Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Wie werden Silikon-Formteile hergestellt?


von Helge (Gast)


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Habe einen Staubsauger auf dem Tisch, bei dem ist die Dichtung zwischen 
Staubbehälter und Motor kaputt. Als Bastellösung die Sicke mit Silikon 
aufgefüllt, gefettete Folie drauf und den Staubbehälter draufgelegt. 
Hoffentlich läßt sich die Folie später abziehen..

Jetzt frag ich mich, wie werden Silikonteile fabrikmäßig hergestellt? 
Pressen und tagelang warten bis hart doch nicht, oder?

von Alexander S. (alex998)


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Das ist dann üblicherweise schnell erhärtendes Silikon, entweder 2K oder 
strahlenvernetzend, oder oder oder. Kriegst du als Privatanwender als 
Formenbau-Silikon.

von AtariST (Gast)


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Es gibt hunderte Sorten Silikonkautschuk. Die eigentliche 
Herausforderung ist die Formgebung, insbesondere, wenn die Dichtung hohl 
ist.

von Helge (Gast)


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Auch bei 2k muß dann ein Weilchen die Form zu bleiben, bis hart ist? 
Wird das industriell so gemacht? Ich denk an so Massenprodukte wie 
Dichtungen, Backformen usw, da werden doch hunderte in einer Schicht 
produziert?

von M.M.M (Gast)


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Helge schrieb:
> Auch bei 2k muß dann ein Weilchen die Form zu bleiben, bis hart ist?
> Wird das industriell so gemacht? Ich denk an so Massenprodukte wie
> Dichtungen, Backformen usw, da werden doch hunderte in einer Schicht
> produziert?

Selbst gesehen habe ich die Massenfertigung von Silikonkleinteilen 
mittels Spritzguß. Das hat schon ein Weilchen gedauert, bis die Teile 
rausfielen. vielleicht einen 1/2 bis 1 Minute. Dann fiel da aber auch 
gleich ne ganze Hand voll Teilen raus.

von Einer (Gast)


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AtariST schrieb:
> gibt hunderte Sorten Silikonkautschuk.

Dürfte (mindestens) um den Faktor 10 zu niedrig geschätzt sein.

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Helge schrieb:
> Auch bei 2k muß dann ein Weilchen die Form zu bleiben, bis hart ist?
> Wird das industriell so gemacht? Ich denk an so Massenprodukte wie
> Dichtungen, Backformen usw, da werden doch hunderte in einer Schicht
> produziert?

Die Zyklenzeit hängt immer auch vom Bauteil selbst ab.

Bei üblichen LSR-Verfahren (Liquid silicone rubber) werden zwei 
Komponenten aus Fässern direkt vor der Schnecke gemischt und dann nur 
leicht vorgewärmt in die heiße Form eingespritzt. Abhängig von der 
Wandstärke kann die Vernetzungszeit schon bis zu einer Minute dauern.

Je nach Kalkulation kann man auch nur so lange warten, bis die Teile 
soweit vernetzt sind, dass man sie problemlos aus der Form bekommt. 
Diese Teile werden dann einfach noch danach in großen Kisten im Ofen 
getempert (=fertig vernetzt).

Was diese Verfahren allerdings deutlich teuerer als üblichen 
Thermoplast-Spritzguss macht, ist die Genauigkeit, mit der die Form 
hergestellt werden muss. Das fertige Compound ist flüssig wie Wasser 
(selbst gesehen), daher bemisst man Entlüftungskanäle in µm, ebenso wie 
natürlich alle anderen Flächen. Dazu kommt der hohe Rohstoffpreis, so 
dass Kaltkanaleinspritzung etc. fast ein Muss ist - und das Ganze 
natürlich nochmal verteuert.

Praktisch bei Silikon ist natürlich, dass man auch größere 
Hinterschnitte problemlos aus der Form bekommt (Druckluft).

Neben dem LSR gibt es aber auch noch andere Verfahren, bspw, fertige 
feste Mischungen mit Inhibitor als Felle, Stränge, Puppen usw.
Etwas Ähnliches nutzen wir hier in einer speziell entwickelten 
Spritzeinheit.

Das macht die Formen einfacher, aber auch da gilt: ja, man muss eine 
gewisse Zeit warten, bis die Vernetzung stattgefunden hat.

: Bearbeitet durch Moderator
von Walter T. (nicolas)


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Chris D. schrieb:
> Dazu kommt der hohe Rohstoffpreis, so
> dass Kaltkanaleinspritzung etc. fast ein Muss ist -

Wieder etwas gelernt. Ich kannte bislang nur Heißkanalsysteme.

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Walter T. schrieb:
> Chris D. schrieb:
>> Dazu kommt der hohe Rohstoffpreis, so
>> dass Kaltkanaleinspritzung etc. fast ein Muss ist -
>
> Wieder etwas gelernt. Ich kannte bislang nur Heißkanalsysteme.

Alles, was bei Thermoplasten gut ist, ist bei LSR "böse" ;-)

D.h.: man will in der Schnecke möglichst wenig Scherkräfte im Material, 
um die Vernetzung nicht zu starten. Daher gibt es im Vorlauf bei uns 
tatsächlich eine aktive Kühlung

Und besonders sch...lecht ist es, wenn die Vernetzung dann vor der Form 
trotzdem startet, weil die Maschine mal 20s steht ;-)

Bei Thermoplasten wärmt man an und spritzt den Gammel raus. Geht hier 
leider nicht mehr ;-)

: Bearbeitet durch Moderator
von Helge (Gast)


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OK, das ist ja wirklich sehr interessant! Danke!

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