Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Schaltungsanalyse Microcap


von Berthold B. (mosfetman)


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guten tag,

möchte einen 2O-28V= > 160V= LLC-DC-wandler bauen. Für die 
übertragungsfunktion gibt es von einschlägigen firmen formeln mit denen 
man die induktivitäten, trafo und den kondensator bestimmen kann. Diese 
formeln sind unterschiedlich gestaltet, ergeben aber z.B. mit mathcad 
immer die gleichen werte für die übertragungsfunktion. Muss ja wohl auch 
so sein.
Wenn man jedoch mit einem schaltungsanalyseprogramm (microcap) 
nachmisst, stellt man fest, daß die grösste verstärkung bei 20V etwa 
10-20% höher ist als bei der rein mathematischen übertragungsfunktion. 
LT-spice ist in der berechnung gleich. Natürlich ist  mir klar, daß die 
übertragungsfunktion angenähert ist. Aber mich stört,  daß diese 
diskrepanz in keinem der diversen berichte über LLC-Wandler erwähnt 
wird.
Hat jemand erfahrung mit LLC?

Beste grüsse mosfetman

von --- (Gast)


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Mit Schaltungsanalyseprogrammen fehlt mir die Erfahrung. Also mit
Verstärkung scheinst Du die inh. Boost-Fähigkeit eines LLC-SPRC
zu meinen?

Erste Theorie: Jene "Diskrepanz" sei die etwas unterschiedliche
Auslegung, wie viel Boost genau so ein LLC nun "mehr kann als
absolut nötig".

Berthold B. schrieb:
> ergeben aber z.B. mit mathcad
> immer die gleichen werte für die übertragungsfunktion. Muss ja wohl auch
> so sein.

Da bin ich nicht so sicher, weil man LLC recht komplex an die
jeweilige Last anpaßt, um "die meiste Zeit maximalen Wirkungsgrad
zu erreichen" (oder was das genaue Ziel sein mag).

von Michael M. (michaelm)


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Berthold B. schrieb:
> Für die
> übertragungsfunktion gibt es von einschlägigen firmen formeln mit denen
> man die induktivitäten, trafo und den kondensator bestimmen kann.
....
> Aber mich stört,  daß diese
> diskrepanz in keinem der diversen berichte über LLC-Wandler erwähnt
> wird.

Welche Firmen-Dokumente im Speziellen meinst du denn?

von Berthold B. (mosfetman)


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Guten Morgen,

Danke für die Antworten. Die Dokumente sind folgende:
AN 2012-09  ,  AN-1160  ,  AN-4151  ,  AND8311  ,  SLUP263
Es gibt weitere, sagen aber auch nicht mehr aus. In meinem Bespiel ist 
die Verstärkung der Übertragungsfunktion bei Resonanzfrequenz  1  und 
bei einer bestimmten tieferen Frequenz 28/20 = 1,4 . Dann folgt der 
Trafo mit entsprechendem Übersetzungsverhälnis auf die höhere Spannung, 
hier ü=6 .
Also 28 x 1 x 6 = 168V  bzw.  20 x 1.4 x 6 = 168V  .
Mit einer etwas höheren Frequenz als die Resonanzfrequenz kann man dann 
auf 160V regeln.

Ich hatte gehofft jemand zu finden, der so eine Maschine schon mal 
gebaut hat.

Beste Grüsse mosfetman

von DCDC (Gast)


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Hallo,

Berthold B. schrieb:
> Hat jemand erfahrung mit LLC?

Ja, schon in Serienprodukte eindesignt (aber vor ca. 10-12 Jahren).

Im Prinzip basieren die ganzen Application Notes und Reference Designs 
immer auf der gleichen vereinfachenden Annahme, dass nur die 
Grundschwingung (im Sinne der Fourierreihenentwicklung betrachtet wird). 
D.h. von der Ausgangsspannung der Halbbrücke wird (nur!) der 
Grundschwingungsanteil betrachtet und damit dann die Berechnungen 
abgeleitet, dies führt zu Abweichungen, die (meiner Meinung nach) auch 
bekannt sind. Daher ist eine sinnvolle Dimensionierung, dass man 
Verstärkungskurven nimmt, die bspw. aus Simulationen gewonnen sind (ich 
bin mir nicht sicher ob Fig. 14 in AN-4151 dies ist oder hier auch nur 
der Grundschwingungsanteil betrachtet wird) und dann Sicherheit 
draufschlägt (auch wiederum im zweistelligen Prozentbereich). Es gibt 
Literaturstellen (viel aber sehr "akademisch"), wo die Berechnungen 
genauer betrachtet werden. Allerdings ist eine Abschätzung mit 
Abweichung von ca. 10% - 20% jetzt (für mein Empfinden) in der 
Leistungselektronik nicht so groß.

Gruß DC/DC

von DCDC (Gast)


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Als Ergänzung zu einer Auslegung im Zeitbereich:
https://ieeexplore.ieee.org/document/912451

Gruß DC/DC

von Berthold B. (mosfetman)


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hallo dcdc (gast)

habe alle antworten verstanden und bin der gleichen meinung. Meines 
Erachtens kann man figur 14 letzlich aus der übertragungsfunktion 
entwickeln und das bedeutet grundschwingung. Ich habe auch gelesen (und 
muss das wohl akzeptieren), daß man nach der abschätzung theoretisch , 
dann mit einem schaltungsanalyseprogramm überprüfen muss. Daraus ergeben 
sich dann die genannten "prozente..." aber doch soviel?
Darf man fragen wie denn die wirkungsgrade in dem serienprodukt waren? 
Genauso phänomenal wie bei AN 2012-09?
Oder noch besser , wenn ich die eckdaten des serienproduktes bekommen 
könnte, die da sind :
Cr, Lr, Lm , Ü , Ue/Ua , Pout, Halb oder Vollbrücke, Kern, fo (Cr,Lr 
genügt).

Viele grüsse mosfetman (the learnman)

von Michael M. (michaelm)


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Vielleicht auch noch hilfreich, falls du es nicht entdeckt haben 
solltest:
https://www.infineon.com/dgdl/Infineon-ApplicationNote_EvaluationBoard_EVAL_600W_12V_LLC_C7-AN-v01_00-EN.pdf?fileId=5546d4624e24005f014e2ef4761132a3

Außerdem lassen sich im Netz noch etliche wissenschaftliche Abhandlungen 
finden... ;-)

von DCDC (Gast)


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Berthold B. schrieb:
> hallo dcdc (gast)
>
> habe alle antworten verstanden und bin der gleichen meinung. Meines
> Erachtens kann man figur 14 letzlich aus der übertragungsfunktion
> entwickeln und das bedeutet grundschwingung. Ich habe auch gelesen (und
> muss das wohl akzeptieren), daß man nach der abschätzung theoretisch ,
> dann mit einem schaltungsanalyseprogramm überprüfen muss. Daraus ergeben
> sich dann die genannten "prozente..." aber doch soviel?
> Darf man fragen wie denn die wirkungsgrade in dem serienprodukt waren?
> Genauso phänomenal wie bei AN 2012-09?
> Oder noch besser , wenn ich die eckdaten des serienproduktes bekommen
> könnte, die da sind :
> Cr, Lr, Lm , Ü , Ue/Ua , Pout, Halb oder Vollbrücke, Kern, fo (Cr,Lr
> genügt).
>
> Viele grüsse mosfetman (the learnman)

Hallo,

alles weiß ich leider nicht mehr auswendig. Aber der Wirkungsgrad ist 
über 90% beim LLC ohne Probleme möglich. Tatsächlich war das ganze ein 
Standardnetzteil mit 2 Stufen (CCM PFC + LLC) und da war bei Leistungen 
ab ca. 80W - 150W (Max. Leistung) der Wirkungsgrad bei >90% (alles 
zusammen - inklusive interne Spannungsversorgung, EMV Filter, 
Einschaltstrombegrenzung). Das Design selber war daher eine LLC 
Halbbrücke von 400 +-20V nach ca. 40V am Ausgang. Wobei die größten 
Verluste, die noch hätten verhindert werden können im 
Ausgangsleichrichter (Mittelpunktschaltung) waren, dort wurden nur 
Standardschottkydiode eingesetzt - wenn man bei diesen niedrigen 
Spannung einen 100V MOSFET als Synchrongleichrichter einsetzten kann 
sollten nochmal 1.5 - 2% mehr Wirkungsgrad drin sein. Der Wirkungsgrad 
hängt aber auch ganz wesentlich von Spannungsleveln am Ein- und Ausgang 
ab. Die anderen Dinge sind schwieriger aus dem Gedächtnis zu holen - 
Kern war glaube ich ein Standard E Kern (EF32), Material weiß ich nicht 
mehr wirklich aber heute würde ich N87, N97 oder N49 (alle TDK-Epcos) 
nehmen. Der Trafo war als Zweikammerwicklung ausgeführt, d.h. 
Resoanzinduktivität als Streuinduktivität. Die Schaltfrequenz lag 
irgendwo zwischen 100 und 250 kHz und Resonanzfrequenz glaube ich um die 
150kHz.

Gruß DC/DC

von DCDC (Gast)


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Berthold B. schrieb:
> Daraus ergeben
> sich dann die genannten "prozente..." aber doch soviel?

Bezüglich der Prozente vielleicht noch die Anmerkung, es ist glaube ich 
damals gar nicht so einfach gewesen, die Streu- und Hauptinduktivität 
genau einzustellen. Bzw. die Streuinduktivität ergibt sich halt aus dem 
Wicklungsaufbau bei einer Zweikammerwicklung und auch davon ab, wie gut 
der Wickelraum gefüllt ist. Da muss man dann ggfs. optimieren, dass man 
einen anderen Draht (hier evtl. Litze besser) nimmt und damit eine 
andere Streuinduktivität erhält. Die Hauptinduktivität kann man relativ 
gut einstellen, über Änderung des Luftspaltes. Daher hat man ggfs. auch 
nochmals +-10% in der Streuinduktivität, dies ändert ggfs. die 
Resonanzfrequenz auch um +-3% und damit die Verstärkung.

Gruß DC/DC

von Michael M. (michaelm)


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Noch mehr:
Geh auf folgende Seite und hangel dich durch das Kap. Reso-Wandler usw. 
durch .... :-)
https://www.joretronik.de/Web_NT_Buch/Inhalt.html

: Bearbeitet durch User
von Berthold B. (mosfetman)


Angehängte Dateien:

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hallo,
zu michaelm und dc/dc : danke schön für zusätzlichen dokumente. Ich habe 
jede menge in meinen unterlagen, wollte nur ein paar anziehen. Was auch 
sehr gut ist :
abraham switch power design , fundamentals magnetics design, 
transformer-inductor-handbook von colonel wyman und wie sie alle 
heissen!
Die grundsätzliche theorie bereitet mit eigentlich keine probleme. Nur 
daß die theorie nicht so gut passt zur schaltungsanalyse. Ich habe zwei 
bilder mit der
übertragungsfunktion und meiner schaltung hinzugefügt. Der unterschied 
bei f=0.5 ist schon sehr gross! Bei f=0.65 wie kann man das ja noch 
durchgehen lassen wie DCdc sagt.
zu DCDC: Ich wollte auch ETD49  N87 nehmen und mit zwei kammern die 
streuinduktivität Lr erzeugen. Genauso wollte ich dann mit Luftspalt Lm 
einstellen. Dann wollte ich CU-Band nehmen 0.3x10 doppelt und für 
sekundär Litze . Falls das noch interessant ist, kann ich mal eine 
schaltung 400V auf 40V  150W halbbrücke durchrechnen.

Ich bin leider erst nächste woche wieder da.
Schönen abend an euch. mosfetman

von DCDC (Gast)


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Hallo,

ich glaube hier ist eine Publikation, die Dir helfen könnte es zu 
berechnen:
"Time domain analysis of LLC resonant converters in the boost mode for 
battery charger applications": 
https://ieeexplore.ieee.org/document/8096721

Gruß dc/dc

von DCDC (Gast)


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von Berthold B. (mosfetman)


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guten tag
zu DCDC / michaelm
vielen dank für die zusendung der letzten beiden dokumente.
Sie sind genau auf meine frage zugeschnitten. Dabei muss ich bemerken, 
das mein schaltungsanalyse-programm microcap 12 einwandfrei diesem 
sachverhalt folgt. Kann deshalb meine fragestellung als beantwortet 
schliessen.
Viele Grüsse und Gesundheit
mosfetman

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