Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Drumherum bei Schaltungen


von Tobias S. (herrgesangsverein)


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Liebe Gemeinde,

Ich habe schon einige uC Schaltungen gebastelt, die in meinem Smart Home 
Dienst tun. Ich halte mich dabei an Applikation Notes und Schaltungs 
Beispiele. Aber ich weiss dass z.b. beim Netzteil noch mehr dazugehört 
als ein Kondensator vorne und hinten und eine Spule.
Leider finde ich kein Tutorial oder Hinweise wie ich diese Lücken 
schliessen kann. Z.b. beim Überspannungsschutz, Eingänge der uC 
schützen, etc. Das ganze drum herum, das eine richtige Schaltung hat.
Kann mir jemand Hinweise auf Tutorials, Buchempfehlungen , etc. geben, 
wie ich mich hier weiterbilden kann, um professionellere Schaltungen zu 
entwerfen?

Viele Grüße

von Klaus R. (klara)


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Hallo Tobias,
das Thema kommt immer wieder einmal hoch. Wichtig sind Grundlagen. Im 
normalen Leben besuchst Du Schulen und wirst in der Regel durch den 
vorgegeben Stoff geführt. Du lernst dabei Sachen die Dich eigentlich 
nicht besonders interessieren. Aber Du brauchst diese Kenntnisse für die 
Prüfungen.

Das sieht jetzt anders aus. Du selber kannst Deinen Weg vorgeben. Fang 
mal mit dem Link an. Schau mal ob die Grundlagen schon bekannt sind.

https://www.elektronik-kompendium.de/

Es gibt ganze Bücher kostenlos zum Herunterladen.

http://www.prof-gossner.de/Frameset.html
hier: Gesamttext (8.Auflage) zum Herunterladen

Selbst den Tietze-Schenk bekommt man in einer älteren Auflage umsonst.
https://epdf.pub/halbleiter-schaltungstechnik-11-auflage.html

Der hat aber auch Passagen, die etwas schwer zu verdauen sind. Aber es 
lohnt sich trotzdem.


Wer gerne Verstärker bauen möchte, der sollte sich das Buch vornehmen. 
Bob Cordell geht oft pragmatisch an den Stoff heran. Man liest hier 
Tipps, die sonst selten vermittelt werden. Eine echte Fundgrube.

https://www.technicalbookspdf.com/designing-audio-power-amplifiers-by-bob-cordell/

Wenn so soweit bist, dann wird es Zeit für LTspice.

https://www.analog.com/en/design-center/design-tools-and-calculators/ltspice-simulator.html

Ein Tutorial für LTspice.
http://www.gunthard-kraus.de/LTSwitcherCAD/index_LTSwitcherCAD.html

Letztlich bieten viele Datenblätter selber gute Infos.
mfg Klaus

von Jens M. (schuchkleisser)


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Klaus R. schrieb:
> Selbst den Tietze-Schenk bekommt man in einer älteren Auflage umsonst.

Die verlinkte 11. ist von 1999, und "umsonst" ist nicht unbedingt 
"legal".

von Tobias S. (herrgesangsverein)


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Hallo,

Danke für die Hinweise.
Ich muss doch noch etwas präzisieren. Meistens mache ich uC Schaltungen 
und binde mal ein Display an oder einen Sensor. Weiter als mal einen 
Photostrom messen gehe ich eigentlich nicht. Ein Audio-Verstärker ist 
für mich eher eine geheime Kunst an die ich mich nicht machen würde.

Ich habe sogar den Tietze-Schenk und auch das Elektronik-Kompendium und 
ich verstehe auch die meisten Bauteile und ihre Funktion. Zu meinem 
Hintergrund: ich bin Physiker im Bereich Halbleiterphysik.
Aber wie so oft klafft eine Lücke zwischen Theorie und Praxis.

Ein Beispiel: ich brauche eine Stromversorgung, die aus 24V macht. 
Leistung ca. 1W. Dann suche ich bei Digikey ein Schaltwandler raus, der 
die Daten hat und den ich ab 1 Stk. bekommen kann. Dann bau ich den 
genauso auf wie im Datenblatt beschrieben. Geht.
ABER: genügt das? Würde ein Profi nicht noch was zum Überspannungsschutz 
oder Kurzschluss einbauen? auf welcher Seite macht man das? Vor dem 
Baustein oder danach oder auf beiden Seiten?
Ich kann so etwas nicht aus dem TS rauslesen.
Lieber wären mir so Beispiele wie früher in der Elektor oder im ELV 
Magazin, wo beschrieben wird, warum welches Bauteil da ist wo es ist.

2. Beispiel: die oben genannte SV ist für einen Ethernet/multi-RS232 
Umsetzer für die Hutschiene. Der funktioniert.
ABER: die Ein- und Ausgänge der RS232-Treiber (ADM208EANZ) sind eben 
direkt mit den Klemmen verbunden. Würde ein Profi hier nicht noch 
irgendwas vorsehen?

Das war jetzt ein langer Text. Ich bitte um Entschuldigung.
Ich hoffe, dass andere interessierte Amateure und Laien wie ich die 
selben Fragen haben.

von Percy N. (vox_bovi)


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Klaus R. schrieb:
> Selbst den Tietze-Schenk bekommt man in einer älteren Auflage umsonst.
> https://epdf.pub/halbleiter-schaltungstechnik-11-auflage.html

Die zwölfte aus 2002 gibt es hier:
https://www.pdfdrive.com/halbleiter-schaltungstechnik-e189888252.html

von Bernd (Gast)


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Tobias S. schrieb:
> ABER: genügt das?
Vielleicht.

> Würde ein Profi nicht noch was zum Überspannungsschutz
> oder Kurzschluss einbauen?
Ein Profi bekommt für seine Arbeit Geld. Wenn der Auftraggeber zahlt, 
dann werden Zusatzfunktionen eingebaut.

Überspannungsschutz ist da sinnvoll, wo z.B. hinten eine teure Baugruppe 
dranhängt. Bzw. eher nicht sinnvoll, wenn gar keine Überspannungen 
auftreten können.

Die genauen Anforderungen kennst momentan nur Du. Wenn Du meinst einen 
Schutz zu benötigen, dann bau ihn ein.

Eine Sicherung, die auf den maximalen Eingangsstrom ausgelegt ist, kann 
definitiv nicht schaden.

von Udo S. (urschmitt)


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Immer gut fürs Nachschauen und auch mal zum lesen ist die DSE-FAQ
http://www.dse-faq.elektronik-kompendium.de/dse-faq.htm

von MaWin (Gast)


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Tobias S. schrieb:
> Würde ein Profi nicht noch was zum Überspannungsschutz oder Kurzschluss
> einbauen?

Ein Profi überlegt, was die Schaltung aushalten muss.

EMV und Niederspannungsverordnung nennen surge und Störpegel in der 
jeweiligen Umgebung, die muss die Schaltung überleben (mehr macht man 
freiwillig lieber nicht).

Ebenso: wenn ein Kabel nach draussen geht, muss es Kurzschluss überleben 
(manche überlegen gar Kurzschluss hin zur Betriebsspannung oder 24V 
drauf obwohl die Schaltung aus ist).

Wenn dazu extra Bauteile nötig sind, baut er sie ein, sonst spart er sie 
lieber.

Im Prinzip ist das alles ohne Bücher umzusetzen, Spice simulation 
reicht.

Nicht jede Elektronik stammt von Profis...

von Harald W. (wilhelms)


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Klaus R. schrieb:

> Du lernst dabei Sachen die Dich eigentlich
> nicht besonders interessieren. Aber Du brauchst diese Kenntnisse für die
> Prüfungen.

...und manchmal passiert es Jahre oder Jahrzehnte später, das Du diese
Sachen plötzlich doch brauchst. :-)

von Günni (Gast)


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Wenn Technologien neu eingeführt werden, liefern die Hersteller meist 
sehr ausführliche Beschreibungen der Funktion und Anwendungsbeispiele. 
Mit dem zunehmenden Einsatz von Schaltreglern gab es von allen damals 
wichtigen Halbleiterherstellern (Texas Instruments, Motorola, National 
Semiconductor, SGS, ...)solche Beschreibungen. Ich habe die Bücher und 
Datenblätter aufgehoben und so wertvolle Nachschlagewerke. Die findet 
man aber auch in Hochschul-Büchereien, bzw. man kann sie dort bestellen 
und ausleihen. Gute Beschreibungen der Funktion von  Schaltreglern 
(speziell auch die oben angefragten Step-Down "Buck"-Regler) fand ich 
auf Anhieb in den Büchern National Semiconductor "Linear Applications 
Handbook" Ausgabe 2003 im Kapitel 10-43 "LM78S40 Switching Voltage 
Regulator Applications" oder im "Linear / Switchmode Votage Regulator 
Handbook" Rev 3 von Motorola mit Rechen- und Dimensionierungsbeispielen 
oder im "Power Supply Application Manual" von SGS vom July 1985 im 
Kapitel "Designing with the L296 monolithic Power Switching Regulator". 
Da sind dann erst einmal die Grundlagen beschrieben ehe dann der Einsatz 
mit den entsprechenden Schaltkreisen aufgezeigt wird. Sehr zu empfehlen 
sind auch die "alten" Beschreibungen, die National Semiconductor bei der 
Einführung ihrer "simple switcher" veröffentlicht hat.

Hier gibt es immer wieder Leute, die sich verächtlich über den ganzen 
"unmodernen Kram" äußern und darauf hinweisen, dass es alles viel 
einfacher, besser und billiger zu kaufen gibt. Meist ist diese Arroganz 
darauf zurückzuführen, dass sie oft auch nicht in der Lage sind, die 
Baugruppen selbst zu entwerfen und aufzubauen. Merke: Arroganz und 
Ignoranz liegen oft nahe beieinander.

von Günni (Gast)


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Ich habe noch einmal ein wenig in meiner Literatur "nachgegraben" und 
fand in einem Buch von Linear Technology in der Application Note 19 
"LT1070 Design Manual" eine recht gute Darstellung. Glücklicherweise hat 
Analog Design bei der Übernahme von Linear Technology diese nicht 
"entsorgt", sonder sie sogar ins Netz gestellt, wo sie zu finden ist 
unter:
https://www.analog.com/media/en/technical-documentation/application-notes/an19fc.pdf
In dem Dokument sind noch zahlreiche Hinweise auch zu Leitungsführungen 
etc., die man sonst so nicht findet. Es lohnt sich, die Note zu lesen, 
selbst wenn man sich nicht nur mit Schaltreglern befassen möchte.

von Günni (Gast)


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Tobias S. schrieb:
> Aber ich weiss dass z.b. beim Netzteil noch mehr dazugehört
> als ein Kondensator vorne und hinten und eine Spule.

Noch einmal ich, aber danach gebe ich wieder Ruhe solange ich nicht 
gezielt gefragt werde. Gerade Schaltnetzteile (das sind die, die "hinten 
eine Spule" haben, verlangen viel Grundlagenwissen. Da muss man sich 
auch mit den unterschiedlichen Halbleitertechnologien auskennen. Bei 
CMOS-Bausteinen sind Betriebsspannungen über 15V selten. Deshalb waren 
in dem Buch "Power Supply Circuits 1986" von MAXIM auch hauptsächlich 
Step-Up Schaltnetzteile zu finden, die aus niedrigen Spannungen 12 oder 
15 V machten. Es gab zwar auch Step-Down-Regler, aber die konnten nur 
Eingangsspannungen von 10 bis maximal 16,5V verkraften. Höhere 
Spannungen von typischerweise 35 bis 40 V (oder sogar bis 80V) waren 
bipolaren Schaltkreisen vorbehalten. Deshalb waren die meisten 
Schaltregler wie der oben von mir erwähnte LT1070 bipolare Schaltkreise. 
Inzwischen gibt es auch ICs für Netzanwendungen, bei denen die 
Ansteuerlogik mit CMOS-Technologie aufgebaut ist und die auf dem Chip 
noch hochsperrende FETs haben. Hier wird für den CMOS-Teil eine eigene 
entsprechend niedrige Versorgungsspannung auf dem Chip erzeugt.

Wer einen Einblick in den Aufbau von Halbleitern gewinnen möchte, dem 
empfehle ich das Buch "Power Switch" von Motorols aus dem Jahre 
1986/1987 Version DLE 401/D, das nicht ganz einfach zu lesen ist, aber 
eine gute Zusammenstellung liefert. Auch das müsste noch über 
Hochschulbibliotheken ausleihbar sein.

von Der Opa aus der Muppet Show (Gast)


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> Würde ein Profi...

Ein Profi macht so etwas nicht alleine.

Neben dem Team, was die Schaltung entwickelt, gibt es noch zig andere 
Gruppen.

Die einen stellen Normen und Vorschriften zusammen. Andere überprüfen, 
ob alle Anforderungen formal eingehalten wurden. Noch andere werten 
Reklamationen aus. Die nächsten überlegen, ob diese Reklamationen auf 
Konstruktionsfehler beruhen.

Und dann gibt es noch unzählige Gruppen, die permanent aushandeln, was 
deine Schutzschaltung leisten muss. Braucht das Gerät nur die typischen 
EMV Anforderungen im Büro erfüllen, oder auch Störungen einer 
Produktionshalle? Muss dein Gerät einen Blitzeinschlag überstehen? Was 
soll passieren, wenn ein Elektriker dein Gerät falsch anschließt?

Die typischen Arbeit eines Profis: Da kommt einer aus dem Vertrieb und 
sagt, ein Kunde verlangt einen Nachweis nach Richtline soundso und du 
sollst dich drum kümmern, das euer Gerät durch die Prüfung kommt.

von Tobias S. (herrgesangsverein)


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Vielen Dank für die vielen Hinweise!
Das hat mir schon sehr weitergeholfen.
Es ist zwar ein Hobby, aber man will sich ja stets weiterentwickeln.

Viele Grüße

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