Forum: Fahrzeugelektronik synrm Reluktanzmotor


von Herbert B. (herba)


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Guten Tag allerseits,
grob ich habe begriffen, dass die Drehzahl eines synrm Motors(z.B. 
Tesla3) mit der Frequenz bzw. der Sinus erzeugenden PWM gesteuert werden 
kann.
Aber wenn z.B. mit dem Tesla3 ab 0Km/h bei "Vollgas" beschleunigt wird, 
wird doch das Drehfeld viel schneller sein und der Rotor hinkt der 
Drehung des Magnetfeldes massif nach, so müsste doch ein Drehzahlsensor 
dem Frequenzumrichter oder Controller dies mitteilen.
Ist das so? Hat sich hier schon jemand näher mit synrm Technik befasst?
Gruss Herbert

: Verschoben durch Moderator
von H. H. (Gast)


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Herbert B. schrieb:
> Ist das so?

Genau so.

von Jürgen F. (unterstrom)


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Herbert B. schrieb:

> Ist das so?

Hallo Herbert,
aber selbstverständlich ist das so! Jeder anspruchsvoller 
Freuquenzumrichterantrieb arbeitet mit Drehzahlrückmeldung (früher 
Tachomaschine), meist auch mit Rotorlagesensor. Beim vollen 
Beschleunigen geht aber nicht die Frequenz massiv hoch, der Motor würde 
"außer Tritt" (Erklärung: s. Synchronmaschine) kommen. Es wird die 
Spannung aufgedreht, damit tüchtig Strom fließt und dessen Magnetfeld 
den Rotor hinter sich her zieht. Die Frequenz kommt dann mit der 
Drehzahl mit hoch und zwar so, dass immer 90° (elektrisch) zwischen 
Rotor und Drehfeld bestehen.

von Peter R. (pnu)


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Herbert B. schrieb:
> Aber wenn z.B. mit dem Tesla3 ab 0Km/h bei "Vollgas" beschleunigt wird,
> wird doch das Drehfeld viel schneller sein und der Rotor hinkt der
> Drehung des Magnetfeldes massif nach, so müsste doch ein Drehzahlsensor
> dem Frequenzumrichter oder Controller dies mitteilen.
> Ist das so? Hat sich hier schon jemand näher mit synrm Technik befasst?
> Gruss Herbert


Zunächst läuft der Motor als Asynchron-Kurzschlussläufer hoch. Da 
braucht man keinen Regelkreis. Solange eine höhere Drehzahl des Feldes 
vorhanden ist als die des Ankers entsteht durch den Kurzschlussstrom im 
Anker das dazugehörige Ankerfeld zum Nachziehen und das mit recht hohem 
Drehmoment.
 Da aber der Wirkungsgrad eines Asynchronläufers nie besser sein kann 
als der Schlupffaktor, ist das eine luxuriöse Arbeitsweise. (bei einem 
Schlupf von 80% zwischen Anker und Feld wird immer 20% der Leistung im 
Anker verbraten.
 Der Trick im Tesla-Motor ist die Tatsache, dass der Anker durch Spalten 
u.a. am Umfang "polschuhe" hat, die an ihrer Mitte das Feld besonders 
gut durchlassen (Durchlässigkeit für Magnetlinien = Reluktanz) Dann 
rastet der Anker bei erreichen der Synchrondrehzahl in das Drehfeld ein. 
So wie etwa eine Magnetnadel sich nach dem Erdmagnetfeld ausrichtet: in 
die Richtung, in der die Magnetlinien der Erde am besten durch das Eisen 
verlaufen.
In diesem Zustand entsteht kein Kurzschlusstrom mehr im Anker und die 
Verluste sind wesentlich geringer.
Allerdings: bei Last kann der Anker aus dem Reluktanzbetrieb wieder 
ausrasten. Deshalb braucht man Sensor(en) für die Position Anker relativ 
zum Drehfeld. Wenn der Anker durcch die Last sich vom Optimum der 
Reluktanz wegbewegt, muss man durch  Phasenverschiebung des Drehfeldes 
nachkorrigieren.

Das ist eine ähnliche Arbeitsweise wie bei den kleinen Synchronmortoren 
für 230V und wenigen W Leistung. Die haben eine gezahnte Metallscheibe 
als Anker. Zunächst laufen sie wie eine Asynchronmaschine an, durch die 
Wirbelströme in der gezahnten Scheibe, dann rasten sie in das Drehfeld 
des vielzahnige Stators ein und laufen als Synchronmotor weiter. Mit 
wesentlich geringerem Stromverbrauch als im Asy-betrieb. Bei Überlast 
rasten sie halt aus und bekommmen einen wesentlich schlechteren 
Wirkungsgrad.

von Teo (Gast)


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Peter R. schrieb:
> Zunächst läuft der Motor als Asynchron-Kurzschlussläufer hoch. Da
> braucht man keinen Regelkreis.

Nur wenn sie, der dadurch einfacheren Ansteuerung geschuldet, dafür 
ausgelegt sind!

von Peter R. (pnu)


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Herbert B. schrieb:
> Aber wenn z.B. mit dem Tesla3 ab 0Km/h bei "Vollgas" beschleunigt wird,

Eine zu tiefe Frequenz würde wegen der geringen Wicklungsinduktivität 
sehr hohe Ströme bedingen. Deshalb dreht das Drehfeld zunächst mit einer 
Mindestfrequenz, um im asynchron-mode anzufahren.

Bei drehendem Anker und leichtem Gasgeben wird die Sensorik das Drehfeld 
per Phasenregelung voranschieben, sodass der noch eingerastete Anker 
nachgezogen wird.

 Beim Verlieren der Rastung geht dann die Elektronik in den 
Asynchron-Betrieb über.

: Bearbeitet durch User
von Herbert B. (herba)


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Vielen Dank für die zahlreichen Antworten.
von Peter R. (pnu)
> Deshalb dreht das Drehfeld zunächst mit einer Mindestfrequenz, um im
> asynchron-mode anzufahren.

Jürgen F. schrieb:
> Es wird die Spannung aufgedreht

Also etwa so: Bei sehr tiefer virtueller Frequenz die PWM-Flanken auf 
der ganzen Linie breiter werden lassen = mehr Spannung folglich mehr 
Strom und mehr torque ?
P.S.
Vermutlich lässt sich die Spannung nicht gut durch die Flankenbreite im 
PWM erhöhen, die PWM folgt vermutlich einer fix vorgegebenen 
Sinusflankentabelle. Aber wie die Spannung erhöhen?

: Bearbeitet durch User
von Peter R. (pnu)


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Herbert B. schrieb:
> Also etwa so: Bei sehr tiefer virtueller Frequenz die PWM-Flanken auf
> der ganzen Linie breiter werden lassen = mehr Spannung folglich mehr
> Strom und mehr torque ?

Das Drehmoment bringt durch die Sättigung des Eisens eine Grenze für den 
Strom: Wenn die Sättigung des Eisens erreicht ist, hat ein Mehr an Strom 
fast keinen Effekt, da sich ja die Magnetfeldstärke dadurch nicht mehr 
erhöht.
Bei gegebenem Aufbau der Motorwicklung gibt es eine Mindestfrequenz und 
eine maximale Spannung dazu. Diesen Quotienten Frequenz/Spannung zu 
unterschreiten führt zu größerem Strom ohne stärkeres Magnetfeld.

ähnlich wie beim Trafo:
Ein knapp ausgelegter Trafo für 60Hz wird bei 50 Hz überlastet, ebenso 
bei Überspannung.

Der Motor muss also erst einmal mit einer Magnetfeldfrequenz gespeist 
werden, die den vom Motor vorgegebenen Mindestwert nicht unterschreiten 
soll und läuft asynchron an. Dabei ist wegen des Schlupfs der 
Wirkungsgrad zunächst nicht der beste in einem bestimmten Bereich wird 
die Frequenz mit erhöht, sodass der Motor noch immer mit Schlupf 
arbeitet.
Kurz bevor der Anker die Felddrehzahl erreicht hat, geht man in den 
Reluktanzmodus über: entweder dadurch dass der Anker ins Drehfeld von 
selbst einrastet  oder dadurch dass man durch kurze Phasenverschiebung 
oder Frequenzsenkung der Spannung dem Anker "entgegenkommt".
Im Reluktanzbetrieb ist der Motor wesentlich wirtschaftlicher, geht aber 
bei höherer Last wieder in den Asynchronmodus über. Die Regelung  muss 
danach die Phasenverschiebung zwischen Anker und Feld steuern, um die 
Verriegelung Anker-Feld solange wie möglich aufrecht zu erhalten.

: Bearbeitet durch User
von Herbert B. (herba)


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Peter R. schrieb:
> Das Drehmoment bringt durch die Sättigung des Eisens eine Grenze für den
> Strom: Wenn die Sättigung des Eisens erreicht ist, hat ein Mehr an Strom
> fast keinen Effekt, da sich ja die Magnetfeldstärke dadurch nicht mehr
> erhöht.
> Bei gegebenem Aufbau der Motorwicklung gibt es eine Mindestfrequenz und
> eine maximale Spannung dazu. Diesen Quotienten Frequenz/Spannung zu
> unterschreiten führt zu größerem Strom ohne stärkeres Magnetfeld.
>
> ähnlich wie beim Trafo:
> Ein knapp ausgelegter Trafo für 60Hz wird bei 50 Hz überlastet, ebenso
> bei Überspannung.
>
> Der Motor muss also erst einmal mit einer Magnetfeldfrequenz gespeist
> werden, die den vom Motor vorgegebenen Mindestwert nicht unterschreiten
> soll und läuft asynchron an. Dabei ist wegen des Schlupfs der
> Wirkungsgrad zunächst nicht der beste in einem bestimmten Bereich wird
> die Frequenz mit erhöht, sodass der Motor noch immer mit Schlupf
> arbeitet.
> Kurz bevor der Anker die Felddrehzahl erreicht hat, geht man in den
> Reluktanzmodus über: entweder dadurch dass der Anker ins Drehfeld von
> selbst einrastet  oder dadurch dass man durch kurze Phasenverschiebung
> oder Frequenzsenkung der Spannung dem Anker "entgegenkommt".
> Im Reluktanzbetrieb ist der Motor wesentlich wirtschaftlicher, geht aber
> bei höherer Last wieder in den Asynchronmodus über. Die Regelung  muss
> danach die Phasenverschiebung zwischen Anker und Feld steuern, um die
> Verriegelung Anker-Feld solange wie möglich aufrecht zu erhalten.
Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung.
Das scheint wirklich komplex zu sein, den Motor richtig zu steuern.
Hatte früher mal im Sinn den AC Induction Motor Control von Microchip 
Technology zu bauen, ist zwar nicht genau dasselbe(Rotor hat 
Dauermagnete), aber die Dokumentation von Microchip ist gut.
Immer noch nicht klar ist mir wie man die Spannung variieren kann, was 
offenbar elementar wichtig ist.
Gruss Herbert

von Peter R. (pnu)


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Herbert B. schrieb:
> Immer noch nicht klar ist mir wie man die Spannung variieren kann, was
> offenbar elementar wichtig ist.

Der Wechselrichter arbeitet mit PWM (Pulsweitenmodulation), die eine 
deutlich höhere Frequenz hat als die das Drehfeld erzeugende 
Wechselspannung. Damit kann  man durch Verstellen des Tastgrades der 
Pulse zwischen maximaler Spannung und fast Null variieren. Man erzeugt 
dann nicht nur den Sinus mit seiner Frequenz sondern auch die Spannung 
des Sinus, weil dann die Wicklung den Strom nur aus dem Mittelwert der 
Spannung bildet.

von Herbert B. (herba)


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Peter R. schrieb:
> Herbert B. schrieb:
>> Immer noch nicht klar ist mir wie man die Spannung variieren kann, was
>> offenbar elementar wichtig ist.
>
> Der Wechselrichter arbeitet mit PWM (Pulsweitenmodulation), die eine
> deutlich höhere Frequenz hat als die das Drehfeld erzeugende
> Wechselspannung. Damit kann  man durch Verstellen des Tastgrades der
> Pulse zwischen maximaler Spannung und fast Null variieren. Man erzeugt
> dann nicht nur den Sinus mit seiner Frequenz sondern auch die Spannung
> des Sinus, weil dann die Wicklung den Strom nur aus dem Mittelwert der
> Spannung bildet.

Danke, jetzt ist der Groschen runter bei mir.
Gruss Herbert

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