Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Spannungsabfall beim Ladevorgang von Lithium Ionen Akku


von Christian R. (cmrudolph)


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Hallo zusammen,

ich habe für einen Rasenmähroboter zwei Akkupacks gekauft, die längere 
Zeit lang nicht benötigt wurden. Diese Akkupacks hatte ich über 6 Monate 
lang rumliegen, weil die alten Akkus doch nicht defekt waren, wie es den 
Anschein hatte.

Nun wollte ich die Akkus einmal etwas "konditionieren" und wieder auf 
Lagerspannung bringen und habe dazu einen Ladekabel für ein universelles 
Ladegerät aus dem Modellbau "gebaut". Danach habe ich den einen Akku in 
einem speziellen Lade-Entlade-Zyklus 3x geladen und entladen und 
hinterher auf Lagerspannung gebracht.

Beim zweiten Akkupack wollte ich ebendiesen Zyklus auch laufen lassen, 
kurz vor Ende des ersten Entladevorganges meldete das Ladegerät jedoch 
einen Verbindungsfehler. Ich ging davon aus, dass das selbstgebaute 
Ladekabel keine ausreichende Verbindung herstellen konnte, das erwies 
sich jedoch als falsch. Im "abgehängten" Zustand hat der Akkupack 15,5V. 
Sobald ich den Akkupack an das Ladegerät hänge, sinkt die Spannung an 
den Polen auf < 1V.

Danach habe ich noch einmal geprüft, ob das ganze noch mit dem ersten 
Akkupack funktioniert und auch einen komplett anderen Akku geladen - 
alles ohne Fehler.

Es handelt sich bei den Akkupacks um original Husqvarna Lithium Ionen 
Akkupacks mit 4Ah Kapazität und 18V Nennspannung mit 5S2P-Aufbau. Bei 
den Zellen handelt es sich um murata US18650VTC4. Das Ladegerät ist ein 
Junsi iCharger 106b+.

Beim ersten Ladevorgang hat der Akku auch Energie aufgenommen und 
während des Ladevorganges abgegeben.

Ich kann mir nicht erklären, weshalb die Spannung so stark abfällt, wenn 
ich den Akku mit dem Ladegerät verbinde und weshalb das von jetzt auf 
gleich passiert ist, nachdem mehrere Stunden lang korrekt geladen und 
entladen wurde.

Hat jemand eine mögliche Erklärung? Fehlen irgendwelche Informationen?

Viele Grüße

Christian

: Bearbeitet durch User
von pizza c. (Gast)


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Christian R. schrieb:
> Fehlen irgendwelche Informationen?

Hm. Hast Du evtl. ein, zwei Digitalmultimeter und ein paar
nicht all zu kleine (geometrisch) Widerstände im Bereich
10...100 Ohm oder so was? Sogar eine "E-Last" würde gehen.

Mit den bisherigen Infos kann man allerhöchstens vermuten,
ein Pack sei defekt und|oder|weil Du habest Fehler gemacht:
Verdrahtungs-, Mess-; und/oder "Lagerung im Leerzustand".

Weil:

Christian R. schrieb:
> "konditionieren"

Kannst Du bei LiIon i. A. vergessen - entweder sind die
völlig in Ordnung oder wurden / haben sich schon mal
tiefenentladen - dann wären sie faktisch unbrauchbar.


Allerdings würde ich an Deiner Stelle schnellstens mal
versuchen, ob Du das Ganze über Gewährleistung hinkriegst.
(Firma noch VOR weiteren Analyseversuchen anschreiben.)

von PC-Freak (Gast)


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pizza c. schrieb:
> Allerdings würde ich an Deiner Stelle schnellstens mal
> versuchen, ob Du das Ganze über Gewährleistung hinkriegst.

Das würde ich Dir so auch empfehlen.
Aber ein Versuch würde ich noch starten. Ladestrom max. 100-150 mA und 
schauen ob der Akku kommt. Dies kann etwas dauern, da der Balancer evtl. 
durcheinander ist.

Wenn Du ein Messgerät hast, dann mess den Strom. Wenn er eine 
Stromaufnahme im mA Bereich hat, besteht noch ne Chance.

Wenn Du den Akkupack getauscht bekommst umso besser.

von Armin X. (werweiswas)


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Christian R. schrieb:
> Beim zweiten Akkupack wollte ich ebendiesen Zyklus auch laufen lassen,
> kurz vor Ende des ersten Entladevorganges meldete das Ladegerät jedoch
> einen Verbindungsfehler. Ich ging davon aus, dass das selbstgebaute
> Ladekabel keine ausreichende Verbindung herstellen konnte, das erwies
> sich jedoch als falsch. Im "abgehängten" Zustand hat der Akkupack 15,5V.
> Sobald ich den Akkupack an das Ladegerät hänge, sinkt die Spannung an
> den Polen auf < 1V.

Da hat irgendwas in dem Akku unterbrochen. Entweder eines der CID in den 
Zellen oder ein Mosfet auf der Schutzschaltungsplatine.
Deine Messung im Leerlauf misst lediglich über die Akkuinterne 
Messschaltung der BMS-Platine hinweg...

Hier hilft vermutlich nur noch tauschen.


Zum "Koditionieren" reicht es aus den Akku nicht unter ein 
Spannungsniveau von 3,6V pro Zelle fallen zu lassen und ggf auf etwa 3,7 
- 3,8V/Zelle aufzuladen.

MfG

von Christian R. (cmrudolph)


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Danke für die zahlreichen Antworten!

Die Leerlauf-Akkuspannung hatte ich alle paar Monate gemessen, die lag 
selbst zuletzt noch bei ca. 18V. Eine Tiefentladung kann man daher 
vermutlich ausschließen.

Ich habe gerade noch einmal geprüft, wann ich die Akkus gekauft habe. 
Das war schon im August 2020, aber dennoch versuche ich es wohl mit der 
Gewährleistung.

Grundsätzlich jedoch noch einmal: war das Vorgehen denn fahrlässig und 
hätte in irgend einer Weise einen Defekt des Akkupacks provozieren 
können? Die Zellen sind für 4A Ladestrom ausgelegt und 30A Entladestrom, 
zwei Zellen sitzen parallel also kann man die Stromstärken noch 
verdoppeln. Ich habe mit max 1A geladen und entladen. Mit der bloßen 
Hand hat man keinerlei Erwärmung der Akkupacks gespürt. Ich habe 3,0V 
und 4,1V als Spannungsgrenzen eingestellt, was sowohl nach unten als 
auch oben ausreichend Puffer sein sollte. Das Ladegerät nutzt extra ein 
LiIon-Ladeprofil (CC-CV?).

Die Akkupacks haben abgesehen von Plus- und Minuspol noch zwei weitere 
Anschlüsse: einer mit T und einer mit R beschriftet. T wird ein 
Temperaturfühler sein und R ist vermutlich ein Datenport. Die beiden 
Pins habe ich nicht angeschlossen.

Mit dem "konditionieren" wollte ich messen, wie die reale Kapazität der 
Akkupacks aussieht. Und da ich in Erinnerung habe, dass ein neuer 
LiIon-Akku erst nach einigen Zyklen seine maximale Kapazität entfaltet, 
wollte ich sehen, ob sich die Kapazität über die drei Durchgänge 
verändert.

---

Ggf. kann der Rasenmähroboter noch einige Diagnoseinformationen 
ausgeben, wenn ich die Akkupacks einbaue. Das wollte ich eigentlich 
vermeiden, weil der Roboter weiß, wie viele Ladezyklen der Akku hat und 
ich nicht weiß, ob der dann die alten Akkupacks noch mag. Hierzu würde 
ich den intakten Akku auf die gleiche Spannung bringen, wie die des 
scheinbar defekten.

Armin X. schrieb:
> Entweder eines der CID in den
> Zellen oder ein Mosfet auf der Schutzschaltungsplatine.

Wenn eines der CID ausgelöst hätte, wäre die Leerlaufspannung dann nicht 
niedriger? Dann wäre eine der Zellen ja gar nicht mehr kontaktiert.

Was ich mich weiterhin frage ist, inwiefern das Ladegerät anders misst 
als mein Multimeter, sodass die Spannung so sehr abgefallen ist. Das 
Ladegerät war noch nicht aktiv.

Viele Grüße
Christian

von Christian R. (cmrudolph)


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Hallo nochmal,

bei dem Ansatz den zweiten Akku auf die entsprechende Spannung 
abzusenken hat dieser auch die Verbindung unterbrochen. Ziemlich 
ärgerlich, weil es sich hierbei um neuwertige Akkupacks handelt.

Auf der Haben-Seite steht jedoch, dass ich jetzt weiß, woran es liegt. 
Das BMS ist offenbar ziemlich konservativ eingestellt und erkennt die 
Akkus als tiefentladen, obwohl noch 3V Zellspannung vorhanden sind. Ich 
werde jetzt, wo die Akkupacks in etwa die gleiche Spannung haben einmal 
versuchen sie in den Rasenmähroboter zu verpflanzen (auch wenn ich nicht 
davon ausgehe, dass das etwas ändern wird...).

Der nächste Schritt wäre dann zu versuchen das BMS wiederzubeleben, auch 
wenn ich hierbei wenig Hoffnung habe.

Viele Grüße

Christian

von Christian R. (cmrudolph)


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So, ein Akkupack ist geöffnet. Dort ist nicht nur eine einfache 
Überwachung, sondern auch ein Balancer verbaut. Das IC, das die 
Hauptarbeit machen dürfte, ist ein bq77908A. Nun heißt es Datenblatt 
studieren und prüfen, was man machen kann...

Edit:
Habe das Datenblatt nur ganz grob überflogen, heute Abend in Ruhe werde 
ich noch einmal schauen. Es sieht für mich so aus, als wenn der Zustand 
nicht permanent wäre. Das IC hat sogar einen extra Eingang um den FET 
wieder zu aktivieren, wenn ein Ladegerät angeschlossen ist. Scheinbar 
ist der Pin aber nicht verbunden, sodass ein Ladegerät nicht erkannt 
werden kann und ein Laden über die Verbindungskabel unmöglich ist.

: Bearbeitet durch User
von g457 (Gast)


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> So, ein Akkupack ist geöffnet.

Hat der wirklich wegen UV abgeschaltet oder will der nur prechargen? 
Häng doch mal 10mA dran bei max. 18V und schau ob was reinlädt.

HTH

von Christian R. (cmrudolph)


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Hi,

ich habe mich jetzt eine Weile mit dem BMS und dem bq77908A 
auseinandergesetzt. Den zweiten Layer der Platine kann ich leider nicht 
sehen, weil ich den Akkupack dafür noch weiter zerlegen müsste und die 
Kabel scheinbar erst nach Montage der Platine verlötet wurden. Ich 
erkenne jedoch zwei direkt nebeneinander liegende FETs (CSD18509Q5B), 
die scheinbar so wie im ersten Anwendungsbeispiel der Datenblattes 
(https://www.ti.com/lit/ds/symlink/bq77908a.pdf Abschnitt 9.1.6.1) 
angeordnet sind. Vermutlich ist die Leiterbahn zum Pin für die 
Ladeerkennung unter dem IC und deshalb von der Oberseite der Platine aus 
nicht sichtbar.

Kurz zusammengefasst: der IC erkennt, ob eine Last oder ein Ladegerät 
angeschlossen ist und schaltet je nach internem Zustand die FETs frei.

Das Problem ist, dass mein Ladegerät "zu intelligent" ist, um den Akku 
zu laden. Es misst die Spannung, allerdings sperren die FETs, weil sich 
der Akku im UV-Zustand befindet. Daraufhin verweigert das Ladegerät den 
Dienst, weil es keine gültige Spannung erkennt. Nun habe ich dem 
Ladegerät eine Spannung vorgegaukelt, indem ich die FETs überbrückt (vom 
Minuspol des Akkupacks zum Minuspol des Ladegerätes kurz ein Kabel 
gehalten) und dann den Ladevorgang gestartet habe. Erwartungsgemäß haben 
die FETs durchgeschaltet und der Ladevorgang geht auch nach Entfernen 
der Brücke weiter.

Noch einmal vielen Dank für eure Beiträge!

Viele Grüße
Christian

von Thomas (kosmos)


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p.s. nachdem Sie uns den Schraubenzieher genommen haben, gibts jetzt 
auch keinen Spannungsabfall mehr. Nur noch Schraubendreher und 
Spannungsfall ;-) Die wussten nicht mehr wohin mit dem ganzen Abfall.

von Armin X. (werweiswas)


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Christian R. schrieb:
> Im "abgehängten" Zustand hat der Akkupack 15,5V.
> Sobald ich den Akkupack an das Ladegerät hänge, sinkt die Spannung an
> den Polen auf < 1V.

Bei 15,5V können die verbleibenden vier Zellen noch 3,8 - 3,9V haben...

Viele Grüße

von pizza c. (Gast)


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Thomas O. schrieb:
> p.s. nachdem Sie uns den Schraubenzieher genommen haben, gibts jetzt
> auch keinen Spannungsabfall mehr. Nur noch Schraubendreher und
> Spannungsfall ;-) Die wussten nicht mehr wohin mit dem ganzen Abfall.

Hm. Mal alle Schrauben nachziehen?

Vielleicht hattest Du sagen wollen, daß "Spannungseinbruch" oder
"Spannung bricht zusammen" besser gepaßt hätte.

Weil man mit dem Begriff "Spannungs(ab)fall" was anderes meint:

Stromabhängig (meist ohmsch) AN einer Leitung / einem Leiterzug.
(Also die "DARÜBER oder DARAN >>ab-fallende<< VERLUST-Spannung".)

von pizza c. (Gast)


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(Also das "Gegenteil" von z.B. Klemmenspannung - die sich aus
Quellenspannung minus stromabh. Spannungsabfall an R_i und den
Leiterzügen ergibt, im belasteten Fall. Unbelastet sind dagegen
Quellenspannung und Klemmenspannung gleich, und ein sogenannter
Spannungs(ab)fall existiert sozusagen nicht.)

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