Forum: Offtopic Wahlomat, Auswertung der Anfragen


von A. S. (Gast)


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Weiß jemand, wo man eine Auswertung zu den Anfragen beim Wahlomat 
bekommt?

Also z.b. welche Option bei welcher Frage wie oft gewählt (und 
verdoppelt) wurde.

Oder, falls geheim, wer auf die Daten Zugriff hat.

von Joachim S. (oyo)


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A. S. schrieb:
> Weiß jemand, wo man eine Auswertung zu den Anfragen beim Wahlomat
> bekommt?
>
> Also z.b. welche Option bei welcher Frage wie oft gewählt (und
> verdoppelt) wurde.

Nirgendwo.

> Oder, falls geheim, wer auf die Daten Zugriff hat.

Zumindest früher hätte die Bundeszentrale für politische Bildung (als 
Betreiber des Wahl-o-Mat) bei den meisten Wahl-o-Mat-Beantwortungen 
diese Daten gehabt.

Nur bei "den meisten" deshalb, weil auch Medien wie die ZEIT etc. den 
Wahl-o-Mat von ihren eigenen Servern aus anbieten konnten; die 
allermeisten Leute benutzen den Wahl-o-Mat aber halt über die offizielle 
Webseite.

Und offiziell würde die BPB auch behaupten, dass sie diese Daten auch 
früher nie gespeichert haben.
Was allerdings nur die halbe Wahrheit ist - denn im Kleingedruckten 
steht, dass alle HTTP-Requests von ihren Webservern geloggt werden. Und 
früher wurde jedes Mal, wenn der Benutzer eine Frage beantwortet hat, 
seine Antwort per HTTP-GET-Request an den Server übermittelt. Aus den 
Webserver-Log-Daten hätte man diese Daten also durchaus rekonstruieren 
können, wenn man dies gewollt hätte.

Mittlerweile ist es aber offenbar tatsächlich so, dass die eigenen 
Antworten nicht mehr per HTTP-Request an die Server der BPB übermittelt 
werden, sondern die Auswertung endlich rein lokal auf auf dem Rechner 
des Benutzers stattfindet.

von Joachim S. (oyo)


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Hier übrigens noch ein kleiner Schenkelklopfer zum Wahl-o-Mat:

Die BPB bietet zumindest die Daten des Wahl-o-Mat (also die ca. 40 
Fragen/Thesen und die dazugehörigen Antworten/Standpunkte der Parteien) 
mittlerweile zum Download an, als "Datensatz" in Form einer gezippten 
Excel-Datei.

Weil sie die Daten insgeheim aber offensichtlich gar nicht rausrücken 
wollen, sondern vermutlich nur aus irgendwelchen Gründen dazu gezwungen 
sind, bieten sie die Daten zwar zum Download an, schreiben aber direkt 
dazu:
1
Jede Nutzung des Datensatzes, egal welcher Art, wird untersagt.
https://www.bpb.de/politik/wahlen/wahl-o-mat/bundestagswahl-2021/337541/download

Und das betrachten sie dann vermutlich als "Open Data".

von Matthias S. (matthias_s)


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Joachim S. schrieb:
1
Jede Nutzung des Datensatzes, egal welcher Art, wird 
2
untersagt.
> https://www.bpb.de/politik/wahlen/wahl-o-mat/bundestagswahl-2021/337541/download
>
> Und das betrachten sie dann vermutlich als "Open Data".

Nächster Absatz:
1
Eine Ausnahme gilt nur für die Analyse des Datensatzes zu wissenschaftlichen oder journalistischen Zwecken sowie für die Veröffentlichung der Ergebnisse dieser Analyse. Dabei muss jederzeit klar erkennbar sein, dass die Bundeszentrale für politische Bildung nicht Urheber dieser Analyse ist.

Warum dein sinnentstellendes Zitat?

: Bearbeitet durch User
von Joachim S. (oyo)


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Das Zitat als "sinnentstellend" zu bezeichnen, nur weil ich nicht 
explizit auf die Ausnahme hingewiesen habe, ist ungefähr so, als würde 
man das Rezitieren eines Grundgesetz-Artikels als "sinnentstellend" 
bezeichnen, solange man nicht jeden einzelnen Gesetzesparagraphen 
auflistet, der diesen Grundgesetzartikel einschränken kann.

Ich befasse mich seit Jahren immer wieder mal mit dem Wahl-o-Mat und 
weiss, was die BPB bislang getan hat, um das Extrahieren dieser 
(eigentlich ja nun ziemlich banalen) Daten zu verhindern.

Aufgrund dieser Erfahrung glaube ich, dass das von mir gepostete Zitat 
die wahre Mentalität der BPB eigentlich ziemlich gut trifft.
An anderer Stelle habe ich gelesen, dass der Grund dafür, warum die BPB 
diese Daten nach all den Jahren urplötzlich veröffentlicht offenbar mit 
einer Webseite namens frag-den-staat zu tun hat, die Druck ausgeübt hat. 
Das passt ziemlich gut in's Bild.

Wir reden nun mal von der gleichen BPB, die sich annähernd 20 Jahre 
geweigert hat, in den Wahl-o-Mat ein Feature einzubauen, um ein Ergebnis 
für alle Parteien anzuzeigen. Und das allen Ernstes sinngemäss mit 
Argumenten wie "das ist technisch nicht möglich" begründet hat - bis ein 
Gericht im Jahr 2019 endlich geurteilt hat, dass das völliger Mumpitz 
ist und sie dazu verpflichtet hat, ein solches Feature anzubieten. Siehe 
da, plötzlich geht es doch...

: Bearbeitet durch User
von N. A. (bigeasy)


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Joachim S. schrieb:
> Wir reden nun mal von der gleichen BPB, die sich annähernd 20 Jahre
> geweigert hat, in den Wahl-o-Mat ein Feature einzubauen, um ein Ergebnis
> für alle Parteien anzuzeigen. Und das allen Ernstes sinngemäss mit
> Argumenten wie "das ist technisch nicht möglich" begründet hat - bis ein
> Gericht im Jahr 2019 endlich geurteilt hat, dass das völliger Mumpitz
> ist und sie dazu verpflichtet hat, ein solches Feature anzubieten. Siehe
> da, plötzlich geht es doch...

Wo kämen wir denn da hin, wenn jetzt noch mehr Parteien in den Bundestag 
einziehen müssen, nur weil Onkel Bernd plötzlich feststellt, daß z.B. 
die UNABHÄNGIGE weit besser mit seinen politischen Vorstellungen 
übereinstimmt als die FDP?

von A. S. (Gast)


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Joachim S. schrieb:
> Mittlerweile ist es aber offenbar tatsächlich so, dass die eigenen
> Antworten nicht mehr per HTTP-Request an die Server der BPB übermittelt
> werden, sondern die Auswertung endlich rein lokal auf auf dem Rechner
> des Benutzers stattfindet.

Vielen Dank, Joachim!

Joachim S. schrieb:
> Aus den
> Webserver-Log-Daten hätte man diese Daten also durchaus rekonstruieren
> können, wenn man dies gewollt hätte.

Ich fände es töricht, es nicht zu wollen. Vermutlich gibt es keine 
umfassendere Erhebung zum "Wählerwillen". Sicher verzerrt, aber dennoch 
wertvoll.

von Joachim S. (oyo)


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N. A. schrieb:
> Wo kämen wir denn da hin, wenn jetzt noch mehr Parteien in den Bundestag
> einziehen müssen, nur weil Onkel Bernd plötzlich feststellt, daß z.B.
> die UNABHÄNGIGE weit besser mit seinen politischen Vorstellungen
> übereinstimmt als die FDP?

Das dürfte in der Tat wohl der wahre bzw. der Hauptgrund für diese 
seltsame Einschränkung gewesen sein: Als dem Bundesinnenministerium 
unterstellte Behörde ist die BPB als Betreiber des Wahl-o-Mat gewissen 
etablierten Parteien einfach näher als den anderen.

Bezeichnend finde ich es ja übrigens auch, wie der Wahl-o-Mat zur 
Bundestagswahl das Thema Corona quasi komplett auslässt. Da findet sich 
nur eine einzige Alibi-Frage, die entfernt mit Corona zu tun hat - und 
da geht es darum, ob der Patentschutz für Corona-Impfstoffe aufgehoben 
werden soll. Was den meisten Bürgern herzlich egal sein dürfte, weil das 
für sie selbst schlicht keinerlei Unterschied macht.

von Matthias S. (matthias_s)


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Joachim S. schrieb:
> Das Zitat als "sinnentstellend" zu bezeichnen, nur weil ich nicht
> explizit auf die Ausnahme hingewiesen habe, ist ungefähr so, als würde
> man das Rezitieren eines Grundgesetz-Artikels als "sinnentstellend"
> bezeichnen, solange man nicht jeden einzelnen Gesetzesparagraphen
> auflistet, der diesen Grundgesetzartikel einschränken kann.

Doch, das passt schon. Du suggerierst, dass man die Daten gar nicht 
nutzen dürfe. Dabei sind die Verwendungen, welche im Kontext 
Bundestagswahl wohl mit Abstand die relevantesten sein dürften - 
journalistische und wissenschaftliche Auseinandersetzung - explizit 
gestattet.

Das du aufgrund einer Historie mit der BPB einen gewissen Groll zu hegen 
scheinst, mag gerechtfertigt sein, tut aber nix zur Sache. FragDenStaat 
ist auch ne tolle Sache, und hat hier ja möglicherweise seinen Zweck 
erfüllt. Jetzt wissen Sie halt, was sie dürfen, und was nicht.

von Joachim S. (oyo)


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Matthias S. schrieb:
> Du suggerierst, dass man die Daten gar nicht
> nutzen dürfe.

Ich habe einfach nur die BPB wortwörtlich zitiert.

Die BPB hätte das auf so viele Arten formulieren können, aber man hat 
sich nun mal ausgerechnet für diesen Satz "*Jede Nutzung* des 
Datensatzes, egal welcher Art, wird untersagt." entschieden.

> Dabei sind die Verwendungen, welche im Kontext
> Bundestagswahl wohl mit Abstand die relevantesten sein dürften -
> journalistische und wissenschaftliche Auseinandersetzung

Dann frage ich mich, warum man diesen Datensatz erst nach fast 20 Jahren 
und offenbar erst nach Druck zur Verfügung stellt, wenn er für 
Wissenschaft und Journalismus so relevant ist.

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