Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Lowpass-Filter am DAC


von Jonas D. (jonas_dd)


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Hallo :) schön, dass ich jetzt auch dabei bin :D

Ich hab eine Frage, bei der ich mir wohl selber ein bisschen im Weg 
stehe, vermutlich ist sie aber sehr einfach zu beantworten.

Ich habe einen DAC (AD1866 bzw. PCM56), über den ich zunächst einen 
Sinus und später auch mal Musik laufen lassen möchte. Am Ausgang möchte 
ich einen analogen Anti-Aliasing-Filter aus LC bauen, möglicherweise am 
Eingang auch oversamplen, damit das Filter nicht so komplex wird. Für 
das Filterdesign nehm ich https://rf-tools.com/lc-filter/ , und dort 
wird nach Ein- und Ausgangsimpedanz gefragt. Filterdesign an sich ist 
mir eigentlich einigermaßen geläufig, jedoch nur im 50-Ohm-System der 
Hochfrequenztechnik.

Der Plan ist, einen Funktionsgenerator (50 Ohm Ausgang) zu nehmen, den 
in das Filter sweepen zu lassen und den Ausgang mit der FFT-Funktion 
meines Oszis zu messen, so soll das Filter aufgebaut und eingestellt 
werden. Ich habe schon mal rausgefunden, dass ein sog. 
Durchgangsabschluss da benötigt wird, damit die Reflektionen im Rahmen 
bleiben.

Meine Frage: Welche Impedanz müssen Ein/Ausgang des Filters zur 
Berechnung haben? Ich will den Ausgang des Audio-ICs so wenig wie 
möglich belasten. Wenn der IC also durch das Filter und den 
dahinterliegenden Oszi hochohmig abgeschlossen wird - kriegt der dann 
die Reflektion durch Fehlanpassung direkt an seinen eigenen Ausgang? Ist 
das schädlich, oder wieso nicht?

Ok, sind jetzt doch drei Fragen geworden. Ich freue mich über jede Hilfe 
:)

Viele Grüße
Jonas

von Peter D. (peda)


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Was stört Dich an dem Filter im AD1866-Datenblatt, Figure 11.

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Jonas D. schrieb:
> Am Ausgang möchte
> ich einen analogen Anti-Aliasing-Filter aus LC bauen,

Kein guter Plan mit den LC Filtern fuer die Frequenzen. Haste ja schon 
gemerkt, dass das mit den Ein/Ausgangsimpedanzen komisch wird.

Hier:
https://tools.analog.com/en/filterwizard/

Kannste dir ein aktives Filter zusammenklicken. Das ist das Mittel der 
Wahl.

Wenn du unbedingt ein LC Filter an deinem PCM56 betreiben wolltest:
Ich hab' mal schnell draufgeschaut: Der scheint am Ausgang max. 3V bei 
2mA treiben zu koenenn, und hat 0.1 Ohm Innenwiderstand.
Also koenntest du zwischen DAC und Filter einen z.b. 1.5kOhm Widerstand 
schalten, am Ausgang des Filters nochmal 1.5kOhm nach GND als Abschluss.
Dann das LC Filter fuer 1.5kOhm berechnen. Kommen aber wahrscheinlich 
unangenehm grosse Werte fuer L raus. Und du hast 6dB Daempfung wegen der 
Anpasserei...

Gruss
WK

von Jonas D. (jonas_dd)


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Oh wow, das ging ja ganz schön schnell mit Antworten, danke euch erstmal 
:)

Inwiefern ist ein analoges Filter in dem Fall eine blöde Idee, gibt es 
in der Signalqualität auch Nachteile, abgesehen von der 
Impedanzanpasserei? Ich würde das Filter gerne analog halten, weil ich 
mich damit deutlich mehr auskenne als mit Op-Amps. Das würde die 
Fehlersuche stark erleichtern, wenn ein aktives Filter dann nicht 
richtig geht, dann werde ich überhaupt keine Ahnung haben, was das 
Problem ist. Mit analogen Filtern habe ich zumindest ein bisschen 
Erfahrung. (Gegenargument natürlich: Was neues lernen ist natürlich 
immer gut :) )

von Dergute W. (derguteweka)


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Jonas D. schrieb:
> Inwiefern ist ein analoges Filter in dem Fall eine blöde Idee, gibt es
> in der Signalqualität auch Nachteile, abgesehen von der
> Impedanzanpasserei?
Signalqualitaet ist nicht das Problem, aber eben die Bauteilgroessen.
Mal so die Groessenordnung einer Spule fuer Z=1.5k in einem 20kHz 
Tiefpass waeren:

1500Ohm/(2*pi*20kHz) = 12mH

Das ist schon ein dicker Brummer...bzw. wenn nicht so dick, dann geht 
schnell der Gleichstromwiderstand in Groessen, wo er nicht mehr 
vernachlaessigt werden kann.

Gruss
WK

von Jonas D. (jonas_dd)


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Gut, das ist natürlich richtig. Ich glaube du hast mich tatsächlich 
überzeugt, das Analog-Tool ist wirklich gut, ich wage einen schritt in 
die digitale Filterung ... :)

Zwei Fragen ergeben sich da für mich nun noch; erstens: welche 
Filter-Art sollte ich nehmen? Ich war bisher bei meinen Recherchen Team 
Bessel, wegen der flachen Gruppenlaufzeit.

Zweitens: wenn ich sehr optimistisch damit rechne, dass der Mensch bis 
irgendwas zwischen 16 oder 20kHz hört, hätte ich jetzt eine 
Cutoff-Frequenz von 20kHz genommen, dann ist bis 16kHz die Amplitude 
einigermaßen flach. Mit wieviel Dämpfung, also mit wieviel -x dB, sollte 
das erste Alias-Band weggefiltert werden? Das ist einer der Parameter 
des Filter-Tools und mir ist klar was er bedeutet, ich wüsste nur gerne 
wie stark die Aliase weggefiltert werden müssen, als Erfahrungswert.

: Bearbeitet durch User
von c-hater (Gast)


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Jonas D. schrieb:

> Gut, das ist natürlich richtig. Ich glaube du hast mich tatsächlich
> überzeugt, das Analog-Tool ist wirklich gut, ich wage einen schritt in
> die digitale Filterung ... :)

Nicht wirklich...

Opamps arbeiten nämlich auch höchst analog. Du verwechselst hier die 
Begrifflichkeiten analog vs. digital und aktiv vs. passiv.

> Zwei Fragen ergeben sich da für mich nun noch
[...]

Jeder Filter ist ein Kompromiss. Du musst einfach deine eigenen 
Anforderungen stellen und dann das nehmen, womit sie realisierbar sind.

Und wenn sich rausstellt, dass das für deine Goldohren nicht gut genug 
ist, dann musst du halt in die nächste Design-Runde.

von Karadur (Gast)


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Filter mit einem OP sind immer noch analog. Digital wäre mit einem 
(Signal) Prozessor.

von Peter D. (peda)


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Schau Dir mal Class-D Verstärker an, was da für einfachste Filter 
genommen werden und niemand hörts.
Das Ohr ist selber ein ausreichend guter Tiefpaß.
Die Filter braucht man nur deshalb, damit Dir unhörbare hohe Frequenzen 
nicht den Hochtöner zerbrutzeln.

von Rummel Rainer (Gast)


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Jonas D. schrieb:
> wenn ein aktives Filter dann nicht richtig geht, dann werde ich
> überhaupt keine Ahnung haben, was das Problem ist. Mit analogen Filtern
> habe ich zumindest ein bisschen Erfahrung

Ich glaube du bist verwirrt (oder ich?).. Ein aktives Filter ist auch 
analog. Aktiv oder passiv ist eine völlig andere Fragestellung als 
analog oder digital.

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Jonas D. schrieb:
> Ich war bisher bei meinen Recherchen Team
> Bessel, wegen der flachen Gruppenlaufzeit.
Ja, wenn du flache GLZ brauchst, warum nicht. Ich waer' bei Audio 
skrupelloser und wuerde durchaus cheby1 mit 0.1..1dB Ripple nehmen. Aber 
Leute mit goldenen Ohren werden das ganz anders sehen.

Jonas D. schrieb:
> Mit wieviel Dämpfung, also mit wieviel -x dB, sollte
> das erste Alias-Band weggefiltert werden?
Tja, halt so stark, dass es dich/wen anderes nicht mehr stoert.
Wenn du nach dem Tiefpass noch einen analogen Verstaerker und danach 
Lautsprecher hast, dann wird so ein Aliasspektrum mit z.b. -20dB weniger 
Palaver machen, als wenn du das Signal danach gleich wieder neu (mit 
nicht exakt der selben Frequenz) abtastest - z.b. auch in einem 
digitalen Verstaerker.
Da kanns dann haesslich klingen, wenn so ein Aliasspektrum wieder in den 
Hoerbereich zurueckgefaltet wird...

Parameter bei so einem analogen Tiefpass, die einen auf den Teppich 
holen, sind z.B. : Anzahl der OpAmps=Platz bzw. Kosten; Einfluss der R,C 
Toleranzen auf die Filterkurve.


Gruss
WK

von Jonas D. (jonas_dd)


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Ups. Natürlich ist mir die Unterscheidung aktiv/passiv und 
analog/digital bewusst, da hab ich mich vorhin echt komplett falsch 
ausgedrückt. Verstanden hab ich aber das richige. :)

Goldene Ohren hab ich nicht, sonst würd ich mir nichts in meiner 
spärlichen Freizeit selber bauen wollen, was Ingenieur-Teams in 
hauptberuflicher Arbeit entwickeln. Ich will es aber halt auch nicht 
irgendwie hinballern, sondern es zumindest vom Konzept her so machen, 
wie ein solcher Ingenieur es machen würde.

Also danke nochmal an alle, ich denke es ist vorerst alles beantwortet! 
Tolles Forum und nette Leute :)

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Jonas D. schrieb:
> sondern es zumindest vom Konzept her so machen,
> wie ein solcher Ingenieur es machen würde.

Vom Konzept her koennts z.b. so aussehen, dass man noch auf der 
digitalen Seite ein Upsampling um z.b. den Faktor 2 macht, und digital 
einen ordentlich steilen Halbbandtiefpass reinbaut, damit dann der 
analoge Tiefpass deutlich entspannter ist.

Beispiel: 48kHz Samplerate; du hast ein 20kHz Signal abgetastet und 
gibst das aus. Also hast du ein Aliassignal bei (48-20)kHz = 28kHz, was 
der analoge Tiefpass schon stark daempfen sollte, damit es niemanden 
stoert. Also 20kHz Durchlass; 28kHz ordentliche Sperrdaempfung. Das wird 
ein steiles, aufwendiges Analogfilter.

Jetzt baust du dein System aber so, dass es mit 96kHz Samplerate auf den 
DAC geht, und machst in der digitalen Domain ein Upsampling und 
entsprechenden digitalen Tiefpass.
Dann gibst du da wieder 20kHz Signal aus; dein Aliassignal liegt aber 
jetzt bei 96-20-> 76kHz, also deutlich weiter weg als die 28kHz von 
vorher. Also kann dein analoger TP viel lascher sein...
Nur der digitale Tiefpass muss gut sein, denn sonst fluppen die 28kHz 
Alias auch aus dem 96kSample Signal.

Gruss
WK

von Jonas D. (jonas_dd)


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Vielen Dank nochmal. Ich hatte mich schon über die Möglichkeit des 
Oversamplings am Eingang informiert und werd das vermutlich auch so 
machen.

Dergute W. schrieb:
> was der analoge Tiefpass schon stark daempfen sollte, damit
> es niemanden stoert

Kannst Du mir hier einen Erfahrungswert in dB nennen? :)

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Jonas D. schrieb:
> Kannst Du mir hier einen Erfahrungswert in dB nennen? :)

Nicht wirklich, denn "Erlaubt ist, was gefaellt".
Es geht durchaus auch voellig ohne TP-Filter am Ausgang. Wenn danach bis 
zu deinem Ohr alles rein analog ist, wirds wahrscheinlich gut gehen, 
weil du z.b. 28kHz ziemlich sicher nicht mehr hoerst.
Ich taet' mal mit einem Filter 2. oder 4. Ordnung anfangen. Das ist 
schonmal besser als nix; aber noch nicht problematisch mit Toleranzen, 
etc.

Gruss
WK

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