Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Functional Safety Programmierung


von Alexander M. (a_lexander)


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Hallo Zusammen,

Ich hab mich leider bisher noch nicht mit dem Thema Programmierung 
"Funktionale Sicherheit" auseinandersetzen können, umso besser, dass es 
jetzt dann der Fall ist...
Meine Vorgehensweise war bisher bei verschieden anderen 
Programmier-Projekten eigentlich "immer": im WWW nach passenden 
Programmier-Beispielen suchen (& diese evtl. adaptieren aufs eigene 
Projekt), Videos schauen,... und so das Wissen aneignen.
Leider fehlen mir aber genau diese Informationen im Bezug "Funktionale 
Sicherheit". Es gibt z. B. keine (für mich passenden) YT-Videos, die 
genau solche Beispiele einfach mal nachprogrammieren... Genau so z. B. 
auf Udemy. Lediglich die Konzepte werden hier vermittelt, aber nicht die 
Programmierung am realen uC.

Meine Fragen sind hier:
1. Warum ist das so?
--> zu schwer?
--> zu speziell?
--> NDAs bei FuSi Packages, (z. B. STM) und somit keine Chance einer 
Veröffentlichung der Videos?

2. Wie habt ihr eure ersten Projekte mit FuSi programmiert? Learning by 
doing + regelmäßige Absprache mit der Zertifizierungsstelle? Workshops? 
Das muss doch auch einfacher gehen...

Grüße

von Air force one (Gast)


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Mein erstes "fusi" Projekt. Flugsteuerung. 3 Teams, 3 verschiedene 
Hardwaren, 3 verschiede Compiler. Das System fällt immer eine 2 von 3 
Entscheidung. Dazwischen tausende Reviews mit den fusi Managern.

von Egal (Gast)


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FuSi ist doch eher ein formaler Prozess und weniger ne 
Programmieraufgabe - für die Programmierung heißt's doch eher Reviews 
gegen formale Kriterien, hohe Testabdeckung und ein geeignetes 
Vorgehensmodell. Für die Entwicklung halt Tests schreiben auf Coverage, 
statische Codeanalyse, klar definierte Toolchains und je nach 
Safety-Integrity-Level entsprechende Maßnahmen.

von Purzel H. (hacky)


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Bevor man irgendwelche Reviews macht, sollte man doch die Methoden um 
diese Sicherheit zu erreichen kennnen.

von Lerninstructor (Gast)


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Alexander M. schrieb:
> Lediglich die Konzepte werden hier vermittelt, aber nicht die
> Programmierung am realen uC.

Eben, Sicherheit ist ein Konzept, das gesamte System muss darauf 
ausgelegt sein. Man kann keine Sicherheit (nachträglich) 
'reinprogrammieren' oder Unsicherheit Komplett 'raustesten'.

Wenn man eben das Gefährdungspotential durch Softwarebugs im 
mikrocontroller vermeiden will, dann meidet man eben Mikrocontroller und 
ersetzt die durch weniger komplexe Lösungen. (Handvoll Transistoren).

von Lerninstructor (Gast)


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Lerninstructor schrieb:
> Alexander M. schrieb:
>> Lediglich die Konzepte werden hier vermittelt, aber nicht die
>> Programmierung am realen uC.
>
> Eben, Sicherheit ist ein Konzept, das gesamte System muss darauf
> ausgelegt sein. Man kann keine Sicherheit (nachträglich)
> 'reinprogrammieren' oder Unsicherheit/bugs Komplett abschliessend 'raustesten'.
>
> Wenn man eben das Gefährdungspotential durch Softwarebugs im
> mikrocontroller vermeiden will, dann meidet man eben Mikrocontroller und
> ersetzt die durch weniger komplexe Lösungen. (Handvoll Transistoren).

von Lerninstructor (Gast)


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Shit, es sollte heissen:

Man kann keine Sicherheit (nachträglich) 'hinein programmieren' oder 
Unsicherheit/bugs komplett abschliessend 'raus testen'.

von Purzel H. (hacky)


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Die zu vermeidenden Zustaende sollten moeglichst frueh bekannt sein. Und 
die Mechanismen dazuu ebenso.

von Julius (Gast)


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Als erstes solltest Du recherchieren, ob es für Deine Anwendungen Normen 
gibt die zum Beispiel Softwaresicherheitsstufen definieren. Je nach SIL 
Stufe legen solche Normen Arbeitsweisen fest. Wer darf welche Aufgabe 
erledigen, dürfen unterschiedliche Aufgaben von den selben Leuten 
erledigt werden.

z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Sicherheitsanforderungsstufe
für die Bahn gibt es eigene Normen 50128, 50129

In solchen Normen wird definiert was Du wie programmieren darfst, und es 
werden Empfehlungen hinsichtlich der Programmiersprache gegeben. Wählst 
Du C darfst du nur ein Subset der Sprache benutzen. z.B. Dynamische 
Speicherverwaltung ist verboten. Das ignorieren von Rückgabewerten ist 
verboten. Je nach SIL-Stufe ist die Verwendung mehrerer Task verboten. 
Es gibt also auch Aspekte die Du bei der Programmierung berücksichtigen 
musst.

von Julius (Gast)


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Ansonsten sollte man sich einen Stil der defensiven Programmierung 
aneignen.

von Julius (Gast)


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Und ja, eine frühzeitige Einbindung des Gutachters spart später einen 
Haufen Arbeit.

von Der Da (Gast)


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Lerninstructor schrieb:
> Shit, es sollte heissen:
>
> Man kann keine Sicherheit (nachträglich) 'hinein programmieren' oder
> Unsicherheit/bugs komplett abschliessend 'raus testen'.

Genau. Der größte Alptraum für Funktionale Sicherheit bei SW ist:

"Wir haben ja ein Funktionsmuster das Funktioniert, jetzt muß man nur 
noch die Sicherheit dazuprogrammieren. Das kann doch nicht so schwer 
sein.".
Doch das ist schwer bzw. nicht möglich. Wie die Vorschreiber schrieben, 
braucht es von Anfang an ein tragfähiges Konzept mit überprüfbaren 
Anforderungen, welches dann vorzugsweise durch alle Schritte im V-Modell 
durchgezogen wird. Und SW alleine kann niemals FunktionalSafety 
sicherstellen. Es braucht auch immer passende Hardware dazu.

Nicht ohne Grund gibts dafür Gesetze/Normen/Richtlinien. Mein Gefühl 
sagt, daß ein Youtube-Video dafür nicht ausreicht um KnowHow aufzubauen.

Gruß

von A. S. (Gast)


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Fusi hat 2 separate SW-Aufgaben:

A) die Funktionalität. Irgendwas überwachen, abschalten, ... . Die 
Funktion und Realisierung muss einfach und bekannt sein. Nicht fancy und 
kopiert.

B) die Diagnose des Prozessors und seiner Peripherie. Das kann recht 
aufwendig werden, ist individuell auf deine HW und deinen Prozess 
anzupassen.

Das erste ist quasi zu einfach für fertige Beispiele, das zweite zu 
individuell.

von DO178C (Gast)


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> Mein erstes "fusi" Projekt. Flugsteuerung. 3 Teams, 3 verschiedene
> Hardwaren, 3 verschiede Compiler. Das System fällt immer eine 2 von 3
> Entscheidung. Dazwischen tausende Reviews mit den fusi Managern.

I call BS. Wird schon seit Jahrzehnten nicht mehr so gemacht.

von Olaf (Gast)


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Ach komm Leute, der will euch nur verarschen. Niemand der derart
naive Fragen stellt und sein Wissen aus dem Internet zusammenklauen
muss ist auch nur im Ansatz dazu geeignet an einem SIL Projekt
mitzuarbeiten.

Olaf

von Patrick B. (p51d)


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Ernst gemeinte Frage: Wie gross ist dein Budget, Team, Zeit- und 
Nerven-Vorrat?

Wenn man von der Hardware aus aufbauend auch Firmware für funktionale 
Sicherheit bauen möchte, sind diverse TÜV Termine und sehr sehr viel 
Papierkram (z.B. FEMA, Safety requirement specification, Testing, 
zertifizierte Hardware / Compiler, ...) nötig. Und eine Einzelperson für 
das alles zu entwickeln ist schon die falsche herangehensweise.

Grundsätzlich ist die Norm 13849 hier auch sehr hilfreich / massgebend.

Wir haben jeweils die Hardware und Software der SPS-Hersteller genutzt 
und eine Sicherheitssteuerung damit programmiert. Aber auch hier war es 
einen enormen Aufwand!

von Cyblord -. (cyblord)


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Alexander M. schrieb:
> Meine Vorgehensweise war bisher bei verschieden anderen
> Programmier-Projekten eigentlich "immer": im WWW nach passenden
> Programmier-Beispielen suchen (& diese evtl. adaptieren aufs eigene
> Projekt), Videos schauen,... und so das Wissen aneignen.

Heißt für mich: Du kannst eigentlich gar nicht selbst entwickeln.  Darum 
nun deine Probleme.

von Martin S. (strubi)


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Moin,

mit dem Thema habe ich mich aus. Gruenden betr. Haftung 
auseinandergesetzt und zunaechst mal die aufwendigen Standards aussen 
vor gelassen, sonst braucht man mit out-of-the-box-Denken gar nicht 
anfangen.

Mein Fazit:

- Kritische Logik in (auch formal) verifizierbarer Hardware 
implementieren
- MISRA bringt wenig, da auch einem 'zertifizierten' C-Compiler einiges 
durch die Lappen geht. Klassiker: Uninitialisierte Hardware-Register.
- Anstatt in C in Ada oder Rust entwickeln (geht auch auf einem uC gut).

Wenns dann um Ausfall-Sicherheit und Fehlertoleranz geht, muss man 
weiter drillen und das ganze System in die Simulation stecken koennen, 
um alle moeglichen Fehlerszenarien durchzusspulen und mindestens formal 
zu beweisen, dass das System nicht bei Glitches oder nicht vorgesehenem 
Input irgend etwas unvorgesehenes tut. Das ist allerdings recht 
aufwendig.

Andererseits ist bei vielem Standardkram wie auch SIL furchtbar viel 
Farce involviert. Habe da schon einige SIL-3 zertifizerte Systeme auf 
dem Tisch stehen sehen, fuer die ich niemals (trotz TueV-Signet) die 
Hand ins Feuer legen wuerde, bei der CPU-Architektur schon angefangen.

So als Anekdote: In einer Firmware, die fuer die Sicherheit eines 
Geldkoffers zustaendig war, ist bei der Analyse u.a. (wie 
Klartext-codierte Keys) eine UART-Abfrage mit Endlos-While aufgetaucht. 
Deren Effekt: Ziehen der UART-Leitung auf Low fuer eine laengere Zeit 
(Anbohren der Platine...) haette den Watchdog ausgeloest und die 
Geschichte in den Reset gezwungen. Nach anfaenglichem 
Zertifikations-Geprolle wurde es von seiten der Entwickler dann ganz 
schnell still.
Ist zwar mehr Security als Safety, aber die Vorgehensweise dieselbe. Man 
muss schlussendlich die meist-moeglichen Zustaende des Systems 
abklappern.

von Peter D. (peda)


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Was nützt die beste SW-Sicherheit, wenn die Hardware spinnt. Sie nützt 
gar nichts.

Man muß sich auch Gedanken über die HW-Fehlermöglichkeiten machen, die 
genau aufschreiben und dann der Reihe nach implementieren und vor allem 
auch testen. Zum Test kann es notwendig sein, z.B. Drähte zu 
durchtrennen oder kurzzuschließen. Der Test muß also real erfolgen. Ein 
Testprogramm reicht nicht.

Ich unterteile die Programme immer in 2 Tasks. Die Control-Task macht 
die ganze Steuerung und die Error-Task übernimmt die ganze 
Fehlererkennung und zwingt bei Bedarf die Control-Task in einen sicheren 
Zustand zu gehen. Diese Zweiteilung sorgt dafür, daß man sich nicht 
verzettelt und Fehler einbaut.

Allgemein muß die Errortask davon ausgehen, daß sämtliche 
Eingangssignale korrumpiert sind. Sie muß also überprüfen, ob Grenzwerte 
überschritten werden, sie nicht zu stark schwanken, sie plausibel sind 
und auf Änderungen der Steuergrößen reagieren. Wenn z.B. ein Interlock 
schon ready meldet, obwohl die Kühlwasserpumpe noch stromlos ist, dann 
darf natürlich die Last nicht zugeschaltet werden.

Redundanz ist ein schönes Mittel, um Meßwerte glaubwürdiger zu machen. 
Redundante Sensoren bedeuten ja, daß der Hardwaredesigner den Meßwerten 
eine besonders hohe Bedeutung beimißt. Daher muß die Software diese auch 
besonders genau prüfen. Solche Schlamperei wie bei der 737 MAX, daß 
einer der Sensoren einfach nach dev/null gelesen wird, geht gar nicht.

von Alexander M. (a_lexander)


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Ah okay, Danke!

Ja so ungefähr dachte ich mir das auch... Nach bestem Wissen und 
Gewissen bzw. Normen programmieren, und gleichzeitig (wenn nötig) 
externe Unterstützung dazu holen (TÜV), der dann die Sicherheitsfeatures 
validieren kann.

Grüße

von Oliver S. (oliverso)


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Alexander M. schrieb:
> Ja so ungefähr dachte ich mir das auch... Nach bestem Wissen und
> Gewissen bzw. Normen programmieren, und gleichzeitig (wenn nötig)
> externe Unterstützung dazu holen (TÜV), der dann die Sicherheitsfeatures
> validieren kann.

Äh, völlig daneben. Wenn erst mal programmiert wird, muß alles Wichtige 
zum Thema schon erledigt sein. Macht aber nichts, du wirst es ja eh nie 
brauchen.

Oliver

von Lerninstruktor (Gast)


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Alexander M. schrieb:
> Nach bestem Wissen und
> Gewissen bzw. Normen programmieren, und gleichzeitig (wenn nötig)


O Gott was für eine Fachbanause 😱, naja das verschafft wenigstens der 
Grablegerbranche Konjunktur ⚰️⚰️⚰️

Besuch wenigstens einen Grundkurs über Risikobewertung und 
Gefärdungsminimierung .

> externe Unterstützung dazu holen (TÜV), der dann die Sicherheitsfeatures
> validieren kann.

Der wird bei dir nicht viel validieren, der checkt deine Qualifikation 
und Vorgehensweise (keine Risikobewertung zu beginn durchgeführt) und 
bricht dann die Zulassung als 'Hoffnungsloser Fall' ab.

von Marcus (Gast)


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Kann man Functional Safety Programmierung auch mit Arduino?

von Olaf (Gast)


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> Kann man Functional Safety Programmierung auch mit Arduino?

Klar! Das heisst dann A-SIL.

Olaf

von c-hater (Gast)


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Peter D. schrieb:

> Ich unterteile die Programme immer in 2 Tasks. Die Control-Task macht
> die ganze Steuerung und die Error-Task übernimmt die ganze
> Fehlererkennung und zwingt bei Bedarf die Control-Task in einen sicheren
> Zustand zu gehen.

Oha, das ist mutig. In der bitterbösen Realität ist es nämlich oft 
garnicht so einfach, aus jedem gegebenen Zustand in einen sicheren (oder 
zumindest sichereren Zustand zu wechseln.

Dazu kommt: Falsche Eingaben (Sensorfehler) können leicht dafür sorgen, 
dass die Software eine völlig falsche Vorstellung darüber hat, was 
eigentlich die aktuelle Situation ist...

Ein schönes Beispiel dafür, was da schon bei recht einfachen physischen 
Anlagen an Komplexität zusammenkommt, ist eine pneumatische 
Hebevorrichtung. Es gibt also eine Druckluftquelle, einen Zylinder und 
ein einfaches Ventil als Aktoren und einen Druckmesser und zwei 
Endschalter als Sensoren.

So und nun durchdenke mal alles, was die beiden oben geäußerten Gedanken 
für diese sehr primitive Anlage umreißen und versuche das mit deinem 
naiven Konzept umzusetzen...

Viel Spaß!

von Harald A. (embedded)


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Alexander M. schrieb:
> Ah okay, Danke!
>
> Ja so ungefähr dachte ich mir das auch... Nach bestem Wissen und
> Gewissen bzw. Normen programmieren, und gleichzeitig (wenn nötig)
> externe Unterstützung dazu holen (TÜV), der dann die Sicherheitsfeatures
> validieren kann.
>

Nach der Eingangsfrage und dieser ersten Antwort könnte man fast meinen, 
das wäre ein Trollbeitrag. Da Du ein angemeldeter Benutzer bist glaube 
ich das allerdings kaum. Wie die Vorredner schon sagten, Du kannst keine 
FuSi per Software erreichen, das ist schon im Ansatz völlig falsch 
gedacht. Auch dann nicht, wenn Du den TÜV dazu nimmst.

von Niklas G. (erlkoenig) Benutzerseite


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Der Da schrieb:
>>
>
> Genau. Der größte Alptraum für Funktionale Sicherheit bei SW ist:

In der Tat! Wichtig ist auch, dass von Anfang an alles dokumentiert ist, 
alle Bugs die aufgetreten & repariert sind, alle Anforderungen und 
Aufgabenpakete. Wenn man erstmal munter drauf los programmiert ohne 
irgendwas niederzuschreiben und dann der Prüfer nach dieser 
Dokumentation fragt, kann es spaßig werden.

von Fruchtgurke (Gast)


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Die TÜVs bieten mehrtägige Kurse in funktionaler Sicherheit an. Danach 
hat man ungefähr eine Ahnung was auf einen zukommt: organisatorische 
Maßnahmen, Anforderungsmanagement, Dokumentationsmanagement, HW
-Anforderungen, Diagnosen (HW-Selbstests), Auswahl ein-/mehrkanalig, 
Umgang mit den Normen, Berechnung der FIT Werte und SIL, SW Design, 
Validierung und Verifikation und, und, und ...

von Alexander M. (a_lexander)


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Harald A. schrieb:
> Alexander M. schrieb:
>> Ah okay, Danke!
>>
>> Ja so ungefähr dachte ich mir das auch... Nach bestem Wissen und
>> Gewissen bzw. Normen programmieren, und gleichzeitig (wenn nötig)
>> externe Unterstützung dazu holen (TÜV), der dann die Sicherheitsfeatures
>> validieren kann.
>>
>
> Nach der Eingangsfrage und dieser ersten Antwort könnte man fast meinen,
> das wäre ein Trollbeitrag. Da Du ein angemeldeter Benutzer bist glaube
> ich das allerdings kaum. Wie die Vorredner schon sagten, Du kannst keine
> FuSi per Software erreichen, das ist schon im Ansatz völlig falsch
> gedacht. Auch dann nicht, wenn Du den TÜV dazu nimmst.

Nein, kein Trollbeitrag ;) Da hast du Recht...

Nur leider
1. noch seehr wenig Ahnung von Funktionaler Sicherheit, deshalb die 
kompletten Einsteigerfragen ;)
2. wenig Ideen, wie ich an das Thema eigenständig herangehen kann.

FuSi nur mit Software zu erreichen war ja nie die Hauptfrage, sondern 
lediglich, wie eine funktional sichere SW aussehen soll. Z. B. Watchdog, 
zyklischer RAM-Test, etc...

Aber ich werde mich da vielleicht doch erstmal mit den prinzipiellen 
Konzepten vertraut machen, und dann mal weiterschauen ;)

Aber schon krass, wie extrem sich manche triggern lassen hier im Forum, 
weil einer eine doofe Frage bezüglich FuSi stellt :D...

Grüße

von Alexander M. (a_lexander)


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Fruchtgurke schrieb:
> Die TÜVs bieten mehrtägige Kurse in funktionaler Sicherheit an. Danach
> hat man ungefähr eine Ahnung was auf einen zukommt: organisatorische
> Maßnahmen, Anforderungsmanagement, Dokumentationsmanagement, HW
> -Anforderungen, Diagnosen (HW-Selbstests), Auswahl ein-/mehrkanalig,
> Umgang mit den Normen, Berechnung der FIT Werte und SIL, SW Design,
> Validierung und Verifikation und, und, und ...

Danke! Halt seehr teuer... Genau das hab ich gehofft finde ich gebündelt 
im WWW, aber wohl nicht so einfach und mit viel Recherche verbunden :D

: Bearbeitet durch User
von Fruchtgurke (Gast)


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Arbeite z.B. gründlich die Norm IEC 61508 durch. Da findest du die 
Antworten auf deine Fragen. Ohne wegweisende Schulung wird es allerdings 
frustrierend.

von Lerninstruktor (Gast)


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Alexander M. schrieb:
> Aber schon krass, wie extrem sich manche triggern lassen hier im Forum,
> weil einer eine doofe Frage bezüglich FuSi stellt :D...

Naja bei funktioneller Sicherheit geht es um Leben und Tod, klar das man 
panisch wird, wenn ein 'verantwortlicher fachmann' naiv wie ein 
Kleinkind ist.
😊 -> 💀

von Fruchtgurke (Gast)


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Alexander M. schrieb:
> Danke! Halt seehr teuer...

Teuer wird es in jedem Fall. Falls du als Einzelkämpfer unterwegs bist, 
musst du je nach SIL eh Fremdfirmen mit den Aufgabenbereichen 
beauftragen, da du diese nicht in Personalunion ausführen darfst: 
insbesondere z.B. Reviews, Verifikation, Validierung.

von Harald A. (embedded)


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Fruchtgurke schrieb:
> Arbeite z.B. gründlich die Norm IEC 61508 durch. Da findest du die
> Antworten auf deine Fragen. Ohne wegweisende Schulung wird es allerdings
> frustrierend.

Und dann stehen schon ganz vorne in der Norm so ein paar schöne simple 
Sätze, von denen man anfangs nicht mal weiß, wie man das je umsetzen 
soll (je nach Firmengröße)…

: Bearbeitet durch User
von Fruchtgurke (Gast)


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Lerninstruktor schrieb:
> Naja bei funktioneller Sicherheit geht es um Leben und Tod, klar das man
> panisch wird, wenn ein 'verantwortlicher fachmann' naiv wie ein
> Kleinkind ist.

Keine Sorge. Ohne den Nachweis mehrjähriger praktischer Tätigkeit und 
entsprechender Qualifikation der beteiligten Mitarbeiter im Bereich 
funktional safety, gibt es sowieso keine Zulassung.

von A. S. (Gast)


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Alexander M. schrieb:
> sondern lediglich, wie eine funktional sichere SW aussehen soll.

Du hast vermutlich immer noch ein falsches Verständnis:

Fusi sorgt nicht dafür, dass die Funktion der SW sicher ist. Oder dein 
Prozess.

Fusi sorgt dafür, dass notwendige "Sicherheitsmaßnahmen" (z.b. gegen 
überhitzen abschalten) funktionieren, wenn sie gebraucht werden.

Und davon nur die Maßnahmen, die durch "programmierbare" Elektronik 
realisiert werden, nicht z.b. Temperatursicherungen.

In der Regel ist es weder möglich, noch gewollt, Funktion und 
Sicherheitsfunktionen zu vermischen. Also z.b. beide mit gleichen 
Ansprüchen zu entwickeln.

Klar, misra und co sind für beides gut. Trotzdem sollte man das nicht 
vermischen.


Vielleicht solltest du Mal sagen, wass Deine Sicherheitsfunktionen sein 
sollen und wie Du sie realisieren willst.

von Olaf (Gast)


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> Aber schon krass, wie extrem sich manche triggern lassen hier im Forum,
> weil einer eine doofe Frage bezüglich FuSi stellt :D...

Das verstehst du sobald so ein Projekt durchgezogen hast und dabei ein 
paar Jahre aelter geworden bist. .-)

Olaf

von Pandur S. (jetztnicht)


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Auf etwas tieferer Ebene.
Bevor man einen Watchdog zuschaltet, sollte man das Geraet laengere Zeit 
getestet haben. Erst wenn man genau weiss weshalb der Watchdog kommen 
koennte, darf man ihn einschalten. Wenn der Watchdog zubeisst ist man 
nicht automatisch in einem sicheren Zustand. Und man weiss nicht woher 
man kommt, ausser man logt systematisch.

Ich lasse meine Hardware mit der Firmware erst mal Wochen lang laufen, 
wobei jeder Neustart protokolliert wird.

Wir hatten auch schon Wochen lang nach einem Software Fehler gesucht, 
und bei einem Review rausgefunden, dass es EMV war.

von Niklas G. (erlkoenig) Benutzerseite


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Pandur S. schrieb:
> Erst wenn man genau weiss weshalb der Watchdog kommen koennte, darf man
> ihn einschalten

Aber mit Watchdog findet man solche Fehler ja überhaupt erst; wenn beim 
Testen sonst ein Programmteil etwas zu lange braucht merkt man das gar 
nicht. Ein vernünftig gebautes Programm sollte nie in den Watchdog 
laufen (keine Endlosschleifen), das ist wenn immer ein Softwarebug oder 
EMV-Problem, und damit halt nicht vorhersehbar.

von Noch ein Kommentar (Gast)


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>> Arbeite z.B. gründlich die Norm IEC 61508 durch.

> von denen man anfangs nicht mal weiß, wie man das je umsetzen soll

Wahrscheinlich liegt genau hier das Problem.

In jedem anderen Ingenieurstudium wird den Studenten beigebracht, wie 
sich die Normen in der Praxis umsetzen lassen. Wir haben eine 
kontinuierliche Weiterentwicklung von den 
Dampfkesselüberwachungsvereinen zu den heutigen Normungsinstituten. Nur 
nicht in der Softwareentwicklung. Da saugt sich jeder Hobbyerfinder 
irgendwas neues aus den Fingern.

> mit dem Thema habe ich mich aus. Gruenden betr. Haftung auseinandergesetzt

Und hier liegt wahrscheinlich das andere Problem. Wenn ein Staudamm 
zusammen bricht, ist der Prüfingenieur persönlich verantwortlich, kommt 
in Untersuchungshaft. Wenn Software zusammen bricht, kommt niemand ins 
Gefängniss. Der Kunde kann höchstens die Firma auf Schadensersatz 
verklagen.

von Niklas G. (erlkoenig) Benutzerseite


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Noch ein Kommentar schrieb:
> In jedem anderen Ingenieurstudium

Informatik und Softwareentwicklung ist aber keine 
Ingenieurswissenschaft.

Noch ein Kommentar schrieb:
> Da saugt sich jeder Hobbyerfinder irgendwas neues aus den Fingern.

Das können studierte Ingenieure, die professionell Software entwickeln, 
aber auch sehr gut.

Noch ein Kommentar schrieb:
> Wenn Software zusammen bricht, kommt niemand ins Gefängniss.

Bei Staudämmen gibt es aber auch viel mehr Erfahrung. Software ist so 
komplex, dass es in der Praxis eben extrem schwer ist, sie wirklich 
sicher zu bekommen. Das ist kaum zu vergleichen.

von Fpgakuechle K. (Gast)


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Noch ein Kommentar schrieb:
>>> Arbeite z.B. gründlich die Norm IEC 61508 durch.
> Wenn Software zusammen bricht, kommt niemand ins
> Gefängniss. Der Kunde kann höchstens die Firma auf Schadensersatz
> verklagen.

Und die Firma reicht die Schadensersatzforderung an das schlampenhaft 
arbeitende Codierschwein weiter. Abgesehen davon, das die 
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten als 'Mr. Therac25-Strahlentod" oder 
"Mister clicki.ariane5.-> kacki"  reichlich begrenzt sind.

https://www.deutschlandfunk.de/der-absturz-der-ariane-100.html

von Noch ein Kommentar (Gast)


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> Informatik und Softwareentwicklung ist aber keine Ingenieurswissenschaft.

War ja in den 80ern durchaus sinnvoll. Als wir noch in Kilobyte und 
Kiloherz rechneten war Softwareentwicklung ein Kunsthandwerk. Trotz 
vollkommen unzureichender Hardware baute ein guter Softwareentwickler 
mit unverstehbaren Tricks ein nützliches Programmpaket.

Aber heutzutage kann ein einzelnes Genie die Gigabytes gar nicht mehr 
überblicken. Die heutige Komplexität bekommen wir nur mit den Methoden 
der Ingenieure und Bürokraten in den Griff.

Warum ist Informatik immer noch kein Ingenieurstudium?

von Niklas G. (erlkoenig) Benutzerseite


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Noch ein Kommentar schrieb:
> Warum ist Informatik immer noch kein Ingenieurstudium?

Weil sie eine Wissenschaft ist, daher ja auch M.Sc. / B.Sc. Böse Zungen 
würden sagen, dass eine Umstellung auf Ingenieurs-Studium ein Abstieg 
wäre!

Jedenfalls lernt man im Informatik-Studium sehr wohl die Organisation 
und Beherrschung komplexer Strukturen. Dazu gibt es ja auch Dinge wie 
Model Checking. Das wird in traditionellen Unternehmen, gerne auch 
Ingenieurs-geführten, aber wenig gelebt; auch weil die Ingenieure das in 
ihren Programmier-Kursen eben nicht gelernt haben. Und Ingenieure 
glauben Informatikern sowieso nicht - sie wollen ja sogar die Informatik 
zum Ingenieurs-Studium umbauen!

von Harald A. (embedded)


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Fpgakuechle K. schrieb:
> Noch ein Kommentar schrieb:
>>>> Arbeite z.B. gründlich die Norm IEC 61508 durch.
>> Wenn Software zusammen bricht, kommt niemand ins
>> Gefängniss. Der Kunde kann höchstens die Firma auf Schadensersatz
>> verklagen.
>
> Und die Firma reicht die Schadensersatzforderung an das schlampenhaft
> arbeitende Codierschwein weiter.

Geschäftsführer und leitende Angestellte sind dran, „Codierschweine“ 
haben i.d.R. nichts zu befürchten.

von Noch ein Kommentar (Gast)


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> dass eine Umstellung auf Ingenieurs-Studium ein Abstieg wäre!

Natürlich ist die Umstellung vom Kunsthandwerk der genialen Meister zur 
schnöden Routine eines Ingenieurs, der nur Normen und Vorschriften 
umsetzt ein Abstieg.

Aber auf allen anderen Gebieten wurden mit zunehmender Komplexität die 
freien Meister durch an Normen und Vorschriften gekettete Ingenieure 
ersetzt.

Nur die Softwareentwickler behaupten Programme währen zu komplex für die 
Methoden der Ingenieure, sie müssen bei den Methoden der genialen und 
freien Kunsthandwerksmeister bleiben.

Wieso klappt das? Wie schaffen das die Softwareentwickler?

von A. S. (Gast)


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Niklas G. schrieb:
> Beherrschung komplexer Strukturen. Dazu gibt es ja auch Dinge wie Model
> Checking. Das wird in traditionellen Unternehmen, gerne auch
> Ingenieurs-geführten, aber wenig gelebt;

Vielleicht wäre es dann Mal an der Zeit für Erfolge abseits von einer 
neuen Programmiersprache täglich.

von Niklas G. (erlkoenig) Benutzerseite


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Noch ein Kommentar schrieb:
> Natürlich ist die Umstellung vom Kunsthandwerk der genialen Meister

Informatik ist kein Kunsthandwerk, sondern Wissenschaft.

Noch ein Kommentar schrieb:
> Wieso klappt das? Wie schaffen das die Softwareentwickler?

Durch brain.exe und Anwendungen von Methoden. Diese Methoden sind halt 
anders als die der Ingenieure. Und das ist auch nicht schlimm, man kann 
nicht alles auf der Welt mit ingenieursmäßigen Methoden angehen.

Es ist eine ziemliche Arroganz der Ingenieure, zu behaupten, sie wären 
die besseren Informatiker oder sie könnten die Informatik umkrempeln... 
Scheint auch hier im Forum weit verbreitet zu sein:

A. S. schrieb:
> Vielleicht wäre es dann Mal an der Zeit für Erfolge abseits von einer
> neuen Programmiersprache täglich.

von Rainer V. (a_zip)


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Niklas G. schrieb:
> Es ist eine ziemliche Arroganz der Ingenieure, zu behaupten, sie wären
> die besseren Informatiker oder sie könnten die Informatik umkrempeln...
> Scheint auch hier im Forum weit verbreitet zu sein:

Oftmals ist es aber die "Ignoranz" der Softis, die nicht umsetzen können 
(wollen??), was der Ingenieur verlangt. Hatte das jahrelang und war echt 
froh, dies Aufgabengebiet irgendwann für immer verlassen zu können. Ist 
halt was ganz anderes, wenn man plötzlich beide zusammenfalten kann :-)
Gruß Rainer

von Niklas G. (erlkoenig) Benutzerseite


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Rainer V. schrieb:
> Oftmals ist es aber die "Ignoranz" der Softis, die nicht umsetzen können
> (wollen??), was der Ingenieur verlangt.

Aber ein Ingenieur könnte das unter den selben Umständen besser?

von Noch ein Kommentar (Gast)


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> Informatik ist kein Kunsthandwerk, sondern Wissenschaft.

Was bedeutet für dich das Wort "Wissenschaft"?

Als es das Wort noch nicht gab, umschrieb es Isaac Newton mit dem 
Begriff "Mathematisch fundierte Naturphilosophie". Eine recht 
verbreitete Definition: Die Wissenschaft findet mit Experiment und 
Mathematik heraus, wie unsere Welt funktioniert. Das Ziel der 
Wissenschaft ist eine konsistente Beschreibung, mit der sich alle 
Erscheinungen in unserem Universum berechnen lassen.

Sicherlich gibt es auch in der Softwareentwicklung Wissenschaftler, die 
mit Hilfe der Programme verstehen wollen, wie unsere Welt funktioniert. 
Alen Turing, Stephen Wolfram .... Aber die meisten Softwareeinwickler 
benutzen nur die Ergebnisse der Wissenschaft. Tragen nichts zum Ziel der 
Wissenschaft bei. Genau so, wie die Ingenieure.

Wieso bist du der Meinung, die Arbeit eines Softwareentwicklers hat mehr 
mit Isaac Newton als mit Gustave Eiffel zu tun.

von Rainer V. (a_zip)


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Niklas G. schrieb:
> Aber ein Ingenieur könnte das unter den selben Umständen besser?

Mein Lieber...es geht nicht darum, ob der Ingenieur es besser kann....um 
Gottes Willen...es geht darum, dass die Software das nicht macht, was 
der Ingenieur möchte! Die daraus erwachsenen Diskussionen sind meist 
lächerlich, oftmals aber auch unterhaltsam...und enden oft auch in dem 
verzweifelten Versuch des Softi, dem Ingenieur zu verklickern, dass 
seine Anforderungen schlicht Blödsinn sind. Und damit wirds richtig 
lustig. Wer sagt, dass wär so nicht, hat wohl keine Ahnung...
Rainer

von Niklas G. (erlkoenig) Benutzerseite


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Noch ein Kommentar schrieb:
> Wieso bist du der Meinung, die Arbeit eines Softwareentwicklers hat mehr
> mit Isaac Newton als mit Gustave Eiffel zu tun.

Informatiker, und davon rede ich, lernen im Studium z.B. das Führen 
mathematischer Beweise, und müssen in ihren Abschlussarbeiten 
wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen. Das unterscheidet sie von 
Ingenieursabsolventen. Besuche mal eine Theoretische 
Informatik-Vorlesung und du wirst verstehen, was ich meine. Und diese 
Dinge sind sehr wohl relevant für die praktische Arbeit, z.B. für 
Compilerbau.

Rainer V. schrieb:
> und enden oft auch in dem verzweifelten Versuch des Softi, dem Ingenieur
> zu verklickern, dass seine Anforderungen schlicht Blödsinn sind.

Vielleicht versteht der Ingenieur auch nicht, dass der Informatiker 
nicht alles gelernt hat, was der Ingenieur weiß? Vielleicht wäre es 
nötig gewessen, etwas Domänen-Wissen weiterzugeben?

Den umgekehrten Fall kenne ich übrigens auch zu Genüge, dass die 
HW-Entickler es nicht schaffen, ihre Platinen so zu planen, dass man sie 
vernünftig nutzen kann. Bei einer Reihe von unterschiedlichen Platinen 
war z.B. bei jeder einzelnen Platine der JTAG-Stecker auf eine bestimmte 
Art vermurkst, z.B. gedreht, gespiegelt oder so platziert dass das Kabel 
mit anderen Bauteilen kollidiert. Ich wollte doch nur jeden Controller 
mit dem selben Kabel an den Debugger anschließen können. Die Ings 
schaffen es auch oft nicht, Pinouts korrekt zu beschreiben. Als 
Software-Entwickler soll man halt mal eben die Anlage auseinander nehmen 
(wozu es natürlich wiederum an Doku mangelt) um zu schauen, was für ein 
Sensor da jetzt tatsächlich steckt. Die Sensorauswertung ist ja 
schließlich Software-Sache, oder?

: Bearbeitet durch User
von Noch ein Kommentar (Gast)


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> Und diese Dinge sind sehr wohl relevant für die praktische Arbeit

Jain. Seit 20 Jahre arbeite am Kern einer Layoutengine. Bin der einzige 
in der ganzen Firma, der die Theorien zu Compilerbau und Affine 
Transformationen braucht. Aber eigentlich wäre es für die Firma besser, 
die kauften eine der ausgereiften Engines.

9999 von 10000 Entwicklern bräuchten eigentlich zwei ganz andere 
Fähigkeiten. Aus den konfusen Anforderungen der Kunden ein konsistentes 
Konzept zusammen stellen. Und aus den unzähligen frei verfügbaren 
Konzepten und Komponenten das Brauchbare auswählen.

Mag ja sein, ein Doktorand an der UNI muss eine wissenschaftliche Arbeit 
verfassen. Aber wie viele Entwickler haben sich habilitiert. Und wie 
viele davon machen danach einen dämlichen Job als Scrum Master?

> Ich wollte doch nur jeden Controller
> mit dem selben Kabel an den Debugger anschließen können.

Ja! Ob ein Entwickler mathematische Beweise führen kann ist irrelevant. 
Ein Entwickler muss koordinieren. Ein Konzept ausarbeiten, das trotz 
verkorkster Hardware und utopischer Kundenanforderungen funktioniert.

>> Dazwischen tausende Reviews mit den fusi Managern.

Hier kommen wir der Sache schon näher. Ein einzelner genialer Entwickler 
kann die Aufgabe gar nicht bewältigen. Wie in anderen Bereichen braucht 
es Architekten, Konstrukteure, Prüfingenieure, Bürokraten und Manager.

von Niklas G. (erlkoenig) Benutzerseite


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Noch ein Kommentar schrieb:
> Aus den konfusen Anforderungen der Kunden ein konsistentes Konzept
> zusammen stellen

Rein zufällig wird das im Informatik-Studium gelehrt, bezogen auf 
Software. Leider ist es schwierig Ingenieuren zu vermitteln dass das 
etablierte sinnvolle Methoden sind. Die müssen ja auch mitspielen, wenn 
sie ihre Anforderungen stellen. Leider kommt da oft nur "mach dass es 
funktioniert". Wenn man dann nicht mal Prozesse anwenden darf weil es 
die bei Ingenieuren nicht gibt wirds schwierig...

Noch ein Kommentar schrieb:
> Mag ja sein, ein Doktorand an der UNI muss eine wissenschaftliche Arbeit
> verfassen

Bachelor und Master auch.

Noch ein Kommentar schrieb:
> Und wie viele davon machen danach einen dämlichen Job als Scrum Master?

Scrum wird auch im Informatik-Studium gemacht...

von Rainer V. (a_zip)


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Niklas G. schrieb:
> Wenn man dann nicht mal Prozesse anwenden darf weil es
> die bei Ingenieuren nicht gibt wirds schwierig...
>
> Noch ein Kommentar schrieb:
>> Mag ja sein, ein Doktorand an der UNI muss eine wisse

Wirst dich halt mit deinen Prozessen begraben lassen müssen...
Rainer

von Jojo (Gast)


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War/ist irgendwer von euch Diskutierenden in dem Bereich tätig? Ich 
verstehe die ganze Diskussion nicht... Vielleicht hab ich auch einfach 
Glück gehabt oder so. Bin Ingenieur, MSc der e-Technik. Wir haben 
natürlich Mathe 1-4 gemacht (zusammen mit den Physikern), Beweise 
geführt und ne Menge Theorie gelernt. Ich bin jetzt in der embedded SW 
Entwicklung tätig, Produktentwicklung, sehe mich mindestens zur Hälfte 
als Informatiker.
Hier arbeiten Ingenieure und Informatiker zusammen und machen sich den 
selben Job. Prozessorientierte Produktentwicklung. Kein Frickeln, keine 
Kunst oder was auch immer da oben erzählt worden ist. Und wir machen ab 
und zu auch Mal Fusi. Ist halt etwas komplexer der Prozess.

von Niklas G. (erlkoenig) Benutzerseite


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Jojo schrieb:
> Kein Frickeln, keine Kunst oder was auch immer da oben erzählt worden
> ist.

Klingt super, wo herrschen solche paradiesischen Zustände?

von Harald A. (embedded)


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Jojo schrieb:
> Kein Frickeln, keine
> Kunst oder was auch immer da oben erzählt worden ist. Und wir machen ab
> und zu auch Mal Fusi. Ist halt etwas komplexer der Prozess.

Stimmt auch. Ist der Prozess erst einmal in der Firma fest etabliert, 
dann ist es tatsächlich einfach. Nur für Firmen, für die das Neuland 
ist, kann es ein sehr steiniger Weg werden. Längst überfällige 
Strukturen müssen mühsam nachgeholt werden.

von A. S. (Gast)


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Niklas G. schrieb:
> Jojo schrieb:
>> Kein Frickeln, keine Kunst oder was auch immer da oben erzählt worden
>> ist.
>
> Klingt super, wo herrschen solche paradiesischen Zustände?

Kann es sein, dass Du dem großen Verschwörungsmythos der Informatiker 
verfallen bist?

Dass SW-Entwicklung viel, viel einfacher wäre, wenn man die großartigen 
Methoden der Informatik nur konsequent anwenden würde. Die nur deshalb 
von unfähigen Praktikern verhindert werden, damit diese sich ihre 
mühselige und vergebliche Arbeit erhalten.

Dass Alles schon da ist: Modellierung statt Programmierung, Beweis der 
Korrektheit statt Fehlersuche, Formales Handwerk statt kreativer Akt.

Ich habe z.B. die Entwicklung von Sprachen/Compilern ja selber angeführt 
als fruchtbare Kerndomäne der Informatik. Und trotzdem wird der 
linguistische Teil seit Chomsky irgendwie vernachlässigt. Nenn Du doch 
mal ein paar Beispiele, wie Du es Dir abseits von Programmiersprachen 
vorstellst.

von Niklas G. (erlkoenig) Benutzerseite


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A. S. schrieb:
> Kann es sein, dass Du dem großen Verschwörungsmythos der Informatiker
> verfallen bist?

Ist es ein Mythos, wenn es Konsens unter praktisch allen Informatikern 
ist?

A. S. schrieb:
> Die nur deshalb von unfähigen Praktikern verhindert werden, damit diese
> sich ihre mühselige und vergebliche Arbeit erhalten.

Nein, einfach nur weil "das haben wir immer schon (nicht) so gemacht". 
Ist es wirklich so zweifelhaft, dass die Entwicklung durch Nutzung von 
Issue-Trackern, Projektplanung, Anforderungsanalyse, einem 
Entwicklungsmodell (Scrum, V-Modell etc) die Entwicklung vereinfacht?

Ich habe beides schon gemacht und habe keine Zweifel was besser ist.

A. S. schrieb:
> Dass Alles schon da ist

Es ist definitiv nicht alles schon da und erforscht. Deswegen gibt es ja 
auch neue Programmiersprachen, nur die typischen Ingenieure wollen auf 
alle Ewigkeit C89 verwenden. Es gibt etablierte Best Practices. Die gibt 
es bei Ingenieuren doch auch, nur halt andere.

A. S. schrieb:
> Modellierung statt Programmierung

Gerade das ist doch eher der Liebling von Ingenieuren (Simulink...?).

A. S. schrieb:
> Beweis der Korrektheit statt Fehlersuche

Jeder weiß, dass das für normale Projekte nicht realistisch ist. Fehler 
zu vermeiden ist aber besser als sie zu suchen.

A. S. schrieb:
> Nenn Du doch mal ein paar Beispiele, wie Du es Dir abseits von
> Programmiersprachen vorstellst.

Es ist sehr praktisch einem Kunden sagen zu können "nein, leider können 
wir nicht den kürzesten Weg durch alle Punkte berechnen, nicht weil wir 
unfähig sind, sondern weil es NP-vollständig ist". Numerische Verfahren, 
Filter-Berechnung, diskrete Algorithmen/Graphentheorie, allgemein 
Mathematik zu beherrschen ist schon sehr praktisch, z.B. auch bei 
3D-Grafik oder GIS.

Ich erinnere mich an eine lustige Situation, in der eine analoge 
Verstärkerschaltung berechnet werden sollte. Die ETechniker haben sie in 
Simulink gebaut, ich habs analytisch manuell berechnet. Wir waren gleich 
schnell, die Ergebnisse stimmten überein, aber meins war genauer und 
parametrisch in den Bauteilwerten. Kann Vorteile haben.

von Blechbieger (Gast)


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Niklas G. schrieb:
> Informatiker, und davon rede ich, lernen im Studium z.B. das Führen
> mathematischer Beweise, und müssen in ihren Abschlussarbeiten
> wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen. Das unterscheidet sie von
> Ingenieursabsolventen.

Das müssen Ingenieure ebenso. Und wie oben schon von jemand anderes 
erwähnt teilweise mit Physikern zusammen, d.h. kein Schmalspurmathe.

Niklas G. schrieb:
> Noch ein Kommentar schrieb:
>> Mag ja sein, ein Doktorand an der UNI muss eine wissenschaftliche Arbeit
>> verfassen
>
> Bachelor und Master auch.

Das wissenschaftliche Niveau von Bachelor- und Masterarbeiten von sowohl 
Informatik als auch Ingenieurwissenschaften ist bei beiden sehr niedrig 
obwohl beides Wissenschaften sind. Wirklichen Erkenntnisfortschritt gibt 
es erst ab Doktorarbeit.

Vielleicht verwechselt da jemand Uni- und FH-Ingenieuren, deren Studium 
tatsächlich wesentlich praxisnaher ist. Wird für die FH-Informatiker 
genauso zutreffen.

Niklas G. schrieb:
> Es ist sehr praktisch einem Kunden sagen zu können "nein, leider können
> wir nicht den kürzesten Weg durch alle Punkte berechnen, nicht weil wir
> unfähig sind, sondern weil es NP-vollständig ist". Numerische Verfahren,
> Filter-Berechnung, diskrete Algorithmen/Graphentheorie, allgemein
> Mathematik zu beherrschen ist schon sehr praktisch, z.B. auch bei
> 3D-Grafik oder GIS.

Nichts was ein Etechnikingenieur nicht auch lernt, nur statt für 
3D-Grafik oder GIS halt für Anwendungsgebiete wie Regelungstechnik oder 
Hochfrequenztechnik.

von Niklas G. (erlkoenig) Benutzerseite


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Blechbieger schrieb:
> Das müssen Ingenieure ebenso. Und wie oben schon von jemand anderes
> erwähnt teilweise mit Physikern zusammen, d.h. kein Schmalspurmathe.

Physiker machen kein Schmalspurmathe? Der war gut!

Blechbieger schrieb:
> Das wissenschaftliche Niveau von Bachelor- und Masterarbeiten von sowohl
> Informatik als auch Ingenieurwissenschaften ist bei beiden sehr niedrig
> obwohl beides Wissenschaften sind.

Kann ich nicht bestätigen. Ings können in ihrer Arbeit einfach etwas 
entwickeln, obwohl es das schon gibt. Wenn die Methode gut ist, haben 
sie bestanden. In Informatik und anderen Wissenschaften wäre das 
durchgefallen.

Blechbieger schrieb:
> Nichts was ein Etechnikingenieur nicht auch lernt

ETechniker lernen Berechenbarkeit, Komplexität, Gruppentheorie, 
Graphentheorie, numerische Algorithmen, Statistik und Stochastik? Mir 
war als würden die nur ein bisschen Analysis machen.

Naja, wenn es doch so ähnlich ist, irren sich wohl die 
Akkreditierungsinstitute welche den Ingenieuren nur M.Eng. statt M.Sc. 
geben...

von Jojo (Gast)


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Niklas G. schrieb:
> Naja, wenn es doch so ähnlich ist, irren sich wohl die
> Akkreditierungsinstitute welche den Ingenieuren nur M.Eng. statt M.Sc.
> geben...

Wie oben erwähnt stimmt das einfach nicht. Bin Ingenieur und MSc. 
Normale TU irgendwo in Deutschland.

Kp warum du so auf Ingenieur Bashing steil gehst, wohl schlechte 
Erfahrungen gemacht.

Ich kann sagen, dass requirement und issue Tracking,
ci/cd, code reviews, Standardprozesse und was auch immer du oben noch 
angeführst hast täglicher Standard ist und wie ich das so höre ist das 
der Fall in den meisten Unternehmen, in denen meine Kommilitonen so 
arbeiten.

Blechbieger schrieb:
> Nichts was ein Etechnikingenieur nicht auch lernt, nur statt für
> 3D-Grafik oder GIS halt für Anwendungsgebiete wie Regelungstechnik oder
> Hochfrequenztechnik.

Full ack. Beides hat es ordentlich in sich, und kann danach auch ganz 
gut (angewandte) Mathematik.

von Niklas G. (erlkoenig) Benutzerseite


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Jojo schrieb:
> Wie oben erwähnt stimmt das einfach nicht. Bin Ingenieur und MSc.
> Normale TU irgendwo in Deutschland.

Ah, und gibt es einen Unterschied zwischen M.Sc. und M.Eng. Ingenieuren?

Jojo schrieb:
> Kp warum du so auf Ingenieur Bashing steil gehst, wohl schlechte
> Erfahrungen gemacht.

Schau dir doch nur diesen Thread an, oder viele andere in diesem Forum. 
Wie soll man auf dieses ständige "Ingenieure können alles besser und 
keiner braucht Informatiker" reagieren?

Jojo schrieb:
> Ich kann sagen, dass requirement und issue Tracking,
> ci/cd, code reviews, Standardprozesse und was auch immer du oben noch
> angeführst hast täglicher Standard ist und wie ich das so höre ist das
> der Fall in den meisten Unternehmen, in denen meine Kommilitonen so
> arbeiten

Das ist schön. Für manche scheint das ja unnötiger 
Informatiker-Firlefanz zu sein.

Jojo schrieb:
> Full ack. Beides hat es ordentlich in sich, und kann danach auch ganz
> gut (angewandte) Mathematik.

Witzigerweise kann man im Informatik-Studium den Regelungstechnik-Teil 
AUCH noch dazu lernen, und Analysis hat man sowieso.

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