Forum: Platinen Kühlung von SMD-Platinen, insbesondere Schaltwandler


von N00B (Gast)


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Moin,

Ich beschäftige mich gerade damit, wie man die Wärme aus SMD-Bauteilen 
abgeführt bekommt, insbesondere bei Schaltwandlern.

Mein aktuelles Verständnis ist, dass man die (üblicherweise 
Bottom)-Pads, die ja meistens Massepotential haben, möglichst gut über 
Vias an eine Massefläche anbindet und diese Massefläche dann, sofern sie 
selbst nicht zur Kühlung ausreicht, noch thermisch an das Gehäuse 
anbindet. Wie macht man das dann eigentlich mit >2 Lagen? Versucht man, 
die Unterseite trotzdem möglichst weit mit Masse zu fluten oder nutzt 
man dann die Innenlagen und bindet die am Rand an einen Kühlkörper oder 
das Gehäuse an, sofern man den Platz auf der Unterseite braucht?

Und wie macht man das bei Schaltungen, wo auf mehreren elektrischen 
Potentialen Wärme abgeführt werden muss?

Zum Beispiel bei einem Boost-Converter (zB 
https://www.experimental-engineering.co.uk/wp-content/uploads/2018/03/Boost-Converter-Topology.png 
) sind ja der MOSFET und die Diode die heißesten Bauteile und somit kann 
der Knoten von Spule, MOSFET und Diode der „heiße Teil“ in der Schaltung 
werden.
Aber genau dieses elektrische Potential möchte man doch nicht aus 
EMI-Gründen (und Platz) über die halbe Platine verteilen, oder?

Würde man dann trotzdem viele Vias in die Fläche setzen und darauf 
vertrauen, dass die Wärme trotz Isolationsabstands ihren Weg in die 
Massefläche findet (wie gut das funktioniert, habe ich bisher nicht 
herausfinden können)?

Thermal Jumper scheinen mir ziemlich Nische zu sein und das Problem 
müsste ja ziemlich häufig auftreten.

Mir fielen da eigentlich nur noch als letztes SMD-Kühlkörper ein, aber 
dafür muss der Luftstrom ja auch passen. Übersehe ich etwas?

Bei THT könnte man ja einfach das Wärme-Pad elektrisch isoliert zB an 
dem Gehäuse anbringen.

Ich denke da gerade beispielsweise an ~7W Wandlerverluste, 4 Layer, so 
als Größenordnung.

Danke schonmal :)

von MaWin (Gast)


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Ich hab schon SMD Platinen gesehen, in denen unter dem PowerPad ein 
grösseres Loch gebohrt wurde, durch das man einen Kupferstab eingelötet 
hatte, der in einem Kühlkörper endete.

von Roland E. (roland0815)


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N00B schrieb:
> Moin,
>
> Ich beschäftige mich gerade damit, wie man die Wärme aus SMD-Bauteilen
> abgeführt bekommt, insbesondere bei Schaltwandlern.
>
> Mein aktuelles Verständnis ist, dass man die (üblicherweise
> Bottom)-Pads, die ja meistens Massepotential haben, möglichst gut über
> Vias an eine Massefläche anbindet und diese Massefläche dann, sofern sie
> selbst nicht zur Kühlung ausreicht, noch thermisch an das Gehäuse
> anbindet. Wie macht man das dann eigentlich mit >2 Lagen? Versucht man,
> die Unterseite trotzdem möglichst weit mit Masse zu fluten oder nutzt
> man dann die Innenlagen und bindet die am Rand an einen Kühlkörper oder
> das Gehäuse an, sofern man den Platz auf der Unterseite braucht?
>

Kommt auf die Lagenverteilung an. Nicht immer ist die GND-Plane innen. 
Aber ja, man verteilt die Wärme dann über die lage, und schleust sie 
dann über Außenflächen aus. Ist halt nicht mehr so effektiv...

> Und wie macht man das bei Schaltungen, wo auf mehreren elektrischen
> Potentialen Wärme abgeführt werden muss?
>

Genauso. Halt für jedes Potential.

> Zum Beispiel bei einem Boost-Converter (zB
> 
https://www.experimental-engineering.co.uk/wp-content/uploads/2018/03/Boost-Converter-Topology.png
> ) sind ja der MOSFET und die Diode die heißesten Bauteile und somit kann
> der Knoten von Spule, MOSFET und Diode der „heiße Teil“ in der Schaltung
> werden.

Wenn der Wandler korrekt dimensioniert ist, wird wenn dann nur der FET 
warm. Warme Spulen sind überlastet.

> Aber genau dieses elektrische Potential möchte man doch nicht aus
> EMI-Gründen (und Platz) über die halbe Platine verteilen, oder?
>

Eine Fläche auf einer Außenlage ist nicht zwangsläufig eine Antenne. 
Auch eine ausgedehnte GND-Plane, auf welcher ein Schaltregler sitz, ist 
nicht zwangsläufig eine Antenne. Nur wenn man den Regler falsche gesetzt 
hat.

> Würde man dann trotzdem viele Vias in die Fläche setzen und darauf
> vertrauen, dass die Wärme trotz Isolationsabstands ihren Weg in die
> Massefläche findet (wie gut das funktioniert, habe ich bisher nicht
> herausfinden können)?
>

Mäßig bis ausreichend. Wenns nicht mehr reicht, gibt es noch Dickkupfer 
oder Alukern.

> Thermal Jumper scheinen mir ziemlich Nische zu sein und das Problem
> müsste ja ziemlich häufig auftreten.
>

Ja, sind ein Notnagel. Wo die Dinger drauf passen, passt auch ein 
Fischer FK.

> Mir fielen da eigentlich nur noch als letztes SMD-Kühlkörper ein, aber
> dafür muss der Luftstrom ja auch passen. Übersehe ich etwas?
>

Der Luftstrom muss sowieso da sein, sonst bekommt man die Wärme auch 
nicht aus der Platine ohne KK.

> Bei THT könnte man ja einfach das Wärme-Pad elektrisch isoliert zB an
> dem Gehäuse anbringen.
>

Ist bei SMD sogar einfacher, der Kühlkörper wird ja nur auf das Gehäuse 
gepresst und hat keinen elektrischen Kontakt. Außer man kontaktiert die 
Schrauben auf der LP.

> Ich denke da gerade beispielsweise an ~7W Wandlerverluste, 4 Layer, so
> als Größenordnung.
>

Kommt halt drauf an, wie groß die Platine ist. 7W auf ner Eurokarte sind 
pillepalle. Auf einer Briefmarke nicht mehr.

> Danke schonmal :)

Bitte

von asd (Gast)


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Meine Faustregel ist dass 5x5cm Kupferfläche senkrechtstehend ca 14°C/W 
haben, mit reiner Konvektion, ohne Ventilator (Wärmequelle in der Mitte, 
z.B. der Chip). Alles Kupfer was größer als 5x5cm ist nutzt nicht viel 
weil die punktförmige Wärmequelle die Wärme nicht weiter als 2,5cm weg 
los wird.

von Wolfgang (Gast)


Angehängte Dateien:

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Wirkungsvoller als ein Kupferstab ist eine Heat Pipe zur Wärmeableitung.
https://www.digikey.de/de/products/filter/w%C3%A4rmemanagement-w%C3%A4rmerohre-dampfkammern/977

von asd (Gast)


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> 7W auf ner Eurokarte sind pillepalle.

Wenn du rein per Platine kühlen willst musst du 7W Wärmestrom aber auf 
mehrere Punktquellen verteilen. Und jede Punktquelle mit 14°C/W auf 
einer 5x5cm Fläche rechnen, also die Chips mit etwa 5cm Abstand 
platzieren. Dei Wärme muss auch noch vom Chip auf die Platine. Mit 
reiner PCB Kühlung würde ich mit max. 2W pro Chip (=pro Punktquelle) 
rechnen. Wenn 7W in einem Chip anfällt brauchst du auf jeden Fall einen 
Alu-Kühlkörper.

von N00B (Gast)


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Vielen Dank für die die ganzen hilfreichen Antworten!

MaWin schrieb:
> Ich hab schon SMD Platinen gesehen, in denen unter dem PowerPad
> ein
> grösseres Loch gebohrt wurde, durch das man einen Kupferstab eingelötet
> hatte, der in einem Kühlkörper endete.

Interessante Lösung, aber bestimmt nervig, zu montieren :D

Roland E. schrieb:
> Wenn der Wandler korrekt dimensioniert ist, wird wenn dann nur der FET
> warm. Warme Spulen sind überlastet.

Und die Diode in einem asynchronen Wandler, oder? Deren Power-Pad liegt 
dann ja sicher auf einem anderen Potential; beim FET dann, wenn das 
Power-Pad am Drain ist. Dann hat man auch gleich zwei Potentiale 
ungleich Ground, auf denen Wärme abgeführt werden muss.

Roland E. schrieb:
> Der Luftstrom muss sowieso da sein, sonst bekommt man die Wärme auch
> nicht aus der Platine ohne KK.

Auch nicht, wenn man die Platine gut an das Gehäuse anbindet?

Roland E. schrieb:
> Ist bei SMD sogar einfacher, der Kühlkörper wird ja nur auf das Gehäuse
> gepresst und hat keinen elektrischen Kontakt. Außer man kontaktiert die
> Schrauben auf der LP.

Isoliert durch den Lötstopplack, oder?

asd schrieb:
> Meine Faustregel ist dass 5x5cm Kupferfläche senkrechtstehend ca
> 14°C/W
> haben, mit reiner Konvektion, ohne Ventilator (Wärmequelle in der Mitte,
> z.B. der Chip). Alles Kupfer was größer als 5x5cm ist nutzt nicht viel
> weil die punktförmige Wärmequelle die Wärme nicht weiter als 2,5cm weg
> los wird.

Das werde ich mal etwas genauer Recherchieren, eine solche Faustregel 
erscheint mir ziemlich praktisch :) .

von N00B (Gast)


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Roland E. schrieb:
> Kommt halt drauf an, wie groß die Platine ist. 7W auf ner Eurokarte sind
> pillepalle. Auf einer Briefmarke nicht mehr.

Naja, mir geht es schon um den Fall, dass es klein sein soll, aber auch 
allgemein, wie man die Kühlung effektiv gestaltet.

von MaWin (Gast)


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N00B schrieb:
> Interessante Lösung, aber bestimmt nervig, zu montieren :D
> Roland E. schrieb

Wieso ? werden mit eingelötet.

von N00B (Gast)


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Wenn man die noch an anderen Stellen auf der Platine anlötet, kann ich 
mir das vorstellen. Zuerst dachte ich, dass der Kupferstab nur dem 
Power-Pad mit der Platine verbunden wäre, das wäre aber wohl ziemlich 
ungünstig.

von Harald A. (embedded)


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Um welchen Step-Up Controller geht es? Sehr oft gibt es doch im 
Datenblatt sehr konkrete Layoutvorschläge oder sogar ein Evalboard samt 
Gerberdaten, wo man sich die Vorgehensweise anschauen/kopieren kann.

von N00B (Gast)


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Harald A. schrieb:
> Um welchen Step-Up Controller geht es? Sehr oft gibt es doch im
> Datenblatt sehr konkrete Layoutvorschläge oder sogar ein Evalboard samt
> Gerberdaten, wo man sich die Vorgehensweise anschauen/kopieren kann.

Ausgelöst hat die Thematik ein LT3795. Ja es gibt einen Layoutvorschlag 
und ein Evalboard, aber auch Randbedingungen, die das „einfach kopieren“ 
verhindern.

Dieser Thread dient für mich aber eher für das allgemeine Verständnis, 
da ich ein Interesse daran habe, Thermals in Zukunft halbwegs vernünftig 
zu machen. Und ich habe irgendwie noch nicht die richtige Literatur 
gefunden.

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