Forum: Platinen Lötbarkeit von Sn mit Nickel-Sperrschicht?


von Zweifler (Gast)


Lesenswert?

Hallo zusammen,
verzinnte Pins (Pins aus Zinnbronze, beschichtet mit 5 um Reinzinn) 
sollen verlötet werden (Zinnblei-Lot). Ein mögliches Problem: unter der 
Zinnschicht befindet sich eine Nickel-Sperrschicht.
Könnte dies den Lötprozess negativ beeinflussen?
Grüße!

von ●Des|ntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


Lesenswert?

Nickel lässt sich Löten.
das zeigt sich bei jedem Akkupack mit Nickelfähnchen

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Solange das Nickel nicht auf dem Zinn ist, warum sollte das die 
Lötfähigkeit beeinträchtigen? ;-) Nickelblech lässt sich aber auch 
löten, wird ja gern für Akku-Fahnen benutzt.

Wobei ich keine Ahnung habe, warum man für Zinn eine Diffusionssperre 
haben möchte. Ich kenne sowas nur für Gold, denn das diffundiert sonst 
ratz-batz ins Kupfer.

von Xerxes (Gast)


Lesenswert?

Zinn und Kupfer bilden eine nicht-lötbare Intermetallische Phase.
Diese wächst recht schnell "ins Zinn" . Ist das geschehen kann das 
Bauteil nicht mehr verlötet werden.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


Lesenswert?

Bei Leiterplatten mit ENIG- bzw. NiPAu-Oberfläche dient die Goldschicht 
primär dazu, die für die eigentliche Lötverbindung verwendete 
Nickelschicht vor Korrosion zu schützen. Das Gold löst sich dabei 
während des Lötvorganges im Zinn und gibt dann die saubere Nickelschicht 
frei. Es handelt sich somit um eine Art Symbiose: das Gold schützt die 
Nickeloberfläche und das Nickel schützt das Gold vor der Diffusion ins 
Kupfer.

Bei vergoldeten Oberflächen, z.B. für Steckkontakte, sieht das etwas 
anders aus. Diese sollen ja im Allgemeinen nicht gelötet werden, sondern 
längerfristig korrosionsbeständig sein. Dort wird auch eine 
Nickelschicht eingesetzt, aber eben ausschließlich als Diffusionssperre 
für das Gold.

Bei sehr alten unbestückten Leiterplatten sieht man manchmal, wie das 
Gold langsam, aber sicher im Kupfer verschwindet.

von Harald W. (wilhelms)


Lesenswert?

●DesIntegrator ●. schrieb:

> Nickel lässt sich Löten.
> das zeigt sich bei jedem Akkupack mit Nickelfähnchen

Vielleicht verwechselt das der TE mit Chrom. Das lässt sich nur
schlecht oder garnicht löten.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Xerxes schrieb:
> Zinn und Kupfer bilden eine nicht-lötbare Intermetallische Phase.

OK, das Detail hatte ich nicht mehr in Erinnerung.

von Zweifler (Gast)


Lesenswert?

Hallo und vielen Dank für die Antworten!
Der Hintergrund der Geschichte ist:
Man (unsere Produktion) ist beim Verlöten davon ausgegangen, dass die 
Pins normal verzinnt wurden und hat die Prozessparameter entsprechend 
eingestellt. Die technische Überprüfung hat aber dann eine ungenügende 
Verbindung zwischen Draht und Pin ergeben. In einem Labor wurde 
festgestellt, dass weder eine Diffusion stattgefunden, noch 
intermetallische Verbindungen entstanden sind. Bei der metallografischen 
und einer EDX Untersuchung wurde eine 2 µm Nickel (kein Chrom) 
Sperrschicht festgestellt.
Also die Materialien wurden eindeutig über EDX identifiziert, incl. 
reines Zinn auf der Oberfläche.
Nun ist man am Rätseln, ob das Problem an der Ni-Sperrschicht liegt oder 
eine andere Ursache hat. Das Labor stellt leider nur fest, unterlegt mit 
könnte, möglicherweise, eventuell, usw...

Grüße!

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Gibt es denn kein vorgeschriebenes Lötprofil vom Hersteller?

von Xerxes (Gast)


Lesenswert?

Hallo.
Alle Kupferteile, die wir verlöten, haben unbedingt eine 
Nickelsperrschicht zwischen Kupfer und Zinn. Nur dann klappt das Löten 
zuverlässig.
Wenn das Zinn alt und zu warm/feucht gelagert wurde bildet sich viel 
Zinnoxid welches durch ein sehr aggressives Flußmittel gelöst werden 
muss.
Wenn das Flußmittel nicht passend dafür ist klappt die Lötung nicht.

von Harald W. (wilhelms)


Lesenswert?

Zweifler schrieb:

> Nun ist man am Rätseln, ob das Problem an der Ni-Sperrschicht liegt oder
> eine andere Ursache hat.

Das ist dann aber eindeutig ein Problem, was kein Elektronik-Forum
lösen kann. Dazu braucht man Spezialisten für Metallurgie. Mög-
licherweise findest Du solche Leute bei der BAM in Berlin. Dort
hat man mir z.B. mal geholfen, als ich wissen wollte, wie man
testet, ob sog. sauerstofffreies Kupfer wirklich sauerstofffrei ist.

von ●Des|ntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


Lesenswert?

Xerxes schrieb:
> Alle Kupferteile, die wir verlöten, haben unbedingt eine
> Nickelsperrschicht zwischen Kupfer und Zinn. Nur dann klappt das Löten
> zuverlässig.

was ist mit reinen Kupferdrähten oder anderen Teilen,
die keine Nickelschicht haben?

das klingt ja fast so als könnte man diese nicht verlöten

von Christian B. (luckyfu)


Lesenswert?

Man muss hier dringend unterscheiden. Es gibt Chemisch Zinn als 
Oberflächenpassivierung des Kupfers auf der LP. dieses ist für Finepitch 
geeignet und deutlich günstiger als chemisch Nickel Gold. Allerdings ist 
es nicht sehr haltbar, somit nur zu gebrauchen, wenn die Platinen keine 
langen Lagerzeiten überstehen müssen vorm Bestücken. Es braucht auch 
keine Nickelschicht darunter soweit mir bekannt ist, sonst hieße es ja 
chemisch Nickel Zinn. Dann gibt es während der Fertigung im selektivem 
Aufkupferungsprozess am Ende als Ätzresist galvanisch aufgetragenes 
Zinn. Das lässt sich überhaupt nicht löten und muss wieder chemisch 
entfernt werden (Der Vorgang heißt Strippen). Dann gibt es das 
Sogenannte Hot Air Leveling (HAL) wo die ganze Fertigungsplatine in ein 
Lotbad getaucht und anschließend mit heißer Luft durch sogenannte 
Luftmesser das überschüssige Lot wieder entfernt wird. Das lässt sich 
natürlich problemlos löten, hat aber Schwierigkeiten bei Fine pitch und 
QFN / BGA Bauteilen, da die aufgetragene Lotdicke sehr ungleichmäßig 
ist.

Welche Zinnschicht zur Passivierung Nickel benötigt weiß ich nicht, ich 
kenne so ein Verfahren nicht. Wenn Kupfer und Zinn ohne Nickel eine 
derartig beschriebene, unlötbare intermetallische Phase ausbilden 
würden, währe ein Reworking bestehender Lötverbindungen ja auch 
unmöglich, dort würde das ja dann ebenfalls passieren. Ich denke, Xerxes 
verwechselt da was.

von Xerxes (Gast)


Lesenswert?

Hallo.
Kupferoxid kann man nicht löten .
Das bedeutet ,das reine Kupferdrähte oder Kupferteile vor dem Löten 
chemisch oder mechanisch behandelt werden müssen ( Abschleifen, 
passendes Flußmittel etc.)

Wie gesagt, jedes Bauteil mit Kupferanschlüssen hat bei uns eine 
Nickelsperrschicht um das Wachstum der Intermetallischen Phase zu 
verhindern.
Ausnahmen davon sind z.B. THT-Bauteile (Spulen etc.) die mittels 
Tauchverzinnung behandelt wurden.

Alte Bauteile bei denen sich die Phase ausgebildet hat bzw. das Zinn 
oxidiert ist lassen sich ohne Nacharbeit nicht prozesssicher 
verarbeiten. Diese werden von unserer Fertigung abgelehnt und nur im 
Notfall nach gründlicher Prüfung der Lötbarkeit verarbeitet.
THT-Teile werden teilweise neu verzinnt.

Händische Nacharbeit / Handlöten etc. ist eine ganz andere Geschichte.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Christian B. schrieb:
> Dann gibt es während der Fertigung im selektivem Aufkupferungsprozess am
> Ende als Ätzresist galvanisch aufgetragenes Zinn. Das lässt sich
> überhaupt nicht löten und muss wieder chemisch entfernt werden (Der
> Vorgang heißt Strippen).

War früher Standard für durchkontaktierte Platinen. Kann man schon auch 
löten, aber schwer, nur mit ausreichend Flussmittel. Einige meiner 
Platinen meines ersten Computers sind so aufgebaut (Handfertigung im 
Chemielabor der Uni :).

Hier im Thread ging's aber nicht um die Platine, sondern um 
Bauteilanschlüsse.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.