Forum: HF, Funk und Felder VNA 1-Port Kalibrierung ohne Match


von Thomas W. (thomas_80)


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Hallo zusammen,

nun hab ich solange gesucht, bis nun die letzte Klarheit aber so richtig 
verschwunden ist. Desegen die Frage an euch:

Wie (genau) kann man einen VNA als 1-Port ohne Match kalibrieren?

Zum Setup: Bis zum Kabelende (hier RG42) kann ich normal 
Open-Short-Match kalibrieren. Von hier schließt sich ein Wellenleiter 
mit ca. 45 cm Länge an, an dessen Ende eine Stoffprobe vermessen wird. 
An deren Stelle kann auch ein Open oder Short realisiert werden. Aber 
jedoch kein Match. Wie kann ich nun bis zum Ende des Wellenleiters 
kalibrieren? Frequenzbereich ist maximal. 1...2 GHz

Kennt jemand eine Anleitung oder ähnliches, die mir hier Hilfe geben 
kann?


Besten Dank :)
VG Thomas

von Ralph B. (rberres)


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Meines Wissens garnicht.

Ist das RG42 ein 50 Ohm Kabel ? Ich habe kein Datenblatt gefunden.

Wenn es ein 50 Ohm Kabel ist, dann müsste der nachfolgende Wellenleiter 
entweder exakt die gleiche Impedanz besitzen , wie das RG42 oder der 
Wellenleiter müsste für die interessierende Frequenz eine elektrische 
Länge von exakt Lmabda/halbe besitzen. Nur dann wird am Ende des 
Wellenleiters auch 50 Ohm zu sehen sein.

Wenn das Kabel keine 50 Ohm hat, und sie Länge von Lambda/halbe 
abweicht,
transformiert der Wellenleiter die 50 Ohm an der Schnittstelle zu dem 50 
Ohm Kabel in eine  andere Impedanz am anderen Ende des Wellenleiters.

Im übrigen ist es so das ein Koaxkabel welches eine elektrische Länge 
von lambda/viertel, Lmabda/ dreiviertel, Lambda fünfviertel usw. besitzt 
einen Leerlauf in einen Kurzschluss am anderen Ende des Kabels 
transformiert und umgekehrt. Stichwort Stubs.

Will man dieses Verhalten des Aufbaus herauscalibrieren, bleibt meines 
Wissens nichts anderes übrig als die 50 Ohm am Ende des Wellenleiters 
auch anzuschließen.

Ralph Berres

von Thomas W. (thomas_80)


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Natürlich hat der Wellenleiter auch 50 Ohm wie das Kabel (RG402, sorry 
Schreibfehler)

Es ist Teil einer Messkette daher die Notwendigkeit der Kalibrierung so 
weit wie möglich bis an das Bauteil heran. Auf exake Lambda/halbe, 
viertel usw... kann ich keine Rücksicht nehmen, da breitbandig gemessen 
wird. Es handelt sich hier nicht um Antennen o.ä.

Alles was hilft den Messfehler bzw. die Messunsicherheit irgendwie zu 
reduzieren ist willkommen :)

von Ralph B. (rberres)


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sofern der Wellenleiter nicht sehr lange ist und wirklich die selbe 
Impedanz hat als das RG402 würde ich am Ende des RG402 mit Open Short 
und Match calibrieren, und die Länge des Wellenleiters und damit die 
Zeitverzögerung berücksichtigen. Dann bestehen gewisse Chancen, das man 
nicht komplett daneben liegt. Das funktioniert aber nur, wenn die 
elektrische Länge des Wellenleiters noch klein gegenüber der Wellenlänge 
der angelegten Frequenz ist. bei 2 GHz wäre die Wellenlänge 15cm * den 
Verkürzungsfaktor des RG402 das sind vermute ich mal 0,82 wenn es PTFE 
ist.

Ralph Berres

von HF-Messer (Gast)


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Thomas W. schrieb:
> Alles was hilft den Messfehler bzw. die Messunsicherheit irgendwie zu
> reduzieren ist willkommen

Grundsätzlich ist es richtig so wie von Ralf beschrieben: soviel wir 
möglich mit Open/Short/Load kalibrieren und den Rest über 
Phasenverschiebung ("Port Extension" o.ä.) rausrechnen. Schau erstmal, 
was dann bei Open/Short am Wellenleiter herauskommt ... bei geringer 
Einfügedämpfung des Wellenleiters sollte das tauglich sein. Die nötige 
Länge kannst du leicht herausfinden, wenn du breitbandig die Phase von 
S11 mit Open oder Short am Wellenleiter anschaust.

Manche VNA können dort zusätzlich auch noch einen Amplitudenoffset 
rausrechnen, zusätzlich zum Phasenoffset, falls nötig.

Je nach VNA gibt es auch eine 1-Port Normalisierung auf einen Open oder 
Short anstatt Open/Short/Load aber das ist nur sinnvoll wenn VNA und 
Zuleitung bereits unkalibriert gut angepasst sind.

von Thomas W. (thomas_80)


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Danke Ralph, aber lass mal gut sein.

Die Länge der Zuleitung ist (in üblichen Grenzen) egal. Deswegen 
Kalibriert man ja. Beliebeige vielfach von 2*Pi (Phase) + 
Dämpfungseigenschaften. Selbst Impedanzsprünge auf der Zuleitung sind 
dann herausgerechnet. Grundlagen findet man in Büchern und im WWW. 
Darüber soll hier NICHT diskutiert oder gemutmaßt werden.

Nochmal kurz zur Aufgabe (ausführlich oben beschrieben):
- Methode für  max. 1..2 GHz gesucht
- Wellenleiter ca. 45 cm Länge
- KEIN Match möglich, nur Open und Short

Auch wenn keine Exakte Kaibrierung möglich ist, wie weit kann man den 
Messfehler einschränken?

Falls jemand ne Anleitung, Beispiele oder Whitepaper dazu kennt, wäre 
ich sehr dankbar.

Edit: HF-Messer, deine Antwort kam zeitgleich. Klingt interessant... :)

: Bearbeitet durch User
von HF-Messer (Gast)


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Thomas W. schrieb:
> - Wellenleiter ca. 45 cm Länge

Beschreib den Wellenleiter doch mal genauer ... je nachdem wieviel 
Reflektion der Übergang von Coax auf den Wellenleiter hat und je nach 
Dämpfung des Wellenleiters müsste man unterschiedlich vorgehen.

Wenn der Wellenleiter sehr verlustbehaftet ist und man einen schlechten 
Übergang vom Coax rausrechnen MUSS könnte man ggf auch mit einem sehr 
langen Wellenleiter als Load improvisieren.

Um überhaupt eine Einschätzung zu bekommen erstmal wie oben beschrieben: 
auf Coaxebene SOL-Kalibrierung, dann Phase des Wellenleiter 
"herausdrehen" und im Smithchart schauen, wie gut du beim OPEN bzw. 
SHORT herauskommst. Je nach Ergebniss muss es dann ggf. aufwändiger 
gelöst werden (z.B. 2-Port TRL Kalibrierung)

von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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Thomas W. schrieb:
> Wie (genau) kann man einen VNA als 1-Port ohne Match kalibrieren?

Wie andere schon sagten: Wenn Kalibrierung die volle 
Vektor-Fehlerkorrektur bedeutet, dann gar nicht. Man kann allerdings mit 
einem Open oder Short die S11-Messung nach Betrag und Phase normieren.

HF-Messer schrieb:
> Grundsätzlich ist es richtig so wie von Ralf beschrieben: soviel wir
> möglich mit Open/Short/Load kalibrieren und den Rest über
> Phasenverschiebung ("Port Extension" o.ä.) rausrechnen.

Man muss mit Hohlleitern allerdings etwas aufpassen: Die herkömmliche 
Port Extension per elektrischer Länge bzw. Delay geht von einer 
nichtdispersiven Leitung aus (Ausbreitungskonstante proportional zur 
Frequenz). Das ist für Hohlleiter nicht erfüllt. Müsste man schauen, ob 
das über den interessierenden Frequenzbereich eine brauchbare Näherung 
ist.

Manche VNA haben auch Offset-Modelle für nicht-TEM-Leitungen in der 
Firmware eingebaut. Wenn nicht, könnte man das auch offline rechnen.

von Ralph B. (rberres)


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wenn es sich wirklich um einen Hohlleiter handeln sollte,
Ein reflexionsfreien Abschluss eines Hohlleiters ist nichts anderes als 
z.B. leitfähigen Schaumstoff, welches sich am Ende des Hohlleiters 
befindet.

Die Anpassung des Koaxkabels an den Hohlleiter ist dann das was man 
optimieren muss.

Ralph Berres

: Bearbeitet durch User
von Bernd (Gast)


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Thomas W. schrieb:
> Von hier schließt sich ein Wellenleiter
> mit ca. 45 cm Länge an, an dessen Ende eine Stoffprobe vermessen wird.
> An deren Stelle kann auch ein Open oder Short realisiert werden.
Kannst du deine Anordnung 'verdoppeln'? Also an den Wellenleiter wieder 
einen Übergang auf Koax. Wenn dann noch die Länge des Wellenleiters 
angepasst werden kann, kannst du eine TRL-Kalibrierung machen und genau 
auf das Ende vom ursprünglichen Wellenleiter kalibrieren.

von Thomas W. (thomas_80)


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Danke für alle Hinweise. Zur Klarstellung, bitte streicht das Wort 
Hohlleiter - es handelt sich um einen koaxialen Wellenleiter!

Zum genaueren Aufbau:
RG402 - Koppelstelle - koaxialer Wellenleiter - ca. 20x20mm² freie 
Kontakte/Probe

An Eingang des koaxialen Wellenleiters sehe ich per 
Time-Domain-Reflectometrie ca. 2...5% Reflektion. Das ist voll 
akzeptabel.

Das offene Ende des Wellenleiters bzw. da zusätzlich die 20x20mm² freien 
Zuleitungen im S11 angeschaut ergibt über die Frequenz einen wellig 
fallenden Verlauf von 0dB (kHz) bis zu -3...5 dB bei etwa 2 GHz. 
Jenachdem was an den offenen Zuleitungen vorn noch dran und drumrum ist, 
gibts noch einen schmalbandigen Einbruch um etwa -10 dB. Dies würde ich 
nun gern irgendwie Rausrechnen...


Thomas

von HF-Messer (Gast)


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Thomas W. schrieb:
> An Eingang des koaxialen Wellenleiters sehe ich per
> Time-Domain-Reflectometrie ca. 2...5% Reflektion. Das ist voll
> akzeptabel.

Du meinst für den Übergang selbst, ohne Berücksichtung der Leitung 
davor/dahinter? Klingt für mich auch akzeptabel, aber ...

> ergibt über die Frequenz einen wellig
> fallenden Verlauf von 0dB (kHz) bis zu -3...5 dB bei etwa 2 GHz.

... wenn der Frequenzgang wellig ist, dann gibt es doch eine 
Fehlanpassung. Du hast leider die Randbedingungen bei dieser Messung 
nicht beschrieben, ob da schon auf Coaxebene kalibriert war. Daher kann 
man auch die 3-5dB nicht zuordnen (Grundkaliberung VNA fehlt? Dämpfung 
Coax? Dämpofung Wellenleiter?)

Mit der TDR-Messung kannst du aber sehr einfach die Wellenwiderstände 
von Coax und deinem Wellenleiter messen. Was kommt dabei heraus? Gern 
mit Bildern.

Du müsstet es schon SYSTEMATISCH angehen, sonst wird das nix. Eine 
1-Port Kalibrierung ohne Load/Match gibt es nicht, wohl aber die oben 
genannte TRL-Kalibrierung beim symmetrischen 2-Port. Das kann aber nicht 
jeder VNA, weil es 4 Sampler erfordert, und die Frage ob du deinen 
Wellenleiter "verdoppeln" kannst für eine 2-Port-Kalibrierung hast du 
nicht beantwortet.

von Thomas W. (thomas_80)


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HF-Messer schrieb:
> Du meinst für den Übergang selbst, ohne Berücksichtung der Leitung
> davor/dahinter?

Natürlich! Bis zum Ende der RG402-Leitung wurde eine OSM-Kalibrierung 
per SAM-Stecker/Kalibriernormale durchgeführt(siehe erster Post).

Danach wird anstelle der Normale ein kurzes Stück RG402 angeschraubt, 
welches fest mit dem Wellenleiter verbunden ist. Darauf hin ergeben sich 
im TDR (Lin Mag) 3 Peaks:
1. bei 0 ns - erst bei 100%, mit Festschrauben des SMA nahezu 
verschwunden
2. bei ca. 1 ns -  2..5% und dem Übergang RG402-Wellenleiter zuzuordnen
3. bei ca. 8 ns - ca. 80% dem Ende des Wellenleiters zuzuordnen, 
verwaschener Peak

Die Länge des Wellenleiters lässt sich nicht verdoppeln. Auch ist dieser 
technischt auf diese Länge festgelegt. Auch bleibt es eine 1-Port 
Messung, da nur am Eingang des Wellenleiters (nicht Ausgang, dort wo die 
Probe sich befindet) ein definierter Anschluss (SMA) realisier werden 
kann. Am Ausgang kann lediglich ein Open oder Short mit ca 20 mm langen 
freien Leitungen improvisiert werden.

Verwendet wird ein R&S ZVB8, falls das hilfreich ist.

: Bearbeitet durch User
von Ralph B. (rberres)


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Erst handelt es sich um einen Wellenleiter mit 45cm Länge ,dann um einen 
Wellenleiter von 20*20mm mit freien Spitzen.

Irgendwie ist der Aufbau nicht ganz klar.

mache mal ein Foto von dem Messaufbau insbesonders von dem Wellenleiter 
mit angeschlossenen Prüfspitzen, und bemaße das mal ungefähr, damit man 
überhaupt mal weis worüber wir reden.

Ralph Berres

von Ralph B. (rberres)


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Das hat sich jetzt überschnitten.
Was passiert, wenn du statt den beiden 2cm freien Leitungen ein 50 Ohm 
SMD Widerstand anschließt?

Wie sieht es da mit Reflektionen aus? Damit liese sich der Wellenleiter 
selbst mit eincalibrieren.

Die beiden 2cm langen freie Leitungen lassen sich schwerlich mit 
reincalibrieren, diese müssten erstens so konstruiert sein , das dessen 
Impedanz sich nicht ändert, wenn sich die Umgebungseinflüsse ändern, was 
vermutlich nicht möglich ist.

Diese freien Drahtenden werden vermutlich auch eine andere Impedanz 
haben als 50 Ohm, welche zudem nicht konstant ist. Somit wird dieses 
Leitungsstück die Impedanz am Ende des Wellenleiters in ein unbekannte 
Impedanz am Ende der freien Leitungen transformieren, und das auch noch 
Frequenzabhängig.

Ralph Berres

von HF-Messer (Gast)


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> Verwendet wird ein R&S ZVB8, falls das hilfreich ist.

Dann schau mal bei den Offset-Parametern, dort kannst du zusätzlich zur 
Kalibrierung (Coaxebene) noch Amplituden- und Phasenoffset angeben.

https://www.rohde-schwarz.com/webhelp/zvb_html_usermanual_en/system_overview/calibration/power_calibration_introduction.htm#Offset

von HF-Messer (Gast)


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Ralph B. schrieb:
> Diese freien Drahtenden werden vermutlich auch eine andere Impedanz
> haben als 50 Ohm

Mit seiner TDR-Messung lässt sich das prüfen. Und wenn man diese 
Leitungsparameter kennt könnte man sie notfalls auch extern de-embedded.

Das ist alles nicht soooo schwer, wenn man eine Lösung finden will. Die 
Aufgabenstellung ist nicht ungewöhnlich.

von Thomas W. (thomas_80)


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HF-Messer schrieb:
>> Verwendet wird ein R&S ZVB8, falls das hilfreich ist.
>
> Dann schau mal bei den Offset-Parametern, dort kannst du zusätzlich zur
> Kalibrierung (Coaxebene) noch Amplituden- und Phasenoffset angeben.
>
> 
https://www.rohde-schwarz.com/webhelp/zvb_html_usermanual_en/system_overview/calibration/power_calibration_introduction.htm#Offset

Danke, schau ich mir mal an.


@ Ralph Berres: Danke für dein Engagemant, aber lass es dendlich gut 
sein! Der Aufbau ist wie er ist, da nützt auch kein was wäre wenn... Es 
ist alles ausreichend genau beschrieben worden. Bitte ließ sorgfältig! 
Hohlleiter, Spitzen, usw... Das sind alles Erfindungen deinerseits die 
nichts mit der Frage zu tun haben und verwirren alle Mitlesenden.

Die Kernfrage war ob zu dem beschriebenen Problem Anleitungen, 
Witepapers oder ähnliches bekannt sind. Über derartige Hinweise bin ich 
weiterhis sehr dankbar.

: Bearbeitet durch User
von HF-Messer (Gast)


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Wie gesagt, die "saubere" Lösung die wir in der HF-Messtechnik für sowas 
wählen ist die Erweiterung zum 2-Port, gegen die du dich sträubst.

Thomas W. schrieb:
> Auch bleibt es eine 1-Port
> Messung, da nur am Eingang des Wellenleiters (nicht Ausgang, dort wo die
> Probe sich befindet) ein definierter Anschluss (SMA) realisier werden
> kann.

... und das baut man spiegelbildlich nochmal hintendran und schon hat 
man einen 2-Port, den man sauber in der Ebene deines Messobjekts 
kalibrieren kann.

Man nimmt mehrere Anordnungen auf Basis deines jetzigen Aufbaus, damit 
man diesen sauber herauskalibrieren kann.

So funktionieren viele nicht-coaxiale Kalibrierverfahren, z.B. wenn man 
Bauteile auf einem PCB vermisst mit TRL-Kalibrierung.

Deine gesuchte Null-Aufwand-Wunderlösung gibt es nicht, auch wenn es dir 
schwerfällt das zu akzeptieren. Viel Erfolg!

von Ralph B. (rberres)


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Thomas W. schrieb:
> @ Ralph Berres: Danke für dein Engagemant, aber lass es dendlich gut
> sein! Der Aufbau ist wie er ist, da nützt auch kein was wäre wenn... Es
> ist alles ausreichend genau beschrieben worden. Bitte ließ sorgfältig!
> Hohlleiter, Spitzen, usw... Das sind alles Erfindungen deinerseits die
> nichts mit der Frage zu tun haben und verwirren alle Mitlesenden.

Dein Wunschdenken wird ein unerfüllter Wunsch bleiben.

Du bist einfach nicht willig der Realität ins Auge zu schauen.

Irgendwelche Konstruktionen mit undefinierten und vor allem auch nicht 
konstanten Parameter kann man nicht wirkungsvoll calibrieren. Man muss 
entweder den Messaufbau optimieren, oder damit leben.

Und noch was die Annahme das es ein Hohlieter ist kam nicht von mir.

Ich halte mich jetzt zurück. Denn dein Problem muss mich nicht wirklich 
interessieren.

von Thomas W. (thomas_80)


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HF-Messer schrieb:
> Wie gesagt, die "saubere" Lösung die wir in der HF-Messtechnik für sowas
> wählen ist die Erweiterung zum 2-Port, gegen die du dich sträubst.

Danke HF-Messer, nur zu gern würde ich darauf zurückgreifen, doch der 
Wellenleiter ist eine Spezialanfertigung und hat bereits ca. 5.000€ 
verschungen. Einen zweiten zu erstellen ist finanziell nicht drin.

Daher die Frage nach Alternativen ober besser gesagt nach Kompromissen, 
insbesondere Messfehler zu kennen und wo möglich zu kompensieren. 
Exaktes Kalibrieren fällt aus, so schade es auch ist.

Ich mache mal eine Skizze zum Aufbau, obwohl viel neues dabei nicht 
rauskommen wird...

von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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Thomas W. schrieb:
> Verwendet wird ein R&S ZVB8, falls das hilfreich ist.

Der hat neben der üblichen Port Extension (einstellbar als elektrische 
oder mechanische Länge bzw. Delay zusammen mit einem optionalen 
Verlustfaktor) eine "Fixture Compensation"-Funktion. (Channel -> Offset 
-> Fixture Compensation).

In dem Fixture-Compensation-Dialog kann man die Option "Direct 
Compensation" anhaken. Dann wird keine globale elektrische Länge bzw. 
Delay verwendet, sondern für jeden Frequenzpunkt eine Korrektur nach 
Betrag und Phase genommen. Das ganze geht mithilfe einer 
Normierungsmessung mit Open- und/oder Short-Standards. Siehe Handbuch 
Seite 504.

Das ist praktisch das gleiche, als wenn Du den Reflexionsfaktor Deiner 
offenen oder kurzgeschlossenen koaxialen Luftleitung misst, das ganze 
S_11^ref nennst, und dann Deine Messung per
korrigierst. Wenn man S_11^ref mit einem Kurschluss misst, bekommt man 
einen zusätzlichen Phasenfaktor exp(iπ)=-1, d.h. man muss das untere 
Vorzeichen nehmen. Das geht natürlich auch per Trace Math, die "Direct 
Compensation"-Funktion kümmerst sich praktischerweise automatisch um das 
Vorzeichen.

Besser als das wirst Du es nicht bekommen, denn für ein echtes 
De-Embedding der Luftleitung müsstest Du deren S-Matrix kennen, d.h. 
drei (komplexe) Parameter, wenn man annimmt, dass sie reziprok ist. Das 
ist nicht zu bewerkstelligen, wenn Du nur zwei Standards (Open/Short) an 
einem Ende messen kannst. Das Gleichungssystem ist dann zwangsläufig 
unterbestimmt.

von HF-Messer (Gast)


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Thomas W. schrieb:
> Exaktes Kalibrieren fällt aus, so schade es auch ist.

Ja, das ist dann so.

> Daher die Frage nach Alternativen ober besser gesagt nach Kompromissen,
> insbesondere Messfehler zu kennen und wo möglich zu kompensieren.

Naja, verdächtig/bedenklich ist Welligkeit von der du berichtet hattest.

Eine mögliche Fehlanpassung des Wellenleiters wird nicht durch 
Kalibrierung entfernt, also müsstest du schauen ob man Wellenwiderstand 
und Länge anders ermitteln kann. Entweder Messung oder Simulation. Für 
die Messung per TDR dürfte bei dieser kurzen Länge die Bandbreite des 
ZVB8 nicht ausreichen, aber versuch es vielleicht mal.

Wenn man die Parameter des Wellenleiters bestimmt hat würde ich 
persönlich den im Postprocessing herausrechnen (im Simulator negative 
Länge vor das Messergebnis kaskadieren).

Was wir Leser hier nicht einschätzen können ist die "Qualität" deines 
Open/Short am Ende des Wellenleiters, denn irgendwelche verlässlichen 
Referenzpunkte braucht man selbst für einfaches De-Embedding. Oft ist 
der Short idealer realisierbar als ein Open. Aber da hilft dann 
vermutlich seine Skizze, das einzuschätzen.

von Thomas W. (thomas_80)


Angehängte Dateien:

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Hier mal die Prinzipsskizze. Ich schaue mal, och ich noch was vom 
Analysator beisteuern kann...

das voranstehende klingt vielversprechend, habs aber erst überflogen... 
;)

von Thomas W. (thomas_80)


Angehängte Dateien:

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Anbei ein Screenshot von VNA (die Mems entsprechen dem offenen 
Zuleitungskabel nach dessen Kalibrierung)

und vom Wellenleiter-Ende mit schnell improvisieren Short

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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>Anleitung, Beispiele oder Whitepaper dazu

HP hat natürlich etwas dazu, hier von 1997
https://www.hpmemoryproject.org/an/pdf/an_1287-3.pdf
https://www.hpmemoryproject.org/an/pdf/an_1291-1.pdf

da gibts noch ein paar Kapitel zu VNAs
https://www.hpmemoryproject.org/ressources/resrc_an_05.htm

von Bernd (Gast)


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Hat es Gründe, warum der Wellenleiter dazwischen ist?
Vielleicht kannst du dir auch einen Match aus zwei gegenüberliegenden 
100 Ohm-SMD-Widerständen bauen.
Die Frage ist auch, wie genau die Messung werden muß und ob absolute 
Messwerte gefragt sind, oder nur relative Veränderungen...

von Thomas W. (thomas_80)


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Bernd schrieb:
> Hat es Gründe, warum der Wellenleiter dazwischen ist?

Ja - es werden HF-elektrische Charakterisierungen bei über 1000°C 
angestrebt.
Unter der Annahme, dass sich der Aufbau bei wiederholten Heizzyklen 
ähnlich (konstant) verhält, könnte man nacheinander Short und Messobjekt 
vermessen.
Ein Zyklus ist etwa 5h.

Relative Veränderungen zu bestimmen ist gängig, die Frage ist jedoch, ob 
man mit etwas mehr Signaltheorie noch etwas mehr Genauigkeit herausholen 
kann.

: Bearbeitet durch User
von Hp M. (nachtmix)


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Thomas W. schrieb:
> und vom Wellenleiter-Ende mit schnell improvisieren Short

Du meinst wohl "mit einer improvisierten Antenne".

von Thomas W. (thomas_80)


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Mal der Versuch das bisherige (auch Links) zusammenzufassen:
- Vollständige 1-Port Kalibrierung nur/mindestens mit OSM
- es gibt die Möglichkeit auf Kompensation/Normalisierung zur 
Fehlerreduktion als Kompromiss


Kompensation/Normalisierung:
- Short ist besser herzustellen bzw. definerter als Open
- eliminiert Amplituden- und Phasenfehler über Freuenz
- nicht eliminiert wird Fehlanpassung und Übersprechen
- kann im VNA eingestellt oder nachträglich errechnet werden
- dabei gilt:


Noch was wichtiges vergessen?

: Bearbeitet durch User
von Bernd (Gast)


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Thomas W. schrieb:
> Noch was wichtiges vergessen?
Prinzipiell kannst Du die komplette Umgebung in einer EM-Simulation 
nachstellen und damit die fehlenden Parameter bestimmen. Das geht 
natürlich nur, wenn die nötigen Materialkonstanten (und der geometrische 
Aufbau) bekannt sind.

Thomas W. schrieb:
> Charakterisierungen bei über 1000°C
Und da seid ihr an der SMA-Verbindung schon wieder weit genug runter mit 
der Temperatur?

von Bernd (Gast)


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P.S.: Was mir gerade auffällt: Deine Gabelkonstruktion zum Halten der 
Probe dürfte schon weit unterhalb von 2 GHz eine merkliche Fehlanpassung 
hervorrufen.

Und weiter: In welcher Größenordnung liegt die Impedanz der üblichen 
Messobjekte?

von HF-Messer (Gast)


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Hp M. schrieb:
> Thomas W. schrieb:
>> und vom Wellenleiter-Ende mit schnell improvisieren Short
>
> Du meinst wohl "mit einer improvisierten Antenne".

Ja, einen Short auf diese Art zu realisieren funktioniert noch bei 10 
MHz, aber nicht bei 2GHz. Das sind schätzungsweise 5nH und damit 60 Ohm 
Blindanteil @ 2 GHz. Weit weg vom "Kurzschluss".

Der Kurzschlußpfad ist viel zu lang und zu schlecht kontaktiert. Du 
kannst diesen Drahtbügel ersetzen durch zusammengeknüllte Alufolie, die 
flächig und auf kurzen Weg den Innen- und Außenleiter verbindet.

von HF-Messer (Gast)


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Nachtrag: beim Blick auf die Prinzipskizze sehe ich auch nicht, was 
dagegen spricht, an der Spitz anstelle der Probe einen 50 Ohm-Widerstand 
zu montieren.

Die räumliche Ausdehnung des Widerstandes macht etwas Induktivität, aber 
diese ist bei der Probe ebenfalls vorhanden und würde - wenn man's 
richtig macht - bei der Kalibrierung herausfallen. Dazu müsste diese 
Extralänge zwischen den Spitzen im Match und Short gleichermassen 
vorhanden sein. Also zwei Widerstände (0 Ohm und 50 Ohm) in gleicher 
(kleiner) Bauform plus Open.

von Hp M. (nachtmix)


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HF-Messer schrieb:
> Der Kurzschlußpfad ist viel zu lang und zu schlecht kontaktiert

Wenn dieser ausgeglühte "Wellenleiter" innen auch so aussieht wie 
aussen, dann ist die Dämpfung wahrscheinlich so hoch, dass fast immer 
Anpassung herrscht, egal, was man am Ende anschliesst.
Ich habe hier gerade den Wellensumpf eines X-Band Hohlleiters vor mir 
liegen, und dieser Ferritkeil ist gerade mal 4cm lang und 1cm dick.

von Ralph B. (rberres)


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HF-Messer schrieb:
> Ja, einen Short auf diese Art zu realisieren funktioniert noch bei 10
> MHz, aber nicht bei 2GHz. Das sind schätzungsweise 5nH und damit 60 Ohm
> Blindanteil @ 2 GHz. Weit weg vom "Kurzschluss".
>
> Der Kurzschlußpfad ist viel zu lang und zu schlecht kontaktiert. Du
> kannst diesen Drahtbügel ersetzen durch zusammengeknüllte Alufolie, die
> flächig und auf kurzen Weg den Innen- und Außenleiter verbindet.

HF-Messer schrieb:
> Nachtrag: beim Blick auf die Prinzipskizze sehe ich auch nicht, was
> dagegen spricht, an der Spitz anstelle der Probe einen 50 Ohm-Widerstand
> zu montieren.
>
> Die räumliche Ausdehnung des Widerstandes macht etwas Induktivität, aber
> diese ist bei der Probe ebenfalls vorhanden und würde - wenn man's
> richtig macht - bei der Kalibrierung herausfallen. Dazu müsste diese
> Extralänge zwischen den Spitzen im Match und Short gleichermassen
> vorhanden sein. Also zwei Widerstände (0 Ohm und 50 Ohm) in gleicher
> (kleiner) Bauform plus Open.

Hp M. schrieb:
> Wenn dieser ausgeglühte "Wellenleiter" innen auch so aussieht wie
> aussen, dann ist die Dämpfung wahrscheinlich so hoch, dass fast immer
> Anpassung herrscht, egal, was man am Ende anschliesst.

Du sprichst mir aus der Seele.

Ganz genau das ist auch meine Meinung.
Einen SMD Widerstand zwischen den Drahtenden zu klemmen wollte ich ihm 
schon lange vorschlagen.
Aber der TO will das ja von mir nicht hören statt dessen kommen 
Kommentare wie lass mal gut sein.
Insofern habe ich mir den Vorschlag verkniffen.

Aber ich klinke mich hier jetzt endgültig aus.

von HF-Messer (Gast)


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Ralph B. schrieb:
> Einen SMD Widerstand zwischen den Drahtenden zu klemmen wollte ich ihm
> schon lange vorschlagen.
> Aber der TO will das ja von mir nicht hören

Ja, da fehlt die Begründung. Vielleicht hat er sich vorgenommen, die 
Kalibrierung bei den >1000°C vorzunehmen, anstatt vorab bei 
Raumtemperatur.

von Thomas W. (thomas_80)


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Hallo zusammen, hier ein paar Antworten auf eure Rückfragen:

HF-Messer schrieb:
> Vielleicht hat er sich vorgenommen, die
> Kalibrierung bei den >1000°C vorzunehmen, anstatt vorab bei
> Raumtemperatur.

Exakt. So ist es. Um den Text nicht in der Länge explodieren zu lassen, 
ließ ich bisher das "Warum" weg und beschreibe, was möglich/nicht 
möglich ist.


Bernd schrieb:
> Und da seid ihr an der SMA-Verbindung schon wieder weit genug runter mit
> der Temperatur?
Ja, die liegen auf Raumtemperatur und werden temperaturüberwacht. Wir 
arbeiten in Vakuum mit thermischen Wärmeschilden dazwischen. Deswegen 
auch der kanpp 50cm lange Wellenleiter.


Bernd schrieb:
> In welcher Größenordnung liegt die Impedanz der üblichen
> Messobjekte?
50 Ohm bei elektromechanischen Bauteilen (SAW-Resonatoren u.a.)

HF-Messer schrieb:
> Du kannst diesen Drahtbügel ersetzen durch zusammengeknüllte Alufolie, die 
flächig und auf kurzen Weg den Innen- und Außenleiter verbindet.
Danke. Gute Idee. Die Drahtbrücke war schnell improvisiert um den 
Screenshot vom NVA nicht an open oder noch undefinierterem zu bekommen.

von Thomas W. (thomas_80)


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Vielleicht noch ein Hinweis auf die Prioritäten:

1. Wir sind froh, wenn wir überhaupt bei 1000°C einen stabilen 
elektrischen Kontakt herstellen können!!!

2. Wenn dann noch HF-Signale durchkommen, um einen NVA sinnvoll zu 
betreiben, sind wir doppelt glücklich. Hier könnte man auch nachträglich 
auf den Messdaten Signaltheoretisch arbeiten und "aufhübschen".

3. Alles was noch an Wissen hilft, den Messfehler zu beschreiben ist 
willkommen. Daher auch der Thread um Kalibrierung, Kompensation, 
Normalisierung usw... ohne Match. Wir haben so viele generelle 
Herausforderungen, sodass wir und nicht im idealisierte Fragestellungen 
kümmern können. Auch wenn das natürlich wünschenswert wäre, um 
tatsächlich Kalibrieren zu können.

4. Den Aufbau bei RT zu vermessen, hilft nur theoretisch, solange es 
unklar ist, wie sich dieser bei 1000°C dann verhält. Wir sehen definitiv 
Längenänderungen im mm-Bereich und Änderungen von der 
Dielektrizitätszahl und des Verlustfaktors des Dielektrikums. Bei den 
Leitern erwarten wir lediglich eine leichte Änderung des spez. 
Widerstands. Korrosion u.a. wird duch das Arbeiten in Vakuum und der 
Verwendung von HT-Metalllegierungen effektiv unterdrückt.

von Ralph B. (rberres)


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Thomas

Ich würde dein Messproblem einfach mal der Fa. Rohde&Schwarz schildern. 
Von dieser Fa. stammt ja auch der VNA.

Da gibt es mit Sicherheit Spezialisten, die dir weiter helfen können.

Sie können dir zumindest auf Grund deines geschilderten Sachverhaltes 
sagen, was geht und was nicht.

Ob es die Beratung allerdings zum Nulltarif gibt weis ich nicht.

Hier im Forum wird es wenn überhaupt nur wenige Leute geben, die 
abschätzen können, in wie weit sich eine Kalibrierung bei Raumtemperatur 
ändert, wenn man plötzlich die Sache in Vakuum bei größer 1000°Celsius 
aussetzt.

Viel Glück

Ralph Berres

von Thomas W. (thomas_80)


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Ralph, danke für die freundlichen Worte.

Das Schreiben hier im Forum hat bereits sehr gut geholfen, etwas Ordnung 
in das zu bekommen, was man eigentlich weiss, aber doch nicht auf den 
Punkt bringen kann. Dazu noch wertvolle Erfahrungen und Tips.

Mit R&S sind wir tatsächlich im guten Kontakt, auch wenn es etwas Glück 
bedarf, jemand zu bekommen, der für derartige nicht-ganz-übliche-Fragen 
einen Nerv (und Zeit) frei hat.

Als Forscher/Entwickler steckt man leider viel zu oft zu tief in der 
eigenen Suppe. Daher ist auch der Austausch hier im Forum sehr 
erfrischend und hilfreich. Die Lösung an sich, müssen wir schon selbst 
finden, das ist klar :)

von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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Thomas W. schrieb:
> Hier mal die Prinzipsskizze. Ich schaue mal, och ich noch was vom
> Analysator beisteuern kann...

Kannst Du es irgendwie erreichen, auf den Draht am Ende der 
Koaxialleitung zu verzichten, die Probe also direkt am Ende im Inneren 
der Leitung unterzubringen? Das Kurze Stück Draht wird sicherlich eine 
merkliche Fehlanpassung hervorrufen und reflektieren.

Vielleicht ist es hilfreich, sich an dieser Stelle einmal über die 
Fehlereinflüsse Gedanken zu machen. Das Fehlermodell für einen Port 
sieht als Signalflussgraph so aus:

https://www.mariohellmich.de/projects/sma-cal-kit/img/one-port-resid-err.png

Das gemessene S_11, wenn das DUT einen Reflexionsfaktor Gamma hat, ist 
also
letztere Näherung ergibt sich aus einer Taylor-Entwicklung. Dabei ist 
E_DF der Direktivitätsfehler, E_SF der Port-Match-Fehler, und E_RF der 
Tracking-Fehler.

Den Tracking-Fehler kannst Du durch Normalisierung praktisch vollständig 
eliminieren (also in der oben beschriebenen Form, mit der 
Direct-Compensation-Funktion, bzw. durch S_11^meas/S_11^ref). Was also 
dominiert ist der Direktivitätsfehler, wenn Deine Probe in der Nähe von 
50 Ohm ist, d.h.
Den Port-Match-Fehler kann man dann in erster Näherung vergessen.

Daher wäre es sicher sinnvoll, die Fehlanpassung durch das Drahtende zu 
vermeiden, sofern Du nicht am Ende der Koaxialleitung kalibrieren kannst 
(bei 1000 °C im Vakuum kann man das wohl vergessen).

Also: Bis zum SMA-Stecker OSM-kalibrieren, ab da Normieren auf einen 
Kurzschluss an der Stelle der Probe, und versuchen, die Fixierung der 
Probe reflexionsfrei zu gestalten.

Auch wird es sich sicher lohnen, einen möglichst idealen Short zu 
basteln. Also vielleicht eine Scheibe mit Loch in der Mitte, die auf das 
Leiterende aufgeschoben werden kann, und den Außenleiter auf dem ganzen 
Umfang gut kontaktiert (den Innenleiter natürlich auch).

Übrigens enthält dieses Papier eine kurze und übersichtliche 
Zusammenfassung der 1-Port-Kalibrierung und der Bewertung der "Residual 
Errors":

https://www.cenam.mx/sm2010/info/pjueves/sm2010-jp03d.pdf

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Wie präzise soll das ganze denn werden?
Früher (TM) (zur Zeit des HP8410) musste man vor allem die Leitungslänge 
herauskompensieren, das geschah mit einer "Posaune" (Leitung 
veränderlicher Länge) im Referenzzweig. Alle anderen Fehler gingen 
sowieso in den Toleranzen des Messaufbaus unter.

von Thomas W. (thomas_80)


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Mario H. schrieb:
> Kannst Du es irgendwie erreichen, auf den Draht am Ende der
> Koaxialleitung zu verzichten, die Probe also direkt am Ende im Inneren
> der Leitung unterzubringen?

Das wäre absolut wünschenswert und würde einige Probleme ersparen. Aber 
leider nein. Die zu messenden Proben sollen möglicht reversibel und 
reproduzierbar gemessen werden. Dazu besitzen diese elektrische 
Kontaktflächen, die leider nicht mit den Abmessungen des Wellenleiters 
zusammenpassen. Deswegen sind "ungeschützte" Zuleitungen erstmal nicht 
zu vermeiden. Wir haben schon versucht, das so kompakt wie möglich zu 
gestalten. Schließlich glüht bei 1000°C alles orange-rot und eine zu 
filigrane Gestaltung würde da einfach in sich zusammenfallen.

Mario H. schrieb:
> Das gemessene S_11, wenn das DUT einen Reflexionsfaktor Gamma hat, ist
> also...

Mega Danke für die Zusammenstellung und die Links. Großartig! Sowas in 
der Art habe ich gesucht. Nun muss ich mich hier erstmal durcharbeiten.
Mario, du hast was gut bei mir!!! :)

: Bearbeitet durch User
von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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Thomas W. schrieb:
> Mega Danke für die Zusammenstellung und die Links. Großartig! Sowas in
> der Art habe ich gesucht. Nun muss ich mich hier erstmal durcharbeiten.

Gern. Nur habe ich leider keine wirklich gute Idee, wie man den 
dominierenden Direktivitätsfehler in Deinem Fall vernünftig 
quantifizieren könnte.

Was man eventuell machen könnte, um einen Eindruck zu bekommen, ist 
einen 50 Ohm-Match anstelle der Probe anzuschließen, ohne dass die 
Vorrichtung in den Ofen gesteckt wird. Die Kalibrierung und Normierung 
sollte man dann auch im kalten Zustand vornehmen. Dann ist idealerweise 
Gamma = 0, und gemäß der Formel in 
Beitrag "Re: VNA 1-Port Kalibrierung ohne Match" bekommt man
Das würde zumindest einen Eindruck von den Größenordnungen liefern. Man 
muss sich nur sicher sein, dass der Widerstand auch bei 2 GHz noch 
ausreichend nahe bei 50 Ohm ist.

In koaxialen Medien kontrolliert man die Größenordnung der 
Direktivitäts- und Port-Match-Fehler gern mit genauen Luftleitungen, die 
mit Präzisionskurzschlüssen oder Terminierungen abgeschlossen werden. 
Dann kann man aus einem Ripple-Plot auf die Größe der Fehler schließen:

https://www.maurymw.com/pdf/datasheets/5C-026.pdf
https://www.mariohellmich.de/projects/sma-cal-kit/img/airline.jpg

Das kommt hier ja leider nicht infrage.

von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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Noch eine Idee: Eine vollständige OSM-Kalibrierung im kalten Zustand am 
Ende der koaxialen Leitung vornehmen, mit möglichst guten selbst 
gebauten Kalibrierstandards. Dann bei der Messtemperatur eine Normierung 
mit Direct Compensation mittels Short (bzw. mit -S_11^meas/S_11^ref) 
vornehmen. Diese würde dann die Änderungen durch Wärmedehnung und 
Veränderung der dielektrischen Eigenschaften kompensieren.

Die Frage ist, was am Ende genauer sein wird.

von Josef L. (Gast)


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HF-Messer schrieb:
> die Kalibrierung bei den >1000°C vorzunehmen

Dann sollte eigentlich die Short-Messung mit Alufolie nicht geeignet 
sein - Alu hat einen Schmelzpunkt von nur 660°C. Das mindeste wäre 
Kupfer (1085°C), besser Nickel (1455°C) oder Chrom (1907°C) / Vanadium 
(1910 °C) oder ein entsprechender Stahl, aber Stähle haben sehr 
unterschiedliche Schmelzpunkte.

Was jetzt für eine Kalibrierung günstiger ist, ein Objekt in der Form 
des Testobjekts aus Vollmetall, oder ein möglichst schlankes Objekt, das 
die Enden der Zuleitungen in dem Abstand ausfüllt, den sonst das 
Testobjekt benötigt, bei sonst gleichen Zuleitungslängen, sollten besser 
andere beantworten.

Auch glaube ich nicht, dass man für eine zusätzliche KOAD-kalibrierung 
einen geeigneten 50-Ohm-Widerstand in den benötigten Abmessungen / 
Formfaktor findet, der die 1000°C aushält. Aber vielleicht doch ein 
Schichtwiderstand auf Porzellanträger, ohne Lackierung? Er muss ja nicht 
dafür ausgelegt sein, wenn er es doch tut! Der ganze Aufbau ist ja doch 
wohl experimentell?

von Ralph B. (rberres)


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Es stellt sich mir die Frage ob man diesen ganzen Aufbau nicht bei 
Zimmertemperatur und normalen Luftdruck mit einen 50 Ohm SMD Widerstand 
am Ende des Aufbaues kalibrieren sollte und man den Fehler, der bei dem 
tatsächlichen Einsatz unter Vakuum und 1000° Temperatur übrig bleibt, 
einfach toleriert. Auch stellt sich die Frage wie groß der verbleibende 
Fehler überhaupt ist.

Ralph Berres

von Josef L. (Gast)


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Ralph,

ich nehme an diese 45-/50cm Koaxleitung ist hohl, Inneleiter nur mit 
Keramikstützen oder so; trotzdem gibt es da bei 1000° nicht nur die 
Längenausdehnung, die je im Millimeterbereich sein soll, sondern auch 
die Durchmesser von Innen- und Außenleiter vergrößern sich im heißen 
Bereich um einige Prozent. Wenn aber das Durchmesserverhältnis gleich 
bleibt, ändert sich der Wellenwiderstand ja nicht, man könnte die 
Kalibrierung also auch bei Raumtemperatur mit einer um die 
Längenausdehnung bei 1000° verlängerten Messleitung durchführen.

von Ralph B. (rberres)


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Josef L. schrieb:
> ich nehme an diese 45-/50cm Koaxleitung ist hohl, Inneleiter nur mit
> Keramikstützen oder so; trotzdem gibt es da bei 1000° nicht nur die
> Längenausdehnung, die je im Millimeterbereich sein soll, sondern auch
> die Durchmesser von Innen- und Außenleiter vergrößern sich im heißen
> Bereich um einige Prozent.

Es wäre wirklich mal interessant zu erfahren, wie groß der Fehler durch 
diese Parameteränderung denn tatsächlich ist.

Es könnte ja durchaus sein, das die Fehler durch die Änderung der 
Koaxleitung so gering ist, das die dadurch verursachten Messfehler noch 
tolerabel sind. Das würde eine Kalibrierung des gesamten Aufbaues doch 
erheblich vereinfachen. Oder hat er es mit realen Rückflussdämpfungen 
von 40db und höher zu tun, die er messen will?

Ralph Berres

von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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Ralph B. schrieb:
> Es könnte ja durchaus sein, das die Fehler durch die Änderung der
> Koaxleitung so gering ist, das die dadurch verursachten Messfehler noch
> tolerabel sind.

Bei 2 GHz sind 1 mm Mikrostreifenleitung schon ca. 4,3° 
Phasenverschiebung, und 1 mm Koaxialleitung mit Teflon-Dielektrikum und 
10 mm Außendurchmesser ca. 3,5°. Das merkt man, besonders wenn man das 
S_11 z.B. auf Impedanzen umrechnet. Im Fall des TOs dürfte noch mehr 
hinzukommen, da sich bei den Temperaturen auch Materialeigenschaften 
merklich ändern.

> Das würde eine Kalibrierung des gesamten Aufbaues doch
> erheblich vereinfachen. Oder hat er es mit realen Rückflussdämpfungen
> von 40db und höher zu tun, die er messen will?

Es werden ja komplexe Größen gemessen, dabei geht nicht nur um den 
Betrag der Rückflussdämpfung.

Mal abgesehen davon könnte man auch bei vollständiger OSM-Kalibrierung 
an der kalten Leitung relativ einfach den Tracking-Fehler (durch 
Ausdehnung der Leitung, etc.) wie in 
Beitrag "Re: VNA 1-Port Kalibrierung ohne Match" gesagt nach Betrag 
und Phase korrigieren. Warum sollte man darauf verzichten?

Das Problem bei einer OSM-Kalibrierung an der Stelle, wo die Probe 
sitzt, sehe ich eher bei der Fringing-Kapazität des Opens. Die wird man 
wahrscheinlich nicht vernachlässigen können, und irgendwie abschätzen 
bzw. messen und dann korrigieren müssen. D.h. man müsste passende 
Cal-Kit-Korrekturparameter ermitteln.

Und weiter, wie man am Ende zuverlässig die Unsicherheit der Messung 
abschätzt. Wenn das eine wissenschaftliche Arbeit ist, wird man darauf 
sicherlich Wert legen.

von Thomas W. (thomas_80)


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Mario H. schrieb:
> wie man am Ende zuverlässig die Unsicherheit der Messung
> abschätzt. Wenn das eine wissenschaftliche Arbeit ist, wird man darauf
> sicherlich Wert legen.

Genau darum geht es. Abzuschätzen bzw. zu ermitteln, wie hoch die 
Messunsicherheiten sind. Dies wird selbstverständlich messtechnisch 
(z.B. Vergleich Short Heiss/Halt) aber auch theoretisch versucht 
systematisch einzugrenzen.

Die zu chrakaterisierenden Proben befinden sich in einer Art 
"Fensterrahmen" bzw. flacher Schale, ca. 10x10x3 mm. Dies ist leider so 
vorgegeben. Die elektrischen Anschlüsse liegen etwa an den 
gegenüberliegenden Seiten. Das ganze liegt dann wiederum in einem 
Keramikträger, der den Wellenleiter aufnimmt und die Anschlüsse über ca. 
10mm freie Leitbleche herstellt. Für die 1000°C schon arg an der Grenze 
dessen, was mechanisch möglich ist.

Als Short kommen aktuell zwei Varianten in Frage:
a) der gesamte "Fensterrahmen" wird durch ein Metallplättchen ersetzt

b) im Fensterrahmen sind die Anschlüsse durch einen Platin-Bonddraht 
direkt verbunden. Dies bringt aber schonmal ca. 1.5 Ohm Widerstand mit 
sich. Ist aber am dichtesten am realen Messaufbau, da die Proben später 
duch Pt-Bonds darin kontaktiert sind.

: Bearbeitet durch User
von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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Thomas W. schrieb:
> Als Short kommen aktuell zwei Varianten in Frage:
> a) der gesamte "Fensterrahmen" wird durch ein Metallplättchen ersetzt
>
> b) im Fensterrahmen sind die Anschlüsse durch einen Platin-Bonddraht
> direkt verbunden. Dies bringt aber schonmal ca. 1.5 Ohm Widerstand mit
> sich. Ist aber am dichtesten am realen Messaufbau, da die Proben später
> duch Pt-Bonds darin kontaktiert sind.

Bonddraht klingt nach dünn, also hohe Induktivität. Wenn man den Short 
als ideal voraussetzen will, sollte man darauf achten, dass für die 
Normalisierung seine Induktivität nicht zu hoch wird.

Nimmt man mal über den Daumen gepeilt 10 nH pro 10 mm an (sollte man für 
die reale Drahttdicke nachrechnen), bekommt man aus
bei 2 GHz unter Vernachlässigung der 1,5 Ohm Wirkwiderstand eine 
Phasenverschiebung von
da
wenn ich mich auf die Schnelle nicht verrechnet habe. Für den idealen 
Short bekommt man arg(-1)=180°.

Da fehlt nicht mehr viel, und so ein Short sieht aus wie ein Open.

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