Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik 100 Gigabit/s über Glasfaser - wie schnell können die Laserdioden eigentlich schalten?


von Der Unwissende (Gast)


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Nabend, mir schwirrt gerade eine frage durch den Kopf wo ich nicht so 
recht weiß, wie das überhaupt möglich ist.
durch ein OM5 Glasfaserkabel kann ja locker mit 100 Gigabit pro Sekunde 
Daten übertragen werden. Die entsprechenden SFP28 Module haben doch - 
soweit ich weis - nur eine Sende-Laserdiode und eine Empfangs Diode.

Wie schnell müssen die eigentlich schalten wenn die 100gbs voll 
ausgefahren werden? Gibt es da nicht irgendwo eine Obergrenze, wie oft 
eine Laserdiode oder LED ein und ausgeschaltet werden kann pro Sekunde? 
Auch könnte ich mir vorstellen, dass bei den hohen schaltfrequenzen 
gewisse kapazitäten zu tragen kommen die es den Laser-Treibern ganz 
schön zu schaffen macht. Klar die Prozessoren da drin und die Laser/LED 
Treiber müssen ja genauso schnell reagieren, aber auch da muss es doch 
eine grenze geben, wieoft so ein Transistor oder Mosfet schalten kann, 
oder? Wovon hängt das alles ab?

von Joachim B. (jar)


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von Dieter D. (dieter_dosenkohl)


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Direkte Modulation über Laser wird nur  bis ein paar Gbps gemacht. Aber 
auch das ist schon kein einfaches Ein und Aus sondern über höherwertige 
Modulation. Darüber kommen Elektro-Absorptions-Modulatoren oder 
Mach-Zehnder-Modulatoren zum Einsatz. (Davor hängt ein CW-Laser) 
Besonders effektiv ist die Verschaltung zweier Mach Zehnder zu einem 
IQ-Modulator für QAM. In Kombination mit Optischem Frequenz Multiplex 
(OFDM) lassen sich heutzutage mehrere Terabit/s erreichen.

Sowas liegt aber in keinem Wohnzimmer sondern eher in den Netzbereichen 
wo es z. B. um die interkontinentalen Unterseekabel geht.

: Bearbeitet durch User
von Der Unwissende (Gast)


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Auch wenn ich das PDF lese, videos zu den Mach Zehnder verfahren schaue, 
so werd ich einfach nicht schlau daraus wie sowas funktioniert :-/
die Lichtquelle bleibt also dauerhaft eingeschaltet, aber irgendwie wird 
das licht verändert und die gegenseite kann das erkennen. Interessant 
ist ja auch dass scheinbar FullDuplex durch ein einzelnes Glasfaserkabel 
möglich ist, was ja neuerdings als FTTH an jedes Haus rangeführt wird.
Dennoch müssen doch die ICs und alles auf den PCBs in der lage sein, die 
mehrere Terabit/s zu verarbeiten, und da drin stecken ja auch Mosfets 
(CMOS) aber haben diese halbleiter nicht auch eine obergrenze von 
schaltzyklen pro sekunde?

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Fast keine, die praktische Schaltgeschwindigkeit ist durch 
Induktivitäten begrenzt und die werden bei kleinen Strukturgrößen 
winzig.
Der zweite nennenswerte Effekt sind RC-Effekte, da ist es das gleiche 
Spiel.
Der Rest spielt sich in Pikosekunden ab, z.b. Transittime durch 
Sperrschicht.

von my2ct (Gast)


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Der Unwissende schrieb:
> ... aber irgendwie wird das licht verändert ...
Nicht irgendwie. Der optische Weg in einem Interferometerarm wird z.B. 
mit einer Pockels-Zelle oder einer Kerr-Zelle moduliert. Über 
Interferenz entsteht dann eine Helligkeitsmodulation.

> ... und die gegenseite kann das erkennen.
Ja, für Helligkeit gibt es Sensoren.

von Dieter D. (dieter_dosenkohl)


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Für die Veränderung des Lichts werden einfach physikalische Effekte 
genutzt wie d. Franz-Keldysh-Effekt bei EAMs oder Pockels bei MZMs. Im 
Endeffekt wird das Licht im Halbleiter-Chip in planaren dielektrischen 
Wellenleitern geführt und über Elektroden wird ein elektrisches Feld 
angelegt, wodurch eine Dämpfung oder Phasenverschiebung der Welle 
erreicht wird.

Das ist von der Ansteuerungselektronik her extrem aufwendig. Ja. Kann 
dazu allerdings nicht so viel sagen. Bei OFDM z. B. kann man für jeden 
Träger einen eigenen Verstärker nutzen. Du brauchst also keinen 
Teraherz-Amp sondern nur 8 x 125 GHz (geht effektiv mit ner 3dB 
Bandbreite von 62.5 GHz - nicht ganz ohne, aber machbar)

Aber es sind auch nicht nur die Amps sondern die ganze Peripherie. 
Kollege beginnt z. B. gerade seine Dissertation in der es u. A. darum 
geht einen Koax auf CPS Übergang auf 180 GHz Bandbreite zu optimieren 
(und herzustellen).

von Cartman (Gast)


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Irgendwie scheint es mir, dass bei 10G (LWL und nicht das andere...)
Schluss ist. Per Wellenlaengenmultiplex oder simpel ueber mehrere
Links, wird dann einfach aggregiert.

Fuer Fiberchannel darf man die 10G auch durch 16G ersetzen.

Und der Vorrat an fuesikalischen Effekten scheint mir da doch
recht begrenzt, um der ausfuehrenden Laserdiode Beine zu machen.
Pockelszellen sind da besonders lahnarschige Brueder.
(Weiss ich von meiner eigenen Diplomarbeit.)

von Netzwerker (Gast)


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Cartman schrieb:
> Irgendwie scheint es mir, dass bei 10G (LWL und nicht das andere...)
> Schluss ist. Per Wellenlaengenmultiplex oder simpel ueber mehrere
> Links, wird dann einfach aggregiert.

Ja, wird gemacht, aber nicht nur. Wir haben z.B. 100G im Einsatz, sowohl 
als 4x25G CWDM Transceiver als auch als 1x100G FR-S. Der eine benutzt 4 
Aderpaare OM4, der Andere nur ein Paar OS2. Bei den höheren 
Geschwindigkeiten will man aber ohnehin eher Singlemode Fasern weil die 
längere Strecken überbrücken sollen (Backbone und so).

Unser DWDM hat theoretisch eine maximale Bandbreite von 19,2 Terabit auf 
einem Faserpaar Singlemode. Hier wird ausgenutzt, dass unterschiedliche 
Wellenlängen im gleichen Kabel unabhängig moduliert übertragen werden. 
Bei unserem System je Wellenlänge/Frequenz mit 200G auf der 
Überlandleitung, angebunden sind die Systeme über einzelne 100G Links.

Also gehen tut scheinbar bis zu 100G schon als Modulation auf einer 
Wellenlänge (FR-S Transceiver arbeiten mit 1310nm).

von Cartman (Gast)


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> 4x25G

25G hatte ich noch nicht auf dem Schirm.
Aber bestimmt auch heftig teuer und nur bei "berechtigtem'
Interesse dann finanziell interessant.
Gleiches duerfte dann erst recht fuer 100G gelten.

10G ist ja mehr oder weniger heute Mainstream.

Vermutlich auch der Wechsel von OM4 zu OS2 fuer Inhousezwecke.

von (prx) A. K. (prx)


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Als ich das letzte Mal nachsah, zog man es bei überschaubaren Distanzen 
vor, bei 40 Gbit 4 Faserpaare zu 10 Gbit zu verwenden. Transceiver zu 
teuer. Ist das mittlerweile anders?

von Rainer D. (rainer4x4)


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Bei uns in der Firma verwendet man Faserbündel um bei Ausfall eines 
Kanals immer noch genügend Redundanz zu haben.

Den find ich gut:
Cartman schrieb:
> fuesikalisch

> (Weiss ich von meiner eigenen Diplomarbeit.)
Nun dann :-))

von Cartman (Gast)


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Wenn der Fuesiker nicht weiss, was es ist, oder was da vorgeht,
dann nennt er es "Effekt" und gibt ihm seinen Namen.

von Dieter D. (dieter_dosenkohl)


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Cartman schrieb:
> Pockelszellen sind da besonders lahnarschige Brueder.
> (Weiss ich von meiner eigenen Diplomarbeit.)

Das liegt daran dass Pockelszellen nicht in ihrer Elektrodenform 
optimiert sind. Tatsächlich geht da einiges. Stichwort hier ist 
Wanderwellenelektrode. Damit baut man heute die schnellsten Modulatoren 
überhaupt. Nachteil ist dass sie sehr groß sind weil der Pockels-Effekt 
klein ist. EAMs sind deutlich kleiner aber langsamer.

von Deneriel (Gast)


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Disclaimer: Ich bin für die Technik Anwender - kein Entwickler oder 
Signalverarbeitungsspezi ;-)
Aber ein bisschen was kann ich vielleicht trotzdem dazu sagen.

Der OP hat ja nicht geschrieben wieviele Fasern das Glasfaser-Kabel hat 
;-)
100Gbit/s aus einem QSFP28 Transceiver können sich auf 4 Duplex-Paare 
verteilen, dann hast du effektiv 4x25Gbit/s.
Das sind dann QSFP28-SR4 Transceiver.
Mittlerweile bekommt man 50Gbit/s pro Wellenlänge auf eine Leitung 
moduliert. (Vor einigen Jahren waren es 25, davor 10). Im Labor geht 
sicherlich nochmal deutlich mehr, aber ich rede jetzt von Produkten die 
jeder kaufen kann - so man das nötige Kleingeld hat.
Wenn man zwei dieser Wellenlängen nimmt und auf eine Faser 
zusammenführt, bekommt man auch 100Gbit/s. Das geht auch mit Multimode 
und heißt dann QSFP28-SR2.

Jetzt der Haken:
Multimode-Leitung
Multimode-Leitung
Multimode-Leitung

Das funktioniert schon - aber halt über sehr kurze Entfernungen. 
Typischerweise ein paar 100m, je nach Faserqualität und Link-Budget.
Das ist eher eine Entfernung um innerhalb eines RZ zu verteilen oder 
sehr nah beieinander gelegene Standorte zu verbinden.
Selbst auf einem mittelgroßen Campus reicht das kaum aus um 
Unterverteiler oder mehrere Serverräume zu koppeln.

Oder halt um aus den bestehenden Leitungen das letzte bisschen raus zu 
quetschen weil das immer noch billiger ist als eine neue Leitung legen 
zu lassen.
Zumindest den Heckmeck mit 4 Duplex-Pärchen tut man sich doch nur an 
wenn man absolut keine andere Möglichkeit hat (oder es nichts kosten 
darf - dann macht man aber auch keine 100Gbit/s).
Da liegt dann eben auch kein MPO-Patchfeld dafür bereit sondern man 
nimmt eine Kabelpeitsche MPO auf LC/SC(/ST ;-) ) und geht damit auf die 
Bestandsverkabelung.


Jenseits von QSFP28 geht es auch weiter als 100Gbit/s. Aber da ist 
MultiMode dann endgültig kein Thema mehr. Für 200 oder 400Gbit/s wird 
SingleMode Faser einfach vorausgesetzt.
Das Verzweigen auf mehrere Faserpaare ist zwar weiterhin möglich aber 
eigentlich nicht mehr sinnvoll. Auf der SingleMode Faser kann man das 
für den Anwender einfacher durch Wellenlängen-Multiplexing innerhalb des 
Transceivers lösen.

Klar, da ist nur je ein Baustein zum Senden und Empfangen drin - aber 
wer sagt denn, dass der Halbleiter nur eine einzige Wellenlänge erzeugt?


Mit der gleichen Technik kann man übrigens auch Simplex-Transceiver 
bauen. Die senden und empfangen auf unterschiedlichesn Wellenlängen und 
brauchen daher nur eine einzige Faser. Man muss dann natürlich paarweise 
die richtigen Transceiver zusammen stecken.
Als Gigabit-Variante sind die massenweise im FTTH-Bereich im Einsatz. 
Glasfasern sind ggü. Kupfer zwar vergleichsweise billig, aber wenn ich 
in der Fläche die Hälfte an Fasern sparen kann, macht sich das natürlich 
trotzdem massiv bemerkbar.
Das funktioniert dann aber wirklich nur mit SingleMode Fasern sinnvoll. 
Je nach Entfernung sind auch hier bis 100Gbit/s machbar.


In der Praxis kann man mit entsprechenden Transceivern vielleicht 
nochmal ein bisschen was aus vorhandener Multimode-Verkabelung raus 
quetschen. Das ist aber auf Dauer keine Option mehr, wenn man von einer 
weiteren Steigerung der Datenraten ausgeht.
Wenn man mehr braucht, wird man auf Dauer an die Fasern ran müssen.

@prx:
Die Preise für Transceiver der neuesten Generation sind in etwas 
konstant - nur dass man dafür immer mehr Bandbreite bekommt. Wenn die 
Dinger etabliert sind, fallen sie deutlich. Für 2-3k€ bekommst du 
eigentlich immer den heißen Scheiß.
Vor ein paar Jahren kostete ein 0815 10Gbit/s Transceiver noch 
ordentlich dreistellig. Mittlerweile sind es unter 50€. Speziellere 
Ausführungen etwas mehr.
100Gbit/s sind je nach Ausführung weit unter 1000€ zu haben.
Irgendwo bei 20-30€ ist offenbar so eine Art Baseline erreicht. Billiger 
wird es dann nicht mehr. Das wird also ungefähr dem Gemeinkostenanteil 
von Produktion und Handel für einen etablierten Prozess bei Massenware 
entsprechen.

Immer vorausgesetzt man besteht nicht auf ein schickes 
Hologram-Zettelchen mit einem Hersteller-Logo. Dann kannst du den Faktor 
10 nehmen; das nennt man Listenpreis und davon geht dann ein beliebig 
hoher Rabatt des Verkäufers wieder runter.
Da wird besch...en was das Zeug hält und Einkäufer lassen sich von 
"alles aus einer Hand" "Hersteller Originalteile" und "Enterprise Grade 
hat halt seinen Preis" einlullen.
Und natürlich ist kein Transceiver zu irgendwas kompatibel. Praktisch 
jeder "Markenhersteller" prüft ob die Produktnummern im EEPROM des SFP 
mit den vorgesehenen kompatibel sind.
Teilweise werden beim gleichen Hersteller auf Server- und auf 
Switchseite unterschiedliche Module vorgesehen.

Da die Dinger aber am Ende vom Tag eh vom OEM kommen und mechanisch 
sowie elektrisch genormt sind, gibt es eigentlich keinen Grund unbedingt 
auf "Originalteile" zu gehen.
Was anderes als ihre Produktnummer in den EEPROM schreiben und nen Label 
drauf zu kleben machen die Produkthersteller ja auch nicht.
Von den Ausfallraten unterscheiden sich Markenware und OEM nicht. Ich 
hab mittlerweile im Laufe der Jahre ungefähr eine 4stellige Anzahl 
GBICs, X2s, (Q)SFPs(+) Transceiver betüddelt.
Ausfälle sind sehr selten. Bei der Anzahl komme ich nicht auf 1 pro 
Jahr.
Wenn das passiert, greift erst die vorgesehene Redundanz und dann der 
Netzwerker in die Schublade zu einem Ersatzteil.

Wer sagt "ich brauche aber die Herstellerware mit erhöhter 
Zuverlässigkeit (aka Industrial-Grade) weil sonst bei einem Ausfall mein 
Netz steht" hat da ein Problem im Konzept. Bei einem Ausfall vom 
teureren Teil steht das Netz ganz genauso, denn es fehlt an Redundanz.
Und wer zwei RZs per DarkFibre koppelt und nur eine bestellt weils so 
teuer ist, der wird sich hoffentlich Gedanken gemacht haben was bei 
einem Netzsplit passiert.

von Harry (Gast)


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Cartman schrieb:
>> 4x25G
>
> 25G hatte ich noch nicht auf dem Schirm.
> Aber bestimmt auch heftig teuer und nur bei "berechtigtem'
> Interesse dann finanziell interessant.
Die 10/25G-Module, die wir kaufen, kosten nur 70€ mehr, als reine 10G.

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