Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Checkliste CE-Kennzeichnung IoT-Gerät


von Fynn P. (fynn23)


Lesenswert?

Moin!
Ich habe mit ein paar Freunden ein "IoT"-Gerät entwickelt. Zielgruppe 
sind Industriekletterer, also keine Consumer-Elektronik.
Es ist hardwareseitig ein PCB mit verschiedenen Sensoren, das per 
Bluetooth ausgelesen werden kann. Daran hängt ein kleiner Lithium-Akku. 
Geladen wird mit USB.
Die Hardwareentwicklung ist im Prinzip abgeschlossen, es geht jetzt vor 
allem um den Endschliff und die Software.

Nun sind wir alle keine Elektrotechniker (ein Student 
Informatikingenieur, ein Informatiker und ein Industriekletterer). 
Dementsprechend sind wir recht beeindruckt von dem, was jetzt auf uns 
zukommt: Die CE-Kennzeichnung.

Es gibt zwar eine wahre Fülle an Informationen im Web, wie man was 
machen soll, aber die sind teilweise so widersprüchlich, dass eine 
Einordnung gerade ganz gut wäre.

Uns wäre jetzt relativ wichtig, mal zu wissen, was wir jetzt eigentlich 
für Vorschriften (z.B. EMV, RoHS, WEEE etc...) für unseren Produkttyp 
beachten müssen. Zum Beispiel wäre es cool, wenn ihr uns mal einen 
Fingerzeig auf die EU-Webseiten gebt, die wir aufsuchen müssen, um genau 
das rauszufinden.

Was ist zu beachten, wenn das Gerät wasserfest sein soll?

Außerdem: Wenn wir eine UG gründen und darüber emittieren, sind wir dann 
aus dem Schneider, falls doch was geschieht?

Und: Wenn wir CE-Konform sind, dürfen wir dann verkaufen, oder muss dann 
noch was gemacht werden?

Vielleicht gibt's auch empfehlenswerte Blog-Artikel oder 
Erfahrungsberichte, von Menschen, die ähnliche Produkte schon auf den 
Markt gebracht haben?

: Bearbeitet durch User
von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


Lesenswert?

Hi!

RoHS und WEEE brauchst du immer.

EMV und Sicherheit kommt aus der EMV Richtlinie (EMCD; 2014/30/EU) bzw 
Niederspannungsrichtlinie (LVD; 2014/35/EU).

Ihr habt aber Funk verbaut.
Damit gilt ausschließlich (also statt der EMCD und LVD) die 
Funkrichtlinie (RED; 2014/53/EU). Die verweist auf die EMCD und LVD und 
ergänzt das um die "Funk-Details".

Z.B. hebt sie die untere Spannungsgrenze der LVD auf... damit müsst ihr 
euch bei der Batterie Gedanken machen, ob beispielsweise ein Brand 
auslösen werden kann, oder ob sich der Träger verbrennen kann.

Grunsätzliches zu CE findet ihr im BlueGuide.

73

von Dirk K. (knobikocher)


Lesenswert?

Fynn P. schrieb:
> Die CE-Kennzeichnung.

Ist eine Selbsterklärung! Ihr bestätigt damit, dass dieses Produkt 
konform zu allen dafür geltenden Vorschriften ist. Wenn man da unsicher 
ist, sollte das extern geprüft werden um eine rechtliche Sicherheit zu 
haben.

Was mir zu der kurzen Beschreibung einfällt, welche Vorschriften 
zutreffen:
RED (Weil Funk enthalten, beinhaltet EMV)
https://ec.europa.eu/growth/sectors/electrical-engineering/red-directive_de
Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU
(Wichtig weil Batterie enthalten)
RoHS, WEEE passt.

Falls das alles für euch zu viel ist: es gibt Unternehmen, welche dies 
alles als Dienstleistung anbieten. PM an mich, dann kann ich den Namen 
teilen.

EDIT: Hans W. war schneller und hat es gut beschrieben.

: Bearbeitet durch User
von Chris K. (Gast)


Lesenswert?

Wenn ihr das Ganze verkaufen wollt müsst ihr zudem noch die Richtlinien 
zur Altgeräteentsorgung beachten.

Da das ganze Bluetooth hat und ihr bestimmt das Gerät aus so bewerben 
wollt, müsst ihr neben der Funkzulassung gemäß RED in Europa und 
diversenen andere (wenn es in andere Märkte gehen soll) auch Mitglied in 
der Bluetooth Sig werden und euch eine Vendor ID kaufen. Das sind 
schonmal die ersten 10000 Euro. Für die Funkzulassung gemäß Bluetooth 
Spec könnte ihr nochmal 16k€ für das akreditierte Labor rechnen. Kommen 
noch EMV dazu, wieder minium 10k weg.

von Chris K. (Gast)


Lesenswert?

Sehe gerade Bluetooth Mitgliedschaft ist etwas günstiger. Für euch 
reicht ja der Adaptor Vertrag. Sind dann nur einmalig 8000$

https://www.bluetooth.com/develop-with-bluetooth/join/membership-benefits/

von Fynn P. (fynn23)


Lesenswert?

Chris K. schrieb:

> Da das ganze Bluetooth hat und ihr bestimmt das Gerät aus so bewerben
> wollt, müsst ihr neben der Funkzulassung gemäß RED in Europa und
> diversenen andere (wenn es in andere Märkte gehen soll) auch Mitglied in
> der Bluetooth Sig werden und euch eine Vendor ID kaufen. Das sind
> schonmal die ersten 10000 Euro. Für die Funkzulassung gemäß Bluetooth
> Spec könnte ihr nochmal 16k€ für das akreditierte Labor rechnen. Kommen
> noch EMV dazu, wieder minium 10k weg.

Macht es die Sache einfacher, wenn das Funkmodul selbst schon eine 
CE-Kennzeichnung trägt? Es ist ein ESP32-Modul von Espressif.

von Chris K. (Gast)


Lesenswert?

Nein. Muss trotzdem erneut zugelassen werden, da ja keiner sagen kann, 
wie sich das Teil in eurem Gerät verhält. Also Funkzulassung 
durchführen.

Bluetooth ist sowohl ein in Wort und Bildmarke geschützter Begriff. Ich 
müsst euch also das Recht erkaufen, diese Marken entsprechend den 
Vorgaben nutzten zu dürfen. Das Recht geht leider nicht auf einen über, 
bloß weil man eine entsprechende Komponente kauft.

von Arc N. (arc)


Lesenswert?

Fynn P. schrieb:
> Was ist zu beachten, wenn das Gerät wasserfest sein soll?

IP / EN60529 Da gibt's natürlich auch entsprechende Tests und Kosten.

Die Frage wäre auch in welchen Bereichen die Industriekletterer 
unterwegs sind.
Explosionsgefährdete Bereiche? Dann wäre noch eine ATEX-Zertifizierung 
fällig. Gehäuse, Batterie (LiIon wäre vor ein paar Jahren generell nicht 
durch die Zertifizierung gekommen), Schaltung.

> Außerdem: Wenn wir eine UG gründen und darüber emittieren, sind wir dann
> aus dem Schneider, falls doch was geschieht?

Nein, nicht in jedem Fall. Stichwort Produkthaftung
https://www.existenzgruender.de/SharedDocs/BMWi-Expertenforum/Recht/Haftung/UG-Unternehmergesellschaft-Produkthaftung.html

> Und: Wenn wir CE-Konform sind, dürfen wir dann verkaufen, oder muss dann
> noch was gemacht werden?
>
> Vielleicht gibt's auch empfehlenswerte Blog-Artikel oder
> Erfahrungsberichte, von Menschen, die ähnliche Produkte schon auf den
> Markt gebracht haben?

RoHS, WEEE (ElektroG2, BattG, Stiftung EAR) und beim Versand noch die 
Verpackungsverordnung. Alles etwas einfacher, wenn man nicht die direkt 
an Privatleute verkauft (B2C), sondern nur B2B macht.

Erfahrungsbericht z.B.
1. 
https://www.rs-online.com/designspark/the-journey-to-ce-marking-an-iot-product-part-1-setting-the-scene-de
2. 
https://www.rs-online.com/designspark/the-journey-to-ce-marking-an-iot-product-part-2-expert-advice-video
3. 
https://www.rs-online.com/designspark/the-journey-to-ce-marking-an-iot-product-part-3-design-review
Allerdings ohne Funk...

Texas Instruments hat ne Kurzzusammenfassung was bei der Zulassung (FCC, 
CE, IC) von Funkmodulen nötig ist. Bei fertigen Modulen wird's etwas 
einfacher und günstiger
https://www.ti.com/lit/an/swra601f/swra601f.pdf?ts=1621289477071

Chris K. schrieb:
> Bluetooth ist sowohl ein in Wort und Bildmarke geschützter Begriff. Ich
> müsst euch also das Recht erkaufen, diese Marken entsprechend den
> Vorgaben nutzten zu dürfen. Das Recht geht leider nicht auf einen über,
> bloß weil man eine entsprechende Komponente kauft.

Wenn man nicht mit entsprechenden Logos etc. arbeiten will, sollte es, 
ähnlich wie bei USB, möglich sein nur draufzuschreiben, dass das Gerät 
kompatibel mit BTx.y ist.

: Bearbeitet durch User
von Michael (Gast)


Lesenswert?

Wie Du siehst, tut man in Europa alles, um möglichst viele kreative 
Ideen zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen (in China).

Alternativ kann man das Gerät bei einem freundlichen Chinamann fertigen 
lassen und dies dann auch direkt über ihn verkaufen. Die wissen wie man 
das ohne große Kosten macht. Dein Name steht dann allerdings nicht auf 
dem Gerät.

Wiederum alternativ kann man das Gerät einfach herstellen und verkaufen. 
Wenn es keine Konkurenz gibt, kräht da auch kein Hahn nach. So meine 
eigene Erfahrung.

von Chris K. (Gast)


Lesenswert?

@Michael,

nenn mir doch mal bitte ein paar der Produkte aus deinen eigenen 
Erfahrungen.
Würde mich brennend dafür intressieren deren Konformitätsbescheinigungen 
zu sehen.

von Fynn P. (fynn23)


Lesenswert?

Vielen Dank für die hilfreichen Beiträge!

> Chris K. schrieb:
>> Bluetooth ist sowohl ein in Wort und Bildmarke geschützter Begriff. Ich
>> müsst euch also das Recht erkaufen, diese Marken entsprechend den
>> Vorgaben nutzten zu dürfen. Das Recht geht leider nicht auf einen über,
>> bloß weil man eine entsprechende Komponente kauft.
>
> Wenn man nicht mit entsprechenden Logos etc. arbeiten will, sollte es,
> ähnlich wie bei USB, möglich sein nur draufzuschreiben, dass das Gerät
> kompatibel mit BTx.y ist.

Aus der Webseite der Bluetooth-SIG:

"Die Bluetooth® Marken - einschließlich der Wortmarke BLUETOOTH , der 
Bildmarke (das Runen-"B" und das ovale Design) und der Kombinationsmarke 
(Bluetooth Wortmarke und Design) - sind Eigentum von Bluetooth SIG . Es 
besteht keine Verpflichtung, die Bluetooth Marken zu verwenden, aber 
wenn sie verwendet werden, können sie nur von einem Mitglied der 
Bluetooth SIG und nur in Verbindung mit ordnungsgemäß qualifizierten 
Produkten verwendet werden. Um die Warenzeichen zu schützen, verwaltet 
die Bluetooth SIG ein Programm zur Durchsetzung der Warenzeichen."

So wie ich das lese, würde man mit einer Beschreibung in der Art

"Das Produkt verwendet ein Funkprotokoll, das mit dem Low 
Energy-Protokoll der Bluetooth-SIG kompatibel ist."

durchaus durchkommen...?

von Andreas (Gast)


Lesenswert?

Fynn P. schrieb:

> Nun sind wir alle keine Elektrotechniker (ein Student
> Informatikingenieur, ein Informatiker und ein Industriekletterer).
> Dementsprechend sind wir recht beeindruckt von dem, was jetzt auf uns
> zukommt: Die CE-Kennzeichnung.

In diesem Fall bleibt euch nur eine Möglichkeit:

Ladet eure Platinendaten hier hoch und wir schauen mal drüber. Dann kann 
man sagen was faul in der Schaltung ist. Solltet ihr irgendwo eine 
kleine Drossel vergessen haben, so kann das Euch schon bei dem EMV-Test 
den Kopf kosten (wenn ihr es schon mit CE verkauft habt).

von MaWin (Gast)


Lesenswert?

Fynn P. schrieb:
> was wir jetzt eigentlich für Vorschriften (z.B. EMV, RoHS, WEEE etc...)
> für unseren Produkttyp beachten müssen

Alle.

Du hast Funk in Form  von BlueTooth.

Damit muss dein Gerät nach RED Funkvorschrift von einem zertifizierten 
Labor getestet werden, was EMV und Niederspannungsverordnung (trotz zu 
geringer Spannungen) einschliesst, so 5000 EUR pro Versuch, keine Ahnung 
wie viele Versuche ihr braucht bis es sich konform verhält.

Das wird teuer (und ist der Grund, warum es dein Gerät nicht schon 
längst von anderen Anbietern gibt, die haben die Kosten-Nutzen Rechnung 
gemacht und ausgerechnet dass es sich nicht lohnt

Du brauchst eine BlueTooth Lizenz
https://www.bluetooth.com/de/develop-with-bluetooth/qualification-listing/qualification-listing-fees/

Du musst dich (eventuell über Take-e-Way) bei Stiftung EAR registrieren 
und zurückgesendete Geräte als gewerblichen Elektroschrott beseitigen.

Du hast einen LiIon Akku, also unterliegst du der Batterieverordnung, 
was Kennzeichnung und Rücknahme umfasst, baust den Akku möglichst 
entnehmbar ein - obwohl andere Anbieter massiv gegen das Gesetz 
verstossen. Eventuell bringt es mehr ein, Abmahnungen an all die 
Anbieter zu verschicken, deren Geräte die BattVerord verletzen. 
Zumindest wäre es lustig, wenn Apple & Co. ein Verkaufsverbot für ihren 
minderwertigen Schrott in der EU kassieren.

Inwieweit ihr ein Spritzgussgehäuse braucht oder Standardgehäuse 
verwenden könnt, weiss ich nicht, Preise bei protolabs.com

Die Verpackung unterliegt dem Verpackungsgesetz, also wieder 
registrieren und Mengenangaben erfassen.

https://dse-faq.elektronik-kompendium.de/dse-faq.htm#F.20.1

von Speedy G. (Firma: ACME) (speedy-g)


Lesenswert?

Und TO? Noch Bock?

Aber tröste Dich. Da mussten wir alle durch, und sind dem entsprechend 
angekotzt und abgefuckt von der EU und DE.

von Dirk K. (knobikocher)


Lesenswert?

Michael schrieb:
> Alternativ kann man das Gerät bei einem freundlichen Chinamann fertigen
> lassen und dies dann auch direkt über ihn verkaufen. Die wissen wie man
> das ohne große Kosten macht. Dein Name steht dann allerdings nicht auf
> dem Gerät.

... und da alle Daten rausgegeben sind bekommst du auch kein Geld weil 
der Chinamann es direkt verkauft.

Sobald du/ihr die Geräte in DE in den Verkehr bringt, seid ihr 
verantwortlich für die CE-Konformitätserklärung. Egal wer es wo 
hergestellt hat.

Michael schrieb:
> Wiederum alternativ kann man das Gerät einfach herstellen und verkaufen.
> Wenn es keine Konkurenz gibt, kräht da auch kein Hahn nach. So meine
> eigene Erfahrung.

Wo kein Kläger, da kein Richter. Kann klappen. Ist euer Geschäftsrisiko. 
Wenn ihr privat einer anderen privaten Person eine Bastelei überlasst 
und dieser die privat eigenständig irgendwo nutzt dann wird das 
vielleicht niemanden interessieren.

MaWin schrieb:
> Du hast einen LiIon Akku, also unterliegst du der Batterieverordnung,
> was Kennzeichnung und Rücknahme umfasst, baust den Akku möglichst
> entnehmbar ein - obwohl andere Anbieter massiv gegen das Gesetz
> verstossen. Eventuell bringt es mehr ein, Abmahnungen an all die
> Anbieter zu verschicken, deren Geräte die BattVerord verletzen.

True. Das könnte halt auch euch bei einem nicht zugelassenen Produkt 
passieren ;)

Andreas schrieb:
> In diesem Fall bleibt euch nur eine Möglichkeit:
>
> Ladet eure Platinendaten hier hoch und wir schauen mal drüber. Dann kann
> man sagen was faul in der Schaltung ist. Solltet ihr irgendwo eine
> kleine Drossel vergessen haben, so kann das Euch schon bei dem EMV-Test
> den Kopf kosten (wenn ihr es schon mit CE verkauft habt).

Guter Versuch! Keine Produktdaten rausgeben ohne entsprechende 
schriftliche Vereinbarung. Produktpiraterie ist allgegenwärtig...

von Fynn P. (fynn23)


Lesenswert?

Speedy G. schrieb:
> Und TO? Noch Bock?
>
> Aber tröste Dich. Da mussten wir alle durch, und sind dem entsprechend
> angekotzt und abgefuckt von der EU und DE.

Hmm. Ja, da kann einem die Lust vergehen.

Aber andere Frage: Wir haben auch positive Rückmeldungen auf unser 
Produkt aus nicht-EU-Ländern erhalten. Also Amerika, Afrika, Ozeanien, 
sogar China...
Teilweise Länder, in denen andere Verordnungen gelten.
Wie ist es z.B. mit der FCC, wäre es evtl. einfacher, erst mal nur zu 
exportieren, bis man genug Kapital hat, um sich um die Menge an 
Vorschriften hier zu kümmern?

von Fynn P. (fynn23)


Lesenswert?

MaWin schrieb:
> Inwieweit ihr ein Spritzgussgehäuse braucht oder Standardgehäuse
> verwenden könnt, weiss ich nicht, Preise bei protolabs.com

Wir experimentieren da mit SLA-Druck herum, was ganz gut ausschaut und 
da Spritzguss bei der noch relativ unklaren Produktionszahl keinen Sinn 
macht. Es gibt auch RoHS-compliant Resin.

von Dirk K. (knobikocher)


Lesenswert?

Fynn P. schrieb:
> Aber andere Frage: Wir haben auch positive Rückmeldungen auf unser
> Produkt aus nicht-EU-Ländern erhalten. Also Amerika, Afrika, Ozeanien,
> sogar China...
> Teilweise Länder, in denen andere Verordnungen gelten.
> Wie ist es z.B. mit der FCC, wäre es evtl. einfacher,

Einfacher? Nein.

Amerika + Staaten, welche sich danach richten (z.B. Kanada glaube ich) - 
FCC 15b. Nicht einfacher, anders. Aber immerhin halbwegs verständlich 
reguliert.

China, alle Unterlagen (Schaltplan, Layout) + mehrere Geräte müssen für 
eine Zulassung zugesandt werden. Ein Schelm wer Böses denkt...

Afrika, großes durcheinander. Jeder macht was eigenes oder es gibt gar 
keine Stelle für eine Zulassung und es gilt noch die Bakschisch-Methode. 
Dies ist natürlich offiziell nicht erlaubt und macht auch niemand...
Teilweise wird eine Zulassung nur über eine im Land vorhandene 
(juristische) Person erlassen. Dokumente müssen in jeweiliger 
Landessprache eingereicht werden. Wenn du dort keine Zweigstelle hast - 
blöd, aber man kann solche Personen auch als Dienstleistung einkaufen. 
Halt jemand, der für das Gerät dann als "Inverkehrbringer" eingetragen 
wird. Es ist halt eine Frage, wie zuverlässig der dann ist.

Generell gilt: je ärmer das Land, desto schneller läuft die Zulassung 
aus und muss regelmäßig verlängert werden. Gegen eine Gebühr versteht 
sich. Oder die Regeln ändern sich. Dann wird die alte Zulassung ungültig 
und gegen eine erneute Anmeldegebühr kann das identische Gerät neu 
zugelassen werden.

Was passiert, wenn da keine Zulassung vorhanden ist? Geräte bleiben im 
Zoll hängen. Kunde bezahlt nicht. Dann hat man ein paar Wochen Zeit, die 
Konformität aufzuzeigen, ansonsten werden die Geräte verschrottet.

Eine Zulassung in der EU deckt schon einen großen Verkaufsbereich ab und 
ist noch halbwegs verständlich. Und niemand sagt, das alle Nachweise in 
DE geschehen müssen. IHR unterschreibt mit der Konformitätserklärung, 
dass das Gerät Konform ist. Wie ihr euch da absichert, ist eure 
Angelegenheit.

: Bearbeitet durch User
von Soul E. (Gast)


Lesenswert?

Speedy G. schrieb:

> Aber tröste Dich. Da mussten wir alle durch, und sind dem entsprechend
> angekotzt und abgefuckt von der EU und DE.

Die EU will halt nicht, dass jede kleine Garagenfirma irgendwelche 
Produkte zusammenbastelt und auf den Markt bringt. Das sollen lieber 
richtige Konzerne machen. Für einen Bosch, Siemens oder Samsung ist so 
eine Zertifizierung eine Kleinigkeit. Die haben die passende 
Infrastruktur.

von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


Lesenswert?

Naja, FCC+CE decken (technisch gesehen) 90% der Landkarte ab, würde ich 
schätzen.

Du musst nur drauf bestehen, dass du bei deinen Protokollen die 
richtigen Normen drauf hast... das hängt dann von deiner Länderliste ab.

CE ist noch die einfachere (und im Zweifelsfall günstigere) 
Angelegenheit.

z.B. Korea, Japan und Brasilien können richtig Nerven kosten.
China ist eine Liga für sich (siehe Kommentar von oben).

Das ist bei uns richtig einfach... EN 301 489 Teil 1 + den jeweiligen 
Teil der deine Funkschnittstelle abdeckt sowie EN 62386-1 und gut ist's.

Klar, Bürokratie wie WEEE und RoHS kostet dir auch was.
Da musst du einmal durch und fertig.

Insgesamt wächst aber die Anzahl der Länder in denen du in-country 
testing machen musst. Im Prinzip kannst du in etwa 5k-10k pro Land im 
Schnitt rechnen...

Das genannte "ablaufen" von Zertifikaten kommt auch immer mehr in 
Mode...

73

von Dirk K. (knobikocher)


Lesenswert?

Soul E. schrieb:
> Die EU will halt nicht, dass jede kleine Garagenfirma irgendwelche
> Produkte zusammenbastelt und auf den Markt bringt.

Ich habe das mal korrigiert:
Die EU will halt nicht, dass eine Firma irgendwelche Produkte 
zusammenbastelt und auf den Markt bringt welche dann andere Produkte 
stört oder sich stören lässt.

Und ich wiederhole:
Die CE-Konformitätserklärung ist eine Eigenerklärung. Die Firma erklärt 
das Gerät für Konform. Kostet: ein Pdf erstellen und unterschreiben.
Wenn Unsicherheit besteht, ob das Produkt konform ist -> prüfen lassen 
oder mit dem Risiko leben.

Fynn P. schrieb:
> RoHS, WEEE

Dies trifft weiterhin zu.

von Oliver S. (oliverso)


Lesenswert?

Dirk K. schrieb:
> Die CE-Konformitätserklärung ist eine Eigenerklärung. Die Firma erklärt
> das Gerät für Konform. Kostet: ein Pdf erstellen und unterschreiben.

Wenn Funk drin ist (oder es ein Medizinprodukt ist, usw.) reicht das 
nicht aus. Da sind verpflichtende Messungen gefordert, die du allerdings 
in Eigenverantwortung durchführen könntest, wenn du könntest. Da steht 
dann neben dem CE Zeichen noch eine Nummer. Die hat ihren Grund, und 
kostet mehrmals nur ein ausgedrucktes pdf.

Oliver

von Chris K. (Gast)


Lesenswert?

Andere Länder andere Regeln.

FCC deckt viel ab, kann man aber auch nicht selber machen. Via 
akkreditierten Labor kannst du deine Anmeldung machen. Bekommst dann 
deine ID und die muss auf das Gerät drauf.

Brasilien und Argentinien laufen zwar auch unter FCC, wollen aber 
nochmal selber testen.

Japan und Süd Korea kochen gerne ihre eigene Suppe und haben ganz andere 
Grenzwerte.

China läuft nur über ansässige Dienstleister.

Allen gemein sind die Gebühren, weil damit können die Länder ja Geld 
verdienen. Auch muss man je nach Land alle x Jahre eine Verlängerung 
beantragen. Die gibt es natürlich auch nicht umsonst.

Wenn du in die weite Welt willst, frag am besten einen Dienstleister wie 
7layers, CTCOM, etc. Die Kosten natürlich auch, macht aber vieles 
einfacher.

Mit der Formulierung bluetooth kompatibles Gerät kommt man vielleicht 
durch. Wobei man das Wort Bluetooth vielleicht schon besser nicht nutzt, 
weil eingetragene Marke. Dann lieber die 8000 Dollar auf den Tisch 
legen, als zu riskieren, dass ein findiger Anwalt einen wegen 
haarspalterei abmahnt. Auch wenn man gewinnen sollte, kostet so ein 
Prozess nerven und erstmal eine Menge Geld.

von Chris K. (Gast)


Lesenswert?

Bezüglich CE Erklärung. Ja kann man selber machen. Machen die großen 
Firmen auch meist selber. Die haben dann aber in der Regel auch die 
passenden Labore. Denn im Zweifel musst du halt nachweisen, dass deine 
Angaben auch stimmen. Dazu musst du aber erstmal nachweisen, dass du 
befähigt bist korrekt zu messen. Also Geräte anschaffen und regelmäßig 
kalibrieren lassen, dann kannst du auch regelmäßig dein Labor durch 
einen externen Dienstleister akkreditierten lassen. Wenn man schon dabei 
ist, wäre es auch gut zum Beispiel die DIN ISO 9001 zu erfüllen und auch 
gleich den ganzen anderen Krempel der heute angesagt ist.

Was passiert übrigens, wenn man CE Konformität ausweist, diese aber 
nicht erfüllt? Nun, dann kann ein Rückruf angeordnet werden, um alle 
fehlerhaften Produkte aus dem Markt zu entfernen. Liefern darfst du ab 
dem Moment sowieso nicht mehr. Dann wollen die Kunden wahrscheinlich 
auch ihr Geld zurück. Wohl dem, der in diesem Fall eine GmbH hat. Die 
ist dann wahrscheinlich bankrott, aber selbst muss man nicht dafür in 
die Insolvenz.

von Dirk K. (knobikocher)


Lesenswert?

Oliver S. schrieb:
> Wenn Funk drin ist (oder es ein Medizinprodukt ist, usw.) reicht das
> nicht aus. Da sind verpflichtende Messungen gefordert, die du allerdings
> in Eigenverantwortung durchführen könntest, wenn du könntest.

Hm, ist etwas her, dass ich dies betreut habe. Wiki sagt:

"CE-Kennzeichnung und Konformitätserklärung
... Der Hersteller weist die Übereinstimmung einer Funkanlage mit der 
Richtlinie mittels der Durchführung eines der 
Konformitätsbewertungsverfahrens gemäß den Anhängen II bis IV nach. Er 
erstellt die technische Unterlagen, wie sie in Artikel 21 beschrieben 
sind, und bringt die CE-Kennzeichnung an..."

https://de.wikipedia.org/wiki/Richtlinie_2014/53/EU

-> Konformitätsbewertungsverfahrens gemäß den Anhängen II bis IV. Sind 
dort die verpflichtenden Messungen beschrieben?

von Chris K. (Gast)


Lesenswert?

Guckst du Anhang 3

3.   Der Antrag auf EU-Baumusterprüfung ist vom Hersteller bei einer 
einzigen notifizierten Stelle seiner Wahl einzureichen.

Der Antrag enthält Folgendes:

a)


den Namen und die Anschrift des Herstellers sowie, wenn der Antrag vom 
Bevollmächtigten eingereicht wird, auch dessen Namen und Anschrift;

b)


eine schriftliche Erklärung, dass derselbe Antrag bei keiner anderen 
notifizierten Stelle eingereicht wurde;

c)


die technischen Unterlagen. Anhand dieser Unterlagen muss es möglich 
sein, die Konformität der Funkanlage mit den geltenden Anforderungen 
dieser Richtlinie zu bewerten; sie müssen eine angemessene Risikoanalyse 
und -bewertung enthalten; in den technischen Unterlagen sind die 
geltenden Anforderungen aufzuführen und der Entwurf, die Herstellung und 
der Betrieb der Funkanlage zu erfassen, soweit diese für die Bewertung 
von Belang sind; die technischen Unterlagen enthalten gegebenenfalls die 
in Anhang V aufgeführten Elemente;

d)


die zusätzlichen Nachweise für eine angemessene Lösung durch den 
technischen Entwurf. In diesen zusätzlichen Nachweisen müssen alle 
Unterlagen vermerkt sein, nach denen insbesondere dann vorgegangen 
worden ist, wenn die einschlägigen harmonisierten Normen nicht oder 
nicht in vollem Umfang angewandt worden sind; die zusätzlichen Nachweise 
umfassen erforderlichenfalls die Ergebnisse von Prüfungen, die gemäß 
anderen einschlägigen technischen Spezifikationen von einem geeigneten 
Labor des Herstellers oder von einem anderen Prüflabor in seinem Auftrag 
und unter seiner Verantwortung durchgeführt wurden.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.