Forum: Offtopic Warum hatte man früher Gleichstrom im Netz?


von Christian M. (likeme)


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In meiner Bastelära sind mir immer wieder uralte Röhrenradios mit 
Gleichspannung unter gekommen. Diese Allstrom Radios konnten mit AC und 
DC betrieben werden. Ich kenne den "Stromkrieg" von Westinghouse und 
Edison der wohl um 1900 endete? Warum also wurden dann 20-30 Jahre 
später noch Gleichstromgeräte gebaut, vor allem in Deutschland?

: Verschoben durch Moderator
von Oliver S. (oliverso)


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Da kam wohl nicht überall der Strom schon aus der Steckdose, sondern 
wurde irgendwie selbstgemacht. Dann auch mal in DC.

Oliver

von Teo (Gast)


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Das waren erstmals alles lokale Netze und "Never change a running 
System". Vor allem wenns ne menge Geld kostet.

von Gerald K. (geku)


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Der Hauptgrund war das Einsparen eines Netztransformators. Früher wurde 
weniger Wert auf die Sicherheit gelegt.

Quelle: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Allstromger%C3%A4t

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Christian M. schrieb:
> kenne den "Stromkrieg" von Westinghouse und Edison der wohl um 1900 endete?
>
> Warum also wurden dann 20-30 Jahre
> später noch Gleichstromgeräte gebaut, vor allem in Deutschland?
Weil es da wohl noch einige lokale Gleichstromgeneratoren gab. Damals 
war halt nicht jeder so technikaffin, dass es immer sofort das Neueste 
vom Neuesten sein musste. Und solange der ganze Klimbim noch lief, da 
konnte man ihn auch laufen lassen.

Dazu passt dann auch das:
1
1919   Dolivo-Dobrowolski prophezeit als einer der größten Pioniere der Wechselstromtechnik,
2
       dass für größere elektrische Systeme der Wechselstrom ohne Zweifel durch Gleichstrom
3
       ersetzt wird
Zitat aus 
https://www2.vde.com/wiki/chronik_2016/Wiki-Seiten/Stromerzeugung_Stromuebertragung_und_Stromverteilu.aspx

: Bearbeitet durch Moderator
von ungeimpft (Gast)


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Schau mal wieviele Geräte heute einen Gleichrichter am Eingang
haben.

von Andreas B. (bitverdreher)


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ungeimpft schrieb:
> Schau mal wieviele Geräte heute einen Gleichrichter am Eingang
> haben.
Der Wechselstrom wurde von der Gleichrichterlobby erfunden.

Beitrag #6861588 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Dirk L. (garagenwirt)


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Anarchist schrieb im Beitrag #6861588:
> Das hängt von der Drehzahl des Generators ab.
> Bei meinem Fahrrad blitzt das Licht bei langsamer Fahrt -> Wechselstrom.
> Bei schneller Fahrt leuchtet es dann gleichmäßig -> Gleichstrom.

...und wenn das Rücklicht leuchten soll musst du halt rückwärts fahren

von andi6510 (Gast)


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Mein Vater (Jahrgang 1936) erzaehlt gerne von der Zeit, als er als 
Jugendlicher auf dem Hof meiner Grosseltern lebte. Die Versorgung 
erfolgte damals mit Gleichstrom (220V Netzspannung). Der Hof lag ganz am 
Ende der Leitung und wenn die elektrische Wasserpumpe anlief wurde das 
Licht deutlich dunkler. Der Strom kam vom Mueller einige Kilometer 
entfernt. Dieser hatte einen Generator, der mit Wasserkraft angetrieben 
wurde. Dazu eine offene Nickel-Cadmium Batterie, die fuer die Versorgung 
ueber Nacht gedacht war. Nicht, dass nachts das Wasser nicht floss, aber 
ich denke, der Mueller wollte auch mal Schlafen und das Gerumpel der 
Muehle nicht auch Nachts noch hoeren. Jedenfalls war die Batterie noch 
aus der Weimarer Republik und in der Nachkiregszeit war sie dann doch 
nicht mehr so gut. Die Folge war, dass irgendwann Abends dann 
abgeschaltet wurde - erst blinkte das Licht ein paar mal, dann wusste 
man, dass man noch 10 Minuten Zeit hat ins Bett zu kommen bevor dann 
endgueltig abgeschaltet wurde.
Umgestellt auf Wechselstrom wurde dann gegen Ende der 50er als der 
Anschluss an die oeffentliche Stromversorgung erfolgte. Dann konnte man 
auch endlich Wechseltromgeraete verwenden (zumeist Elektromotoren fur 
diverse Landmaschinen) und musste nicht weiter mit den Vorkriegsgeraeten 
arbeiten.

von Besucher (Gast)


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Auch die Elektronik baut auf Geschichte und den daraus gemachten 
Erfahrungen aus und manche Dinge sind Relikte aus vergangener Zeit. Die 
Suche im Netz bringt viele Hinweise, Geschichten und diese bringen einem 
heute noch in Erstaunen. Wie war das mit dem Versuch mit dem Elefanten?

https://www.radiomuseum.org/forum/gleichstrom_netz_und_radio_1.html

https://www.elektronik-kompendium.de/public/schaerer/stromkrg.htm

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Christian M. schrieb:
> In meiner Bastelära sind mir immer wieder uralte Röhrenradios mit
> Gleichspannung unter gekommen.

Mir kam von dieser Sorte in 40 Jahren nicht ein einziger in die Finger.

mfg

von Purzel H. (hacky)


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Die Netze waren isoliert und dienten einem Zweck. zB der Uebertragung 
von Energie fuer eine Fabrik. zB ein Wasserrad, viele Maschinen. Plus 
Licht. Alles gab's fuer AC und DC. Fertig.

Aehnlich in Japan. Dort haben damals Europaer und Amerikaner die Netze 
gebaut. Deswegen gibt es immer noch 50Hz Zonen und 60Hz Zonen. Den 
meisen Geraeten ist es egal. Aber eben nicht allen. Leider kann man die 
Netze nicht mit Transformatoren zusammenschalten.

von Marek N. (Gast)


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Anarchist schrieb im Beitrag #6861588:
> Bei meinem Fahrrad blitzt das Licht bei langsamer Fahrt -> Wechselstrom.
> Bei schneller Fahrt leuchtet es dann gleichmäßig -> Gleichstrom.

von Michael M. (do7tla)


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Anarchist schrieb im Beitrag #6861588:
> as hängt von der Drehzahl des Generators ab.
> Bei meinem Fahrrad blitzt das Licht bei langsamer Fahrt -> Wechselstrom.
> Bei schneller Fahrt leuchtet es dann gleichmäßig -> Gleichstrom.

Das bleibt Wechselspannung!
Nur bei schnellerer Fahrt ist die Frequenz so hoch das, das Licht 
dauerhaft leuchtet.

von Wolfgang (Gast)


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Christian M. schrieb:
> Warum also wurden dann 20-30 Jahre
> später noch Gleichstromgeräte gebaut, vor allem in Deutschland?

Weil man die auch mit Anodenbatterien betreiben konnte, wenn man keinen 
Netzanschluss hatte. Außerdem spart das Elkos gegen Netzbrumm.

Der Wechselstrom hat nur den Vorteil, dass er sich für den Transport 
einfacher Umformen lässt. Heutzutage wird im Stromnetz vereinzelt auch 
wieder Gleichstrom eingesetzt, auch wenn das beim Endverbraucher nicht 
ankommt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Baltic_Cable

von Fpgakuechle K. (Gast)


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Christian M. schrieb:
>  Diese Allstrom Radios konnten mit AC und



Zu d* für Wikipedia ?!

https://de.wikipedia.org/wiki/Allstromger%C3%A4t

Besser kann es auch keine 'Forumsleuchte' erklären. Auch gleich mit 
Links zum vertiefenden Weiterlesern - ohne nerviges Fragen und auf 
Antwort warten.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Christian S. schrieb:
> Christian M. schrieb:
>> In meiner Bastelära sind mir immer wieder uralte Röhrenradios mit
>> Gleichspannung unter gekommen.
>
> Mir kam von dieser Sorte in 40 Jahren nicht ein einziger in die Finger.

Hast du nie einen Röhrenfernseher in den Fingern gehabt?

Das waren doch fast alles "Allstrom"-Geräte (mit P-Röhren). Vermutlich 
aber weniger, weil es zu der Zeit noch nennenswert 
Gleichstrom-Installationen gab, sondern wie oben genannt, um den Trafo 
einzusparen.

von Joachim B. (jar)


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Purzel H. schrieb:
> Leider kann man die
> Netze nicht mit Transformatoren zusammenschalten.

och die Marketingfuzzis schaffen das mit elektronischen Transformatoren, 
auch wenn da manchmal keine Transformatoren drin sind.
Darf man einen Maschinenumformersatz auch als Transformator bezeichen?
1. Galv. getrennt
2. Spannungsanpassung möglich
3. Frequenzanpassung möglich
4. Wechselwirkung über Magnetfelder

Was unterscheidet den noch vom Transformator?
https://de.wikipedia.org/wiki/Umformer

Christian S. schrieb:
> Mir kam von dieser Sorte in 40 Jahren nicht ein einziger in die Finger.

Allströmer TV kamen mir vor 40 Jahren noch zur Reparatur in die Hände.
(OK mag ein klitze größer als 40 Jahre gewesen sein, 41-44 Jahre?)

: Bearbeitet durch User
von Andreas B. (bitverdreher)


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Purzel H. schrieb:
> Deswegen gibt es immer noch 50Hz Zonen und 60Hz Zonen.

Das ist hier noch viel wilder:
https://shulman-advisory.com/2020/02/28/everything-you-need-to-know-about-the-japanese-electricity-grid/

von Peter D. (peda)


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Jörg W. schrieb:
> Das waren doch fast alles "Allstrom"-Geräte (mit P-Röhren).

TVs waren keine Allstromgeräte.
Auf den TVs stand immer schon "Nur für Wechselstrom". Bei DC stimmen die 
Anodenspannungen nicht, da keine Spitzenwertgleichrichtung. Nur mit AC 
erreichte man Anodenspannungen >220V. DC schaffte vielleicht gerademal 
180V (Abfall am Selen und den Siebwiderständen).

P heißt auch nur Serienheizung mit 300mA. Oftmals reichte das aber nicht 
für alle Röhren und da wurde noch ein kleiner Heiztrafo eingebaut. Bei 
DC hätts dann geknallt.

Daß bei TVs auf Netztrafos für die Gesamtleistung verzichtet wurde, lag 
hauptsächlich an der hohen Leistungsaufnahme und damit dem hohen Gewicht 
des Trafos. Auch hätte dessen Magnetfeld die Ablenkung stören können.

von Joachim B. (jar)


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Peter D. schrieb:
> TVs waren keine Allstromgeräte.

sorry, erzähle nichts was du nicht weisst, ich habe RFS Techniker 
gelernt und dort diese auch noch repariert!
https://de.wikipedia.org/wiki/Allstromger%C3%A4t
Bis auf wenige Ausnahmen waren auch erste Röhren-Fernsehgeräte in 
ähnlicher Technik ausgeführt. Der Hauptgrund war das Einsparen eines 
Netztransformators.
https://www.dampfradioforum.de/viewtopic.php?p=9781#p9781
Mein Fernseher SABA Schauinsland T704 von 1956 ist ebenfalls ein 
allstromer. Auf der rückwand steht drauf für gleich und wechselstrom!

von Rainer Z. (netzbeschmutzer)


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Peter D. schrieb:
> Daß bei TVs auf Netztrafos für die Gesamtleistung verzichtet wurde, lag
> hauptsächlich an der hohen Leistungsaufnahme und damit dem hohen Gewicht
> des Trafos. Auch hätte dessen Magnetfeld die Ablenkung stören können.

Besonders die Schattenmaske der Bildröhre (Farbreinheit).

Wolfgang schrieb:
> Der Wechselstrom hat nur den Vorteil, dass er sich für den Transport
> einfacher Umformen lässt. Heutzutage wird im Stromnetz vereinzelt auch
> wieder Gleichstrom eingesetzt, auch wenn das beim Endverbraucher nicht
> ankommt.
> https://de.wikipedia.org/wiki/Baltic_Cable

Danke für den Link. Ich wusste zwar, dass wegen des Skin-Effekts bei 
Wechselspannung es günstiger ist, Gleichspannung im Kabel zu übertragen, 
ich hatte mich aber gefragt, wie diese hohen Leistungen wieder in 
Wechselspannung umgewandelt werden.

Das mit den Thyristortürmen fand ich interessant. Mehr dazu hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Stromrichterstation

von Joachim B. (jar)


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Rainer Z. schrieb:
> Ich wusste zwar, dass wegen des Skin-Effekts bei
> Wechselspannung es günstiger ist, Gleichspannung im Kabel zu übertragen,

wieso das denn?
HGÜ setzt man nicht wegen des Skineffekts ein sondern um kapazitive 
Verluste bei AC zu vermeiden, schiesslich ist AC für Kapazitäten 
durchlässig, egal ob 1 MHz oder 50 Hz. Eine stehende DC (Kabel)Strecke 
hat "nur" ohmsche Verluste, keine Kapazität muss umgeladen werden.

Übrigens auch bei DC ist der Leitungs R aussen geringer weil dort 
niedere Temperaturen herrschen als im Kern, also quasi auch ein 
"Skineffekt"

: Bearbeitet durch User
von Christian M. (likeme)


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Gerald K. schrieb:
> Der Hauptgrund war das Einsparen eines Netztransformators. Früher
> wurde
> weniger Wert auf die Sicherheit gelegt.
>
> Quelle: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Allstromger%C3%A4t

Danke, der perfekte Artikel dazu :-)

von Richard H. (richard_h27)


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andi6510 schrieb:
> der Mueller wollte auch mal Schlafen und das Gerumpel der
> Muehle nicht auch Nachts noch hoeren.

Meine Mutter, Müllerstochter, ist immer aufgewacht, wenn das Gerumpel 
aussetzte.

von Richard H. (richard_h27)


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Anarchist schrieb im Beitrag #6861588:
> Das hängt von der Drehzahl des Generators ab.
> Bei meinem Fahrrad blitzt das Licht bei langsamer Fahrt -> Wechselstrom.
> Bei schneller Fahrt leuchtet es dann gleichmäßig -> Gleichstrom.

Und zum Heizen -> Golfstrom

von Harald W. (wilhelms)


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Richard H. schrieb:

> Und zum Heizen -> Golfstrom

Wird dafür die Energie der fliegenden Golfbälle irgendwie ausgenutzt?

von Harald W. (wilhelms)


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Christian M. schrieb:

> Ich kenne den "Stromkrieg" von Westinghouse und
> Edison der wohl um 1900 endete?

M.W. wurde das letzte Gleichstromnetz in New York
erst im 21. Jahrhundert abgeschaltet.

von Jörg (zwischenfrequenz)


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Harald W. schrieb:
> M.W. wurde das letzte Gleichstromnetz in New York
> erst im 21. Jahrhundert abgeschaltet.
Ja, 2007:
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Das-Aus-fuer-oeffentliche-Gleichstrom-Versorgung-197183.html

von Joachim B. (jar)


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Christian M. schrieb:
> Warum also wurden dann 20-30 Jahre
> später noch Gleichstromgeräte gebaut

weil man den gleich-riecht-er sparen konnte (scnr .... war einfach zu 
verführerisch)

von Nikolaus S. (Firma: Golden Delicious Computers) (hns)


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Noch eine nette Anekdote zum Übergang von Gleichstrom zu Wechselstrom um 
1900 und warum Albert Einstein deshalb theoretischer Physiker werden 
musste:

https://blogtronic.turck-duotec.com/de/blog/wie-albert-einstein-den-strom-aufs-oktoberfest-brachte.html

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Lothar M. schrieb:
> Zitat aus
> 
https://www2.vde.com/wiki/chronik_2016/Wiki-Seiten/Stromerzeugung_Stromuebertragung_und_Stromverteilu.aspx

1832 erste Gleichstromgeneratoren mit Kommutator und 1887 erster 
Mehrphasenwechselstromgenerator.

Daher war der Satz damals nicht verkehrt, weil zu der Zeit es 
regelungstechnisch nur unkompliziert möglich war Gleichstrommaschinen 
parallel zu schalten. Der Durchbruch für Wechselstrom kam mit der 
3-phasen Drehstromtechnik, damit verbundenen größeren zentralen 
Kraftwerken mit größeren Entfernungen zum Verbraucher und dem Leonadsatz 
zur Erzeugung von Gleichspannungen beim Endverbraucher.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Jörg W. schrieb:
> Christian S. schrieb:
>> Christian M. schrieb:
>>> In meiner Bastelära sind mir immer wieder uralte Röhrenradios mit
>>> Gleichspannung unter gekommen.
>>
>> Mir kam von dieser Sorte in 40 Jahren nicht ein einziger in die Finger.
>
> Hast du nie einen Röhrenfernseher in den Fingern gehabt?
>
> Das waren doch fast alles "Allstrom"-Geräte (mit P-Röhren). Vermutlich
> aber weniger, weil es zu der Zeit noch nennenswert
> Gleichstrom-Installationen gab, sondern wie oben genannt, um den Trafo
> einzusparen.

Hallo,

ich bin gerade mal meine Galerie an Röhrenfernsehern abgelaufen. Da sind 
welche dabei mit Füßen, welche mit vier Klapptüren und Schleiflack, 
einer mit schiebbarer Wand, die sich innen aufrollt, einer mit gewölbter 
Schutzscheibe vor dem Bild. Der jüngste große Schwarzweiß ist von 1974, 
der älteste so etwa um 1960. Da leider momentan die Geräte noch eng 
gestopft beieinander stehen müssen, kann ich die Rückwandbeschriftungen 
nicht ablesen. Selbst der neuese, Grundig Elite von 1974 mit 
Sensortasten hat diese P-Röhren und ist für Wechselstrom. Die 
Farbfernseher sind ab 1969 und beginnen mit Delta-Bild-Röhren. Die 
Radios haben alle eine Trafo, davon wiederum etliche mit 
Spannungswahlschalter. Der älteste ist von 1947, noch ohne UKW, die 
meisten anderen aus den späten 50er und einige aus den 60ern. Ein Radio 
ohne Trafo, das auch Gleichstrom verträgt ist mir zufällig nie in die 
Hände gekommen. Die waren wohl schon ausgestorben. Natürlich gibt es 
die. Ihr könnt wieder Minuspunkte vergeben, ich behaupte nicht, daß es 
das nicht gibt, nur kamen mir noch keine in die Hände und auf 
Flohmärkten damals auch nicht. Möglicherweise wohne ich in der falschen 
Gegend.

Klar haben die SW-Fernseher mit P-Röhren keinen Trafo und nur eine 
Einweggleichrichtung, danach den dicken Mehrfach-Elko. Aber ob sie für 
Gleichstrom ebenfalls geeignet sind, bezweifle ich. Solche Modelle sind 
wohl noch etwas älter als die hier versammelten Exemplare.

mfG

: Bearbeitet durch User
von Joachim B. (jar)


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Christian S. schrieb:
> Klar haben die SW-Fernseher mit P-Röhren keinen Trafo und nur eine
> Einweggleichrichtung, danach den dicken Mehrfach-Elko

ähm, wieviel Fernsehschaltbilder und Netzteile hattest du schon gesehen?

von Jürgen F. (unterstrom)


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Und die Gleichspannungsnetze könnten wieder kommen. Betreiber großer 
Industrieanlagen mit großen Hallen und vielen Werkzeugmaschinen 
überlegen:

Wir haben Photovoltaik auf den Hallendächern, die Gleichspannung 
abgeben. Diese wird per Wechselrichter mit Verlusten zu Wechselspannung, 
die ins Netz gespeist wird.

Dann stehen in den Hallen NC gesteuerte Werkzeugmschinen. Die machen aus 
der Wechselspannung erst mal Gleichspannung (mit Verlusten) um die 
(Servo-)Motoren und Hauptspindeln frequenzgeregelt zu fahren.
Was liegt näher, als die beiden Systeme gleichspannungsseitig zu 
koppeln? Da gibts natürlich noch viel zu standardisieren: NC-Antriebe 
arbeiten mit 500-850V, je nach Hersteller und Leistungsklasse und für 
die Verteilungen müssen Schaltanlagen gebaut werden um die 
Gleichspannung sicher schalten zu können. Man ist da in einem Aufwand, 
der heute in der Mittelspannung 10kV-30kV verwendet wird.

Sind wir gespannt, ob sich der Aufwand rechnet.

Jürgen

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Christian S. schrieb:
> Da leider momentan die Geräte noch eng gestopft beieinander stehen
> müssen, kann ich die Rückwandbeschriftungen nicht ablesen. Selbst der
> neuese, Grundig Elite von 1974 mit Sensortasten hat diese P-Röhren und
> ist für Wechselstrom.

Bei RM.org hat jemand die Geschichte von RAFENA recht detailliert 
dargestellt.

Das wird wohl schon passen, dass da trotz P-Röhren keiner mehr 
Gleichstromnetze im Blick hatte zu dieser Zeit. Die Fernseher der 1950er 
Jahre hatten allesamt noch Trafos und E-Röhren. Später hat man dann den 
Anodentrafo eingespart und nur noch einen kleineren Heiztrafo benutzt, 
insofern war es folgerichtig, dann stattdessen auch die Heizung noch 
umzustellen.

Möglicherweise läuft so ein Uralt-P-Röhrengerät an einem 
Gleichstromnetz, aber dann eher "irgendwie", also bspw. mit zu kleinem 
und zu dunklem Bild wegen der geringeren Anodenspannung.

von Joachim B. (jar)


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Jörg W. schrieb:
> Die Fernseher der 1950er
> Jahre hatten allesamt noch Trafos und E-Röhren.

überlesen?
Beitrag "Re: Warum hatte man früher Gleichstrom im Netz?"

die der 1950er und allesamt Trafos kann nur falsch sein!
Zitat:
Mein Fernseher SABA Schauinsland T704 von 1956 ist ebenfalls ein 
allstromer. Auf der rückwand steht drauf für gleich und wechselstrom!

Ich reparierte diese Geräte noch und lernte etliche in meiner RFS 
Ausbildung kennen.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Dann nimm es als "Anfang der 1950er Jahre".

Denke auch nicht, dass Ost und West zu der Zeit in dieser Hinsicht sehr 
unterschiedlich waren.

von Joachim B. (jar)


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Jörg W. schrieb:
> Dann nimm es als "Anfang der 1950er Jahre".

???
egal, es gab Allströmer SW TV auch wenn die nicht jeder kennt, bei Farbe 
bin ich ja konform, die gab es nur noch mit Röhren und Trafos für AC

Historie....
https://www.youtube.com/watch?v=xP4s-Cw6bb8
https://www.youtube.com/watch?v=hOF6WCFm42c
https://www.youtube.com/watch?v=y9LnGQZNNAI

: Bearbeitet durch User
von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Joachim B. schrieb:
> egal, es gab Allströmer SW TV

Das sollte ja auch nicht bestritten sein.

Die Masse war aber trotz P-Röhren wohl nicht darauf ausgelegt, sondern 
waren reine Wechselstromgeräte, bei denen man lediglich den Trafo 
eingespart hat.

> auch wenn die nicht jeder kennt, bei Farbe
> bin ich ja konform, die gab es nur noch mit Röhren und Trafos für AC

Wobei mir in meinem Teil der Welt praktisch nur noch die mit einer Röhre 
übern Weg gelaufen sind. ;-) (Raduga hatten wir nicht.)

von Achim B. (bobdylan)


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"Ich brauch Strom!" "Kommt gleich!"

Einer der Gründe, warum man sich für Wechselstrom entschieden hat, war, 
dass die Leute es leid waren, dass der Strom erst "gleich" zur Verfügung 
stand, und nicht sofort.

von Joachim B. (jar)


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Jörg W. schrieb:
> Wobei mir in meinem Teil der Welt praktisch nur noch die mit einer Röhre
> übern Weg gelaufen sind. ;-)

wobei ich die Bezeichnung Röhre bei der CRT nicht so passend finde, sie 
hat nur wenig röhrenartiges prozentual von ihrer Masse! :-))))

von Johannes R. (oa625)


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Ich hatte in meiner frühen Jugend (50-er Jahre) einen 
Allstrom-Mittelwellensuper "Oberhof" im Bakelit-Gehäuse:
https://www.radio-bastler.de/forum/showthread.php?tid=1142
allerdings mit der dicken UCH11 und UEL51 und mit "eisenlosem" 
Allstrom-Netzteil.
Die versenkten Gewindestifte zur Befestigung der Bedienelemente waren 
(teilweise?) zur Isolierung mit einer Art Knete überdeckt, weil das 
Chassis samt Bedienelementen Netzspannung führen konnte.
Interessant war die Schaltung:
U(C)H11: Oszillator und Mischer
UC(H)11: ZF-Verstärker
UE(L)51: rückgekoppeltes Audion zur Demodulation der ZF
U(E)L51: Endstufe

Der Vorteil dieses Konzeptes:
Das Audion arbeitet immer auf der gleichen Frequenz und deshalb muss die 
Rückkopplung kaum nachgestellt werden.

Gruß
Johannes R.

von Ingo W. (uebrig) Benutzerseite


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Johannes R. schrieb:
> Interessant war die Schaltung:

Gab es etwas später auch fertig, als "Zaunkönig"
https://www.aireradio.org/riviste_estere/FunkG_13-14/n.210_13b.pdf
(im PDF etwas runterscrollen, ist das zweite vorgestellte Gerät).

von Peter D. (peda)


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Johannes R. schrieb:
> Interessant war die Schaltung:
> U(C)H11: Oszillator und Mischer
> UC(H)11: ZF-Verstärker
> UE(L)51: rückgekoppeltes Audion zur Demodulation der ZF
> U(E)L51: Endstufe

Superhet mit Rückkopplung habe ich auch noch nie gesehen.
Allstromsuperhets kenne ich nur mit UCH11, UBF11 und UCL11.
Radios mit U-Röhren der 80-er Serie habe ich keine gehabt.

Ich hatte mal einen Einröhrenradio mit der UEL51 gefunden. Typisch für 
Audions war der Quetscherdreko an der Seite oder hinten. Der hatte 2 
Statorpakete gegenüber, war quasi ein kapazitives Potentiometer.

Radios mit Röhren der 11-er Serie hatten in der Regel auch keinen 
Dauermagneten am Lautsprecher. Die Erregerspule war gleichzeitig die 
Siebdrossel.

: Bearbeitet durch User
von Peter D. (peda)


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Joachim B. schrieb:
> Mein Fernseher SABA Schauinsland T704 von 1956 ist ebenfalls ein
> allstromer. Auf der rückwand steht drauf für gleich und wechselstrom!

Das dürfte aber die Ausnahme gewesen sein. Da müßte ein hoher 
Schaltungsaufwand in die Stabilisierung gesteckt worden sein.

Die älteren Vollröhren-TV kenne ich so, daß die Regelungen nicht 
sonderlich stabil waren. Bei Unterspannung lief das Bild und wurde 
kleiner.
Sie wurden daher oft mit einem Stelltrafo betrieben. Bei dem ersten TV 
meiner Eltern war unter 200V das Bild nicht mehr zu fangen.

Das Problem bei Allstrom war ja nicht nur die Stromart, sondern auch, 
daß es oft nur 110V waren. Bei Radios wurde dann der Heizkreis auf 
2*100mA parallel umgeschaltet und die Lautstärke war deutlich geringer.

Der erste DDR-TV (Rembrandt) war mit E-Röhren und hatte einen dicken 
Heiztrafo. Der war als Spartrafo gebaut, d.h. konnte die 110V/127V auf 
220V für die Anodenspannung transformieren. 110V Netze waren noch 
verbreitet. Ich meine, im HO/Konsum noch 110V Birnen gesehen zu haben.

Ich hatte auch ein Radio mit Heiz-Spartrafo, d.h. mit direkter 
Netzverbindung und 110/127/220V Wahlschalter.

von Joachim B. (jar)


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Peter D. schrieb:
> Da müßte ein hoher
> Schaltungsaufwand in die Stabilisierung gesteckt worden sein.

hoher Aufwand war im Kapitalismus nie ein Problem, wenn ich an den 
Philips K6 denke, das war hoher Aufwand!
Oder andere SW mit Kabel oder Ultraschall Fernbedienungen und 
Motordrehwähler.
https://www.youtube.com/watch?v=zPM4cWvCt5I
https://www.youtube.com/watch?v=nd6Vfm3O8T4
https://www.youtube.com/watch?v=picmP5-MknY
https://www.youtube.com/watch?v=en_Csrse4oI

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Joachim B. schrieb:
> hoher Aufwand war im Kapitalismus nie ein Problem

Solange man $KUNDE findet, der es zu bezahlen gewillt ist. ;-)

von Joachim B. (jar)


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Jörg W. schrieb:
> Solange man $KUNDE findet, der es zu bezahlen gewillt ist. ;-)

auch wenn man nicht gewillt ist das zu bezahlen,
Ich besuchte die Wandlitzsiedlung, dort war auch aller möglicher Luxus 
verbaut und bestimmt wollte das nicht jeder für Honi & Co erarbeiten.
In Kanton China im 5 Sterne Hotel '89 auch armdicke Kabelbündel zu den 
Bakelitschaltern nur damit im Nachttisch das Raumlicht geschaltet werden 
konnte.

Luxus gabs immer überall nur nicht für jeden.

von U. B. (Gast)


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Anfangs war das eben oft zweckmässig:
Die ersten elektrischen Bahnen hatten Reihenschlussmotoren, die bei
Wechselstrom stärkeres Kollektorfeuer gehabt hätten.
(Deswegen wurde später, um die Spannung transformieren zu können,
und trotzdem nicht soviel Bürstenfeuer zu haben, vielfach 15 2/3 Hz
als Bahnfrequenz gewählt).
Aktuell, und wohl bis auf weiteres, fahren ganze Reihe von Bahnen mit 
DC:
Ausser Strassen-, U- und Stadtbahnen z.B. der ICE-3 in
Holland mit DC (mit 1500 V und daher dort mit reduzierter Leistung).

von Harald W. (wilhelms)


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Achim B. schrieb:

> "Ich brauch Strom!" "Kommt gleich!"
>
> Einer der Gründe, warum man sich für Wechselstrom entschieden hat, war,
> dass die Leute es leid waren, dass der Strom erst "gleich" zur Verfügung
> stand, und nicht sofort.

Je nach Zeitpunkt der Einschaltung dauert es aber gerade bei Wechsel-
spannung einige Millisekunden, bis ausreichend Spannung vorhanden ist.

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