Hallo, ich habe eine normative Frage zum Thema Mindestabstände. Konkret geht es um folgenden Fall: Eine Platine (FR4 Standard) soll mit Betriebsspannungen von 500V DC bei Strömen von bis zu 0,5A beaufschlagt werden. Die Platine ist mit Lötstopplack überzogen. Auf der Platine befinden sich ausschließlich THT-Leistungsbauteile in TO-220, Folienkondensatoren, mehrere 0207-Widerstände sowie einige DO-41-Dioden sowie ein Strangkühlkörper Typ Fischer SK 574. Die Platine kommt in einem geschlossenen Metallgehäuse nach IP20 und einer Umgebungstemperatur von 50°C zum Einsatz. Nach IEC60950 und angenommenem Verschmutzungsgrad I ergibt sich daraus ein Mindestabstand von 1,3mm - für Verschmutzungsgrad II 2,5mm. Gerade mit den TO-220 Gehäusen komme ich aber selbst mit ovalen Pads gerade mal auf 1,35mm Abstand zwischen den Pins, wäre also mit Verschmutzungsgrad II schon nicht mehr normgerecht unterwegs. Dennoch gibt es TO-220 Gehäuse bis 800V Uds. Wie kann das sein? Gilt das dann nur für Verguss? Oder habe ich da einen Denkfehler drin? Beste Grüße
Lötstop ist für die Kriechstrecke irrelevant, der zählt nicht. Es gibt auch so lustige Zangen, mit denen man die Beide der TO220/247 verschränken kann, damit steigt der Abstand drastisch an. Auf der Platine. Am Gehäuse des Bauteils aber nicht.
Ths S. schrieb: > Dennoch > gibt es TO-220 Gehäuse bis 800V Uds. > > Wie kann das sein? Gilt das dann nur für Verguss? Oder habe ich da einen > Denkfehler drin? Das ist doch nichts Neues, kennt man auch von anderen Bauteilen, z.B. von Relais: Es gibt welche, die nominal Spannungen und Stromstärken vertragen, für die man auf der Leiterplatte niemals passende Leiterbahnen hinbekommt. Vielleicht sind die Bestimmungen anderswo großzügiger (oder gar nicht vorhanden), außerdem zwingt dich ja niemand, die 800 V voll auszunutzen. Datenblatt sorgfältig lesen ist gut, aber dort steht eben nur die technische Seite des Bauteils, nicht die normative.
08/15 is hier nicht angebracht. https://www.electronicprint.eu/files/rund%20um%20die%20leiterplatte/spannungsfestigkeit.pdf
Ths S. schrieb: > Wie kann das sein? 1. Die IEC60950 redet von Nennspannungen und kalkuliert Überspannungen je nach Überspannungskategorie mit ein, die 800V eines Transistors sind aber absolute maximum rating, also die Überspannung Es wäre sogar gut zum Schutz des Halbleiters wenn es bei 800V einen Überschlag aussen gäbe 2. Transistorgehäuse aus Epoxy haben einen besseren (>400) CTI Wert als übliche Epoxy Leiterplatten (>175, es gibt aber auch bessere Leiterplatten) daher sind am Transistorgehäuse die Kriechstrecken kleiner. Roland E. schrieb: > Lötstop ist für die Kriechstrecke irrelevant, der zählt nicht. Richtig. Es sei denn, man verwendet geprüften Epoxy-Überzug. 3. nicht ohne Grund biegt man manchmal die Anschlüsse weiter auseinander als sie aus dem Transistor kommen, fräst Schlitze in die Leiterplatte zwischen den Lötpads und kleistert die Anschl7sse mit Silikon zu damit sie nicht verdrecken können.
MaWin schrieb: > 3. nicht ohne Grund biegt man manchmal die Anschlüsse weiter auseinander > als sie aus dem Transistor kommen, Manchmal reicht es auch schon, die Anschlüsse nicht in einer Reihe anzuordnen, sondern sie etwas zu versetzten.
1 | o |
2 | o o |
MaWin schrieb: > 2. Transistorgehäuse aus Epoxy haben einen besseren (>400) CTI Wert als > übliche Epoxy Leiterplatten (>175, es gibt aber auch bessere > Leiterplatten) daher sind am Transistorgehäuse die Kriechstrecken > kleiner. Darauf verlassen kann man sich aber nicht. Die EN60601-1-3 (Norm für Medizingeräte) z.B. gibt nur 2 mögliche Werte an: Luftstrecke oder Kriechstrecke. Letztere ist vom CTI unabhängig. Natürlich gibt es noch Verschmutzungsgrad I-III und eine Höhenbeschränkung. Ich würde beim Transistor den CTI Wert auch nicht als relevant ansehen, denn: das würde nur einen Einfluss haben bei Verschmutzungsgrad I, also einem hermetisch abgeschlossenen Gehäuse. Wer hat das schon? Ab Grad II ist mit Staubbildung zu rechnen und damit ist der CTI undefinierbar. Meine generelle Meinung zu diesen Pseudo Vergrößerungen der Kriechstrecke mittels Fräsungen ist halt, dass der Leiterplattenlayouter da einfach nicht bis zum Bauteil gedacht hat. Ich hab das mehrmals erlebt und bin daraufhin sensibilisiert. Die Fräsungen in Platinen bringen nur in sehr wenigen Ausnahmefällen einen Vorteil (Nämlich wenn das Bauteilgehäuse bestimmte Vorraussetzungen erfüllt und die Pins keine glatte Fläche zwischen sich haben, bei Trafos ist das manchmal der Fall. Bei Transistoren eher nicht.).
Christian B. schrieb: > dass der Leiterplattenlayouter > da einfach nicht bis zum Bauteil gedacht hat. Schon klar, alle Layouter ausser dir sind strunzdumm. Man soll also gleich drauf verzichten, auf der Leiterplatte die vorgeschriebenen Abstände einzuhalten? Das vereinfacht das Layouten natürlich sehr. Und dem TÜV die Arbeit. Georg
Moin, danke Euch für die rege Beteiligung. Das Biegen der Beine bei TO-220 hatte ich auch erst im Sinn, allerdings ergeben sich nahe des Gehäuses (dort, wo die Beine breiter werden) dennoch sehr geringe Abstände - wenn auch mit Luft als Isolator. Zählen in der IEC60950 die Abstände generell für Spannungen gegen Masse oder bezieht man sich auf die Spannungen zwischen zwei Leitern? Ich habe leider keinen privaten Perinorm-Zugriff, deshalb kann ich leider nicht selbst in der Norm nachlesen. Beste Grüße!
Ths S. schrieb: > allerdings > ergeben sich nahe des Gehäuses (dort, wo die Beine breiter werden) > dennoch sehr geringe Abstände - wenn auch mit Luft als Isolator. Am Transistorgehäuse kannst du nun mal nichts ändern, höchstens eingiessen (Heisskleber wird wohl nicht anerkannt). Das ändert nichts an deiner Verpflichtung, auf der Leiterplatte die korrekten Abstände einzuhalten. Ein übliches Verfahren bei TO220 ist den mittleren Pin weiter weg vom Gehäuse abzubiegen (bei liegender Montage). Letzten Endes kommt es darauf an, ob eine Abnahme erforderlich ist, z.B. durch einen TÜV. Dann entscheidet der TÜV-Ing ob er das TO-Gehäuse beanstandet, da gibt es schon Ermessensspielraum. Am besten fragt man danach bevor man sich festlegt und das Layout macht. So eine Auskunft kann man erwarten, die verlangen ja auch für die Abnahme satte Gebühren. Oder du wanderst nach China aus, da hast du solche Sorgen nicht. Georg
Uiiii....
>Zählen in der IEC60950 die Abstände generell für Spannungen gegen Masse
oder bezieht man sich auf die Spannungen zwischen zwei Leitern?
Wo werden wohl die Schwierigkeiten mit Verdreckungen, Kriechstroemen und
Entladungen liegen ?
Tsss...
:
Bearbeitet durch User
Purzel H. schrieb: > Wo werden wohl die Schwierigkeiten mit Verdreckungen, Kriechstroemen und > Entladungen liegen ? Moin, das ist mir schon bewusst, es geht aber um folgendes Szenario: zwei benachbarte Leiterbahnen. Eine führt 455V, die andere 445V. Macht also eine Differenz von gerade mal 10V. Daneben liegt wiederum eine Masseleiterbahn. Beste Grüße PS: Freundliche Beiträge liest man lieber als zynische :)
Ths S. schrieb: > zwei benachbarte Leiterbahnen. Eine führt 455V, die andere 445V. Macht > also eine Differenz von gerade mal 10V. Und das ist ganz sicher auch im Fehlerfall so? Georg
Georg schrieb: > Schon klar, alle Layouter ausser dir sind strunzdumm. Man soll also > gleich drauf verzichten, auf der Leiterplatte die vorgeschriebenen > Abstände einzuhalten? Sicher nicht, man muss sich halt dann Bauteile suchen, die ein entsprechendes Gehäuse haben und damit tatsächlich für die Betriebsspannung ausgelegt sind oder man muss die notwendigen Abstände verkleinern, indem man z.B. die Transistoransteuerung galvanisch getrennt von der sonst berührbaren Kleinspannung wie Taster oder Display ausführt. Dann noch eine Sicherung, welche im Überlastfall, falls es doch zum Überschlag kommt, das verkohlen der Platine verhindert. Wenn ich aber nun ein TO220 Gehäuse habe, kann ich da Schlitze in die Platine fräsen wie ich will, da komme ich nie auf 3mm Abstand, auch nicht, wenn ich die Pins auf 6mm Abstand auf der Platine auseinanderbiege. Also, die unbestückte LP hat dann schon genug Abstand. Georg schrieb: > Dann entscheidet der TÜV-Ing ob er das TO-Gehäuse > beanstandet, da gibt es schon Ermessensspielraum in unserem Fall gibt den Ermessensspielraum die geltende Norm an und die kennt nur Mindestabstände, ganz unabhängig von CTI und Co. getrennt für Luft- und Kriechstrecke, gültig bis max. 2000m ünN Einsatzgebiet. Wird es höher gibt es entsprechende Faktoren samt Formel um den dann geltenden Mindestabstand zu errechnen. Wenn ein TÜV Prüfer einen zu kleinen Abstand am Bauteil nicht erkennt, dann sollte er den Job wechseln. Um hier Fehler zu verhindern, werden diese Prüfberichte immer von 2 Leuten bearbeitet, einer schreibt ihn und einer reviewt. Dabei spätestens fallen solche Dinge auf
:
Bearbeitet durch User
Bezüglich Funktionsisolierung gibt es beispielsweise in der en60335-1 den Passus: "Kriechstrecken können verkleinert werden, wenn das Gerät bei überbrückter Funktionsisolierung die Anforderungen des Abschnitts 19 erfüllt." Abschnitt 19 enthällt dann ein paar Sicherheitsmerkmale, die halt getestet werden müssen. Grob gesagt heißt das dann, kommt die Sicherung und fängt das Gerät nicht an zu brennen, ginge es auch so, wenn man ein erhöhtes Risko eines Geräteausfalls in Kauf nimmt. Viel wichtiger sind das Einhalten von Basis- und doppelter Isolierung.
Hallo, das ähnliche Thema beschäftigt mich ebenfalls aktuell und wollte darum keinen neuen Thread aufmachen. Bei mir geht es aber eher um SMD Kondensatoren und Dioden. Wenn ich mir bspw. die EGF1T Diode anschaue ist diese bis 1,3kv angegeben. nach Datenblatt haben die beiden pads einen Abstand von 1,88mm. Wenn ich mir jedoch die Kriechstrecken bei 1300V an der En-60664 oder auch EN-62477 anschaue müssten bei 1300V 6,3mm bei Verschmutzungsgrad 2 eingehalten werden. Selbst wenn ich die Diode "nur" bei 630v betreiben würde, wären hier immer noch 3,2mm nötig sein. Einen Schlitz fräsen schön und gut, aber um das Maximum von 1300V zu erhalten müssten die Kriechstrecken ja um 4,4mm vergrößert werden. Das sehe ich nicht als Zielführend an. Die Luftstrecken jetzt einmal komplett außen vor gelassen. Verstehe den Sinn der Bauteile dann nicht ganz? Wenn ich mir die IPC-a-610G anschaue komme ich bei 1300v je nach Kategorie auf 6,5mm (B2) und 3,2mm (B4) bei 1300v. - B2 ist Außenlage unbeschichtet bis 3050m Höhe - B4 ist Außenlage mit permanenter Polymer Beschichtung. was zählt hier jetzt als permanente Polymer Beschichtung? Lötstopplack ja nicht....
Morrio schrieb: > Wenn ich mir bspw. die EGF1T Diode anschaue ist diese bis 1,3kv > angegeben. nach Datenblatt haben die beiden pads einen Abstand von > 1,88mm. > Wenn ich mir jedoch die Kriechstrecken bei 1300V an der En-60664 oder > auch EN-62477 anschaue müssten bei 1300V 6,3mm bei Verschmutzungsgrad 2 > eingehalten werden. Selbst wenn ich die Diode "nur" bei 630v betreiben > würde, wären hier immer noch 3,2mm nötig sein. Irrelevant. Die Abstände nach En-60664 sind inklusive der Überspannung die auf der Nennspannung je nach CAT zulässig sind. Die Diode verträgst sowieso keine Überspannung, die ist froh, wenn ab 1300V der Strom über Funkenstrecke abfliesst. Man muss also mit keinem Volt mehr als 1300 rechnen. Zudem ist für Kriechstrecken auch der CTI des Materials relevant, der von Diodenepoxy liegt bei Isolierstoffgruppe II (400) normales Expoxyplatine bei IIIb (175) aber es gibt auch besseres Epoxy. Und wer will, giesst Epoxy auch noch drüber. Trotzdem: mit steigender Betriebshöhe rechnet keiner von denen da kann es kann schon mal Funken bei solchen Hochvoltteilen.
Morrio schrieb: > Wenn ich mir bspw. die EGF1T Diode anschaue ist diese bis 1,3kv > angegeben. nach Datenblatt haben die beiden pads einen Abstand von > 1,88mm. Das ist aber die absolute Spitze. D.h. Transienten auf deiner Spannung dürfen den Wert nicht überschreiten. Halbleiter sind da naturgemäß sehr empfindlich und Mimosenhaft. Deshalb empfielt es sich in seinem Design dafür zu sorgen, dass immer noch genug Abstand zu den 1300V existiert. lieber 200V drunter bleiben als 5 drüber. (Mit den errechneten / gemessenen Transienten) Die Betriebsspannung ist sowieso weit darunter MaWin schrieb: > Die Abstände nach En-60664 sind inklusive der Überspannung die auf der > Nennspannung je nach CAT zulässig sind. Da hat er recht. MaWin schrieb: > Zudem ist für Kriechstrecken auch der CTI des Materials relevant, der > von Diodenepoxy liegt bei Isolierstoffgruppe II (400) normales > Expoxyplatine bei IIIb (175) aber es gibt auch besseres Epoxy. Und wer > will, giesst Epoxy auch noch drüber. Da kommt es drauf an, welches Gerät er baut. In meinem Fall, bei Medizingeräten, interessiert der CTI überhaupt nicht. (Ich spreche daher nur für die Medizintechnik, wie das in anderen Branchen gehandhabt wird kann ich nicht beurteilen) Da gibt es nur die Unterscheidung in Luft- und Kriechstrecke sowie den Verschmutzungsgrad und die Einsatzhöhe. So ist man immer auf der sicheren Seite. Der CTI ist außerhalb von Verschmutzungsgrad 1 sowieso vernachlässigbar. Sobald da Staub drauf liegt und es vielleicht noch etwas höhere Luftfeuchte als 10% hat ist der CTI Wert im Eimer.
:
Bearbeitet durch User
Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.