Forum: Platinen 2 Leiterplatten direkt übereinander montieren, geht das?


von Flets G. (flets)


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Moin, ich habe vor ein Breakoutboard direkt auf eine andere Platine 
draufzulöten, ohne Abstand dazwischen.
Verhindert der Lötstopplack bereits eine gegenseitige Beeinflussung der 
Leiterbahnen oder ist es empfehlenswert zB ein Stück Papier oder so 
dazwischen zu legen, um die Durchschlagfestigkeit zu erhöhen?

von Andreas B. (bitverdreher)


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Flets G. schrieb:
> ist es empfehlenswert zB ein Stück Papier oder so
> dazwischen zu legen,
Ja, weil Du ja auch durchgehende Vias hast. Ein Kaptonband reicht.

von 🍅🍅 🍅. (tomate)


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Spacer/Folie oder sonstwas dazwischen.
Ist quasi 4Layer für Arme, gab früher einige Geräte (Tektronix) die das 
gemacht haben, 2 Dual-Layer Platinen übereinander, eine mit Bauteilen 
und die andere für Stromversorgung/Abschirmung.
Verbindung war meistens mit Pins/Pfostenstecker.

: Bearbeitet durch User
von Christian B. (luckyfu)


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Flets G. schrieb:
> Verhindert der Lötstopplack bereits eine gegenseitige Beeinflussung der
> Leiterbahnen

Das ist sehr undefiniert. Lötstopplack wird zwar in seiner Dicke 
spezifiziert, ist aber eben in seiner Grundfunktion nur für 2 Dinge 
zuständig: Das Kupfer der Leiterbahnen vor Oxidation zu schützen und zu 
verhindern, dass du viele zinnbrücken beim Löten erhältst. niemand wird 
dir eine Isolationsstärke garantieren. Wenn du also mehr als 5V 
isolieren musst würde ich auch etwas anderes dazwischen bauen. Das 
Problem dabei ist aber: Wenn du die Platinen Face to face bestücken 
willst, am besten noch SMD, dann könnte ein zunehmender Abstand zwischen 
den Platinen dafür sorgen, dass der Lötprozess nicht mehr stabil 
funktioniert und einiges an Nacharbeit erfordern. Also: Was sollen die 
beiden Platinen tun bei welcher Spannung? Wie willst du die beiden 
Platinen verlöten? Mit stiften als THT oder als SMD? Wenn als SMD: Als 
Briefmarke, sprich aufgefräste DK Löcher am Rand der einen Platine auf 
ein passendes Footprint der Trägerplatine oder willst du die 
Tochterplatine auf der zu lötenden Seite mit Lötpads ausrüsten und damit 
quasi eine Art QFN bauen? Letzteres würde ich lassen, das erfordert mit 
Sicherheit einige Tests bevor das stabil funktioniert (Vor allem was 
Anzahl und Geometrie der Pads angeht und dann eben auch wieviel Paste 
notwendig ist um das Prozesssicher hinzubekommen.) Denn du kannst das 
schlecht bis gar nicht Nacharbeiten. Die Briefmarkenlösung kannst du 
notfalls noch mit einem Handlötkolben reparieren.

von Teo D. (teoderix)


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Andreas B. schrieb:
> Ein Kaptonband reicht.

Mit Heißkleber fixiert, brauchts das alles nich. :)
(Achtung! Hält ua. besser auf den Bauteile, als diese auf der Platine)


PS: "ein Breakoutboard direkt auf eine andere Platine
draufzulöten" klingt nicht nach Serienfertigung, für die freie 
Betrugswirdschaft!

von Flets G. (flets)


Angehängte Dateien:

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Also geplant ist ein SD-Modul wie im Bild gezeigt auf die andere Platine 
draufzuschrauben, wobei die Durchkontaktierung mit den Stiften von den 
Headerpins erfolgen soll (ist zu Testzwecken hier ein altes und kaputtes 
SD-Modul, deswegen siehts etwas schlampig aus.
Und zur Info: die gesamte schwarze Fläche hier ist eine Massefläche.

von Alexander S. (alex998)


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Flets G. schrieb:
> Also geplant ist ein SD-Modul wie im Bild gezeigt auf die andere Platine
> draufzuschrauben,

Würde ich nicht bündig draufschrauben wenn's vom Gehäuse her nicht 
unbedingt sein muss. Lieber Stiftleiste mit Isolierkörper einlöten, 
vorne unter das Modul ein Klecks Montagekleber (das weiße MS-Polymer 
Gelumpe). Dann wären 2,5mm Luft zwischen den Platinen.

von Andreas B. (bitverdreher)


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Teo D. schrieb:
> Andreas B. schrieb:
>> Ein Kaptonband reicht.
>
> Mit Heißkleber fixiert, brauchts das alles nich. :)
Bin ja auch ein Heißkleberfreak, aber da eher nicht. ;-)

von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


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Andreas B. schrieb:
> Flets G. schrieb:
>> ist es empfehlenswert zB ein Stück Papier oder so
>> dazwischen zu legen,
> Ja, weil Du ja auch durchgehende Vias hast. Ein Kaptonband reicht.

FYI: 
https://hackaday.com/2018/04/04/kapton-miracle-material-with-a-tragic-history/

Auch wenn ich selber Kapton gerne verwende, ganz so super ist es 
offensichtlich nicht...

73

von Flets G. (flets)


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Und einfaches Isolierband, womit ich die Unterseite des Breakoutboards 
beklebe, abgesehen davon dass sich beim Löten die kurzzeitige 
Hitzebelastung negativ auswirken kann, sollte doch auch helfen?

von Johannes U. (kampfradler)


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von Sam W. (sam_w)


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Flets G. schrieb:
> Verhindert der Lötstopplack bereits eine gegenseitige Beeinflussung der
> Leiterbahnen oder ist es empfehlenswert zB ein Stück Papier oder so
> dazwischen zu legen, um die Durchschlagfestigkeit zu erhöhen?

Was auch manchmal gemacht wird: Über den Lötstopplack einfach flächig 
Beschriftungsdruck aufbringen lassen.
Sieht man manchmal an den auflötbaren Modulen mit "castellated holes" 
(Briefmarke) oder bei Laptops unter den Einsteckkarten.

Falls eine neue Platine gemacht werden soll, ist das ja schnell 
umgesetzt.

Das SD-Modul hat ja nicht sonderlich viele Vias. Man könnte dort auch 
punktuell die Massefläche auf der Platine entfernen, wenn man es ganz 
genau machen will.

Das sollte insgesamt aber reichen.

von Sam W. (sam_w)


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Flets G. schrieb:
> einfaches Isolierband

Klar, das geht auch. Ist auch kein Problem beim Löten, da ja nur die 
Pins angelötet werden müssen. Da geht auch Tesafilm.

Isolierband wird vermutlich ein wenig schmierig, wenn man es mal lösen 
möchte.

von Hannes J. (Firma: _⌨_) (pnuebergang)


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Hans W. schrieb:
> FYI:
> https://hackaday.com/2018/04/04/kapton-miracle-material-with-a-tragic-history/
>
> Auch wenn ich selber Kapton gerne verwende, ganz so super ist es
> offensichtlich nicht...

Nur leider ist die Hackaday-Story ziemlicher Blödsinn. Ich habe mir mal 
schnell den original Untersuchungsbericht der kanadischen Behörden 
angesehen:

"Final Report of the Transportation Safety Board of Canada on the 
accident to the aircraft McDonnell Douglas MD-11, HB-IWF (SR111) on 2 
September 1998 near Peggy’s Cove, Nova Scotia (Canada)"

https://www.bst-tsb.gc.ca/eng/rapports-reports/aviation/1998/a98h0003/a98h0003.html

Kapton (Polyimide) wird zwar erwähnt, beschrieben und wurde im dem 
Flugzeug massenhaft verwendet, aber die Leitungen des In-Flight 
Entertainment Networks (IFEN), die den Brand eventuell ausgelöst haben, 
waren mit Ethylen-Tetrafluorethylen-Copolymer (ETFE, "Tefzel") isoliert. 
Die andere IFEN-Leitungen mit Polytetrafluorethylen (PTFE, "Teflon") 
(1.6.11.2.1, 2.21). Kein Kapton.

Ich habe "eventuell" geschrieben, da der Untersuchungsbericht klar sagt, 
dass man nicht absolut sicher sagen kann ob ein Kurzschluss der 
IFEN-Leitungen der Auslöser für den Brand war. Man weiß nicht ganz genau 
was es war (3.1 6.).

Viel schlimmer war aber etwas ganz anderes: Mit metallisiertem 
Polyethylenterephthalat (MPET, "Mylar") beschichtete Isolationsmatten. 
MPET ist zum Beispiel das Material aus dem Rettungsdecken gemacht 
werden. Das Material war das erste Material was sich 
höchstwahrscheinlich entzündete (nicht irgend ein Kapton). Diese 
Isolationsmatten stellten den größten Teil des brennbaren Materials dar 
das zur Ausbreitung und Verstärkung des Brandes beitrug (3.1 2.).

Insgesamt zählt der Bericht 11 Ursachen und Faktoren auf. Kapton ist 
nicht darunter (3.1). Weiter werden 24 Risiken aufgeführt. Kapton ist 
nicht darunter (3.2). Dazu kommen 20 weitere Erkentnisse. Kapton ist 
nicht darunter (3.3).

Es ist das MPET das danach aus dem Verkehr gezogen werden sollte, nicht 
Kapton:

https://www.tsb.gc.ca/eng/medias-media/communiques/aviation/1999/comm_a98h0003.html

Andere Länder haben vergleichbare Anforderungen herausgegeben. Mit dem 
Ersatz von MPET im Flugzeugbau ging es dann nicht so schnell wie es sein 
sollte.

https://www.tsb.gc.ca/eng/recommandations-recommendations/aviation/1999/rec-a9907.html

Ich weiß nicht woher der Schreiberling auf Hackaday seine Geschichte 
hat. Vielleicht hat er sie sich nur aus dem Arsch gezogen um auf dieser 
Angeberseite selber mal angeben zu können. Durch die Informationen im 
offiziellen Untersuchungsbericht ist seine Geschichte nicht abgedeckt.

von Flets G. (flets)


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Sam W. schrieb:
> Über den Lötstopplack einfach flächig
> Beschriftungsdruck aufbringen lassen.

Gute Idee, an die Option hab ich garnicht gedacht - werde ich bei der 
nächsten Version auf jeden Fall mit einbeziehen!

von Flets G. (flets)


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Sam W. schrieb:
> Klar, das geht auch. Ist auch kein Problem beim Löten, da ja nur die
> Pins angelötet werden müssen. Da geht auch Tesafilm.

Dann werde ich das jetzt mal so machen. Vielen Dank!

von Wollvieh W. (wollvieh)


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Hannes J. schrieb:
> Hans W. schrieb:
>> FYI:
>> https://hackaday.com/2018/04/04/kapton-miracle-material-with-a-tragic-history/
>>
>> Auch wenn ich selber Kapton gerne verwende, ganz so super ist es
>> offensichtlich nicht...
>
> Nur leider ist die Hackaday-Story ziemlicher Blödsinn. Ich habe mir mal
> schnell den original Untersuchungsbericht der kanadischen Behörden
> angesehen

Die Geschichte mit defekten Kapton-Isolierungen ist schon stimmig, sie 
hat nur nichts mit Swissair 111 zu tun. Außer in der Überschrift und in 
einem Satz:

"At the time, Kapton was still a relatively new wonder polymer, with an 
unfortunate Achilles’ heel that can turn the insulator into a conductor, 
and at least in the case of flight 111, set a fire that would bring a 
plane down out of the sky."

Wahrscheinlich ist der Autor Journalist bei einer einst angesehenen 
Zeitung, denn die machen das mittlerweile alle so. Also irgendeinen 
Quatsch in die Überschrift schreiben und im Artikel dann 0 bis 1 Mal 
Bezug darauf nehmen.

Zur Ehrenrettung des Autors (der Artikel ist von 2018) muß man 
allerdings anführen, daß das Thema 2016 schonmal hochgeholt wurde, in 
einem von 2000 gestohlenen Artikel:

https://www.linkedin.com/pulse/kapton-dangerous-aircraft-wiring-product-implicated-fires-tim-southam

"Two Harriers crashed because of the Kapton effect. An RAF Tri-Star on 
the ground also was damaged when Kapton wiring suddenly exploded.

Kapton wiring is now at the centre of the Swissair 111 crash 
investigation. Detectives of the Canadian Transportation Safety Board 
are interested only in what's been recovered from the sea off the front 
nine metres of the plane. The theory is that Kapton wire, with other 
cables running above the pilot's head in the cockpit, caught fire, that 
the wires arc tracked, and burnt, melting plastic and aluminum above the 
pilot's seat (molten metal was found on the sheepskin covering) and that 
the fire spread beyond control destroying key aircraft systems.

Now the Swissair crash investigation may finally focus attention on the 
truth about Kapton, which has remained hidden by an airline industry in 
denial."

Der Satz steht auch schon in dem Originalartikel von 2000:
https://web.archive.org/web/20040404090409/http://www.vision.net.au/~apaterson/aviation/kapton_mangold.htm

Und auch in
https://web.archive.org/web/20000831203856/http://www.theage.com.au/daily/990711/news/specials/news14.html
Sogar von 1999.

Also man hat ein, zwei Jahre nach dem Absturz durchaus begründet 
vermutet und untersucht, daß Kapton die Ursache für den Absturz von 
Swissair 111 sein kann, und 18 Jahre später schreibt jemand einen 
Artikel über Kapton, wobei er im Hinterkopf hat, daß Kapton die Ursache 
war. Wenn der Schreiber so alt ist, daß er den Absturz selbst erlebt 
hat, ist das ein allgemeines Presseproblem: Man bekommt immer die 
Überschriften über die Spekulationen, aber niemals das Ergebnis. Ich 
erinnere mich jedenfalls an keinen Artikel "Swissair 111: Es war nicht 
Kapton, sondern XY". (Wobei ich persönlich eine Mayday-Folge o.ä. 
gesehen habe, wo man die "unbrennbaren" Gummikappen der Lüftungsrohre in 
hellen Flammen aufgehen ließ.)

Ähnliches kommt ständig vor. Ein Freund von mir, der wahrlich kein 
Verschwörungstheoretiker ist, erzählte mir neulich beiläufig, daß 
Merkels Doktorarbeit verschwunden wäre. Kurze Recherche von mir ergab, 
daß das vor 10 Jahren flächendeckend von allen Medien behauptet wurde. 
Die Lösung, daß das erstunken und erlogen war, wurde Jahre später 
bestenfalls auf Seite 17 unten im Kleindruck veröffentlicht. Bei ihm war 
es wahrscheinlich ÖR-Radio, das den Quatsch aufgegriffen und später nie 
richtig gestellt hat (oder gerade dann, als er nicht im Auto war.) Wer 
dauernd arbeiten muß und nicht wie z.B. ich Zeit hat, eine Stunde zu 
recherchieren und einen riesen Forenartikel zu schreiben, hat keine 
Chance, solche Fehler zu bemerken. Allerdings sollte man mit dem 
angelesenen Wissen dann keine Hackaday-Artikel schreiben.

: Bearbeitet durch User
von Bernd (Gast)


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Hannes J. schrieb:
> Viel schlimmer war aber etwas ganz anderes: Mit metallisiertem
> Polyethylenterephthalat (MPET, "Mylar") beschichtete Isolationsmatten.
MPET würde ich übrigens nicht als elektrische Isolation zwischen zwei 
Leiterplatten verwenden...

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