets in Rauch aufgehen im Betrieb, nicht
Retry, sondern einen Wert zurück, dann hat er's geschafft.
(...den, wie gesagt, höchstmöglichen Wert zu finden. ;)

Was ich sagen möchte:

Ich würde eher nicht die Sinnhaftigkeit únd das Ergebnis der
gesamten Vorgehensweise an einer hier vermutlich nonexistenten
Möglichkeit, er würde EMV-Tests nutzen (/können), festmachen
wollen... daher:


> Faustformel: Starte mit Rgate = 0 Ohm.

Oha, null Ohm... zwar haben Mosfets sozusagen Gatewiderstände
niedrigen Wertes "schon mit drin", aber wieso sollte er denn
überhaupt bei 0 Ohm starten?

Das käme mir ehrlich gesagt eher nur in die Tüte, wenn der
Treiber schon extrem hohen "Innenwiderstand" (genauer: die
Einschaltwiderstände der im Treiber integrierten Fets) hätte.


Ich hätte eher gesagt: "Starte mit dem Wert, der im Datenblatt
als Randbedingungs- R_G zur Ermittlung der spez. Schaltzeiten
steht - falls Du mit ca. diesen Schaltzeiten glücklich bist.

(Und falls nicht, orientiere Dich davon ausgehend [jedoch pro
Experiment nicht > 2 als einen Divisor oder Multiplikator]
nach "unten (geringerer Wert = kürzer)" oder "oben" (höherer
Wert = längere Schaltzeit).)


Aber eigentlich ist auch das kaum treffend, und man könnte
eher sagen: Nein, es gibt nicht einmal eine Formel, welche
eine Schaltzeit oder -geschwindigkeit "bei bestimmtem Fet
nun perfekt ist" - ganz und gar nicht.

Im Rahmen der heutigen Technik tut man es so, wie es auch
andere machen, für eine bestimmte Anwendung, bzw. gibt es
sinnvolle Ober- und Untergrenzen für Schalt-Geschwindigkeit
(oder umgekehrt: -Zeit) und auch -Frequenz.


Man muß parasit. Eigenschaften der Leistungsschalter sowie
passiver BE sowie möglicher Layout-Konfigurationen kennen,
um halbwegs vernünftig Bauteilauswahl und Planung wie auch
Konstruktion in Angriff nehmen zu können.

"Verallgemeinerungen" als Hilfestellung gibt's praktisch nie.

von Dany (Gast)


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Ich baue keinen Schaltregler, sondern eine Heizungssteuerung. Die 
schaltet im Schnitt alle 20 Minuten mal. Es geht darum, dass da auch mal 
gerne 20 Meter Leitung direkt dranhängen können. Da will ich weder eine 
Antenne, noch einen Avalanche.

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Dany schrieb:
> Es geht darum, dass da auch mal
> gerne 20 Meter Leitung direkt dranhängen können.

Als Einzeladern in großem Bogen geführt, ergäbe das locker 20µH.
https://wetec.vrok.de/rechner/cspule.htm

Und für die Leitung kann man auch locker 10µ erreichen:
https://www.electronicdeveloper.de/InduktivitaetLeitungen.aspx

von Egon D. (Gast)


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Dany schrieb:

> Ich baue keinen Schaltregler, sondern eine Heizungssteuerung.
> Die schaltet im Schnitt alle 20 Minuten mal. Es geht darum,
> dass da auch mal gerne 20 Meter Leitung direkt dranhängen
> können.

GRUNDGÜTIGER HEILAND! Was für ein Drama...


> Da will ich weder eine Antenne,

Übliche Leitungen bestehen aus einem Hin- und einem direkt
benachbarten Rückleiter. Die Magnetfelder gleichen sich
sehr weitgehend aus, besonders im Fernfeld.

Im Übrigen gibt es auch Nullspannungsschalter...


> noch einen Avalanche.

Wo ist das Problem? Die meisten Leistungs-FETs sind
"avalanche-rated". Die im Magnetfeld gespeicherte
Energie berechnet sich aus

von Mani W. (e-doc)


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Egon D. schrieb:
> Übliche Leitungen bestehen aus einem Hin- und einem direkt
> benachbarten Rückleiter. Die Magnetfelder gleichen sich
> sehr weitgehend aus, besonders im Fernfeld.

Und wenn diese Leitung noch verdrillt ist wird es noch besser - ist
ein alter Hut...

von Stefan F. (Gast)


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Ich bin nicht sicher ob die Schätzung so korrekt ist, aber so mache ich 
es bisher:

Jeder MOSFET hat eine gewisse Gase-Source Kapazität, zum Beispiel 1nF. 
Zusammen mit dem Vorwiderstand am Gate (und dem Ausgangswiderstand des 
treibenden IC) bildet das ein Tiefpass.

T = R · C

Beispiel für 100Ω im IC plus 100Ω Widerstand und 1nF:

200Ω · 1nF = 200ns

Ich rechne so, als ob in dieser Zeit die halbe Spannung beim halben 
Strom am MOSFET abfällt. Beispiel für eine Last mit 20V und 10A:

10V · 5A = 50W

Bei einer PWM mit 1000 Hz haben wir zwei kritische Umschaltvorgänge pro 
Impuls. So rechne ich aus, wie viel Anteil diese an der Gesamt-zeit 
haben:

2·200ns · 1000Hz = 0,0004

Und jetzt multipliziere ich das mit der Verlustleistung:

50W · 0,0004 = 0,02W

Der Transistor wird 0,02W wegen den verzögerten Umschaltvorgängen 
verheizen.

Dazu kommt die Verlustleistung am Innenwiderstand Rdson, der z.B. 0,05Ω 
beträgt:

10A · 0,05Ω = 0,5V
10A · 0,5V = 5W

Also insgesamt 5W + 0,02W Verlustleistung.

---------

Zum Vergleich eine Rechnung mit 10kΩ Vorwidertand:

10100Ω · 1nF = 10,1µs
2·10,1µs · 1000Hz = 0,0202
50W · 0,0202 = 1,01W

Also insgesamt 5W + 1,01W Verlustleistung.


Als Faustregel habe ich mir gemerkt, dass man mit einem Vorwiderstand 
unter 1kΩ gut fährt, sofern die Frequenz unter 10kHz liegt.

Bei höheren Frequenzen oder ganz großen Kloppern (MOSFET) braucht man 
jedoch starke Treiber. Die kann man nicht mehr mehr direkt an den 
Ausgang eines µC hängen. Allerdings würde ich dann eh komplexere 
Bauteile mit integrierten Treibern und Schutzschaltungen bevorzugen.

Um auf die Eingangsfrage zurück zu kommen: Die Belastung durch das Kabel 
kannst du vernachlässigen. Die würde erst bei Frequenzen im MHz Bereich 
thermisch relevant.

von Mani W. (e-doc)


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Stefan ⛄ F. schrieb:
> Als Faustregel habe ich mir gemerkt, dass man mit einem Vorwiderstand
> unter 1kΩ gut fährt, sofern die Frequenz unter 10kHz liegt.

Ich habe meine Vorwiderstände je nach Anwendung spezifiziert, auch
kombiniert mit Diode und Vorwiderstand in Gegenrichtung (Laden oder
Entladen vom Gate, Totzeiten...

Mani W. schrieb:
> Einen MOSFet schaltet man üblicherweise möglichst schnell ein und aus,
> mit 100R in halbwegs normalen Anwendungen gibt es da kein Problem...

Wurde als nicht gut befunden!

von Klaus R. (klara)


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Dany schrieb:
> Gibt es irgendeine Faustformel, mit der man ausrechnen kann, wie schnell
> man einen FET mindestens ausschalten muss, damit er nicht kaputt geht?

Am sichersten ist schon LTspice und ein Modell des MOSFET. Und dann mußt 
Du immer noch das SOA Diagramm beachten. Die Last spielt dabei auch eine 
wichtige Rolle. Ich hatte noch vor kurzem damit zu tun.

Ein Verpolungsschutz mit Anlaufschaltung sollte bis zu 440 µF einmalig 
laden. Gut das das Netzgerät eine Strombegrenzung hatte. Sonst waren bei 
3 A Nennstrom schon über 30 A und wesentlich mehr im Spiel.

Um ein MOSFET schnell schalten zu können muß die Gate Charge schnell 
geräumt werden. Dafür gibt es ja auch spezielle Treiber, wenn es sein 
muß.

TI hat schon des öfteren in den Datenblätter, wenn es um Schaltnetzteile 
geht, komplette Berechnungen durchgeführt. Sehr lehrreich.

Glück gehabt, ich habe was gefunden.
https://www.ti.com/lit/an/slua560c/slua560c.pdf
Seite 12

Es wird an Hand der Total Gate Charge das Miller Plateau zur Berechnung 
herangezogen.

Aber wie oben schon gesagt, LTspice & MOSFET Modell wäre mein Tipp.
mfg Klaus

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